Untergegangene Siedlungen

Zur Wüstungsfrage im Kreisgebiet

Carl-Heinz Albrecht

Der Begriff „Wüstung“ ist sehr komplexer Natur. In der heutigen Zeit sind landwirtschaftliche Nutzflächen „wüst“, wenn sie keiner ordnungsgemäßen Bewirtschaftung unterliegen. Das kann verschiedene Gründe haben und bedeutet auch oft nicht eine endgültige Aufgabe.

Nun werden und wurden aber nicht nur Äcker, Wiesen und Weinberge, sondern auch ganze Gehöfte, Gehöftegruppen (Dörfer), gewerbliche Anlagen oder kleine Kapellen von den Menschen aufgegeben. So erscheinen Wüstungsbildungen immer wieder in der Siedlungsgeschichte, indem die Menschen ihre Wohn- und Arbeitsstätten und ihre Fluren verlassen.

Die Siedlungsarchäologie ist bemüht, alle Siedlungsplätze zu erfassen. Dabei sind im weitesten Sinne auch die von den Römern verlassenen Gehöfte oder Gehöftegruppen Wüstungen. Es ist daher sehr wichtig, daß durch die archäologische Aufnahme, durch Grabungen, die Gewißheit erbracht wird, ob eine Siedlung vorliegt, und über die Fundstücke eine Datierung erfolgt. Nicht zuletzt geht ‚das Bemühen der Forschung dahin, auch die spätmittelalterlichen oder sogar neuzeitlichen Plätze in den Komplex der Wüstungen einzuordnen. Dabei werden allgemein folgende Wüstungen unterschieden: Dorfwüstungen, Hofwüstungen, Mühlenwüstungen, wüste Wehranlagen (Burgen und Motten), wüste Gewerbebezirke und wüste kirchliche Einrichtungen.

Wüstungsperioden

Überblickt man die Siedlungsperioden von der römischen Kaiserzeit bis zum späten Mittelalter, so schälen sich entsprechend fünf Wüstungsperioden heraus:

Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. (Finanzielle Erschöpfung des Reiches — Einfall der Franken)

Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. (Ende der Römerzeit am Rhein)

Vom Ende des 8. bis zum Beginn des 10. Jahrhunderts n. Chr. im fränkiscn-karolin-gischen Reich

Vom Ende des 11. bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts

Während des 14. und 15. Jahrhunderts (Spätmittelalterliche Wüstungsperiode)

Die archäologischen Erkenntnisse schließen bisher aus, daß die landnehmenden Franken in einem der zahlreichen bekannten römischen Siedlungsplätze unseres Gebietes eine römische Villa rustica kontinuierlich bewohnten. Wohl ist es stellenweise zu vermuten. Besondere Beachtung wird dabei fraglos der gesamte Siedlungskomplex vor den Toren Ahrweilers (vorgeschichtliche, römische und merowingische Siedlungsspuren) im Hinblick auf eine Klärung der kontinuierlichen Besiedlung finden. Es wird gewiß außerordentlicher Anstrengungen bedürfen, um nachzuweisen, daß auf dem flachen Lande, also außerhalb der Städte der Rheinzone, diese Kontinuität der Besiedlung von spätrömischer zur fränkischen Zeit bestanden hat.

Nach dem Zusammenbruch der Römerherrschaft beginnt ein recht dunkles Kapitel im deutschen Geschichtsbild. Was sich am Ende des 5. Jahrhunderts n. Chr. in unserem Eifelraum abspielte, bleibt ungewiß. Wir haben keine archäologischen, geschweige denn irgendwelche literarischen Hinweise. Die Franken eroberten das Land. Und hier ist es Köln, das zum Ausgangspunkt eines fränkischen Herrschaftsbereichs wurde. Dutch Chlodwig wurden erste Elemente einer staatlichen Ordnung eingeführt. Die großen Latifundien und die verlassenen (wüsten) Ländereien wurden für de.n Kronschatz eingezogen. Um 600 begann dann eine lebhafte Siedlungstätigkeit in unserem Gebiet. Es waren Siedler, die im nordfranzösischen Raum bereits von der merowingischen Reichskultur geprägt waren. Mit ihnen kommt die für diese Stämme typische Reihengräbersitte in unser Gebiet, die jedoch nur an wenigen Stellen bei uns zu erkennen ist. (Gräberfelder in Oberbreisig, Sinzig, Remagen und Heimersheim).

In diesem Zeitraum beginnen die Ortsgründungen mit den für sie typischen Ortsbezeichnungen. So weist die merowingisch-karolin-gische Altsiedlung die Ortsnamen auf -acum, -villare, -weiter, -heim, -ingen sowie auf -hofen, -hoven und -dort auf.

Eine bedeutende Ausdehnung der Siedlungstätigkeit erfolgte durch die kirchliche Landerschließung im 7. Jahrhundert. Durch zahlreiche Schenkungen und Belehnungen sowie Stiftungen ist ein bedeutender Fortschritt in der Gründung der ersten Dörfer vollzogen woren. Bevorzugte Plätze waren an Flußläufen, an Verkehrsstraßen und in Gebieten mit gutem Ackerboden. Die Besiedlung verdichtete sich im 8. und 9. und sogar noch im 10. Jahrhundert durch Ausbau in den agrarisch wertvollen Gebieten weiter. Aber auch in gebirgigen Regionen werden in dieser Periode entlang den Bachläufen Siedlungsstellen errichtet.

Ortswüstungen

Aus der merowingisch-karolingischen Siedlungsperiode sind im Kreisgebiet mehrere Dorfwüstungen bekannt, zum Beispiel die Wüstung Krechelheim in der Gemarkung Westum und Gierenzheim in der Gemarkung Ahrweiler unterhalb des Klosters Kalvarienberg.

Die Ortswüstungen der hochmittelalterlichen Rodung vom 9:—13. Jahrhundert n. Chr. spiegeln die Namen der erkannten Wüstungen mit den charakteristischen Endungen auf: -hausen, -rode, -rath, -scheid, -berg, -feld, wieder< So seien auch hier einige Dorfwüstungen der hochmittelalterlichen Rodungsperiode erwähnt: Lankshausen in der Gemarkung Altenahr, Nenterode im äußersten Südzipfel der Gemarkung Ahrweiler, das ehemalige Dorf Giesenrath in der Gemarkung Holzweiler, Almersbach in der Gemarkung Niederzissen und nicht zuletzt Einsfeld im Ortsteil Bandorf der Gemarkung Oberwinter. In diesem Zusammenhang muß erwätint werden, daß die heute in den Katasterkarten eingetragenen Flurnamen oft auf Wüstungen hinweisen. In sehr vielen Fällen ist eine Lokalisierung der Wüstung nicht mehr möglich. Bei einer genauen Analyse der Dorfwüstungen ist Prof. Dr. Janssen auf eine neue Version gestoßen. Die merowingisch-karolingischen Altsiedlung und die hochmittelalterliche Rodungssiedlung sind gleichermaßen vom Wüstungsprozeß betroffen. Eine Übersicht mit den Anteilen der Ortsnamen an den Dorfwüstungen mag dies „verdeutlichen.

Merowingische-karolingische   Altsiedlungen
-ich   1
-ingen   1
-heim   7
-dort   9
-weiler   —

Hochmittelalterliche Rodungssiedlungen 9. bis 13. Jahrhundert n. Chr.

-hausen   3
-rode/rath   5
-scheid   6
-berg   2
-bach   6
-feld   2

Natürlich sind nicht alle alte Siedlungen verschwunden. Die folgende Aufstellung gibt eine Übersicht über die noch bestehenden Dörfer dieser Siedlungsperioden.

-ich   2
-ingen   8
-heim   5
-dorf   14
Dorfwüstungen     69 Kotten   Dankerath
12 Gierenzheim   Ahrweiler   72 Schirmhof   Dedenbach
13 Giesenhoven   Ahrweiler   76 XanterHof   Dorsel
22 Lankshausen   Altenahr   81 Breitscheider   Hof Eichenbach
25 Turchhausen   Altenahr   83 Maßhoderhof   Eichenbach
45 Berscheit   Bauler   89 Langhardt-Hof-   Heckenbach
95 Löchert   Herschbroich   93 Haibacher Hof   Herschbach
110 Kranscheid   Kesseling   97 Steffenshof   Herschbroich
119 Elinchoven   Löhndorf   100 Roth-Hof-   Holzweiler
129 Almersbach   Niederzissen   103 BreitzerHof   Hümmel
137 EinsveLt   Oberwinter   111 Sellinger Hof   Kirchsahr
157 Mühlenwirft   Rodder   114 Engelhäuser Hof   Kreuzberg
176 Krechelheim   Westum   115 Hengsberger Hof   Kreuzberg
177 Wilcherath   Wimbach   120 Schüppenhof   Löhndorf
126 Maarhöff   Niederdürenbach   128 Rodderhof   Niederdürenbach
Hofwüstungen 131 Auf dem Häuserchen   Mohn
3 Klosterhof   Adenau   134 Krummendahler Hof   Oberdürenbach
4 Kohlhöfchen   Adenau   140 Bütscheider Hof   Ohlenhard
6 Adenbach   Ahrweiler   141 Etscheider Hof   Ohlenhard
11 Nenterode   Ahrweiler   151 Minwegen Hof   Reifferscheid
15 Häuschen   Ahrweiler   153 Deutzerhof   Remagen
30 Buderather Hof   Aremberg   155 Hof   Ringen
41 Hof   Barweiler   160 Ausdorf   Sinzig
46 Hof   Berg    174 Maishof   Wershofen
48 Hof   Berg
49 Springhof   Berg
57 Hilgerather Hof   Blindert

Die Zahlen entsprechen dem Werk von Prof. Dr. Janssen Bd. II

-weiler   7
-hoven   7
-hauseh   —
-rode/rath   6
-scheid   9
-berg   4
-bach   18

Es sind also allein 43 Ortsnamen auf -ich, -weiler, -heim, -dort, -ingen, -hoven/hofen und -hof, die der merowingisch-karolingischen Siedlungsperiode zuzurechnen sind.

Hofwüstungen

Neben den Dorfwüstungen sind die Einzelhöfe besonders für den Strukturwandel bezeichnend. Nach der Übersichtskarte ist die Vielzahl der erkannten Hofwüstungen im sogenannten Jülicher Ländcheh fast ausschließlich der hochmittelalterlichen Rodungsperiode zuzurechnen. Eine kleine Zusammenstellung mag diese These veranschaulichen:

Hummel mit den Hofwüstungen
Hürscheid, Bätzerath oder Bätzert, Breitzter

Hof, Eicherath Blindert mit den Hofwüstungen
Hilgerather Hof, Binghof, Ickerath, Wischhausen, Welcherath,

Ohlenhard mit den Hofwüstungen
Bütscheider Hof, Etscheider Hof, Försterhof, Hölzchenhöfe, Wahlerath

Wershofen mit den Hofwüstungen
Maishof, Pitscheider Mühle,

Pitscheid mit den Hofwüstungen
Seberather Hof,

Wir erkennen, daß der Einzelhöf sich aiswichtigster Typ der Siedlung in bergreichen Waldgebieten erwiesen hat. Hofwüstungen lassen sich kaum im fruchtbaren Lößgebiet der Grafschaft nachweisen. Hier sind fraglos durch großflächige Rodungen Höfe zerstört. Sie sind aber nicht nachzuweisen.

Wüste Mühlen

Zu unserer Betrachtung über wüste Mühlen liegen sehr spärliche Nachrichten vor. Einigermaßen zuverlässige Angaben über die Mühlenwüstungen lassen sich erst im 18. Jahrhundert anführen. In den meisten Fällen fallen sie mit den Wüstungsperioden der Dorf- und Hofwüstungen zusammen, wodurch den Mühlen oft die wirtschaftliche Grundlage entzogen wurde. Aus unserem Gebiet wären folgende Mühlenwüstungen zu nennen:

Spriner Mühle Gemarkung Berg
Dreisbachsmühle Gemarkung Eichenbach
Ölmühle bei Watzel Gemarkung Heckenbach
Jammelshofer Mühle Gemarkung Jammelshofen
Ölmühle Gemarkung Kesseling
Müscher Mühle Gemarkung Müsch
Mandelmühle Gemarkung Pomster

Wüste Wehranlagen

Die Bedeutung der befestigten Anlagen im Eifelland beginnt mit den frühgeschichtlichen Befestigungsanlagen mit den Ring- und Abschnittswällen. Darüberhinaus sind die Niederungsburgen vom Motten-Typus als auch die hoch- und spätmittelalterlichen Herrensitze als Zeugnisse unterschiedlicher Herrschaftsformen zu verstehen. So sind die Höhenburgen und nicht zuletzt die Landwehren als Herrschaftszeichen ihrer Zeit aufzufassen. Die archäologische Forschung ist darum bemüht, jeden noch so kleinen Hinweis als Sachquelle zu erschließen. Nur selten kann auf eine schriftliche Überlieferung zurückgegriffen werden,

Der Untergang der Wehranlagen wird mit kriegerischen Verwicklungen in Zusammenhang zu bringen sein. Gerade dieser Gesichtspunkt ist ausschlaggebend für die Beurteilung des Aufgebens von Wehranlagen im frühen Mittelalter. Es ist noch keineswegs erwiesen, daß fränkische Wehranlagen überhaupt entstanden sind. In staufischer Zeit wird erkennbar, daß Burgen im 11. und 12. Jahrhundert nach den Methoden der Befestigungskunst der staufischen Zeit ausgebaut werden.

Im Eifelgau und in den umliegenden fränkischen Gauen entwickeln sich in dieser Zeit territoriale Grafschaften, die zunächst kein geschlossenes Gebiet wie die Gaue darstellen. Die Inhaber nennen sich nach dem Stammsitz oder der neuerbauten Burg. Aus den Grafschaften heben sich die Güter der Edelherrn heraus, die nicht mehr der allgemeinen Gerichtsbarkeit unterstehen. Sie alle bauen sich eine Residenz.

Gerade die Bildung der vielen Herrschaftsbereiche in unserem Gebiet hat auch eine

Vielzahl von wüsten Stammsitzen hinterlassen:

Burg Breitscheid  Adenau
Roter Turm (Motte)  Ahrweiler
Burg Are  Altenahr
Alte Burg (Motte)  Antweiler
Arenburg  Aremberg
Burghügel (Motte)  Bengen
Eitgenbach (Motte)  Berg
Burg Bodendorf  Bodendorf
Burg Brohleck  Brohl
Burg  Königsfeld
Landskron  Lohrsdorf
Saffenburg  Mayschoß
Olbrück  Niederdürenbach
Nürburg  Nürburg
Burg Oberbreisig  Oberbreisig
Burg Rolandseck  Rolandswerth
Burg Wensburg  Obliers
Burg Reifferscheid  Reifferscheid
Mielenburg  Unkelbach

Im Wechsel der Geschichte ist eine mehr oder minder starke Abhängigkeit der Wüstungsbildung der Wehranlagen von den politischen und kriegerischen Entwicklungen unverkennbar. Ha’tte sich noch der Mottentypus im 14/15.Jahrhundert gut behaupten können, so beginnen mit dem 15. und 16. Jahrhundert erhebliche Verschiebungen der Wüstungsbildung von Wehranlagen. Es ist festzustellen, daß der Dreißigjährige Krieg eine Steigerung der wüsten Wehranlagen heraufbeschwor. Auch die Klärung von territorialen Ansprüchen in den Reunionskriegen zog das Rheingebiet in besonderem Maße in Mitleidenschaft. Es kam zu einer erhöhten Rate an wüsten Wehranlagen. Betroffen wurden besonders die Höhenburgen und Festungen. Die französischen Truppen zerstörten nach der Einnahme oder Eroberung meist so gründlich, daß ein Wiederaufbau nicht mehr lohnte. Andere Anlagen wurden systematisch geschleift. Darunter befinden sich .Anlagen, die durch Jahrhunderte als Sitze bedeutender Fürstengeschlechter gedient hatten. Ja selbst die königliche Burg Landskron blieb nicht verschont. Im Eifelgebiet war es die herzogliche Arenburg in Aremberg.

Wüste gewerbliche Anlagen:

Die außerordentlichen Schwierigkeiten in der Erfassung der gewerblichen wüsten Anlagen im Kreisgebiet verbietet eine eingehende Analyse des Problems. Eine gewerbliche wüste Anlage ist nur in der erzverarbeitenden „Industrie“ zu erfassen. Die Erzverhüttungsanlage von Stahlhütte ist im Zusammenhang mit der arenbergischen Wirtschaftsförderung zu sehen. Die Ursachen für den Verfall der Eifeler Eisenproduktion lagen in der weit günstigeren Produktionssituation des Ruhrgebietes begründet. Es ist jedoch denkbar, daß die außerordentliche Vielzahl von Erzfundstätten im Kreisgebiet in den Herdorfer Schichten des Unteren Devons noch zu einer bisher unbekannten, vielleicht römischen Erzgewinnungsanlage führen werden.

Nur die Köhlerbetriebe waren noch als ein Gewerbezweig zu verstehen. Doch mit dem . Niedergang der Eisenindustrie ist auch dieser Erwerbszweig zum Erliegen gekommen.

WUste kirchliche Einrichtungen

Seit Beginn der Christianisierung unseres Gebietes bis weit ins 11. Jahrhundert sind keinerlei Wüstungen erfaßbar. Im Gegenteil, die kirchlichen Einrichtungen erfahren laufend Erweiterungen und Verbesserungen. Hier muß erwähnt werden, daß während der Gegenreformation viele protestantische Kirchen sich wieder an den Katholizismus anschlössen, ohne die Wüstungsrate bei den Kirchen zu steigern.

Anders erging es vielen Klöstern und Konventen. Während der Reformation wurden sie zum Teil „wüst“, während andere auch in protestantischer Zeit weiter geführt wurden. Durch die Säkularisation der Klöster wurde ein neuer Höhepunkt in der Veränderung des kirchlichen Besitzes erreicht. Die Klöster wurden abgerissen, parzelliert und schließlich als Fragmente verkauft. Die agrarpoliti-schen Folgen einer derartigen Stillegung von Mustergütern in der damaligen Zeit war schmerzlich.

In unserem Gebiet sind an wüsten kirchlichen Einrichtungen zu nennen:

Franziskanerkloster Ölberg
Adenau

Gerols-(St. Maternus-) Kapelle
Altenahr

Alte Kirche
Antweiler

Kloster Marienthal
Dernau

Kirche zu Birgel
Oberwinter

Ursachen der Wüstungsbildung

Bei der landeskundlichen Beurteilung der Wüstungsfrage wird immer die Frage nach den Ursachen der Wüstungsbildung gestellt. Fraglos bedingen meist mehrere Ursachen das Wüstwerden einer Siedlung. Leider fehlt es mangels schriftlicher Quellen sehr häufig an Kenntnis über den Zeitpunkt und die Ursache des Wüstwerdens. Die Agrarkrisen des späten Mittelalters haben vermutlich einen wesentlichen Anteil an der Wüstungsursache der Dorf- und Hofsiedlungen. Sind uns die tieferen wirtschaftlichen Ursachen der Wüstungsbildung überhaupt bekannt? Immerhin ein dankbares Objekt für eine Forschungsarbeit.

Wohl dürfte die Landflucht schon in früheren Jahrhunderten zum Verlassen der Höfe geführt haben. Andererseits haben auch natürliche Ereignisse — Rückgang der Geburten, Seuchen und Pestzeiten — zu Bevölkerungsverlusten geführt. Nicht zu vergessen sind die Menschenverluste in Kriegszeiten! Bei gänzlichem Verlust an Menschenkraft, war auch keine Möglichkeit mehr geboten, den Hof zu erhalten. Er wurde aufgegeben, er wurde „wüst“.

Ob Naturkatastrophen in unserem Gebiet zu einer Wüstungsbildung geführt haben, ist kaum zu vermuten.

Sicherlich sind auch die verlassenen Ortschaften in der Umgebung der Städte auf eine Verschiebung der Bevölkerung zurückzuführen. Wir erinnern uns an die Gruppe von Ortschaften im Einzugsbereich Ahrweilers, bei denen die Nähe der Stadt zum Wüstwerden führte: Adenbach, Bullishoven, Giesenhoven. Von Giesenhoven ist bekannt, daß seine Einwohner nach der Zerstörung ihres Dorfes während des Dreißigjährigen Krieges in die Stadt Ahrweiler umzogen.

Literatur-Hinwels:

Janssen, Walter: Studien zur Wüstungsfrage im fränkischen Altsiedelland zwischen Rhein, Mosel und Eifelnordrand. Köln 19751. u. II. Teil.
Kleemann. Otto: Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweiler. 1971.
Weber. Peter: Aus der Pfarrchronik von Hummel. Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler. 1977.