Unser Tuff
Anton Bermel
Geographisches
Das Laacher Tuffgebiet umfaßt eine reiche Fülle wertvollen Rohstoffes, der, wenn man vom Brohl- und Nettetaltuff absieht, für alle Steinmetzarbeiten Verwendung findet. Vier Fundorte kommen hier vor allem in Betracht: Bell, Ettrin-gen, Rieden und Weibern.
Es ist das Diluvium, welches die vordereifeler Vulkane, Krater, Schichtungen und Senkungen entstehen ließ. Unter den vielen Kraterprodukten ist der Tuff der Menge und Ausbeutung nach bedeutend.
Man unterscheidet Trachyttuff, Leuzittuff und Bimstuff (= lockerer Trachyttuff). Der Trachyttuff entstammt dem Laacher Krater, während der Leuzittuff, aus der jüngsten Diluvialperiode herrührend, als dem Riedener Becken zugehörig zu betrachten ist. Der Ettringer Tuff scheint älter als der Weiberner Tuff zu sein.
Praktisch gesehen, gibt es in der Eifel nur Leuzittuffe. Sie werden deshalb so genannt, weil das der am häufigsten vorkommende Einsprengung ist (Leuzit = Kali-Tonerde-Silikat). Der rote Laacher Tuff hat dieses Mineral nicht, sondern besitzt dies nur in fremden Einsprengungen (Lava- und Leuzitfragmente). Die rote Färbung des Laacher Tuffes ist aus dem vulkanischen Brennvorgang zu erklären. Auch der Ettringer Tuff ist ein Leuzittuff und der Struktur nach genau wie der Weiberner Tuff. Er hat jedoch mehr tuffremde Einsprengungen aus Basaltlava und anderen Mineralien. Allgemein treten als kristallene Einsprengungen des Tuffes auf: Augit, Biotit, Hornblende, Nosean, Sodalith. Senidin u. a.
Nach mehrmaligem gleichmäßigem Anziehen der Keile hebt sich der Block exakt ab
Die unterscheidenden Merkmale der einzelnen Tuffarten sind demnach weniger in der gesteinskundlichen und chemischen Zusammensetzung zu suchen als in dem äußeren Bild der einzelnen Mineralien. Je nach der Entfernung der einzelnen Tuffsteinlager vom ursprünglichen Vulkankrater haben diese mehr oder weniger starke Einsprengungen von fremden Mineralien und Kristallen.
Zu sagen ist noch, daß die hellgelben, bimssteinähnlichen Einschließungen in einzelnen Lagen des Weiberner und Ettringer Tuffsteins, welche in bruchfeuchtem Zustand weich sind, Glasflüsse darstellen, die beim Austrocknen sehr schnell erhärten und als vollkommen wetterfest anzusprechen sind. Im Gegensatz hierzu hat der Laacher Traßtuff Bimssteineinschlüsse, die durch Wasser ausgespült werden und dann eine lebhafte Oberflächenstruktur erzeugen. Ein weiterer Unterschied zeigt sich in der verschiedenen Härte des Tuffes. So ist z. B. der Weiberner Tuff bedeutend weicher als der Ettringer Tuff.
Früher neigte man dazu, den Tuff als ausgequollene Schlammasse zu betrachten. Neuerdings ist man aber mehr der Ansicht, der Tuff habe sich durch Ablagerung nachträglich aus trockenen Aschen- und Staubniederschlägen zu einer festen Masse verhärtet (so auch der Geologe Pater Dr. M. Hopmann, Maria Laach). Der Name Tuff (früher auch Duck, Dugg, Dau oder Teuch) geht zurück auf das lat. »Topas». Der Stein ist eine Begleiterscheinung der Basalte und des Phonolithes. Die mächtige Masse des Tufflagers hier umfaßt ein Gebiet von rund 6 km Breite und 12 km Länge, reichend über die Dörfer Engeln – Weibern – Wabern – Volkesfeld – Rieden – Wehr – Bell und Ettringen und erstreckt sich bis zum Hochsimmer. Die hauptsächlichsten Fundstellen bilden Erhebungen, was die Förderung wesentlich erleichtert. Von dem gewaltigen Vorrat an Gestein zeugt die Tatsache, daß der Tuff streckenweise eine Mächtigkeit bis zu 50 Meter Höhe erreicht. Eigenschaften des Tuffes Die hervorragende Wetterbeständigkeit des Tuffes wird zur Genüge durch seine zweitausendjährige Bewährung bewiesen. Vorausgesetzt, daß er von der Erdfeuchtigkeit isoliert versetzt wird, bleibt er fest. Ebenso ist er sehr säurebeständig. Dabei hat das Gestein gegenüber anderen Baustoffen eine große Leichtigkeit (spez. Gewicht 1,9 – 2,4), die es für die Ausführung von Gewölben, Erkern, Giebeln, Turmwerk, Turmhelmen und -krönen geeignet macht. Gegen Regen ist der Stein ebenfalls außerordentlich widerstandsfähig. Die Weichheit und Feinkörnigkeit des Tuffes ermöglichen jede bildhauerische Bearbeitung, ein Vorzug, der durch seine Farbbeständigkeit noch erhöht wird. Er besitzt auch gute hygienische Eigenschaften, die für seine bauliche Verwendung wertvoll sind. Seine Porigkeit gestattet den Luftwechsel (Atmung der Mauer), ohne die Zimmerwärme ausströmen zu lassen. Ein Haus aus Tuffstein ist stets trocken, hat reine Luft und angenehme Wärmeverhältnisse. Mängel sind seine nur mittlere Festigkeit, die ihn für tragendes Mauerwerk (z. B. beim Brückenbau) ungeeignet sein läßt, sowie die Unfähigkeit, ihn zu polieren. Dafür bietet er aber einen anderen Vorteil. Seine Feuerbeständigkeit und seine Eigenschaft als schlechter Wärmeleiter bestimmen ihn geradezu als Material zur Errichtung von Backöfen. Natürlich kommen diese guten Eigenschaften auch im Bauwesen zur Geltung: Treppenhäuser, Schachtbekleidungen, Brandmauern, Innenarchitekturen, Schornsteine aus Tuff vermindern die Brandgefahr. Diese beiden letztgenannten Eigenschaften des Tuffes beruhen auf der chemischen Zusammensetzung des Gesteins, besonders auf dem starken Vorhandensein von Kieselsäure und Tonerde.
Gewinnung und Verarbeitung
Die Tuffsteinbrüche werden im Tagebau betrieben, und zwar früher auf zweifache Art: »gegen Berg«‘ und »zu Berg«. Letztere Art wird heute ausschließlich angewandt, da hierdurch eine rationellere Weise der Ausbeutung gegeben ist. Das »Bauen gegen den Berg« bestand darin, die hohe Wand nach der Abdeckung (Entfernung des Mutterbodens) und des Abraumes wertloser Oberschicht des Gesteins) an einer Seite von oben nach unten anzugehen. Losgelöste Blöcke brachte man einfach zum Absturz. Dann löste man den tiefer stehenden Block auf gleiche Weise usw. Die anfallenden Schuttmassen verhinderten mit der Zeit die Abbaumöglichkeit. So wurden die riesigen Wände oft nur bis zur halben Höhe abgebaut, eine Verschwendung des kostbaren Materials.
Die Rohblöcke werden aus dem Steinbruch zum Bearbeitungsplatz geschafft
Man baute deshalb später lieber »zu Berg«. Der ganze Bruch (Oberfläche) wird wie ein riesiger Schacht senkrecht in den Berg getrieben. Man löst also auf der ganzen Oberfläche Block neben Block (Schicht) ab, dann folgt erst die 2. Schicht und so fort, bis man zur Sohle kommt. Um die Steinblöcke zu gewinnen, arbeitet man, teilweise den natürlichen Spalten folgend, Schramme oder Schrote mit dem »Zweispitz« bis in die gewünschte Tiefe (Dicke des Steines). In neuerer Zeit wird diese Handarbeit mit dem Zweispitz in manchen Betrieben durch die Schrämmaschine abgelöst und besorgt. Von der Seite aus treibt man eine Anzahl Keile mit dem »Haupickel« ein. Nach mehrmaligem gleichmäßigem Anziehen der Keile hebt sich der Stein exakt ab. Tuff hat nämlich die Eigenschaft, sich sauber abzusetzen, d. h. sich in ebene Flächen zu spalten, auch, wenn keine natürliche Schichtung vorliegt.
Die abgespaltenen Blöcke, oft bis zu 8 cbm und einem Gewicht bis zu 16 Tonnen, hebt man mit einem Motorkran oder einem elektrischen Kran aus dem Bruche. Früher geschah dies mit dem Göpelwerk. Man bricht heute die Steine auch gleich auf Maß, um möglichst wenig Abfall zu haben.
Die Bearbeitungsplätze liegen heute meist neben dem Bruche, in einem vorne offenen Bau, der überdacht ist. In früherer Zeit erfolgte die Bearbeitung erst auf der Baustelle. Deshalb verschickte man die Rohblöcke mit der Bahn oder dem Schiff. Da in früheren Jahrzehnten keine Versandmöglichkeit mit der Bahn von hier aus bestand, war man gezwungen, sie mit großen, schweren Wagen und 4 Pferden entweder nach
Niedermendig oder Brohl zu fahren. Das ergab erhebliche Mehrkosten an Fuhrlohn und Fracht, da der Rohblock schwerer wiegt als das fertige Werkstück, und den Transport per Pferdefuhrwerk.
Die Bearbeitung geschieht möglichst bald, da das Gestein nach dem Schwinden der natürlichen Bruch- oder Bergfeuchtigkeit durch Neubildung von Silikaten immer härter wird, leicht springt und schwerer zu bearbeiten ist. Die Bearbeitung von Hand der Steinmetzen aus wird durch Maschinen ergänzt. Das Gestein kann maschinell gefräßt, geschliffen und gedrechselt, vor allem aber ein schwerer Block in viele beliebig dicke Platten geschnitten werden. Diese Arbeit besorgen große Sägegatter, elektrisch oder mit Motor betrieben, wobei Sand und Sägeblätter mit Diamantsplittern Benutzung finden. Mit Kreissägen säumt man die Platten auf jede gewünschte Größe und Form. Heute besitzt fast jeder fortschrittliche Betrieb ein Gatter und Kreissägen, die Arbeitskräfte und Material sparen.
Der Steinmetz muß aber auch heute noch hochgelernter Qualitätsarbeiter sein. Zunächst wird immer eine ebene Fläche herausgearbeitet. Die weitere Arbeit wird nach Zeichnung und nach Schablonen auf dem Stein aufgerissen und dann sauber ausgeführt. Die fertige Ware muß Millimetergenauigkeit besitzen, sonst klappt das Aneinandersetzen nicht. Jeder fertige Stein erhält ein Bauzeichen, eine Zeichnungsnummer und das Zeichen des fertigenden Steinmetzen. Infolge des großen Bedarfs an Grabsteinen und Ehrenmalen für die Gefallenen beider Weltkriege erklärt sich auch die Verwendung des Tuffsteins für Bildhauerei und Schmuckarbeit. Aus den hiesigen Steinmetzen sind schon viele tüchtige Bildhauer hervorgegangen. Weitere Geräte zum Bearbeiten des Werksteines sind der Wetzkopf, mit dem man überflüssige Ecken und Kanten absprengt, die »Fläch«, die zum Glattbehauen der Seiten dient, der »Wolf«, aus etwa 10, an beiden Enden zugespitzten, 15 cm langen Eisen bestehend, die in einem Griff rechtwinklig festgekeilt sind und auch zum Herausarbeiten der Form und zur Verzierung des Werkstückes dient und größere und kleinere »Scharriereisen«, die zum Glätten und Riffeln (Scharrieren) des Steines dienen. Dazu kommen noch mehrere Meißel, die z. B. zum Herausarbeiten der Falzen etc. beim Maßwerk (Kirchenfenstern) nötig sind.
Exakte Steinmetzarbeit erfordern die millimetergenau gearbeiteten Werkstücke
Fotos: Kreisbildstelle
Entwicklung der Industrie
Bodenfunde, wie Futtertröge. Beläge und grobe Hausdinge, die auf vorrömische Zeit hindeuten, lassen den Schluß zu, daß bereits die Kelten den Tuff zu benutzen verstanden. Daß aber die Römer den Abbau emsig betrieben, geht aus zahlreichen Funden bei rheinischen Bauwerken hervor. Wohlhabende Patriziergeschlechter müssen in hiesiger Gegend ihre Wohnstätten gehabt haben, denn bei Erdarbeiten wurden vielfach Bade- und Heizungsanlagen freigelegt. Öfters fand man römische Grabstätten (im Rhein. Prov. Museum in Bonn zu sehen). Die Särge sind geschickt aus einem großen Block gearbeitet und in der Regel mit Tuffsteinplatten abgedeckt. Auch zusammenhängende Mauerreste (im Vinxtbachtal als Grenze zwischen Ober- und Niedergermanien) und viele Kultgegenstände deuten auf römischen Ursprung hin. Der Abbau geschah meist unterirdisch im Stollen- und Kammernbau. Die Arbeitsgeräte sind fast die gleichen, wie sie heute noch in Gebrauch sind (im Andernacher Museum zu sehen).
Alle diese Funde bieten eine bestimmte Unterlage dafür, daß die Römer den Tuffstein als Baumaterial gebrauchten. Sie kannten ja den Stein von ihrer Heimat her: ist doch Rom auf Tuffhügeln erbaut und sind die Katakomben doch in Tuffgestein ausgehauen! Auch sind in der Römerzeit zahlreiche Tuffsteinladungen auf der Wasserstraße des Rheines zu den Kastellen verfrachtet worden, die man oft daraus erbaute. Festgestellt ist, daß Reste der Römer- und Festungsmauern in Bonn und Remagen aus Weiberner Stein bestehen.
Die Völkerwanderung setzte dem allem ein Ende. Erst vom Mittelalter ab tritt wieder ein Aufblühen ein. Eingeleitet wird diese Epoche des romanischen Mittelalters durch den Bau des Aachener Münsters (etwa 800), zu dem auch Weiberner Tuff verwendet wurde. Ebenso fand der Tuff reiche Verwendung bei den gotischen Kirchen- und Dombauten, sowie auch bei zahlreichen profanen Bauten.
Aus diesen beiden Zeitabschnitten stammen St. Johanniskirche in Schleswig (12 Jahrh.), Dom zu Bremen (13. Jahrh.), St. Gereon in Köln (1227), Dom zu Andernach (1120), Kirche zu Sinzig (1250), Kloster Laach (1150), Münster zu Bonn (11. – 13. Jahrh.), die Doppelkirche zu Schwarz-Rheindorf b. Bonn (1151). Ferner an Profanbauten der Gürzenich in Köln, das Rathausportal und eine Menge schöner alter Kölner Patrizierhäuser, sowie der Kölner Dom. Auch in das Ausland brachte man den Tuff als geschätzten Baustein. Rheinabwärts kam er in die Niederlande, ja selbst bis nach Dänemark. So erzählte der Kgl. Dänische Botschafter Hvass, der gelegentlich einer Feier des Eifelvereins, Ortsgruppe Andernach, hier weilte, daß in seinem Vaterlande mehrere Kirchen und Klöster aus dem 12. und 13. Jahrh. stammend, aus Weiber-ner Tuff erbaut seien.
Der 30jährige Krieg brachte die gesamte Tuffsteinindustrie zum Erliegen. Erst nach und nach erholte sie sich von diesem harten Schlage. Die Verwendung von Tuff als Bau- und Fassadenstein war bis zum ersten Weltkrieg sehr umfassend, was eine aufmerksame Wanderung durch die Geschäftsstraßen und Villenviertel unserer Großstädte zeigte. Durch den Bau von Bahnen (Brohltalbahn und Andernach – Mayen) nahm die Verwendung noch größere Ausmaße an. So war das Tuffgebiet der Eifel in der Vorkriegszeit eine Stätte blühenden Gewerbefleißes und künstlerischen Schaffens. Allein in den Weiber-ner Brüchen fanden in der Zeit 1 200 Steinmetzen und Steinbrecher aus Weibern und 20 Dörfern im Umkreis von 2 Stunden Weges lohnende Beschäftigung.
Der 1. und 2. Weltkrieg haben diese schöne Blüte zerstört, manche Geschäftsverbindung abgerissen und Betriebe lahmgelegt. Dazu ist dem heimischen Naturstein leider eine starke Konkurrenz in dem Kunststein (Bimsstein), den anderen Natursteinen (Sandstein, Muschelkalk) und besonders den ausländischen Steinarten entstanden. Dieses macht, daß die einheimischen Steinmetzen hier keine Arbeit finden, weil die Aufträge nur spärlich eingehen. So sind sie gezwungen, in die Fremde zu ziehen, wo sie andere Natursteine versetzen, d. h., Beton oder Bimssteinwände mit Tuff- oder anderen Natursteinplatten verkleiden.
Quellen:
Dissertation des Herrn Dr. Franz Hoß in Weibern
Aufzeichnungen in der Weiberner Chronik
Aufzeichnungen aus Festschriften des MGV »Cäcilia« Weibern
Mündl. Mitteilungen des Herrn Dipl.-lng. Math. Porz, Weibern