So sah unsere Kreisverwaltung vor 50 Jahren aus

VON CHRISTIAN ULRICH

In den Jahrbüchern des Kreises Ahrweiler, herausgegeben mit Unterbrechungen erstmalig im Jahre 1926, ist schon von mehreren Autoren über die Entstehung des Landkreises Ahrweiler im Jahre 1816 und über seine Leiter, Grenzveränderungen und Aufgaben sowie über die Leistungen der Kreisverwaltung in dem eineinhalb Jahrhundert des Bestehens berichtet worden.

Dem Verfasser dieses Berichts ist die Aufgabe zugeteilt, über persönliche Eindrücke und Erfahrungen in der langen Zeit seiner Mitarbeit in der Kreisverwaltung, das ist seit dem Jahre 1908, zu berichten.

In den vergangenen fünf Jahrzehnten hat sich in der Staats- und Kommunalverwaltung soviel verändert, daß dem heutigen Staats- und Gemeindebürger manches, was damals geltendes Recht war, als Kuriosum erscheinen mag.

Die bei der Entstehung des Kreises geschaffene Unterteilung der Verwaltung in einen staatlichen Verwaltungsbezirk und den Kreiskommunalverband (Zusammenschluß der Städte und Gemeinden), unter einem gemeinsamen Leiter, dem Königlich-Preußischen Landrat, sowie die Unterbringung der Verwaltungsbüros in der Privatwohnung des Landrats haben zu der Bezeichnung des Verwaltungssitzes als „Landratur“ geführt. Erst später trat die Benennung als „Kreishaus“ in Erscheinung, und neuerdings ist dann die Bezeichnung „Landratsamt“ vorgeschrieben worden.

Selten ging der damalige „Preußische Untertan“ (einen Staatsbürger kannte man bis zur Revolution im Jahre 1918 nicht) selbst direkt zur Landratur, denn er bedurfte für seine Begehren an die Königliche Verwaltung der Mitwirkung seiner Ortsbehörde, des Bürgermeisters.

Die Bürgermeister der Ämter waren allgemein zugleich Gemeindevorstände für alle zum Amtsbezirk gehörenden Gemeinden, und zwar kraft Gesetz. Die Gemeinde- oder Ortsvorsteher hatten nur eine nachgeordnete Funktion und konnten ohne den Amtsbürgermeister keine rechtliche Verpflichtung der Gemeinde begründen. Auch im Kassen- und Rechnungswesen wurden Zahlungsanweisungen nur vom Amtsbürgermeister erteilt. Bekanntmachungen der Gemeinden erfolgten durch Aushang und Verkündigung in den Gemeinden und Kirchspielen nach dem Hauptgottesdienst an Sonn- und Feiertagen. Entscheidungen und Weisungen wurden grundsätzlich mündlich durch den „Vorsteher“ bekanntgegeben.

Im Jahre 1908 hatte der Kreis Ahrweiler drei Städte: Ahrweiler, Remagen und Sinzig, die damals nach der Rhein. Städteordnung verwaltet wurden, der unmittelbaren Dienstaufsicht des Regierungspräsidenten in Koblenz unterstanden und ihre hauptamtlichen Bürgermeister jeweils auf 12 Jahre frei wählten. Alle anderen 49 Gemeinden waren in den sieben „Landbürgermeistereien“ zusammengeschlossen, wurden nach der Rhein. Landgemeindeordnung verwaltet und hatten einen hauptamtlichen Bürgermeister, der jeweils vom Oberpräsidenten der Rheinprovinz in Koblenz auf Lebenszeit ernannt wurde. In den Städten Remagen und Sinzig bestand Personalunion. Dem Bürgermeister der Stadt wurde die M i t Verwaltung der Landbürgermeisterei im Nebenamt von dem Oberpräsidenten übertragen. Über die Besoldung hatten sich dann der Stadtrat und die Bürgermeisterei-Vertretung zu einigen.

Die Landbürgermeistereien und ihre Gemeinden unterstanden der Dienstaufsicht des Landrats, als Vorsitzendem des Kreisausschusses. Das bedeutete, daß der Kreisausschuß in das Aufsichtsverfahren eingeschaltet war. Vielerlei Beschlüsse der Gemeinden usw. bedurften der Genehmigung des Kreisausschusses. Die Jahresrechnung der Bürgermeisterei- und Gemeindekassen wurde vom Landrat geprüft und entlastet. Bei den Städten prüfte nur der Stadtrat und sprach durch Beschluß souverän die Entlastung aus. In derselben Weise erfolgte beim Kreis die Prüfung und Entlastung durch den Kreistag. Das Selbstverwaltungsrecht war damals wesentlich größer als heute.

Für die Bürgermeister bestanden damals keine Besoldungstarife, sondern die zuständigen Vertretungskörperschaften führten jeweils eine auf die Person des Stelleninhabers abgestellte Regelung herbei. Auch für die sonstigen Beamten der Kommunalverwaltungen gab es im Kreise Ahrweiler keine Besoldungsordnungen, Stellenpläne usw., sondern die Vertretungskörperschaften setzten auch hier durch entsprechenden Beschluß die Zahl der Beamtenstellen, die Höhe der Besoldung und bei den Städten und Ämtern auch die Person des Stelleninhabers fest; letzteres geschah in den Landkreisen durch den Kreisausschuß. Einzelheiten in der Anstellung und Besoldung wurden, in der Anstellungsurkunde geregelt, die erforderlichenfalls mit Ergänzungen versehen wurde.

Die Besoldung bestand allgemein in einem Anfangsgehalt, das sich nach der Zahl der Dienstjahre, in der Regel im Abstand von drei Jahren, steigerte, bis zu dem festgesetzten Höchstgehalt. Daneben wurde ein Wohnungsgeldzuschuß gewährt, dem eine Ortsklasseneinteilung nach den Klassen A bis E zugrunde lag. Diese Ortsklasseneinteilung bestand meist für das gesamte Kreisgebiet. Der Kreis Ahrweiler rangierte damals in der Ortsklasse D, der Nachbarkreis Adenau in Ortsklasse E. Der Wohnungsgeldzuschuß war innerhalb der Klasseneinteilung noch verschieden für höhere Beamte, mittlere Beamte und Unterbeamte, die das Gros der Beamten darstellten. Z. B. erhielt im Kreise Ahrweiler der höhere Beamte einen Zuschuß von jährlich 720 Mark, der mittlere Beamte 450 Mark und der Unterbeamte 220 Mark. Zu den Unterbeamten rechneten alle Beamten, deren Anfangsstellengehalt weniger als 1650 Mark jährlich betrug. Bei den Unterbeamten bestand noch die Sonderregelung, daß bei Disziplinarstrafen neben den sonstigen Maßnahmen, die damals auch schon der heutigen Regelung entsprachen, auch Arrest-Strafen bis zu acht Tagen verhängt werden konnten. Alle Dienstbezüge wurden vierteljährlich im voraus bezahlt. An Angestellte erfolgten alle Zahlungen monatlich nachträglich. Der Kreis Ahrweiler hatte im Jahre 1908 eine Gebietsfläche von 371,346 qkm, in. dieser eine Einwohnerzahl von 44921 Personen und eine Bevölkerungsdichte von 121 Menschen auf einen Quadratkilometer.

Der Kreistag hatte damals 23 Abgeordnete, die jeweils auf sechs Jahre in einem komplizierten Verfahren gewählt wurden. Alle zwei Jahre schied ein Drittel der Zahl aus, gegebenenfalls durch Auslosung. Wiederwahl war zulässig und die Regel. An die Kreistagsabgeordneten durften nach den gesetzlichen Vorschriften der KO keine Diäten gezahlt und auch keine Fahrkosten vergütet werden. Für die Wahl bestanden 3 Wahlverbände: 1. der Wahlverband der größeren Grundbesitzer; 2. der Wahlverband der Landgemeinden; 3. der Wahlverband der kreisangehörigen Städte. Die nachfolgende Übersicht läßt ersehen, wie die einzelnen Bevölkerungsschichten in ihrer sozialen Gliederung im Kreistag in Ahrweiler im Jahre 1906 vertreten waren.

A) Wahlverband der größeren Grundbesitzer, dem auch die Gewerbetreibenden der Gewerbesteuerklasse I zugerechnet wurden:

1. Krewel, Jerome, Rittergutsbesitzer in Vettel-hoven.

2. Dr. Guido de Weerth von Vettelhoven, Rittergutsbesitzer zu Burg Vettelhoven.

3. Reichsgraf Wilhelm von Spee, Rittergutsbesitzer zu Schloß Ahrental bei Sinzig.

4. Dommerque, Carl, Privat-Oberförster des Rittergutes Vicomte de Maistre in Vischel.

5. Lorenz, Friedrich, Direktor der AG Apollinarisbrunnen, Heimersheim.

6. Rütten, Felix, Kurdirektor, Bad Neuenahr für die AG Bad Neuenahr.

7. Kreutzberg, Albert, Weingroßhändler, Ahrweiler.

B) Wahlverband der Landgemeinden

1. Fabry, Hugo, Gutsbesitzer, Altenahr; später Ehrenbürgermeister.

2. Klein, Johann, Gutsbesitzer, Ringen.

3. Schmitz, Franz Michel, Gutsbesitzer, Gelsdorf.

4. Esser, Johann, Pensionsinhaber (zugleich Winzervereinspräsident und Gemeindevorsteher), Bad Neuenahr.

5. Schlösser, Heinrich, Kaufmann, Oberwinter.

6. Hoß, Matthias, Ackerer und Gemeindevorsteher, Franken.

7. Scheuer, Johann, Ackerer, Niederzissen.

8. Frank, Matthias, Ackerer und Gemeindevorsteher, Gönnersdorf.

9. Linden, Stephan, Winzer, Heimersheim.

10. Bröhl, Josef, Gastwirt und Gemeindevorsteher, Brohl (Rhein).

C) Wahlverband der Städte

1. Dr. von Ehren wall, Karl, Arzt und Kuranstaltbesitzer, Ahrweiler.

2. Jarre, Heinrich, Kaufmann, Ahrweiler.

3. Ludwig, Peter, Kaufmann, Ahrweiler.

4. Pira, Franz, Rentner, Remagen.

5. von Guilleaume, Max, Geheimer Kommerzienrat zu Schloß Calmuth bei Remagen. (Dieser Abgeordnete gehörte persönlich zum Wahl verband der Großgrundbesitzer; er wurde aber vom Stadtrat in Remagen als Vertreter gewählt.)

6. Mohr, Franz, Rentner, Sinzig.

Anm.: Die Abgeordneten zu Nr. 3 und 6 wurden nach Ablauf der Wahlperiode durch die Bürgermeister Blume, Ahrweiler, und Ortsiefer, Sinzig, abgelöst.

Der Landrat hatte damals wie heute im Kreistag den Vorsitz, aber kein Stimm recht, wenn er nicht als Kreistagsabgeordneter gewählt war. Bei Stimmengleichheit war die Vorlage abgelehnt.

Im damals noch bestehenden Nachbarkreis Adenau, dessen Rechtsnachfolger der Kreis Ahrweiler bei der Auflösung im Jahre 1932 geworden ist, entwickelte sich bei den Kreistagswahlen im Jahre 1912 folgende interessante Begebenheit von allgemeiner Bedeutung: Der Wahlverband der größeren Grundbesitzer bestand aus drei Wahlberechtigten, die auch drei Abgeordnete zu wählen hatten. Wenn sie sich einig waren, wurden alle drei Kreistagsabgeordnete. Wahlberechtigt waren der preußische Staat (Forstfiskus), ein Rittergutsbesitzer vom Laubachshof zu Gut Hospelt bei Münstereifel und ein Gutsbesitzer, zugleich Besitzer einer Zuckerfabrik in Köln. Der Landrat stellte den Antrag, ihn als Vertreter des preußischen Staates für die Wahl zu bevollmächtigen, worauf die Bezirksregierung in Koblenz, Abt. für Domänen und Forsten, aber nicht einging, sondern sie ernannte ihren Fachbeamten „im grünen Rock“ aus Adenau zum Bevollmächtigten. Am Wahltag ergab sich nun folgendes Bild: Wahlberechtigte 3, abgegebene Stimmen 3. Gewählt wurden in geheimer Wahl mit Stimmzetteln, der Landrat mit 2 Stimmen und die beiden Gutsbesitzer mit je 3 Stimmen; 1 Stimme entfiel auf den Fachbeamten der Forstverwaltung, der sich also selbst gewählt haben mußte, bei der Sitzverteilung aber ausfiel, weil die beiden Gutsbesitzer ihre Stimme für den Landrat abgegeben hatten. Auf diesem Wege waren die Landräte des Kreises Adenau (Scherer, Dr. Schellen und Dr. Klausener) nacheinander stimmberechtigte Mitglieder des Kreistages. Auch der Landrat in Ahrweiler war in den Jahren 1917 bis 1920 gewähltes Mitglied des Kreistages.

Zu den größeren Grundstücksbesitzern der damaligen Zeit gehörte im Kreise Adenau auch der Rittergutsbesitzer Pützfeld königl. Generalleutnant z. D. Freiherr von Niesewand in Dresden, der aber bei der Wahl mit seiner Grundsteuerzahlung den steuerlichen Mindestbetrag für die Beteiligung nicht voll erreichte; er blieb mit einem Betrag von 27,39 M unter der Grenze.

Interessant für das „Obrigkeitsdenken“ und den „Untertanengeist“, aber auch für die Vereinfachungsbestrebungen und zur Verminderung des Schreibwerks in der Zeit vor 50 Jahren ist ein nachfolgend aufgezeichneter Schriftwechsel des Landrats mit zwei hauptamtlichen Bürgermeistern seines Kreises bei den Vorbereitungen zu den Kreistagswahlen im Jahre 1908. Der Bürgermeister in X reichte am 7. 12. 08 die Wahl Verhandlungen des Verbandes der Landgemeinden vor. (Städte gab es im Kreis Adenau nicht.) Diese Berichtsvorlagen gingen mit folgenden Anordnungen auf dem. gleichen Schriftstück an den Einsender zurück „zur Aufklärung, warum die Bürgermeistereiversammlung nur aus 19 Abgeordneten besteht, während nach den §§ 110 und 112 LGO die dortige Bürgermeistereiversammlung 23 Abgeordnete zählen müßte. Die Gemeinden X, Y und Z sind nur durch ihren Vorsteher vertreten. Warum haben diese Gemeinden nicht einen gewählten Abgeordneten entsendet? Ich ersuche um Äußerung, warum Ihrerseits nicht rechtzeitig die Wahl der Abgeordneten dieser Gemeinden in die Wege geleitet worden ist. Die Gemeinden haben ein Anrecht darauf, in der Bürgermeistereiversammlung vertreten zu sein.“

Die Rückäußerung des Bürgermeisters, in persönlicher Handschrift, traf pünktlich zu dem festgesetzten Termin ein und lautete: „Urschriftlich mit dem Bericht zurückgereicht, daß die Versammlung aus 21 Mitgliedern einschl. des Bürgermeisters bestand. Es war versehentlich unterblieben, das Mitglied X zu Y in der Liste aufzuführen, was nachgeholt ist.

Foto: Kreisbildstelle Landratsamt bis 1850

 X war eingeladen aber nicht erschienen. In den Gemeinden Y und Z ist ein Abgeordneter noch nicht gewählt. Schon seit langen Jahren waren diese Gemeinden nur durch ihre Vorsteher vertreten. Die Wahl erfolgt in der nächsten Gemeinderatssitzung.

Es war mir bis zum Erlasse der Verfügung Euerer Hochwohlgeboren nicht aufgefallen, daß diese beiden noch zu wählenden Abgeordneten nicht vorhanden waren. Es soll dies schon mindestens 10 Jahre der Fall sein. Während die Verzeichnisse der Gemeinderatsmitglieder nachgeprüft und berichtigt worden waren, unterblieb dieses leider bezüglich der Bürgermeistereiversammlung. Trotzdem ich in einer Bürgermeistereiversammlung die Frage stellte, ob alle Gemeinden entsprechend vertreten seien, wurde allseitig die Vollzähligkeit bejaht.“

Darauf folgende Rückschrift des Landrats an den Einsender:

,, . . . zurück, um sich noch verantwortlich darüber zu äußern, weshalb Sie bei der Vollziehung der Bescheinigung am Schlüsse der Wählerliste sich nicht die Überzeugung verschafften, ob alle Mitglieder der Bürgermeistereiversammlung — namentlich der Bürgermeister selbst — richtig in der Wählerliste bezeichnet sind. Warum haben Sie von dem Ihnen zustehenden Stimmrechte keinen Gebrauch gemacht? Es war Ihre Pflicht, sieb rechtzeitig davon zu überzeugen, ob alle Gemeinden ausreichend in der Bürgermeisterei-Versammlung vertreten waren. Ihrer Sorglosigkeit ist es zuzuschreiben, daß die Wahl für ungültig erklärt werden muß.“ Die persönliche, handschriftliche Rückäußerung des Bürgermeisters:

„Urschriftlich mit dem Berichte zurückgereicht, daß die Wählerliste in einer Zeit aufgestellt wurde, in welcher sich die Arbeiten drängten, weshalb von mir leider die Liste nicht genauer geprüft war. Ich hatte angenommen, daß im Bureau eine solch‘ einfache Liste wenigstens vollständig aufgestellt werden könnte. Eine zuverlässige Schreibhilfe fehlt mir leider. Ich bitte um Erwägung, ob die Wahl nicht als gültig erklärt werden könnte, da alle Mitglieder ordnungsmäßig geladen waren. Ein anderes Ergebnis wird eine Neuwahl trotz aller Bemühungen nicht haben. Aus diesem Grunde und weil die von mir vorgeschlagene Person, Beigeordneter X, keine Stimme fand, unterblieb meine Stimmabgabe.“

Von dem Landrat wurde dann folgender Schlußbescheid dem Bürgermeister erteilt, von dem eine Abschrift zu den Personalakten des Bürgermeisters genommen worden ist. „An den Herrn Bürgermeister in X. — Bei der am 30. November stattgefundenen Ersatzwahl zum Kreistage sind die Gemeinden X und Y nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise vertreten gewesen, in dem nur die Vorsteher dieser Gemeinden zu der Wahl eingeladen waren, nicht aber ein gewählter Abgeordneter — § 110 LGO —. Auch ist es versäumt, Sie selbst in die Wählerliste aufzunehmen. Diese Vorgänge beweisen, daß Sie sich vorher mit den zu beobachtenden Bestimmungen nicht vertraut gemacht haben. Wegen dieser Versehen spreche ich Ihnen meine ernste Mißbilligung aus. Die Entschuldigung, daß es Ihnen an einer zuverlässigen Schreibhilfe fehle, kann angesichts eines vorhandenen beamteten Bürgermeistereisekretärs nicht stichhaltig sein.

Ihre Ausführungen, daß eine Neuwahl kein anderes Ergebnis haben werde, sind unerheblich.“ Der Sachverhalt wurde dem Kreisausschuß unterbreitet, der dem Kreistag vorschlug, die Wahl für ungültig zu erklären, was dann auch geschehen ist.

Anm. d. Verf.: Der vorerwähnte hauptamtliche Bürgermeistereisekretär bezog damals ein Jahresgehalt von 900 M, zuzüglich 150 M Wohnungsgeldzuschuß.

Die Berichtsvorlage eines anderen Bürgermeisters zur Kreistagswahl 1908 ging zurück mit folgender Verfügung:

„Die Wiederwahl des Abgeordneten X bedarf keiner Bestätigung — § 46 ff. KO —. Daß die Bürgermeistereiversammlung gegen das Ergebnis ihrer Wahl nichts zu erinnern hat, dürfte doch selbstverständlich sein. Im Übrigen mache ich Sie darauf aufmerksam, daß der Bürgermeister nach § 112 LGO volles Stimmrecht in der Bürgermeistereiversarnmlung hat. Ich muß erwarten, daß Sie sich mit den maßgebenden Gesetzen vertraut machen, damit Vorlagen wie die vorliegende vermieden werden.“

Die persönliche, handschriftliche Rückäußerung des Bürgermeisters:

„Urschriftlich nach Kenntnisnahme zurückgereicht. Zu dem Wortlaut meines Berichts bin ich durch den. Vordruck gekommen. Durch die Fassung des Zusatzes wollte ich berichten, daß die Bürgermeistereiversammlung nichts gegen die Gültigkeit der Wahl und nichts gegen das Ergebnis der Wahl einzuwenden hat. Selbst mitzuwählen hatte ich vergessen, was ich geneigtest zu verzeihen bitte.“ Daraufhin sandte der Landrat den Vorgang nochmals zurück mit folgender Verfügung: „Anscheinend sind Sie sich über die gesetzlichen Bestimmungen noch nicht im Klaren, wie Ihr Bericht zeigt. Der Zusatz ist völlig überflüssig — vergl. § 58 KO —. Ich erwarte, daß Sie sich mit den Bestimmungen vertraut machen.“

Der Bürgermeister berichtete dann: „Urschriftlich dem Herrn Landrat nach Kenntnisnahme zurückzureichen.“ Der Schriftwechsel wurde beendet mit dem Vermerk des Landrats: „Abgesehen davon, daß der Bürgermeister selbst das Wahlrecht nicht ausgeübt hat, sind gegen die Wahl keine Bedenken zu erheben.“

Der angeführte Schriftwechsel zeigt, daß sich die Gemeindeeingesessenen ihrer Wahlrechte nicht ausreichend bewußt waren, daß aber andererseits die Aufsichtsbehörde die Rechtshandhabung überwachte und so die Gemeindebürger im Falle der Rechtsverletzung wirksam schützte. Der Schriftwechsel ist ein Beweis für die Gewissenhaftigkeit der damaligen Staatsaufsicht. Für die zwei Kreisdeputierten als Vertreter des Landrats und die 6 Kreisausschußmitglieder galten im wesentlichen dieselben Bestimmungen, wie sie heute bestehen, nur mit dem Unterschied, daß die Wahlzeit damals 6 Jahre betrug. Aus dem Kreisausschuß schied alle 2 Jahre ein Drittel aus. Diese konnten wiedergewählt werden, was meist auch geschah. Stellvertreter für die KA-Mitglieder waren gesetzlich nicht vorgesehen. Soweit erforderlich, fand Ersatzwahl statt. Der Landrat war geborener Vorsitzender des KA und gab bei Stimmengleichheit den Ausschlag. In der Praxis wurden damals die Kreisausschußmitglieder aus den Reihen der Kreistagsabgeordneten gewählt, um die Gremien möglichst klein zu halten; heute ist es umgekehrt. Die Kreisdeputierten waren meist prominente Kreistagsmitglieder aus dem Wahlverband der größeren Grundbesitzer. Der erste Kreisdeputierte gehörte meist dem K A als Mitglied an, der zweite Kreisdeputierte wurde nur zu den Kreistagssitzungen eingeladen, dem er ja als ordentliches Mitglied angehörte. Der KA war beschlußfähig, wenn neben dem Landrat zwei Mitglieder anwesend waren.

Der KA hatte neben den ihm obliegenden Verwaltungsaufgaben die Funktion als Verwaltungsgericht erster Instanz. Seine Entscheidungen wurden zunächst ,,Im Namen des Königs!“, später „Im Namen des Volkes!“ verkündet. Der Landrat war Staatsbeamter, er wurde vom König ernannt, konnte jederzeit abberufen und in den Wartestand versetzt werden. Als Vorsitzender des Kreisausschusses war er zuständig für die Aufgaben der laufenden Kommunalverwaltung; er führte „Namens des KA“ Verhandlungen und hatte die Beschlüsse des KA anzuführen. Nach den Vorschriften der KO sollte der Landrat Grundbesitzer im Kreise sein oder die Befähigung zum höheren Verwaltungs- oder Justizdienste erlangt haben und seit mindestens einem Jahre im Kreise wohnen. Der vor SO Jahren amtierende Landrat war der erste, der nicht zu den Großgrundbesitzern im Kreise zählte, sonst aber die Voraussetzungen erfüllte. Er war beim Tode des Vorgängers als Regierungsassessor beim Landrat in Ahrweiler tätig und wurde daher zunächst Landratsamtsverwalter. Obschon ein Mitbewerber aus dem Kreis, der Großgrundbesitzer Reichsgraf Leopold von Spee auf Schloß Ahrenthal bei Sinzig auftrat, beschloß der Kreistag dem Landesherrn und König von Preußen die Ernennung des Landratsamtsverwalters in Vorschlag zu bringen; diesem Antrag wurde stattgegeben. Damit hatte der Kreis zum zweiten Male in der Kreisgeschichte einen Landrat, der nicht dem „Adelsstande“ angehörte.

Die Büros des Landratsamtes und des Kreisausschusses waren bis zu dieser Landratsernennung stets im Privathaus des Landrats untergebracht; benötigt wurden damals nur 3 Räume. Die Sitzungen des Kreistages fanden im Rathaussaal oder in den Sälen der Hotels „Zum Stern“ oder „Drei Kronen“ in Ahrweiler statt. In der Zeit von 1887 bis 1920 wurden insgesamt 63 Sitzungen abgehalten, also im Durchschnitt zwei Sitzungen im Jahr, wie dies auch in der KO vorgesehen war. Es gab damals keine „ellenlangen“ Niederschriften über die Sitzungen, sondern es wurde» nur die „Beschlüsse“ protokolliert. Das Protokollbuch für 33 Jahre umfaßt nur 190 je halbseitig beschriebene Blätter; auf eine Sitzung entfielen somit 12 in der Hälfte beschriebene Seiten.

Mit diesem Landratswechsel entstand erstmalig im Kreise die Notwendigkeit, ein anderes Verwaltungsgebäude zu schaffen, in dem dann zugleich die Dienstwohnung des Landrats einzurichten war. Zu diesem Zeitpunkt schloß der Kreishaushaltsplan in Einnahmen und Ausgaben übereinstimmend mit 37832 M ab. Der Kreistag bejahte am 14. 4. 1891 mit 17 gegen 2 Stimmen das Bedürfnis zum Bau eines Kreishauses und bewilligte einen Betrag von 100000 M zum Ankauf eines Grundstücks und zur Bestreitung der Baukosten. Nach 3 Jahren war der Bau vollendet. In der Kreistagssitzung am 27. 6. 1894, der auch der königl. Regierungspräsident Herr von Itzenplitz, der Baurat Zeck sowie der Bauunternehmer Carl Kroth, beide aus Andernach und letzterer als Bauausführender, beiwohnten, wurde das Krrishaus eingeweiht. Der Landrat brachte in seiner Weiherede nach den Presseberichten zum Ausdruck, daß nunmehr für mindestens 300 Jahre Raum für die Verwaltung geschaffen sei.

Das Erdgeschoß des neuen Hauses wurde für Bürozwecke, die beiden Obergeschosse für den Landrat als Dienstwohnung eingerichtet und benutzt. An der Straßenseite lagen 4 Büroräume, die untereinander verbunden waren, sonst aber den Zugang vom Hausflur hatten. Dieser Büroreihe gegenüber waren ein Raum für das Steuerbüro, das damals nur einen Steuersekretär und zwei Anwärter hatte und das Büro des 1892 eingestellten Kreisbaumeisters (Tiefbau) in dem auch ein Hilfszeichner mit Besoldung nach Arbeitstagen untergebracht war. Rechts von der Pforte lagen der Sitzungssaal des Kreistages und der kleine Sitzungssaal des Kreisausschusses. In diesem Raum hatte auch der ständige „Nachtwächter“, ein Flurschutzbeamter der Stadt Ahrweiler, sein Nachtquartier. Als dann 10 Jahre später die staatliche Steuerverwaltung (heute Finanzamt) sich „ausdehnte“ und ein zweiter „königlicher Regierungs-Steuersekretär“ dem Landrat als Vorsitzenden der Einkommensteuer-Verlanlagungskommission zugewiesen wurde, bezog dann der Kreisbaumeister mit seinem Büro 2 Räume, in dem Neubau der Kreissparkasse. So bestand noch im Jahre 1910 für das Kreishaus folgende Büroeinteilung, alles im Erdgeschoß: Nr. l Kreisbote, Nr. 2 Kanzlei, Nr. 3 Kreissekretär, Nr. 4 Landrat, Nr. Zentralregistratur und Bücherei, Nr. 6 Steuerbüro I, Nr. 7 Steuerbüro II (letzteres Büro war im früheren Sitzungszimmer des KA eingerichtet worden, der KA tagte dann im Sitzungssaal des Kreistages), Nr. 8 Sitzungssaal.

Das einzige Telefon befand sich im Büro des Kreissekretärs mit Nebenanschluß zur Dienstwohnung des Landrats und der Kreissparkasse. Dieses Büro war zugleich Vorzimmer des Landrats. Eine einzige Schreibmaschine war im Botenzimmer aufgestellt und diente an erster Stelle „Vervielfältigungsarbeiten“, d. h. Schriftstücken, die mehrfach anzufertigen waren; 10 Durchschlage waren möglich. Die Schreibmaschine kostete 1906 300 M, also soviel wie der sie bedienende Angestellte in 5 Monaten an Bruttogehalt bezog. Alle anderen Schriftstücke waren handschriftlich von den Beamten zu bearbeiten, wobei der „urschriftliche Verkehr“ Grundsatz war. Die Schriftstücke wurden im Original von Behörde zu Behörde gesandt und im Endergebnis überwiegend zu den Akten der Ortsbehörde genommen, soweit sie nicht in Beantwortung eines Antrages an den Begehrenden im Original zurückverlangten. Das bei jeder Behörde zu führende „Journal“ registrierte jeden Schriftverkehr und bot die Möglichkeit zu einer schnellen Kontrolle. Dadurch, daß alle Beamten usw. das Schreibwerk in deutlicher, persönlicher Handschrift abzuwickeln hatten, nicht selten Korrekturen ihrer Vorgesetzten im Wortlaut hinnehmen mußten, war die „Vereinfachung“ von selbst gewährleistet.

Die Einrichtung und Ausstattung der Büros war schlicht und rein zweckbestimmt. Um das „Tageslicht“ auszuwerten, gab es damals auch in den Büros anderer Verwaltungen und Betriebe keine Gardinen, Vorhänge usw. Als Sonnenschutz waren in einigen Büros „Rollos“ aus einfachstem Material angebracht; Teppiche und Läufer waren unbekannt. In einigen Büros waren Wasserkräne mit eisernen Ablaufbecken und einem „Gemeinschafts-Handtuch“. Ein WC, ohne Waschgelegenheit und nur bei Tageslicht erhellt, reichte für den Zuspruch. Altpapier lag in einem ausgedienten „Eierkorb“ zur Benutzung bereit. Wer mehr verlangte, mußte sich dieses persönlich mitbringen. Die Büros waren mit einfachen Tischen und Stühlen und sogen. „Aktenböcken“ ausgestattet. Der „Registratur“ gab die Akten heraus und legte sie wieder ab.

Landratsamt 1850—1893
Foto: Kreisbildstelle

In mehreren Büros gab es noch die überlieferten „Stehpulte“; an einem Tisch hatten bis zu 4 Personen Platz. Kein Beamter hatte ein Einzelbüro. Der Regierungsassessor hatte seinen Arbeitsplatz mit den gelegentlich „zur Einarbeitung“ beschäftigten Referendaren im Sitzungssaal, der sonst nur an wenigen Tagen im Jahr für Sitzungszwecke benutzt -wurde. Die Hausflure dienten als Warteraum, Garderobe und zur Aufstellung von Aktenschränken. Größerer Publikumsverkehr war nur im Januar und März in den zwei Steuerbüros und im Jahreslauf, wenn der Kreisausschuß als „Verwaltungsgericht“ tagte. Bei den Steuerbüros waren in der Zeit vorn 4. bis 20. Januar die „Steuererklärungen“ von allen Bewohnern des Kreises abzugeben, die ein Jahreseinkommen von über 3000 M hatten; alle anderen Steuerpflichtigen wurden durch die Voreinschätzungskommission in den Bürgermeistereien „geschätzt“. Viele der zur Deklaration verpflichteten gaben die Steuererklärung „zu Protokoll“ des Steuersekretärs mündlich ab. Steuerberater usw. gab es damals im Kreise nur wenige. Bei diesen Verhandlungen kam es vor, daß die Abgabepflichtigen „zur Wahrung des Steuergeheimnisses“ Verhandlung „unter 4 Augen“ verlangten; dem mußte entsprochen werden. Meist aber „flüsterten“ die Erklärenden dem Beamten die notwendigen Angaben zu, oder sie gaben die Antwort auf Fragen auf einem mitgebrachten Notizzettel. Auch bei „Beanstandungsschreiben“ und im Rechtsmittelverfahren wurde die mündliche Verhandlung im Steuerbüro bevorzugt. Manchmal ergaben sich auch bei diesen Verhandlungen in den Steuerbüros „heitere“ Episoden, doch kann darüber hier nichts aufgezeichnet werden. Das gesamte Staatssteuer-Soll betrug im Jahre 1908 im Kreise Ahrweiler an Einkommensteuer 195440 M, an Ergänzungs-(Vermögens-)Steuer 52837 M; im damaligen Kreise Adenau 32194 M an Einkommensteuer und 10461 M an Ergänzungssteuer.

In dem Kreishaus waren also noch im Jahre 1910 die Dienststellen der staatlichen allgemeinen und inneren Verwaltung, der staatlichen Steuerverwaltung (seit 1921 Finanzamt) und die der kommunalen Selbstverwaltung untergebracht. Der im Jahre 1907 angestellte Kreisbaumeister für Hochbau hatte seine Büroräume in der Privatwohnung, wie dies damals auch bei den Katasterämtern, der königl. Kreiskasse, dem Zollamt, Kreisarzt und Kreistierarzt sowie den meisten Stadt- und Amtskassen der Fall war. Für die Kassenstellen (Rendanturen) war damals in der Dienstanweisung vorgeschrieben, daß der Geldschrank im Schlafzimmer des Rendanten aufzustellen war, und bei der Kreissparkasse hatte man vorsorglich bei dem Neubau im Jahre 1903 eine „Schießscharte“ in der Decke zwischen dem Erdgeschoß und dem Schlafzimmer des Rendanten eingerichtet, damit er etwaige „Panzerknacker“ rechtzeitig mit der Schußwaffe abwehren konnte. Der Stadtrat in Ahrweiler hatte bei den Vorverhandlungen über den Neubau den Kreisausschuß rechtzeitig davor gewarnt, die Kreissparkasse „aus dem Mauerbering“ der Stadt zu verlegen, weil „die Sicherheit der Kasse dann ganz auf dem Körper des Rendanten beruhe und nächtliche Einbrüche in Gebäuden der Wilhelmstraße schon da gewesen seien“. Der Kreistag hatte aber Mut genug, den Neubau außerhalb des sicheren Mauerbereichs zu beschließen. Damals bestand zwar der Geldverkehr nicht überwiegend in „Giralgeld“, sondern die klingende Goldmünze in Stücken von 20 und 10 M, Silbermünzen von 5, 3, 2, 1 und 1/2 Mark, Nickelmünzen von 25, 10 und 5 Pfennige, schließlich Kupfermünzen in 2 und 1 Pfennigstücken waren die Regel. Nach dem Münzgesetz vom Jahre 1909 war niemand verpflichtet, Silbermünzen im Betrage von mehr als 20 M, Nickel- und Kupfermünzen im Betrage von mehr als 1 M in Zahlung zu nehmen; er konnte „Gold“ verlangen. Von diesen Münzen haben nur die Kupfermünzen von 2 und l Pfennig die zweimalige „Geldentwertung“ überstanden und ihren vollen Wert behalten; sie sind heute noch gültiges Zahlungsmittel. Das Mischungsverhältnis bei der Ausprägung in den staatlichen Münzen betrug bei den Goldmünzen 900 Teile Gold und 100 Teile Kupfer, bei den Silbermünzen: 900 Teile Silber und 100 Teile Kupfer. Nach den Lehren des damaligen Schatzkanzlers Helfferich sollte der Nennwert einer Münze, „zugleich deren Metallwert“ darstellen. Das war echte Goldwährung, die 1916 abgeschafft wurde. Damals wurde nicht alles Geld zur Sparkasse gebracht; manche horteten die Goldmünzen. Der Verfasser erlebte folgenden Fall: Ein gut situierter Gewerbetreibender in Ahrweiler hatte bis 1915 zus. 20000 M in Goldmünzen „gesammelt“ und verwahrte seinen Schatz in einem Zigarrenkistchen in seinem Schlaf gemach. Während des Krieges entstand das Leitwort „Gold gab ich für Eisen“. So versuchte man auch den „Goldsammler“ zu bewegen, seinen Schatz in „Spargeld“ umzutauschen. Dieser befürchtete aber Verluste; er machte zur Bedingung, daß ihm zwei Vertrauensleute (der Pfarrer und der ältere Rendant a. D.) der Kreissparkasse die persönliche Versicherung gäben, daß er keinen Verlust erleiden werde. Diese Erklärung wurde dann abgegeben.

Der Schatzeigentümer versuchte nach dem 1. Weltkrieg von der staatlichen „Kleinrentnerfürsorge“ betreut zu werden, da er sein für das Alter angesammeltes Vermögen durch den Krieg verloren hatte. Diese gesetzliche Hilfe konnte ihm aber nicht gewährt werden, weil das „Vermögen“ erst während des Krieges bei der Sparkasse angelegt worden war, somit also die Voraussetzungen für den Rentenbezug nicht erfüllt wurden. Die Goldhortung wurde so ein großer Verlust.

Stellenplan

Die noch im Jahre 1910 im Kreishaus residierenden 3 Behörden — Landrat, Kreisausschuß und Steuerverwaltung (Finanzamt) — hatten eine Personalbesetzung, wie sie der nachstehend aufgezeichnete Stellenplan ausweist; dabei ist berücksichtigt, daß die Kreissparkasse damals noch zur Kreisausschußverwaltung gehörte.

 Verwaltungs-
zweig
ZahlStellenbezeichnungBeamte aufaußer-
plan-
mäßig
An-
gest.
Pausch
verg.
ohne Verg.
Le-
bens-
zeit
Kün-
di-
gung
An-
wär-
ter
Lehr-
linge
Tage-
lohn
Staats
verwaltung
1Landrat1
1Reg.-Assessor1
1Kreissekretär11)
1Reg.-Supernumerar1
1Kreisbote2)
1Verw.-Angestellter3)
Steuer-
verwaltung
2Reg.-Steuersekretäre2
2Verw.- Anwärter2
2Verw.-Lehrlinge2
zusammen1252122
Kommunal-
verwaltung
1KA-Assistent1
1Registratur1
2Verw.-Angestellte2
2Verw. -Anwärter2
Hochbau1Kreisbaumeister1
2Kreistechniker2
1Bauzeichner1
Tiefbau1Kreisbaumeister1
3Kreistechniker3
1Bauzeichner1
zusammen1561422
Kreis-
sparkasse
1Rendant1
1Gegenbuchführer14)
1Assistent1
1Gehilfe1
1Lehrling11
zusammen5221
1. Staat1252122
2. KA15614225)
3. Sparkasse5221
insgesamt3213127432

Anmerkungen:

1) Kreisausschuß-Sekretär im Nebenamt von 1888 bis 1920.
2) Im Nebenamt Kreisausschußbote und Heizer.
3) Privatgehilfe des Landrats, von diesem bezahlt.
4) Im Nebenamt Rendant der Krciskommunalkasse.
5) Tagelohn, zunächst 4 M, später 5 M.
Die Bediensteten der Kreissparkasse in Ahrweiler versahen zugleich den Dienst bei den verschiedenen Außenstellen im Kreisgebiet.

Der Kreis-Haushaltsplan, der im Jahre 1889, wie vorausgehend bereits verzeichnet, mit einem Volumen von 37832 M abschloß, erreichte im Jahre 1909, also genau 20 Jahre später, bereits den Gesamtbetrag von 249536 M; davon waren allerdings rund zwei Drittel der Summe durchlaufende Posten, die den Kreis nicht belasteten. In der Gliederung ergibt sich für das Rechnungsjahr 1909 folgendes Bild (alles in Mark):

A. Einnahmen

1. Überschuß des Vorjahres   1345 
2. Miete des Landrats für Wohnung und staatliche Diensträume   1 550 
3. Miete aus dem Sparkassengebäude   2400 
4. Zinsertrag aus Kapitalvermögen   3100 
5. Finanzzuweisungen der Provinz   4230 
6. Gebühreneinnahmen:
Verwaltunggsstreitverfahren   120 
Jagdscheinausfertigung   2300 
Körungen   250 
7. Schankkonzessionssteuer   5000 
8. Betriebssteuer der Schankstätten usw.   6500 
9. Verwaltungskostenbeitrag der Provinz für die Kosten der Sektion 62 der landw. Berufsgenossenschaft   600 
10. Leistungsgebühren der Gemeinden für Arbeiten der Kreisbaumeister und Techniker   1200 
11. Kostenbeträge vermögender Geisteskranker   900 
12. Zuschüsse aus dem „Westfonds“ für Dungstätten   1000 
13. Beihilfen für und Erträge der Kreis-Baumschule   7000 
14. Entnahme aus Rücklagen zur Verfügung des KA.   3146 
15. Kreisumlage für die Städte und Gemeinden   12000 
16. Unvorhergesehene Einnahmen   300 
Zusammen:  52941 
17. Überschüsse der Kreissparkasse  46295 
18. Durchlaufende Einnahmen:
a) Umlagen der Gemeinden aus ihrem Steueraufkommen für die Provinz. Anteile an den Pflegekosten für Geisteskranke u. den Impfkosten   90000 
b) Kapitalentnahme für den Ankauf von Zuchtstieren (vorübergehend)   10000 
c) Umlagen usw. der Landwirt-Beruf sgen. und des Oberförsterei-Zweckverbandes pp.   50300150300
Gesamteinnahme:    249536

B. Ausgaben

1. Pauschalbetrag für den Landrat als Leiter der Kommunalverwaltung, einschl. Schreibbedarf usw.   2500
2. Gehälter der Kreisausschußbeamten:
a) KA-Sekretär im Nebenamt   900
b) KA-Assistent   2000
c) Beitr. Ruhegehaltskasse zu a + b   425
d) Vergütung für 3 Verwaltungsgehilfen   2250
e) Boten. Heizer im Nebenamt 200   5775
3. a) Gehalt des Kreisbaumeisters (Hochbau)   5520
b) Beitr. z. Ruhegehaltskasse   522
c) Reisekosten   2500
d) Zuschuß zu den Telefonkosten   60
c) Mietsentschädigung und Kosten der Hilfskräfte   600014602
4. a) Gehalt des Kreisbaumeisters (Tiefbau)   4500
b) Ruhegehaltskassenbeitrag   450
c) Gehälter für 3 Kreistechniker   5550
d) Reisekosten Kreisbaumeister   1500
3 Kreistechniker   1800 
c) Beiträge zur Ruhegeh.-Kasse für 3 Techniker   560 
f) Lohn für 1 Zeichner und Materialbedarf   100015360
5. Gehalt des Rendanten der KKK (Nebenamt)   500
6. Zuschuß zu dem Gehalt des Kreistierarztes   600
7. Zuschuß zu den Telefonkosten von Kreisarzt und Kreistierarzt (je 60 M)   120
8. Tagegelder u. Reisekosten des K A u. der Kreiskommissionen usw.   1880
9. Bibliothek, Zeitschriften und Drucksachen   600
10. Fernsprechkosten   170
11. Heizung, Beleuchtung u. Reinigung   1500
12. Unterhaltskosten u. Versicherung f. Kreishaus u. Kreissparkassengebäude   1050
13. Kosten der Kreis-Baumschule Altenwegshof   3000
14. Verfügungsmittel d. Kreisausschusses   3168
15. Sonstige Ausgaben   2116
Zusammen:   5294 
16. Verwendung der Überschüsse der Kreissparkasse:
a) Beihilfen für Schulbauten und Wasserleitungen   6802
b) Zur Förderung des Kreisstraßenbaues   20300
c) Zuführung an Rücklage für Straßenbau   10000
d) Stipendien zum Besuch von Fachschulen   1000
c) Beihilfen für Haushaltungsschulen   900
f) Dto. für 10 Fortbildungsschulen   600
g) Dto. für landwirtsch. Dungstätten   2000 
h) Beiträge zu Vereinen u. Verbänden :  1548
i) Förderung sonst, gemein. Aufgaben   314546295

Landratsamt von 1894 bis 1965
Foto: Kreisbildstelle

17. Durchlaufende Ausgaben:
a) Umlagen der Gemeinden für die Provinz   90000
b) Ankauf von Zuchtstieren   10000
c) Umlagen der landw.Ber.-Gen., des Oberförstereiverbandes und allgemein   50300 150300
Gesamtausgabe:     249536

Wie aus dieser Übersicht hervorgeht, war die Sparkasse in der Aufbringung des Finanzbedarfs für den Kreis Ahrweiler der wichtigste Faktor oder, wie es damals im Volksmunde hieß, „die melke Kuh“. Nach einer Anmerkung im Haushaltsplan 1937 hat die Kreissparkasse aus ihren jährlichen Überschüssen in den Jahren 1908 bis 1918 zus. 1027052 M zur Entlastung der Kreisumlage an den Kreis abgeliefert; das waren durchschnittlich im Jahr 102703 M, oder 2,29 M je Kopf der Bevölkerung. Der eigene Reservefonds des Kreises für die Sparkasse betrug im Jahre 1912 = 912556 Goldmark. Nach 1924 hat der Kreis etwa 30 Jahre keine Überschüsse erhalten. Er „entschädigte“ sich in den Jahren 1929 bis 1933 dafür, daß er statt der bis dahin gezahlten Miete von 3000 RM eine solche von 10000 RM jährlich berechnete. Die Verhältnisse der Kreissparkasse im Jahre 1909 werden wie folgt aufgezeichnet:

Kreissparkasse

Die Kreissparkasse, gegründet nach zehn Jahre währenden Bemühungen am 24. April 1865, war das wesentlichste Finanzierungsinstitut im Kreise, insbesondere auch für Kreis und Gemeinden. Aus den Zinsüberschüssen wurden fast 50% der Finanzbedürfnisse des Kreishaushalts bestritten. Die Geschäfts- und Verwaltungskosten waren sehr niedrig; sie betrugen im Jahre 1909 zusammen 15150,20 Mark.

Der Rechnungsabschluß für 1909 zeigt folgendes Bild (in Mark):

1. Barbestand   59286,85
2. Hypothekendarlehn   6258688,57
3. Bürgschaftsdarlehn   99155,71
4. Darlehn an Gemeinden   3103676,15
5. Inhaberpapiere   374644,75
6. Inventar  6468,37
Vermögen zusammen:   9901920,40
1. Einlagenbestand der Sparbücher 31. 12. 1908   8143533,38
2. a) Neue Einlagen im Jahre 1909   2470388,60
b) Rückzahlungen wie vor   — 1860080,57 +610308,03
3. Beigeschriebene Zinsen   294020,57
4. Reservefonds 31. 12. 1908   760886,40
5. Geschäftsgewinn   93172,02
Schulden zusammen:   9901920,40

Der Geschäftsgewinn wurde wie folgt verteilt:

Eigene Zinsen des Reservefonds   31957,21
Zuführung vom Gewinn an den Reservefonds   13214,81
Ablieferung an den Kreishaushalt   48000,00
zusammen   93172,02

An Sparkassenbüchern

wurden 1909 neu ausgegeben   846 Stück
aufgelöst wurden zur selben Zeit   462 Stück

Es befanden sich am Schluß des Jahres in Umlauf:

mit Einlage bis zu 60 M   1322 Stück
mit Einlage über 60— 150 M   529 Stück
mit Einlage über 150— 300 M   617 Stück
mit Einlage über 300— 600 M   885 Stück
mit Einlage über 600— 1500 M   1488 Stück
mit Einlage über 1500— 3000 M   714 Stück
mit Einlage über 3000—10000 M   579 Stück
mit Einlage über 10000 M   130 Stück
zusammen   6264 Stück

Von den Beständen waren am Schluß des Jahres 1909 zinsbar angelegt:

a) in Hypotheken, und zwar
auf städt. Grundstücke 4143978 M zwischen 4 und 5%,

auf ländl. Grundstücke 2114710 M zwischen 4 und 5%,

b) in Wertpapieren 372083 M,

c) auf Schuldscheine mit Bürgschaft 99155 M,

d) bei öffentlichen Instituten und Korporationen 3099931 M zu 4 bis 5% Zinsen.

Der Kreistag hatte sich bis zum Ende des ersten Weltkrieges fast in jeder Sitzung mit Angelegenheiten der Kreissparkasse zu beschäftigen; so waren die Satzungen zu verbessern, Wahlen für den Vorstand zu tätigen, der Haushaltsplan und die Jahresrechnurig zu genehmigen, Beamten- und Angestelltenfragen zu ordnen, die Höhe der Zinsen für Spareinlagen zu regeln und der Verkauf von Grundeigentum, das zur Rettung von Hypotheken erworben war, zu beschließen. Im Jahre 1901 wurden durch Beschluß des Kreistages die Zinsen wie folgt neu geregelt: Spareinlagen, bis zu Beträgen von 1000 M — 3,6%, 1000 bis 3000 M = 3,3%, darüber hinaus nach Vereinbarung. Die Debet-Zinsen betrugen bei Ausleihungen als Hypotheken 4,2%, bei Ausleihungen an Gemeinden usw. 4%. Die Zins-Spanne für die Kreissparkasse war also relativ klein, ermöglichte aber die hohen Gewinne, weil die Verwaltungskosten niedrig waren. In den Jahren 1909 und 1910 befaßte sich der Kreistag erstmalig mit der .Einführung des Konto-Korrentverkehrs bei der Sparkasse, doch entwickelte sich dieser Geschäftszweig dann sehr zögernd.

Besoldungsregelung

Für die Staatsbeamten wurde im Jahre 1909 durch Gesetz eine neue Besoldungsordnung eingeführt, durch welche die in den Klassen l—54 eingegliederten Beamtenstellen, die Inhaber nach Dienstaltersstufen alle 3 Jahre aufstiegen. In der Klasse 55 waren die Einzelgehälter eingeteilt, die ohne Rücksicht auf Lebens- oder Dienstalter als unveränderliche Bezüge gezahlt wurden. Einzelgehälter gab es für Geringstbesoldete und Höchstbesoldete, bei denen die 7 preußischen Minister mit einem Jahresgehalt von 36000 M und einer nicht pensionsfähigen Stellenzulage von 14000 M die Spitze hielten. Neben dem Grundgehalt wurde ein Wohnungsgeldzuschuß gezahlt, über dessen Einteilung und Höhe bereits vorausgehend Angaben gemacht sind. Landräte waren nach Kl. 42 besoldet, mit Jahresgchalt von 3600 bis 6600 M; daneben 720 M Wohnungsgeldzuschuß. Die gleiche Besoldung erhielten „Oberamtmämier“, die aber nicht mit den heutigen Beamten dieser Bezeichnung zu verwechseln sind, sondern Voll-Akademiker waren.

Sekretäre im Staatsdienst waren in die Besoldungsklasse 22 eingestuft mit einem Grundgehalt von 2100 M, aufsteigend alle 3 Jahre bis 4500 M; dazu kamen 450 M Wohnungsgeldzuschuß. Diese Beamten erhielten im allgemeinen nach 30 Dienstjahren den Titel „Rechnungsrat“. Für gleichbesoldete Kreisausschußsekretäre war diese Titelverleihung verboten.

Die Besoldung der Kommunalbeamten entsprach nur in wenigen Fällen der staatlichen Regelung; sie war meistens geringer, bei einigen Beamten auch höher. Am Niedrigsten war die Besoldung damals in den kreisangehörigen Städten und Ämtern. Diese Verwaltungen hatten alle einen oder mehrere Sekretäre, in Einzelfällen mit der Bezeichnung „Obersekretär“, doch war die Besoldung meist wesentlich geringer, als die der Beamten in Assistenten- oder Sekretärstellung bei den Kreis- und Regierungsbehörden. Lehrer bei höheren Unterrichtsanstalten erhielten 1800 bis 3800 M, etatsmäßig angestellte wissenschaftliche Lehrer der höheren Unterrichtsanstalten bezogen 2700 bis 5100 M Grundgehalt; dazu kam der Wohnungsgeldzuschuß. Bei allen Beamten wurden damals sogenannte Leistungsgehälter gezahlt, also keinerlei Familienzulagen. Der Junggeselle bezog das gleiche Gehalt, wie der Familienvater mit mehreren Kindern. Besoldungsunterschiede nach der Einwohnerzahl waren unbekannt. Es galt der Grundsatz, daß die Beamten in den kleineren Verwaltungen nach den gleichen Gesetzen usw. arbeiten mußten, wie in größeren Verwaltungen, bei denen ja nur die Zahl der „Fälle“ größer war, ein Unterschied, der durch die Vielzahl der Beamten ausgeglichen wurde. Ein typisches Vergleichsbild in den Endbezügen eines Beamten (Stichmann) von 1909 und 1965 zeigt die folgende Zusammenstellung:

Dienstbe-
zeichnung
Jahresbeträge

Zus. M od. DM
Staatssteuer M od. DMGemeinde-
Zuschlag
125%
Kirchen-
steuer 20 % v. Sp.5
Steuern insges. M od. DM
Grund- -gehaltWohn.
Geld
Alt:
Kreissekretär45004504950129,80162,5026,—318,30
Neu:
Regierungs-
Amtmann
157442244179882994,— 299,403293,40
Steigerung um %_263,4__1051,1935

In der Ausbildung und Arbeitstätigkeit hat sich nichts geändert.

Zur Vereinfachung der Verwaltung wurden bis zum Jahre 1920 zur Abgeltung von Dienstunkosten Pauschbeträge an den Landrat sowohl vom Staat wie auch vom Kreis gezahlt. Über diese Beträge brauchte keine Rechenschaft geleistet zu werden. Es wurden davon die „Privatgehilfen“ des Landrats bezahlt und die Geschäftsbedürfnisse bestritten, die „in natura“ vom Landrat bereitzustellen waren. Alles andere hatten die Beamten aus der „Schreibmaterialienvergütung“, die auch vierteljährlich im voraus bezahlt wurde, zu bestreiten. Diese betrug jährlich:

1. für die höheren Beamten 8 Taler,

2. für die Subalternbeamten, mit Ausnahme der unter 3 aufgeführten, 4 Taler,

3. für die Kanzleibeamten 6 Taler. In dem die Rechtsgrundlage bildenden Beschluß des Staatsministeriums war weiter ausgeführt: „Der Bedarf an Papier wird den unter 2 und 3 genannten Beamten in natura verabfolgt. Ebenso wird für alle Dienstlokale der Bedarf an Tinte, Streusand, Siegellack, Mundlack, Bindfaden und Heftmaterial in natura geliefert. Außerdem findet eine Verabreichung von Schreibmaterialien und ähnlichen Bureaubedürfnissen (Messer, Schere, Lineal pp) neben der Geldvergütung an die Beamten nicht statt.“

In der damaligen Zeit mußte alles mit Tinte geschrieben werden. Der Tintenstift war für den Amtsgebrauch noch nicht zugelassen. Löschpapier war noch wenig bekannt, es wurde nach altem Herkommen der Streusand benutzt, der in Blechdosen mit Feinsieb auf jedem Schreibtisch stand und dann zur weiteren Verwendung wieder eingesammelt wurde. Weibliche Bedienstete gab es bis zum Mai 1916 bei dem Landratsamt in Ahrweiler und auch bei den meisten anderen Verwaltungsbehörden nicht. Die Bürotätigkeit war damals allgemein dem männlichen Geschlecht vorbehalten, das auch den Bedarf in ausreichendem Maße deckte. Bei Stellenausschreibungen zeigte sich stets ein Überangebot, und nur Bewerber, die mindestens den Durchschnitt erreichten, hatten Aussicht, berücksichtigt zu werden.

Das Beschäftigungsverhältnis der Angestellten gründete sich meist auf eine mündliche Vereinbarung, bei monatlicher nachträglicher Lohnzahlung. Demgemäß bestand nach dem BGB beiderseits 14tägige Kündigungsfrist zum Monatsersten. Die Beiträge zu den Krankenkassen wurden zu 2/3 von den Angestellten und zu 1/3 vom Arbeitgeber bezahlt. Die Beiträge zur Invalidenversicherung zahlten beide Parteien zur Hälfte. So blieb es auch bei der Einführung der Angestelltenversicherung im Jahre 1913. Sonstige Sozialeinrichtungen und gewerkschaftliche Organisationen bestanden nicht. Bei Lehrlingen, die nur bei den beiden Steuerbüros eingestellt wurden, erfolgte eine protokollarische Verhandlung zwischen dem Steuersekretär und dem Vater des Lehrlings, in der der Vater des Lehrlings sich verpflichtete, seinen Sohn für 3 Jahre in die Lehre zu geben, daß keinerlei Vergütung gezahlt werde, demgemäß auch keine Sozialversicherungspflicht bestehe und schließlich, daß nach Beendigung der Lehre kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung bestehe.

Foto: Hamburger Aero Lloyd
Landratsamt (Luftaufnahme)

Urlaub gab es für Lehrlinge nicht. Auch bei Erkrankung wurde das Dienstverhältnis kaum unterbrochen, weil Verlust der Arbeitsstelle zu befürchten war. Nur die bestqualifizierten Lehrlinge hatten nach Beendigung der Lehrzeit Aussicht, als „Privatgehilfen“ des Landrats weiterbeschäftigt zu werden; die anderen wurden entlassen. Die Privatgehilfen bezogen meist eine Bruttovergütung von 25 bis 40 M monatlich, hatten aber Aussicht, beim Freiwerden besser dotierter Stellen aufzurücken und sogar Beamter auf Lebenszeit zu werden.

Die Verwaltungs-Anwärter waren Besucher einer Oberschule bis zur mittleren Reife (sogen, einjährige Freiwillige für den Wehrdienst), also 16- bis 17jährige junge Männer, die ebenfalls nach mündlicher Vereinbarung beschäftigt wurden. Auch sie erhielten keinerlei Vergütung, und es bestand für sie keine Sozialversicherung. Viele von ihnen hatten sich auch bei auswärtigen Verwaltungsbehörden in die bei jeder Verwaltung zu führende Anwärterliste eintragen lassen; sie schieden beim Landratsamt sofort aus, wenn sie anderwärts ein besseres Angebot erhielten. Die Verwaltungsanwärter wurden mit den gleichen Arbeiten beschäftigt wie die Lehrlinge; sie wurden aber im Dienst mit „Herr X“ angesprochen, während bei Lehrlingen die Anrede mit dem Vornamen üblich war.

Die Dienststunden waren für alle Beamten, Angestellten usw. im Jahre 1908 noch nach altem Herkommen wie folgt geregelt: Sommerhalbjahr (1. 4. bis 30. 9.)

Wochentags von 8.00 bis 12.00 Uhr und von 15.00 bis 18.00 Uhr; Winterhalbjahr (1. 10. bis 31. 3.)

Wochentags von 8.30 bis 12.00 Uhr und von 15.00 bis 18.30 Uhr.

Sonn- und Feiertage, auch kirchliche Feiertage, waren allgemein dienstfrei. In den Freizeiten waren die Diensträume verschlossen. Im Jahre 1911 wurde ein freier Nachmittag in der Woche eingeführt. Je die Hälfte der Bediensteten hatte am Mittwoch- oder Donnerstagnachmittag frei. Dafür wurde die Mittagspause von 3 Stunden auf 21/2Stunden verkürzt, bei Dienstschluß an Vormittagen um 12.30 Uhr. Der 8-Stunden-Tag wurde erst im Jahre 1919 eingeführt. Eine allgemeine Urlaubsregelung kannte man nicht. Lehrlinge, Verwaltungsanwärter und jüngere Angestellte wagten es nicht, Urlaub zu beantragen. Jugendschutz war ein unbekannter Begriff. Ältere Beamte und Angestellte beantragten in der Regel unter Vorlage eines ärztlichen Attestes Erholungsurlaub, der dann für 3 Wochen, längstens aber 4 Wochen bewilligt wurde. Der Aufenthaltsort während des Urlaubs mußte schriftlich angezeigt werden. Nach den Vorschriften des ALR durfte der dienstliche Wohnsitz (Sitz der Behörde) ohne Urlaub nicht verlassen werden. Der Beamte mußte am Dieustsitz wohnen.

Die lange Mittagspause von 3 Stunden diente in besonderem Maße der Erholung und Gesunderhaltung. Krankheitsausfall trat nur ganz selten in Erscheinung.

Als die Postverwaltung im Jahre 1911 die Möglichkeit zum Fernsprechverkehr an Sonntagen in der Zeit von 17 bis 18 Uhr einführte, wurde bei den Verwaltungen ein Bereitschaftsdienst eingerichtet, den abwechselnd ein Beamter oder Angestellter usw. wahrnehmen mußte; ein Ausgleich dafür kam nicht in Frage. Grundsätzlich wurden Überstundenvergütungen nicht gewährt, und ein Zeitausgleich fand auch nicht statt. Von jedem Beamten und Angestellten wurde verlangt, daß er das ihm zugewiesene Arbeitspensum unverzögert erfüllte. Im Monat Januar jeden Jahres machten mehrere Beamte und Angestellte freiwillig Überstunden bei der Kreissparkasse, um die Zinsen auf den Sparkonten beizuschreiben, die der Rendant vorher errechnet hatte. An Überstundenvergütung wurden dann 0,60 bis l M gezahlt. Im März jeden Jahres wurden auch in den beiden Steuerbüros freiwillig Überstunden gemacht, um die „Steuerbescheide“ für das ganze Kreisgebiet auszuschreiben. Die Vergütung dafür betrug dann 0,50 M je Stunde; diese Beträge zahlte der Landrat aus seiner pauschalen Dienstunkostenentschädigung.

Beförderungen gab es im damaligen Beamten-System nur selten, und zwar dann, wenn eine Stelle durch Tod usw. frei wurde. So blieben die meisten Beamten bis zum Lebensende in ihrer ersten Beamtenstelle. Beispielsweise blieb der Vorgänger des damaligen Landrats über 30 Jahre in der ersten Stelle und schied durch den Tod aus. Der Nachfolger war 33 Jahre Landrat, schied aber 1923 aus, weil inzwischen die „Altersgrenze“ von 65 Jahren für die Beamten eingeführt worden war. Der damalige Kreissekretär war über 40 Jahre Beamter. Er hatte mit der Amtsbezeichnung „Kreissekretär“ seine Laufbahn begonnen und beendete sie mit der gleichen Amtsbezeichnung; persönlich hatte er nach 30jähriger Dienstzeit den Titel „Rechnungsrat“ erhalten. Landräte wurden nach 20- bis 25jähriger Amtszeit mit dem Titel „Geheimer Regierungsrat“ ausgezeichnet. Für die Landräte war auch eine besondere Uniform eingeführt, in der sie die Bevölkerung aber nur an „Kaisers Geburtstag“ zu sehen bekam. Ordensauszeichnungen waren neben der Titelverleihung eine wesentliche Angelegenheit des Beamtenstandes; sie erfolgten teils als Altersehrung, teils auch bei dienstlichen Jubiläen. Ati Kommunalbeamte durften Titel nicht verliehen werden; auch für die Kreisbaumeister war der Titel „Baurat“ verboten. Änderungen in dieser Beziehung wurden erst nach der Revolution im Jahre 1918 eingeführt.

Während in der räumlichen Unterbringung der Kreisverwaltung vom Jahre 1894 bis 1911 nur unbedeutende Änderungen zu verzeichnen sind, ergab sich bei den damaligen Vorbereitungen für die Finanzierung der neuen Militärvorlage an das Parlament (Wehrbeitrag) und auch wegen der Durchführung der RVO (Einrichtung von Versicherungsämtern), die Notwendigkeit weiterer Personaleinstellungen, wodurch auch die „Raumfrage“ akut wurde. Ein Erweiterungsbau für das Kreishaus schied aus, weil dem Kreishausgarten durch die Verlegung der Eisenbahn von der Südseite nach der Nordseite der Stadt im Jahre 1911, größere Flächen verloren gegangen waren.

Ein Ausweg bot sieh durch die Anmietung des Hauses Wilhelmstraße 8, das zunächst teilweise, einige Jahre später aber ganz für Verwaltungszwecke eingerichtet und benutzt wurde. Erst im Jahre 1938 wurde dieses Haus vom Kreis für den Preis von 37000 UM käuflich erworben und der Kreisleitung der NSDAP mietsweise überlassen; heute dient es wieder Verwaltungszwecken des Kreises. Zwischendurch war dieses Haus im Jahre 1916 in das Eigentum einer Weingroßhandlung übergegangen und der Kreis mußte räumen. Deshalb wurde das nordöstlich vom Kreishaus gelegene Wohnhaus, Wilhelmstraße 26, käuflich erworben. Als Kaufpreis und für die Einrichtung (insbes. Zentralheizung) war ein Betrag von 37000 M aufzuwenden. Im Jahre 1918 kaufte der Kreis noch das Haus Wilhelmstraße 59, das aber nur im Erdgeschoß für Bürozwecke benutzt wurde. Alle anderen Räume dienten Beamtenwohnungen. Der Kaufpreis wurde wegen eines beim Kauf begangenen Fehlers von dein Eigentümer heraufgeschraubt, so daß der Kreis im Jahre 1919 insgesamt 36000 M aufwenden mußte. Damit war die Kreisverwaltung nun in 3 verschiedenen Häusern untergebracht. Der 1923 für den von der franz. Besatzung im sogen. Rhein-Ruhr-Kampf ausgewiesenen Landrat als Verwalter der Landratsstelle eingesetzte Vertreter veranlaßte sofort die Zusammenfassung durch einen Erweiterungsbau an dem Haus Nr. 26, mit dem Verbindungsgang 7,11dem alten Kreishaus. Im Jahre 1925 wurde dieser Erweiterungsbau vollendet; er war groß genug, um wieder die gesamte Verwaltung aufzunehmen. Das Haus Wilhelmstraße 59 diente dann bis 1934 nur als Beamtenwohnhaus. Die staatliche Steuerverwaltung, seit dem Jahre 1891 mit dem Landrat verbunden, war schon 1921 ausgegliedert worden und wurde als neue selbständige Behörde mit der Bezeichnung „Finanzamt“ in einem Mietshaus der Stadt Ahrweiler untergebracht.

Auch das „Arbeitsnachweisamt“, das seit dem Jahre 1916 mit der Kreisverwaltung verbunden war, ist 1928 ausgegliedert und als Arbeitsamt eine selbständige Behörde geworden. Bei der Überleitung gingen aus der Kreisverwaltung 2 Beamte und 14 Angestellte zu der neuen Behörde über. Schließlich geschah dann im Jahre 1935 die Ausgliederung des „Gesundheitsamtes“ aus der Kreisverwaltung, das seitdem in einem zunächst angemieteten Wohnhaus in der Wilhelmstraße Nr. 75, als selbständige staatliche Behörde untergebracht ist. Trotz dieser drei Ausgliederungen wuchs der Raumbedarf, zunächst nach den Leitsätzen „Schönheit der Arbeit!“, aber auch wegen der Ausdehnung der staatlichen Verwaltung. Die Zentralisierung von Aufgaben, die über ein Jahrhundert bei den Gemeindeverwaltungen abgewickelt worden waren, bei dem Landratsamt, z. B. auf dem Gebiet der Baupolizei und anderen politischen Aufgaben, ferner die Einrichtung und Führung einer „Volkskartei“ und die Verstärkung der Zulassungsstelle für Kraftfahrzeuge, steigerten den Raumbedarf um ein mehrfaches. Schließlich trug auch die Zentralisation in der Aufbewahrung der Standesamtsbücher, und die Berichtigung derselben, von den Amtsgerichten auf die Landratsämter zu dem gesteigerten Raumbedarf bei. Dieser wurde im Jahre 1937 dadurch befriedigt, daß der Kreis das Wohnhaus Wilhelmstraße 28 für den Betrag von 33000 RM ankaufte und für Bürozwecke einrichtete.

Die bewußte Zusammenfassung aller staatlichen Untergliederungen innerhalb des Kreises, in der allgemeinen und inneren Verwaltung unter der Leitung des Landrats, hatte seit der Revolution im Jahre 1918 stetig fortschreitend, an Beachtung verloren. Dieser Rückschritt hatte einen wichtigen Einfluß auf die Staatsautorität in der Bevölkerung, für die seit Generationen der Landrat der Inbegriff der Staatshoheit im Kreise war.

Abschließend folgen zwei Aufzeichnungen über die Wandlungen in der Zusammensetzung des Kreistages seit dem Jahre 1920. Durch die Neuentwicklung der Verwaltung seit dem Jahre 1919 war zunächst der Wahlverband der größeren Grundbesitzer beseitigt worden. Es wählten nur noch die Stadt- und Amtsvertretungen nach Mehrheitswahlrecht. Der 58. Kreistag hatte daher bei seiner Sitzung am 29. 3. 1920 folgende Zusammensetzung: Alle Kreistagsmitglieder waren nach Wahlvorschlägen der „Zentrumspartei“ gewählt, die also allein im Kreistag vertreten war.

1. Blume, Theodor, Bürgermeister, Ahrweiler

2. Dr. Heß, Josef, Kreisschulrat, Ahrweiler

3. Mies, Heinrich, Weinhändler, Ahrweiler

4. Faßbender, Joh. Adolf, Sanitätsrat, Remagen

5. Ries, Matthias, Kellermeister, Remagen

6. Bermel, Joh. Josef, Landwirt, Sinzig

7. Dr. Leidecker, Arnold, pr. Arzt, Sinzig

8. Appel, Teh. Michel, Winzer, Rech

9. Sebastian, Pet. Jos., Winzer, Dernau

10. Zimmermann,Joh. Hub., Ackerer, Freisheim

11. Schmitz, Franz Michel, Landwirt, Gelsdorf

12. Hönerbach, Lambert, Landwirt, Oeverich

13. Loth, Peter, Schreiner, Niederzissen

14. Dr. Rech, Heinrich, Pfarrer, Ramersbach

15. Esser, Johann, Pens.-Inhaber, Neuenahr

16. Schubach, Pet.Jos., Bürgermeister, Neuenahr

17. Rütten, Felix, Kurdirektor, Neuenahr

18. Hartmann, Joh. Jos., Landwirt, Heimersheim

19. Nonn, Christ. Alex, Gastwirt, Brohl

20. Schmidgen, Joh. Jos., Landwirt, Gönnersdorf

21. Schuh, Joh. Matth., Fabrikant, Niederbreisig

22. Giesen, Joh. Josef, Ackerer, Bodendorf

23. Stein, Christian, Gastwirt, Oberwinter

24. Steinheuer, Joh., Kaufmann, Coisdorf

(später Angest. der Kreisverwaltung, Red.) Ein Jahr später trat der nach den Grundsätzen der Verhältniswahl neugewählte Kreistag in seiner parteipolitischen Gliederung nach folgender Besetzung auf:

1. Blume, Theodor, Bürgermeister, Ahrweiler (Zentrumspartei)

2. Hamacher, Lambert, Volksvereinssekretär, Ahrweiler (Zentrumspartei), (später Angest. der Kreisverwaltung, Red.)

3. Dr. Brogsitter, Weinhändler, Ahrweiler (Verbraucherpartei)

4. Persie, Andreas, Eisenbahnarbeiter, Bachem (Mehrheitssozialdemokrat)

5. Dr. Faßbender, Sanitätsrat, Remagen (Zentrumspartei)

6. Britz, Bahnmeister a. D., Remagen (Zentrumspartei)

7. Bungard, Joh. Jos. II, Steinbruchbesitzer, Oedingen (Zentrumspartei)

8. Bermel, Joh. Jos., Landwirt, Sinzig (Zentrumspartei)

9. Dr. Loske, Rechtsanwalt, Sinzig (Deutsche Volkspartei)

10. Gemein, Paul, Landwirt, Westum (Zentrumspartei)

11. Schubach, Pet. Jos., Bürgermeister, Neuenahr (Zentrumspartei)

12. Dr. Mayer, Kreistierarzt, Neuenahr (Deutsche Volkspartei)

13. Dahr, Peter Josef, Pensionsinhaber, Neuenahr (Mehrheitssozialdemokrat)

14. Frömbgen, Angestellter, Heimersheim (Zentrumspartei)

15. Nonn, Christ. Alex., Gastwirt, Brohl (Zentrumspartei)

16. Schuh, Joh. Matth., Fabrikant, Niederbreisig (Zentrumspartei)

17. Zender, Jakob, Lehrer, Gönnersdorf (Deutsche Volkspartei)

18. Schmidt, Christian, Bürgermeister, Altenahr (Zentrumspartei)

19. Appel, Joh. Mich., Winzer, Rech (Zentrumspartei)

20. Schmilz, Franz Michel, Landwirt, Gelsdorf (Zentrumspartei)

21. Müller, Peter, Landwirt, Oberesch (Zentrumspartei)

22. Loth, Peter, Schreiner, Niederzissen (Zentrumspartei)

23. Dr. Rech, Pfarrer, Ramersbach

(Zentrumspartei) Die Aufgaben des Kreistages wurden im Jahre 1933 auf den Kreisausschuß und die des Kreisausschusses im Jahre 1939 auf den Landrat übertragen, dem dann allein die Legislative und die Exekutive in der Kreisverwaltung oblag. Dieser Rechtszustand wurde im Jahre 1945 durch die Militärregierung der einzelnen Besatzungsmächte abgelöst.

Das Fluidum, das vom früheren „Obrigkeitsstaat“ auf die Allgemeinheit ausströmte, hatte seine besondere Auswirkung auf die Beamten und sonstigen Angestellten im öffentlichen Dienst, insbesondere auf deren Wirken in der Öffentlichkeit. Deshalb sind in dieser Reportage auch die für das Beamtenrecht der damaligen Zeit bestandenen Grundsätze behandelt, die sich von den nach der Revolution im Jahre 1918 entstandenen und auch heute geltenden Weisungen so unterscheiden, daß sie für manchen Leser schwer vorstellbar sind.

Noch manche Episode aus der damaligen Zeit und aus den letzten fünf Jahrzehnten ließe sich anschließen. Freudige und ernste Erlebnisse aus dem Schatze persönlicher Erinnerungen würden die grundlegenden Unterschiede zur Gegenwart, deutlicher in Erscheinung treten lassen. Doch dieses ist nicht der Zweck dieses Berichts, der sicherlich auch von den Lesern unterschiedlich beurteilt wird.

Der Verfasser schließt mit Erwägungen nach den Dichterworten Goethes (in Faust I):

Es ist ein groß Ersetzen,
sich in den Geist der Zeiten zu versetzen,
zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht
und wie wir’s dann so herrlich weit gebracht.
Du bist am Ende — was du bist.
Setz‘ dir Perücken auf von Millionen Locken,
setz‘ denen Fuß auf ellenhohe Socken,
du bleibst doch immer, was du bist.
Gerne hätt‘ ich fortgeschrieben,
aber es ist liegen geblieben.
Was man schwarz auf weiß besitzt,
kann man getrost nach Hause tragen.
Wir sind gewohnt, daß die Menschen verhöhnen,
was sie nicht verstehn.

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