Siedlung an der Mündung des Brohlbaches

Aus der Geschichte des Ortsteils Brohl

Friedhelm Schnitker

Brohl-Lützing, Ortstell Brohl
Foto: Kreisbildstelle

Erste historisch faßbare Spuren ihrer Anwesenheit hinterließen in der Epoche der Hallstatt-Latene Zeit für den Bereich Brohl keltische Bewohner. Sie errichteten Abschnittsbefestigungen auf den Höhen um Brohl. Es handelt sich um gradlinig verlaufende Doppelwälle mit „in Pfeilschußweite parallel angelegten niedrigeren Vorwällen und vorgelegten Gräben.“ Der Hauptwall der Abschnittsbefestigung „Dickt“ über Brohl besteht aus Basaltlavabrocken, die im „Trockenmauerverfahren mit Pfostengerüst“ zusammengefügt wurden. Diese Anlagen dienten keltischen Siedlern oder Siedlergruppen als „Flucht-Burgen“ für sich und ihren Besitz.

Der Name des Ortes Brohl, in vielfältiger ähnlicher Lautung weitverbreitet, geht auf ein keltisches „brogilos“ in der Bedeutung „eingehegtes Waldstück/bruchiges Wiesenoder Waldgebiet“ zurück. In der Tat ist dieser Bedeutungsinhalt zutreffend für die ursprünglich sumpfige Niederung Im Bereich der Rheinniederung und der ursprünglich in mehreren Flußeinläufen gefächerten Brohl-bachmündung, die Breitbach für das 18. Jahrhundert als einen „großen Sumpf, einen Tümpel“ beschreibt.

Deshalb hieß das Mündungsgebiet früher im Munde einheimischer Sprecher auch „der Gemeindekömpel“. Von hier aus ist auch die Aussage der Brohler Bürger, daß sie „auf der Brohl“, das heißt über dem Sumpf, wohnen, zu erklären, finden sich doch die ersten Ansiedlungen im heutigen Dorfbereich an höhergelegenen Stellen oder Bergabhängen.

Durch Funde aus römischer und fränkischer Zeit dürfte die Fortführung der Besiedlung, eingebunden in das nachgewiesene römische Wirtschaftszentrum des Brohltals und des engeren Umlandes, als gesichert für diese Geschichtsepochen angesehen werden. Als nicht eindeutig geklärt dagegen sind die Herrschafts- und Dynastieverhältnisse für Brohl und seine „Burg“ anzusehen. Während ältere Forschungen für die Herrschaften Brohl und Burgbrohl ein gemeinsames Geschlecht ansetzten, als Stammburg derer von Brule Burg Brohleck in Brohl annahmen und eine Spaltung des Geschlechtes in die Linien der Herrschaft Brule und der Herrschaft Burg Brule zeitlich für den Anfang des 14. Jahrhunderts fixierten, geht die neuere Forschung von der Annahme aus, daß der in der Urkunde des Pfalzgrafen Heinrich über die Stiftung der Abtei Maria Laach 1093 erwähnte und als Zeuge aufgeführte Volcoldus de Brule aus dem Geschlechte von Brule mit Stammburg in Burgbrohl abstamme.

Auch eine bei Günther Im CODEX DIPLOMATICUS RHENO-MOSELLANUS auf das Jahr 1289 datierte Schenkungsurkunde ist in ihren Herrschaftsbeziehungen nicht eindeutig zu interpretieren.

Sifrid, Herr zu Brule, seine Gemahlin Lucardis und sein Erstgeborener Conrad schenken dem in Oberbreisig begüterten Kloster Marienstatt Güter bei Roes, womit sie bis dahin von dem Landgrafen von Hessen belehnt waren. Dagegen trug Sifrid dem Landgrafen als Ersatz einen Hof „extra mu-ros castri de Brule“ zu Lehen auf („außerhalb der Mauern der Burg zu Brule“).

Die Burg zu Brohl, deren heutige bauliche Anlage, obwohl eigentlich namenlos, im Sprachgebrauch der Brohler Bürger als „Schloß Brohleck“ bezeichnet wird, befand sich zu Beginn des 14. Jahrhunderts im Eigenbesitz der kurkölnischen Burggrafen von Rheineck.

1325 trug Burggraf Johann V. von Rheineck eine Burg zu Brule, die ausdrücklich als Eigenbesitz bezeichnet wird, im Einverständnis mit seiner Gemahlin Margarets dem Trierer Kurfürsten und Erzbischof Balduin als Lehen an.

Der Trierer Kurfürst vergab die Burg an die Pfalzgrafen, so daß die Rheinecker seither die Burg als Lehen aus zweiter Hand (Afterlehen) besaßen.

In weiteren Lehensübertragungen ist von „Schloß Brohl bei Andernach“, vpn „Bruylle by Brisge gelegen mit dem Graben darumb“ und von „Burg Broel, gelegen by Andernach“ die Rede. Die der Burg zugegebenen geographischen Bezugspunkte „Brisge“ und „Andernach“, vor allem die Fügung „Broel unter Andernach“ (der Fließrichtung des Rheines entsprechend), lassen eine nahezu eindeutige Fixierung auf eine Burg im heutigen Brohl zu.

Das Brohler Burggut ist vornehmlich ein Weingut gewesen, wie die Urkunden beweisen, da damals an den Berghängen um Brohl noch Weinbau betrieben wurde.

Unterhalb der eigentlichen Hauptburg ist im späteren Mittelalter vielleicht durch Erbteilung, ein zweites Burghaus entstanden. Ober das Geschlecht derer von Metternich zu Brohl gelangte die untere Burg, von der nach Angabe Wegelers im Jahre 1850 noch ein Turm vorhanden war, an die Grafen von der Leyen. Diesen gehörte auch eine „Nußölmühle, aus der sich über eine Papiermühle die heutige Papierfabrik entwickelt hat“. Die Hauptburg kam über das Geschlecht von der Hees in den Privatbesitz der Familie Dinget und befindet sich heute in Gemeindebesitz.

Aus der Burg und weiteren adeligen Höfen am südlichen Abhang des Eiberges, oberhalb der sumpfigen Niederung, entstanden, wuchs Brohl um das sogenannte Nippes, eine doppelte Häuserreihe am Rhein. Stram-berg beschreibt, basierend auf einem Bericht aus dem Jahre 1790, Brohl wie folgt: „In dem Dorfe Brohl, wo ich am Ufer Reihen von arbeitenden Menschen gewahr wurde, die sich mit dem Zutragen der Tuffsteine unter einem fröhlichen Gejauchze ihren Unterhalt verschaffen. Zwei große holländische Schiffe lagen hier vor Anker, und machten mit den munteren Trägerinnen, die mit ihren Körben auf dem Kopfe die angestemmten Schiffsdielen auf- und abliefen, einen reizenden Vorgrund in dieser gebirgigen Landschaft …

Einige Steinwürfe von benannter Brohl, eben am Gestade des Flusses, liegt der Ort Nippes, der erst im Jahre 1712 seine Entstehung nahm. Das erste Haus ward von einem Holländer, der sich hier niederließ und mit Tuffsteinen Handel trieb, aufgebaut; er nannte es vermuthlich im holländischen Ausdruck „naaby Huys“, soviel als Nebenhaus, weil es zu Brohl gehörte, und nicht weit davon ablag. Innerhalb 60—70 Jahren wuchs es so an,, daß es nun ein eigenes Dorf zu seyn scheint und den Namen Nippes nach hiesiger Mundart, aber unrichtig beibehielt.“ Zeitlich nicht exakt zu fixieren ist der Beginn der Zugehörigkeit Brohls zum Essener Ländchen und in dessen Nachfolge zum Breisiger Ländchen als politischer Einheit. Nach einem alten Glasfenster von 1681 wohnten in Brohl 19 Familien. Im Jahre 1746 scheidet Brohl aus der Landgemeinde Niederbreisig aus. Der Ort wuchs sehr schnell besonders im 18. und 19. Jahrhundert, begünstigt durch die heimische Industrie. 1710 zählte Brohl 22 Bürger, 1810 bereits 640 Einwohner, 1890 schon 1246. Der Kampf des aufstrebenden Brohl um kommunale Eigenständigkeit findet seine Entsprechung in dem Bemühen, das nach Gönnersdorf eingepfarrte Brohl zu einer eigenen Pfarrei werden zu lassen. Bis 1804 gehörte Brohl zu Gönnersdorf, kam 1804 zur Pfarrei Niederbreisig und wurde als Vikarie geführt.

Bereits 1680 bauten die Brohler Bürger ihre erste Kapelle, die von 1869 bis 1890 als

Pfarrkirche diente. Nach Abriß dieser Kapelle weist ein kleines Buntfenster auf deren Erbauung hin, enthält es doch neben der Jahreszahl 1681, wie bereits erwähnt, die Namen der 19 Bürger und Familienväter, die das Kirchlein erbauten. Bereits 1697 und später wurde In Brohl an allen Sonn- und- Feiertagen durch einen „gemieteten“ Priester die heilige Messe gefeiert und ebenfalls ab 1697 wurde ein Lehrer zur Unterrichtung der Kinder bestellt. Im Jahre 1831 erfolgte offiziell ein erstes Gesuch betreffend Abtrennung, aber viele Jahre vergingen, ehe 1869 Trier die Errichtungsurkunde ausstellte. Nach Abriß der alten Kapelle erfolgte 1888 die Grundsteinlegung zu einer neuen, geräumigen Pfarrkirche, die zwei Jahre später, 1891, feierlich konsekriert wurde. Eine erhebliche Veränderung bedeutete für die Gemeinde Brohl im Jahre 1970 im Zuge des 9. Verwaltungsvereinfachungsgesetzes die Auflösung der Gemeinde und die Bildung einer neuen Gemeinde Brohl-Lützing, wobei neben dem stärker industriell ‚und gewerblich ausgerichteten Brohl das mehr agrarwirtschaftlich strukturierte Niederlützingen als Partner in den neuen Gemeindeverbund eintrat. Die Gemeinde Brohl-Lützing ist amtsangehörig der Verbandsgemeinde Bad Breisig.

Der Brohler Hafen ist seiner Umschlagskapazität entsprechend von beträchtlicher Bedeutung im Mittelrheingebiet. Bedeutende Betriebe aus dem Bereich der Mineralbrunnen, der Papier- und Holzindustrie, Maschinenbaufirmen und Betriebe der Metallverarbeitung, dem Hafen und dessen Betriebsaufkommen adäquate Gewerbebetriebe und Mandelsfirmen sowie die Brohltaleisenbahn mit relevanten Aufgaben auf den Gebieten der Personenbeförderung und des Gütertransportes begründen den wirtschaftlich bedeutsamen Stellenwert der Gemeinde; die Bemühungen seiner Bürger zielen auf eine optimale Gestaltung ihres Lebensraumes zum Wohle aller.

Literatur:

Breitbach, Josef: Vom alten Brelslg, Eigenverlag 1950 Kleemann, Otto: Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweller, in: Archiv für Deutsche Heimatpflege GmbH., Köln 1971
Stausberg, Leo: Ländchen Breisig und Fürstentum Essen, Hrsg. von der Amtsverwaltung Bad Breisig

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