Seit 550 Jahren ist die Rheinfähre Brücke zwischen Westerwald und Eifel – Die Fährgesellschaft Linz-Remagen besteht 75 Jahre
Seit 550 Jahren ist die Rheinfähre Brücke zwischen Westerwald und Eifel
Die Fährgesellschaft Linz-Remagen besteht 75 Jahre
Hermann Josef Fuchs
Seit 550 Jahren besteht zwischen der „Bunten Stadt Linz“ und dem Remagener Ortsteil Kripp eine Fährverbindung über den Rhein, die in alten Unterlagen im Linzer Stadtarchiv und in der Chronik der Rheinfähre als Rheinfahrt bekannt ist. Josef Siebertz stellt in seinem Beitrag zur Geschichte der Rheinfähre im Festbuch zur 1100 Jahrfeier von Linz fest, daß die Fährgerechtsame von je her im Linzer Besitz war. Sinzig lag an der drei Kilometer vom Rhein entfernten alten Römerstraße und hatte deshalb kein Fährrecht.
Im zurückliegenden halben Jahrtausend gab es für den Fährbetrieb bewegte Zeiten. Aus kleinen Anfängen entwickelte sich das Fährunternehmen zum heutigen Großbetrieb. Das Unternehmen Fähre ist für die Städte Linz und Remagen ein beachtlicher Wirtschaftsfaktor. Die Fähr-gesellschaft verfügt über zwei leistungsfähige Autogroßfähren, die jährlich rund 870.000 Personen und 830.000 Fahrzeuge von einem zum anderen Ufer des Rheins bei täglich durchschnittlich 150 bis 160 Fahrten befördern. Die Fährverbindung Linz-Kripp ist die größte und modernste ihrer Art im hiesigen Raum als Brükke zwischen Westerwald und Eifel.
Die älteste urkundliche Nachricht über die Rheinfahrt, datiert vom 2. Mai 1443, befindet sich im Linzer Stadtarchiv. Beurkundet ist, daß Jakob Schade, Bürger zu Linz, fürsich und Katharina, seine eheliche Tochter, erblich gelehnt hat, vom Bürgermeister, Rat und ganze Gemeinde Linz den Teil und die Rechte, die sie hat an dem „Var zu Lynss“. Hiertür waren 20 Mark Erbzins an die Stadt zu zahlen. Als Sicherheit gab Schade der Stadt Linz seinen Anteil an Häusern, Kelterhaus, Stallungen und Hof mit Zubehör zu einem Drittel.
Von 1443 bis 1597 sind keine Urkunden vorhanden. Am 1. Mai 1597 sind die Eheleute Weyn-and und Gertrude Gressenich, Bürger von Linz, mildem „Fahr“ belehnt worden. Sie waren Nachfolger von Erhard von Erenberg und Grietgen Bieschoffs. Nach dem Tode von Gressenich übernahm Sohn und Schwiegertochter das Fahr. Ober die Behandlung der Passagiere heißt es unter anderem: „Niemand, er sei wer er wolle, sei über Gebühr sitzen zu lassen, sondern für billige, rechtmäßige Belehnung nach Gestalt und Gelegenheit der Fracht, Jahreszeit, Hochwasser, Eis, Wind und Unwetter behilflich zu sein. Für die Überfahrt war ein Gebührentarif festgelegt. In den Akten sind am 1. Mai 1604 Johann von Plittersdorf und am 30. Juni 1665 der Schiffer Jost Reifferscheid als Pächter der Rheinfähre vermerkt. Letzterer schloß einen Pachtvertrag über 24 Jahre ab.
1706 kam es zu einem Fährkrieg, als der kurfürstliche Vogt zu Sinzig eigenmächtig die Überfahrt an den Remagener Bürger Christian Unkel »»pachtete, obwohl das Fährrecht im Besitze der Stadt Linz war. Am 28. Juni 1706 wurde Unmittelbar nach der ersten Überfahrt der Fährflachen von einem Linzer Beauftragten festgehalten.
Voller Zorn hierüber wurde auf Geheiß des Kurfürsten der Pfalz der Sinziger Vogt beauftragt, das Vermögen der kölnischen Bürger in Linz zu beschlagnahmen. Die Reaktion hierauf war, daß Soldaten der kurkölnischen Garnison in Linz das jüliscne Territorium in Kripp überfielen und die Schiffe des Pächters Unkel entwendeten.
Es war Kleinkrieg, der für die Beteiligten erheblichen Schaden mit sich brachte. 1730 wurde ein Vergleich geschlossen zwischen dem Kölner Domkapitel und dem Kurfürsten zu Pfalz in seiner Eigenschaft als Herzog zu Jülich-Kleve-Berg. Sinzig durfte die Überfahrt von Kripp nach Linz nicht mehr behindern. Die kurpfälzische Regierung mußte den Schaden ersetzen, der den kurkölnischen Beamten, den Linzer Bürgern und Eingesessenen durch die Jahre 1706 erfolgte Beschlagnahme ihres Eigentums entstanden war. Die Stadt erklärte sich bereit, jährlich sechs Goldgulden an die kurfürstliche Kasse zu Sinzig zu zahlen.
1730 wurde die Rheinfahrt an den Meistbietenden verpachtet. Johannes Richarz aus Königswinter erhielt für 221 Talerden Zuschlag. 1742 ist der Schiffer Johann Peter Nonn und 1761 Johann Kaff als Pächter vermerkt. Frankreich besetzte 1794 das linke Rheinufer und nahm das Fährrecht vom linken zum rechten Ufer in Anspruch. 1821 pachtete der Schiffer Kaspar Gemünd aus Linz mit sechs Unterpächtern die Querfahrt auf dem Rhein. Fuhrwerk und Vieh wurden mit der „Schaal“, das ist ein langer, breiter Kahn, übergesetzt, wozu zwei Mann nötig waren. Einzelpersonen wurden sofort übergesetzt, wenn sie am Tage 6 Stüber und nachts 12 Stüber zahlten. Das Fahrgeld für eine Person betrug laut Tarif ein Stüber.
Mit der Abtretung der jahrhundertealten Gerechtsame der Stadt Linz an den preußischen Staat mit Vertrag vom 13. Oktober 1832 gab es einen tiefen Einschnitt in die Fährgeschichte. Der Staat zahlte für die Abtretung der Gerechtsame jährlich 150 Taler. Ferner verpflichtete er sich, zur Erleichterung des Fährverkehrs eine Gierponte anzuschaffen, die am 3. November 1834 in Betrieb genommen wurde. Pächter der Ponte war ein Herr Broicher aus Sinzig. 1845 standen für den Querverkehr auf dem Rhein eine Gierponte und zwei Nachen zur Verfügung. 1848 wurde eine neue hölzerne Gierpon-te in Betrieb genommen, die bis 1893 den Übersetzverkehr besorgte. 1893 schaffte die Pächterin Witwe Christian Lurz für 10.000 Mark eine Eisenponte an. Das erste Motorboot läutete 1905 die technische Neuzeit ein.
Von 1914 bis 1930 war Albert Dörries aus Kripp Fährpächter. 1920 wurde die Rheinfähre an die Städte Linz und Remagen verpachtet.
Am 29. April erfolgte im Gebäude der Villa Nagel in Kripp die Gründung der Fährgesellschaft mit Eintragung im Register des Amtsgerichtes in Linz. Die Bürgermeister Dr. Paul Pieper (Linz) und Josef Froitzheim (Remagen) besiegelten mit ihrer Unterschrift das Vertragswerk zwischen beiden Städten. Von 1926 an setzte man mit viel Hoffnung auf die Querseilfähre. Sie ist als die eigentliche Vorläuferin der heutigen Motorfähren zu betrachten, weil sie schon damals Wagen und schwere Lasten übersetzen konnte. Am 15. Dezember 1937 schlug für die vertraute Querseilfähre die letzte Stunde. Von der Fährgesellschaft Bad Honnef hatte man die Motorfähre „Franziska“ erworben. In den schweren Kriegsjahren hat sie so manches Schicksal gesehen und wurde manchem zur letzten Brükke. Die Franziska erhielt beim Bombenangriff am 9. Februar 1945 einen Volltreffer. Dabei fanden der Fährmeister Peter Valentin, seine Ehefrau und weitere 16 Kripper Bürger den Tod. Die Jahre des Zusammenbruchs wurden zu einem traurigen Kapitel in der Fährgeschichte.
Nach den Kriegswirren erfolgte der Übersetzverkehr von Personen mit einem Nachen. Die französische Militärregierung genehmigte nur den Bau einer Querseilfähre. Der Neubau wurde bei der Firma Hilgers in Rheinbrohl in Auftrag gegeben. Am 7. Juli 1948 wurde das neue Fährschiff, das keinerlei Namensbezeichnung trug, nach der kirchlichen Weihe durch Dechant Schütz aus Linz in Dienst gestellt. Schon nach vier Tagen riß das Querseil. Die Fährverbindung war wiederum unterbrochen. Es gab keine andere Möglichkeit, als die Fähre seitlich zu schleppen. Hierfür vermietete Bootseigner Kickel aus Bad Honnef sein Boot „Argo“ an die Fährgesellschaft. Vom 27. Juli 1948 bis 25. Januar 1949 war die „Argo“ der Nothelfer.
Reger Fährbetrieb zwischen Linz und Remagen-Kripp
Es waren Pläne gereift, einen Seitenmotor an die Fähre anzubauen. Die Argo versah in der Zwischenzeit den Personenverkehr. Später lieh man sich vorübergehend die Motorfähre aus Zons. Am 1. April 1949 nahm die erste Fähre der Gesellschaft mit seitlichen Pferdestärken ihren Betrieb auf. Ein Jahr später erfolgte bereits ein weiterer Anbau. Eine Werft in Main-Castel wurde mit der Modernisierung und notwendigen Reparaturen beauftragt. Am Karfreitag 1951 präsentierte sich den Linzern und Krippern eine modernisierte Fähre mit dem Namen „Linz-Bad Kripp“. Im Oktober 1952 erwarb die Fährgesellschaft das angemietete Fährschiff „Zons“. Im Folgejahr wurde die „Zons“ als zweites Fahrschiff umgebaut und erhielt auf Wunsch der Kripper Bürger bei der Einsegnung den Namen „Finte“. Ihre erste Fahrt absolvierte die „Finte“ am 29. Dezember 1953. Die Bürgermeister Dr. Hoffmann, Linz, und Dr. Kemming, Remagen, sowie Dechant Schütz und Pfarrer Dr. Reindell übergaben die Neuerwerbung einen Tag vor Silvester ihrer Bestimmung.
Immer wieder waren es Naturgewalten, die in den Folgejahren den wackeren Fährleuten zu schaffen machten. Hochwasser und Eisgang im Winter und Frühjahr und Niedrigwasserstand in heißen Sommermonaten. Stets war man darum bemüht, die Verbindung zwischen beiden Ufern des Rheins aufrecht zu erhalten. Oft genug unter schwierigen Bedingungen.
Bei der Fährgesellschaft reiften weitere Pläne. Am 2. November 1959 erhielt die Firma Hilgers in Rheinbrohl den Auftrag zum Bau des Fährschiffes „St. Johannes“. Ein neues Kapitel in der Fährgesellschaft begann mitdem Eintreffen des Neubaus St. Johannes am 30. Juni 1960 in Linz/ Kripp. 1961 verkaufte die Fährgesellschaft das Fährschiff „Finte“ an den Fährbesitzer Heinz Lurz in Langst. Das Fährschiff Linz-Bad Kripp wurde in St. Martin umbenannt. Nach 23 Jahren Übersetzverkehr zwischen Linz und Kripp nahm St. Martin Anfang Juni 1971 Abschied von seinem Einsatzort. Das Fährschiff wurde an den Holländer W. H. Martens in Huissen bei Arnheim verkauft.
St. Johannes war rund drei Jahrzehnte als Autofähre im Einsatz. Im März 1990 wurde St. Johannes von einer englischen Maklerfirma zum Einsatz in der fernen Bucht von Daressalam/ Tansania am Indischen Ozean angekauft. St. Johannes wurde auf den Namen M. V. Alina umgetauft und liegt derzeit auf dem Trockendock zur Reparatur. Der Vorsitzende des Kripper Bürger- und Heimat-Vereins, Willi Weis, erhielt diese Auskunft bei seinen Nachforschungen um den Verbleib des ehemaligen Fährschiffes.
Zum 50. Geburtstag im Jahre 1970 machte sich die Fährgesellschaft ein besonderes Geschenk. Beschlossen wurde der Neubau des Fährschiffes „Stadt Linz“, der bei der damaligen Schiffswerft in Oberwinter in Auftrag gegeben und am 8. Mai 1971 im Rahmen eines Festaktes seiner Bestimmung übergeben wurde. Der Neubau, „Stadt Linz“, galt als größte Auto- und Personenfähre auf dem Rhein. 1990 wurde die „Stadt Linz“ in St. Johannes umbenannt. Sie bekam den Namen des nach Daressalam/Tansania verkauften Fährschiffes.
In den siebziger und achtziger Jahren nahm die Zahl der übergesetzten Fahrzeuge ständig zu. 1971 wurden 415.000 und 1986 615.000 Fahrzeuge von einem zum anderen Ufer des Rheins befördert. Diese positive Entwicklung und der Aspekt auch für die Zukunft funktionstüchtig und optimal ausgerüstet zu sein, ließen im Herbst 1986 den Verwaltungsrat der Fährgesellschaft zu dem Entschluß kommen, den Bau eines neuen Fährschiffes in Auftrag zu geben. Mit einer Kostensumme von 2,6 Millionen Mark wurde der Auftrag an die Schiffswerft in Germersheim vergeben. Mit der Planung und Bauaufsicht wurde Diplom-Ingenieur Hans Stolle aus Unkel beauftragt. Die technische Bauaufsicht hatte der Germanische Lloyd. Die neue Großfähre mit einer Länge über alles von 56 Metern, einer Breite von 16,53 Metern und einem Tiefgang von 1,20 Metern entstand in einer Bauzeit von 4,5 Monaten. Vier Schottel-Ruder-Propeller besorgen den Antrieb. Die Antriebsleistung beträgt viermal 205 PS. Am 4. Oktober 1987 wurde die neue Autogroßfähre eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben. Taufpaten waren die Ehefrauen der Bürgermeister von Linz und Remagen, Gerti Lück und Carola Kürten, die das Fährschiff auf den Namen Linz-Remagen tauften.