Schiffsbau im Kreis Ahrweiler
VON HERMANN COMES
R o l a n d s e c k. Im „Lande unter dem Rolandsbogen“, gegenüber dem Siebengebirge, liegt am Südeingang von Rolandseck die Schiffswerft Oberwinter G.m.b.H. Am 1. Januar des Jahres 1952 erfolgte die Überstellung des ehemaligen Regiebetriebes des Landes Rheinland-Pfalz in die Privatwirtschaft. Die Schiffswerft gehört seit diesem Tag der Unternehmergruppe Carl Gilfert & Co. in Mülheim-Ruhr an.
Als damals große moderne Räumer auf dem früheren Gelände des Sportplatzes und Strandbades von Rolandseck die Erde gegen die Straßenseite auftürmten, standen viele Bewohner diesen Arbeiten mißtrauisch gegenüber. Sie waren vielfach der Meinung, daß dieses Schaffen hinsichtlich des Hochwassers zwecklos sei.
Wenn man nun einige Jahre überspringt und heute die Werftanlage sie’ht, muß man den Betrieb staunend bewundern. 266 Beschäftigte, von denen 184 verheiratet sind und 221 Kinder bis zu 16 Jahren haben, verdienen hier ihr Brot. Die Schiffswerft Oberwinter G.m.b.H. brachte eine bedeutende Belebung der Wirtschaft des industriearmen Kreises Ahrweiler. Man begann mit der Wiederherstellung der durch den Krieg beschädigten und versenkten Rheinschiffe. Dann erfolgte die Aktivierung dieser Tonnage durch Motorisierung.
Im Juli 1948 wurde mit den Reparaturen begonnen. Bisher wurden ca. 110 größere und ca. 150 kleinere Reparaturen und ca. 30 Umbauten und Motorisierungen durchgeführt. Im Dezember des Jahres 1951 begann dann der Neubau von Motorgüterschiffen, Tankschiffen, Schleppern sowie Spezialfahrzeugen für das In- und Ausland.
Die Werftleitung stand mit der Betriebsfortführung vor der Notwendigkeit, die Umgebung der Werftanlage, eine der anerkannt schönsten rheinischen Landschaften, zu respektieren und das Äußere des Betriebes dem Landschaftsbild anzupassen. Die Gebäulichkeiten wurden architektonisch so angelegt, daß sie im Landschaftsbild nicht störend wirkten. Rings um die Schiffswerft wurden Hecken, Sträucher und Bäume angepflanzt. Um eine größtmögliche Geräuschminderung zu erreichen, wird bei Neubauten statt der ratternden Niethämmer nur elektrische Schweißung angewandt. Das Wochenende ist ganz geräuschfrei; es wird nur bis freitags gearbeitet.
Die Schiffswerft hat durch den Bau von drei Wohnhäusern auf der Rheinhöhe von Oberwinter das erste Objekt im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues im Lande Rheinland-Pfalz durch eigene Initiative in Angriff genommen. Auf der Schiffswerft haben viele Heimatvertriebene eine neue Existenz gefunden.
In den sechs Jahren ihres Bestehens hat sich die Schiffswerft in Fachkreisen einen guten Ruf erworben.
O b e r wi n t e r. Für den malerischen Rheinort Oberwinter ist der Hafen mit der Schiffswerft Clausen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Während früher hier Holzbootbau betrieben wurde, hat sich die Werft ab 1912 unter der jetzigen Firma auf Eisenschiffbau umgestellt. Durch den letzten Krieg hatte der Betrieb sehr gelitten. Sämtliche Einrichtungen und Werkzeuge waren zerstört, Gleis- und Krananlagen verschwunden. Im Januar des Jahres 1946 wurde mit dem Wiederaufbau begonnen. Die Schiffswerft Clausen stellte sich in ihrem Arbeitsprogramm als Hauptaufgabe den Bau von Fahrgastschiffen und Fährschiffen. In den Wintermonaten werden die Fahrgastschiffe für die kommende Saison regelmäßig überholt und wenn notwendig entsprechend der gemachten Erfahrung umgebaut.
Hafen Oberwinter am Rhein
Foto: Stang
In der Nachkriegszeit wurden ‚hier wie auch auf anderen Schiffswerften viele Reparaturen durchgeführt. Durch eine große Anzahl Erfindungen und Patente hat sich die Schiffswerft Clausen weit über die Grenzen unseres Vaterlandes einen Ruf verschafft. Viele Neuschöpfungen dieser Werft haben sich derart bewährt, daß sie in vielen Ländern nachgebaut wurden.
Das gesamte Fährwesen mußte sich in den letzten Jahren dem erheblich wachsenden schnellen Autoverkehr anpassen. In diesem Zusammenhang wurde auf dieser Werft ein besonderer Typ der Auto-Schnellfähre entworfen und gebaut, der den hohen Ansprüchen des heutigen Verkehrs entspricht. Auf dem Rhein sind inzwischen an folgenden Städten Autoschnellfähren in Betrieb, die hier gebaut wurden: Speyer, Bingen—Rüdesheim, Bad Honnef—Rolandseck, Bad Godesberg—Niederdollendorf. Für Bad Godesberg ist im Augenblick bereits das zweite Fährschiff fertiggestellt worden. Weiter sind zur Zeit eine Reihe Projekte in Arbeit, unter anderem auch das Fährwesen auf den holländischen Wasserwegen.
Durch Erfahrungen in der Praxis werden auch die Fahrgastschiffe fortlaufend verfeinert. Auf dieser Werft gebaute Fahrgastschiffe zeichnen sich durch eine bisher nicht bekannte Laufruhe aus.
Das Besondere der Schiffswerft Clausen ist, daß die ungefähr 50 Mann starke Belegschaft nur aus Fachhandwerkern besteht, an deren Spitze fünf Ingenieure stehen.
Immer, wenn ein neues Schiff oder eine Fähre zu Wasser gelassen wird, stehen die zahlreichen Zuschauer voller Staunen und Bewunderung am Hafengeländer und auf dem Hafendamm, um dieses Ereignis mit zu erleben.