Roemervilla – Museumsbetrieb in Zeiten einer Pandemie
Dr. Hubertus Ritzdorf
Ende 2019 trat in der chinesischen Stadt Wuhan eine neuartige Krankheit auf, die zunächst als Schweres-akutes-Atemwegssyndrom Typ 2 (eng. SARS-CoV-2) beschrieben wurde. Ihr Erreger – ein Coronavirus – wurde Anfang 2020 identifiziert und erhielt die Bezeichnung Covid-19. Der sehr ansteckende Virus breitete sich weltweit sehr schnell aus. Am 27. Januar 2020 wurde der erste Fall in Deutschland bekannt. Damals ahnten nur wenige, wie sehr diese beginnende Pandemie unser aller Leben verändern sollte.
Auch für die Roemervilla verlief zunächst noch alles normal. Die für Januar und Februar gebuchten Gästeführungen fanden wie geplant statt. Am Wochenende des 7./8. März startete die Roemervilla ihre Vorsaison, in der das Museum nur an Wochenenden geöffnet ist. Es stand ein besonderes Jahr mit Vorträgen und Veranstaltungen an, da sich am 20. März 2020 die Wiederentdeckung der Roemervilla zum 40. Mal jährte.
Es sollte alles anders kommen
Aber es sollte alles anders kommen. Am Nachmittag des 13. März wurde der erste Lockdown mit Wirkung zum Folgetag verkündet. Fast das gesamte öffentliche und private Leben in Deutschland wurde mit einem Schlag auf ein Minimum heruntergefahren.
Alle für das Jahr geplanten Veranstaltungen der Roemervilla und auch alle gebuchten Gästeführungen mussten nach und nach abgesagt werden. Ein Konzept musste erarbeitet werden, um die Wiedereröffnung des Museums zu ermöglichen. Die Roemervilla konnte im Vergleich zu anderen Museen relativ früh, schon am 11. Mai wieder ihre Türen öffnen. Masken, Desinfektionsmittel und Abstandsregeln wurden eingeführt. Dem Museum kam zugute, dass es durch seinen großen Innenraum und den permanenten Luftaustausch im Inneren des Gebäudes dem Virus schlechte Bedingungen für Übertragungen bot. Durch die gesamte Pandemie hindurch bescheinigten auch alle Besucher, dass sie sich im Haus vergleichsweise sicher vor einer Infektion fühlten.
Litfaßsäule und (fast) leerer Parkplatz am Adenbachtor in Ahrweiler: Das öffentliche Leben wird während der Corona-Pandemie heruntergefahren. Die Roemervilla wirbt auf diesem klassischen Weg und in den sozialen Medien für ihre Ausstellung.
Sonderausstellung Mongolei
Die für 2020 geplante Sonderausstellung „Mongolei – Bilder aus der Ferne“ wurde Mitte Mai ohne Eröffnungsfeier durch eine schlichte Pressemitteilung dem Publikum vorgestellt. Kern der Ausstellungen waren Fotographien des Mongoleiforschers Hermann Consten, der vor 100 Jahren als einer der ersten Europäer die Mongolei auf seinen Forschungsreisen fotographisch dokumentiert hat.
Im Sommer 2020 waren viele Menschen zwiegespalten zwischen der Zuversicht, dass die Pandemie angesichts sinkender Infektionszahlen ein Ende finden könnte und der Befürchtung, dass man aufgrund der Mutationsfähigkeit des Virus erst sicher sei, wenn ein Impfstoff entwickelt sein würde. Dieser stand allerdings zunächst noch in weiter Ferne.
Der Besucherstrom wuchs im Museum über den Sommer bis zum Herbst hin immer weiter an und erreichte fast Normalwerte. Jedenfalls was die Zahl der Individualbesucher betraf. Gästeführungen waren fast die gesamte Saison über nicht möglich. Ein wichtiger Teil des Hygienekonzeptes bestand darin, dass die Gäste Abstand zueinander halten. Dies ist in den Gästeführungen in der Roemervilla ohne erheblichen Qualitätsverlust in großen Gruppen nicht möglich.
50 Prozent weniger Besucher
Es überrascht daher nicht, dass die Zahl der Gästeführungen um 90 Prozent unter der des Vorjahres lag. Nur Führungen für Kleinstgruppen waren ab dem Herbst wieder möglich. Und so lag dann auch die Besucherzahl am Ende des Jahres 50 Prozent unter der des Vorjahres. Gerade für ein Museum wie die Roemervilla, welches in normalen Zeiten mehr als Zweidrittel seiner laufenden Kosten aus dem Besucherbetrieb deckt, war dies verheerend. Nur durch einen Nachtragshaushalt, den die Träger, die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und der Landkreis Ahrweiler, gemeinsam stemmten, war dies finanziell zu bewältigen.
Im Herbst deutet sich dann die zweite Welle der Pandemie – und auch der zweite Lockdown an. Dieser traf die Kulturschaffenden und auch die Museen erneut größtenteils mit voller Wucht. Der Besucherstrom im Museum nahm gegen Ende Oktober kontinuierlich ab, weil die Menschen verunsichert waren. Anfang November 2020 kam dann der zweite Lockdown, der viereinhalb Monate – bis Mitte März – andauern sollte. Dieser Lockdown traf die Roemervilla milder als die Mehrheit der Kulturschaffenden, weil der Zeitraum sich weitgehend mit der Winterpause des Museums deckte, in der nur wenige Führungen stattfinden. Lediglich diese mussten ausfallen.
Die neu auftretenden Virusvarianten verbreiteten sich genau so schnell wie der ursprüngliche Virus, so dass es im Frühjahr zu einer dritten Welle der Pandemie kam. Es war ein Wettlauf zwischen der Impfkampagne – bzw. der Impfstoffproduktion – und dem Virus, den das Virus im Frühjahr 2021 noch einmal kurzzeitig für sich entschied. Nachdem die Roemervilla – quasi nach ihrer regulären Winterpause – Ende März wieder öffnen durfte, dauerte es nur wenige Wochen, bis das Museum am 17. April erneut wegen zu hoher Inzidenzwerte schließen musste. Der 7-Tage-Inzidenzwert (ein Wort, das wir ein Jahr zuvor noch gar nicht kannten) beherrschte in ganz Deutschland das Leben und bestimmte darüber, was regional erlaubt war und was nicht. Im Kreis Ahrweiler sank die 7-Tage-Inzidenz im Mai wieder dauerhaft unter 100, so dass auch die Roemervilla am 13. Mai 2021 wieder öffnen konnte. Sogar Gästeführungen waren mit begrenzter Teilnehmerzahl wieder möglich.
Als 2020 die Idee zu diesem Artikel für das Heimatjahrbuch 2022 zustande kam, hatte der Autor die Hoffnung, einen abschließenden Bericht über die Zeit der Pandemie in der Roemervilla vorlegen zu können. Zum Redaktionsschluss des Artikels waren wir zwar auf einem guten Weg – die Inzidenz in Gesamtdeutschland lag unter 25 und im Kreis Ahrweiler sogar unter 20; die Zahl der einmal Geimpften lag bei 45 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung. Angesichts der immer wieder neu auftretenden Mutanten des Virus und noch immer hohen Inzidenzwerten in einzelnen Ländern (in Argentinien lag die 7-Tagesinzidenz noch über 450!) bleibt nur die Einsicht, dass uns das Thema Corona noch länger begleiten wird. Aber wir haben viel in der Pandemie gelernt und werden auch mit neuen Herausforderungen fertig werden.
Literatur:
Karl Banghard, Wie Museen in freier Trägerschaft über die Coronazeit kommen – Ein Fallbeispiel. Blickpunkt Archäologie 3/2020, S. 238-241.
Der Beitrag entstand vor der Flutkatastrophe an der Ahr am 14. und 15. Juli 2021. Das Museum Roemervilla erlitt nur geringfügige Schäden während der Flut, blieb aber bis zum 28. März 2022 geschlossen.