„Prachtvoll erhob es sich über sämmtliche Gebirge …“ Eine Beschreibung des Arenbergs von 1826
Beim Einrücken der französischen Truppen im Jahre 1794 hatte der blinde Herzog Ludwig Engelbert (1750–1820) die Eifel verlassen. Er ist nie mehr zum Stammsitz der Familie zurückgekommen. Zwar ließ er in der Zeit der Franzosenherrschaft das Schloss durch Mittelsmänner wieder zurückkaufen, eine große Bedeutung aber spielte in der Folgezeit der Burgberg für ihn und die Familie nicht mehr. Auch Prosper Ludwig (1785–1861), der Sohn des blinden Herzogs, hat nach 1800 nie den Arenberg betreten.
Bis 1825 verwaltete ein gewisser Nicolaus Marschall, der seinen Wohnsitz in Hautepenne im heutigen Belgien hatte, die Besitzungen in der Eifel, seit dem Jahre 1826 war Oberförster Haack aus Monschau mit der Verwaltung der Arenberger Güter an der Ahr betraut. Haack zog kurze Zeit später nach Schleiden, wo er im Auftrage des Herzogs dessen Wälder und Besitzungen der Nordeifel verwaltete, wo er aber auch als Bürgermeister in der Kommunalpolitik eine Rolle spielte. In Aremberg selbst war der Ortspfarrer Christoph Neubusch Rentmeister und Verwalter der herzoglichen Besitzungen, er unterstand dem Oberförster Haack.
Als Haack mit Beginn des Jahres 1826 sein Amt antrat, suchte er den Arenberg auf und fertigte eine Beschreibung an, in der er den Zustand des Berges schildert1):
Einige allgemeine Bemerkungen über die Besichtigung der Herzoglich Arenbergischen Besitzungen zu Arenberg
Auf dem Plateau von Arenberg prangte ehedem das prächtige, den Wettern und Stürmen trotzende Schloss der Durchlauchtigsten Herrschaft gleichen Namens, prachtvoll erhob es sich über sämmtliche Gebirge der nahen und fernen Umgegend, und jetzt, nach wenigen Jahren sieht man an seiner Stelle nur noch eine Ruine.
Die Kuppe des Berges ist seltsam, durch einen ungeheueren und aus weiter Ferne bemerkbaren Ring von Basalt-Blöcken größten Theils begrenzt, beträgt etwa 50 Morgen und ist über dem mittleren Rheinstande zu Koblenz 1817 und über der Meeresfläche 2022 Rheinische Fuß erhaben.
Die Gebirgsart ist Basalt, worauf die schönste Vegetation das Auge erquickt.
Innerhalb des erwähnten Ringes besteht die Kuppe theils aus obiger Ruine, mehreren Gärten, weniges und schlechtes Gras tragenden Flächen und einigem Holzbestande von bestem Wuchs.
Eine beiläufig 20 – 24 Morgen große 30- bis 40-jährige Buchen-Pflanzung bedeckt den Fuß der Kuppe beinahe ringsum. Dieser Bestand ist mit Ulmen, Ahorn, Feldahorn, Eschen, Linden p. mehr oder weniger vermengt und von freudigstem Aussehen. Die darin vorgenommene, nicht ganz regelmäßige oder forstliche Hauung mag wohl 30 à 40 Klafter à 192 C. Raum abwerfen, und hätte man sich dabei vor der Hand mehr auf das unterdrückte Holz beschränken müssen, als nun hauptsächlich dominierende Stämme gefällt worden.
Gegen Westen, ebenfalls am Fuße der Kuppe, überrascht sehr angenehm ein schöner Lerschenort von ca. 1 Morgen. Der Bestand ist 35- bis 40-jährig und sind die Stämme bei der außerordentlichen hohen Lage dennoch von solcher Stärke, wie man sie selten anderwärts findet. Die meisten haben bei 18 Zoll Durchmesser Brusthöhe und sind gegen 40 bis 50 Fuß lang. Nur schade, daß auch hierin die verderbliche Axt zu früh gebraucht worden. Mehrere der schönsten Stämme sind verkauft und bereits gehauen.
Ferner ist der Windelweg, welcher um den Berg nach der Schloßruine führt, ebenfalls mit Lerschen besetzt, welche mit obigen von gleichem Wuchse sind und eine schöne Allee bilden. Auch hievon sind einige nicht verschont geblieben und mußten vor der Zeit ihre hohen Wipfel beugen.
Diejenigen Stellen des Berges außerhalb der Alleen, welche nur weniges oder schlechtes Gras erzeugen, mithin einen unbedeutenden Ertrag geben, wären vorzugsweise der hier so prächtig vegetierenden Lersche einzuräumen und damit zu bepflanzen. Zur Erziehung der Pflanzen würde sich leicht eine passende Stelle finden und auf 3 bis 4 Jahre dazu verwendet werden können und zwar um so mehr, da sie von geringem Raum zu seyn braucht. Auf diese Weise würden mit dem geringen Kostenaufwande und dem glücklichsten Erfolge die oeden Stellen mit einer vorzüglichen und gefeierten Holzart recht bald in Bestand kommen und zur Verschönerung eines Berges beigetragen werden, der mehr seines erhabenen Namens als seines Ertrages wegen die Beachtung verdient.
Montjoie, den 27. April 1826
Der Oberförster Haack
Ansicht von Aremberg, 2002: Die Erinnerung an das Fürstengeschlecht ist hier bis heute lebendig geblieben.
Die eingehende Beschreibung lässt erkennen, dass Haack als Forstmann zunächst Wert auf den Baumbestand legte. Auffallend – auch für Haack – an der Bepflanzung des Arenbergs war, dass hier Bäume zu finden waren, die in der Umgebung sonst nur selten anzutreffen sind: Lärchen, Ahorn, Eschen, Linden bedeckten große Teile des Berghanges2). Der Fachmann beklagte die unsachgemäße Abholzung einzelner Distrikte. Er empfahl die Aufforstung kleinerer Flächen, die bis dahin als Weide und Grasland genutzt worden waren. – Bereits wenige Tage später, am 29. April 1826, meldete Haack nach Brüssel: „Was die Bepflanzung der leeren – Stellen auf der Bergkuppe betrifft, habe ich dem Jackele, der übrigens mit dergleichen sehr gut umzugehen versteht, die nöthige Anweisung ertheilt.“ Der hier erwähnte Jackele bzw. Jackelen beaufsichtigte als Wald- und Feldhüter die Arenberger Güter in und um Aremberg und erhielt außer von Haack auch von Pfarrer Neubusch Anweisungen.
Im Sommer 1826 beschäftigte man sich in der Arenberger Zentralverwaltung in Brüssel mit dem Besitz an der Ahr. Am 11. Juli 1826 schrieb der Geheime Sekretär Thomas Stock an Pfarrer Neubusch in Aremberg3): „Die Wiesen von Antweiler bringen so wenig, daß es für den Herzog wohl am gerathensten seyn möchte, dieselben stückweise zu verkaufen, und um die Verwaltung des Schloßberges zu vereinfachen, mag es wohl am besten seyn, denselben ganz zur Holzzucht zu bestimmen, ich werde den Herrn Oberförstern Haack ersuchen, mir darüber Bericht zu erstatten.“ Der Umfang der herzoglichen Wiesen in Antweiler betrug damals 7 Hektar und 7 Ar, sie brachten an Pacht jährlich kaum 100 Franken ein. Den Schlossberg aber wollte der Herzog behalten: „Der Herzog behielt dagegen den Schloßberg in seiner ganzen Integrität, weil er seinen Namen trägt. Um aber auch hier nicht mehr mit verschiedenen Pächtern zu thun zu haben, die zum Theile schlecht und langsam zahlen, wären nach Ende der laufenden Pachtzeit die Stücke, welche sich zur Waldkultur eignen, nach Ihrem früheren Vorschlage dazu zu bestimmen, und man könnte den Rest, wenn anders einer vorhanden, dem Förster Jacklen statt der ihm bewilligten Besoldung von 25 Franken oder nach dem verhältnismäßigen Werthe imputieren4). Dadurch würde alles sich vereinfachen, und es blieben nur die Forsterträge, wie sie vor und nach eintreten, zu verrechnen.“ Neben den Ruinen gab es auf der Kuppe also 1826 noch einige Gärten und auf der ebenen Fläche eine Weide, die Gras lieferte. Diese Flächen waren verpachtet. Auch hier sollte nun nach Ablauf der Pachtzeit Wald gepflanzt werden.
Haack schlug 1826 vor, einen Pflanzgarten anzulegen, um vor allem die Nachzucht der Lärche zu gewährleisten. – In einem Schreiben vom November 1827 wird der Pflanzgarten bereits erwähnt. Vorgesehen war damals eine kleinere Fläche „in einem der Schloßgärten an der südlichen Abdachung des Berges“. Hier sollte die „Baumschule für die Stadt Arenberg“ angelegt werden. Der Landrat des Kreises Adenau kümmerte sich persönlich um die Angelegenheit und führte deshalb einen Schriftverkehr mit der Arenberger Zentralverwaltung in Brüssel5).
Es fällt auf, dass 1827 der Ort am Fuße des Burgberges noch als „Stadt“ genannt wurde. Die besonderen Rechte, die dem Ort seit dem Spätmittelalter als „Freiheit“ verliehen worden waren, hatten damals zwar keine Bedeutung mehr, aber die herausgehobene Stellung des Burgortes war noch allgemein bekannt und spiegelt sich in der Bezeichnung „Stadt“.
Die Burg lag 1826 nach den Worten des Oberförsters völlig in Ruinen. Es findet sich kein Wort mehr dazu, zumindest einen Teil wieder bewohnbar zu machen. Auffallend für den Fremden oder den Besucher aber waren sehr große Basaltblöcke, die den Ring der Bergkuppe begrenzten. Die Basaltblöcke, die man auch aus der Ferne deutlich erkennen konnte, waren vermutlich die Reste der alten Burgmauer. Bald schon sollte durch die Neubepflanzung auch dieser Steinring für immer verdeckt werden.
Anmerkung:
- Archief van Arenberg, Enghien (= AAE), AR 137, 70/5.
- Nach Unterlagen des Arenberger Archivs hatte Fürst Karl von Arenberg († 1616), ein Liebhaber der Botanik, um 1600 an den Hängen und auf der Höhe des Burgberges teilweise fremdartige Gewächse und Bäume pflanzen lassen.
- AAE, AR 132, 70/5.
- Imputieren = zurechnen.
- Schreiben aus Brüssel vom 10. November 1827 an Oberförster Haack: AAE, AR 137, 70/5.