Phonolith vom Schellkpf bei Brenk – Eine wertvolle Rohstoffquelle vulkanischen Ursprungs

In einem Seitental der oberen Brohltalregion, etwa 6 km entfernt von den beiden Autobahnabfahrten Niederzissen und Wehr, liegt das Eifel-dorf Brenk, das zusammen mit dem Ortsteil Fusshölle mit knapp 200 Einwohnern eine eigenständige Gemeinde bildet. Der Ort wird begrenzt an drei Seiten von etwa 500 m hohen Bergrücken, die vom Schellkopf beherrscht werden. Seit Beginn der Jahrhundertwende wird hier Phonolith, ein vulkanisches Gestein, abgebaut.Studienobjekt für Geologen

Die Geologen bezeichnen den Schellkopf als einen Quellkopf, der vermutlich vor 550000 Jahren zum Beginn des Vulkanismus in der Osteifel entstanden ist. Bei der vulkanischen Tätigkeit fehlte hier die Kraft zur Eruption, so daß die oberen Schichten nur angehoben wurden. In die entstandenen Hohlräume drang die zähflüssige Magmamasse und erstarrte zu Phonolith-gestein.

Die Bezeichnung Phonolith ist aus den beiden griechischen Worten Phonos (Klang) und Li-thos (Stein) entstanden, weil das Gestein, mit einem stählernen Gegenstand angeschlagen, einen auffallend hellen Klang ergibt. Man vermutet sogar, daß der Name »Schellkopf« auf das Wort »Schall« zurückzuführen ist.

Phonolith, die wissenschaftliche Bezeichnung heißt Selbergit, ist eine Gemisch mehrerer Minerale. Vor einigen Jahren wurde in dem Brenker Phonolith ein bisher von keiner anderen Stelle bekanntes Mineral gefunden, das nach dem Fundort der Gemarkung »Brenkit« genannt wird. Brenkit bildet radialstrahlig verwachsene Aggregate, aus denen die Kristallenden bis zu 5 mm herausragen. Als Rohstoff hat dieses Material keine Bedeutung, ist aber ein beliebtes Objekt für Gesteinssammler. In der Vergangenheit haben Studenten der Fachrichtung Geologie von Lehranstalten des In- und Auslandes Exkursionen zum Schellkopf nach Brenk unternommen.

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Der Schellkopf bei Brenk mit den Werksanlagen im Steinbruch, 1997

In der Vulkaneifel kommt Phonolith an mehreren Stellen vor, so steht die etwa 2 km entfernte Burgruine Olbrück auch auf einem Phonolithke-gel. Wegen des hohen Gehaltes an Alkalien ist der Brenker Phonolith von der chemischen Industrie besonders begehrt. Wie auf den Informationstafeln im Vulkanpark Brohltal zu lesen ist, verhalf der Brenker Steinbruch, der dort als reinstes Phonolithvorkommen Deutschlands bezeichnet wird, längere Zeit dem Ort zu einem gewissen Wohlstand.Erster Pachtvertrag 1898

Am 23. September 1898 wurde erstmals von der Gemeinde Brenk, die Eigentümerin des Areals um den Schellkopf ist, der Schellkopf zur Förderung des dort vorkommenden Phonolith-gesteins verpachtet. Der erste Vertragspartner war die Westdeutsche Eisenbahngesellschaft, die in Köln ihren Sitz hatte. Die Gesellschaft beabsichtigte, Phonolith sowohl für ihren eigenen Bahnbau als auch für den Bau der damaligen Reichsbahn zu gewinnen und zugleich den Straßenbau zu beliefern. Ein Teil des Bahnkörpers zwischen Brohl und Koblenz ist mit Phonolithschotter aufgefüllt worden.Bahntrasse über Brenk

Um die Jahrhundertwende wurde die Brohltalei-senbahn zur verkehrswirtschaftlichen Erschließung des Brohltals gebaut. Ursprünglich sollte die Trasse vom Rheinhafen Brohl über Burg-brohl, Oberzissen, Wollscheid nach Kempenich angelegt werden, um die Steinbrüche bei Hannebach zu erreichen.

In der Konzessionsurkunde aus dem Jahr 1895 gibt man der Eisenbahnlinie im oberen Bereich zugunsten des Phonolithvorkommen in Brenk und der Tuffsteinbrüche in Weibern den Vorrang.

Zu Beginn dieses Jahrhundert fand der Brenker Phonolith überwiegend als Baustoff für den Straßen- und Eisenbahnbau Verwendung. Der Bedarf war in den Jahren 1902 und 1903 so hoch, daß im Brenker Steinbruchbetrieb etwas 100 Arbeitnehmer beschäftigt waren.

Wegen seiner Sprödigkeit war das Phonolithgestein für die Bauindustrie nur bedingt zu verwenden. Inzwischen erwies sich der Phonolith als Stopfmaterial für den Gleisbau als nicht besonders geeignet, so daß der Absatz erheblich zurückging. Die Belegschaft mußte auf 20 Steinbrucharbeiter reduziert werden.

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Die Belegschaft des Steinbruchs, 1953

Vielseitiger Rohstoff

Da bisher schon sehr viel Kleinschlag anfiel, ergab sich die Notwendigkeit zum Bau eines Mahlwerkes, um daraus Mineraldünger herzustellen. Aufgrund einer chemischen Analyse war nämlich bekannt, daß der Brenker Phonolith reich an Kalium und Natriumoxyd ist. Man hoffte, den recht fein gemahlenen Phonolith, mit anderen Düngerkomponenten gemischt, aufs Feld streuen zu können. Ein besonderes Augenmerk richtete man nun auf die Gewinnung von Phonolith zur Herstellung von Kalidünger. Das Mahlwerk wurde mit leistungsstarken Mühlen ausgestattet. Anfangs wurden die Maschinen mit einer Dampfmaschine angetrieben. Später erfolgte die elektrische Energieversorgung von Burgbrohl aus, wo die Stein- und Ton-Industriegesellschaft Brohltal, eine Tochterfirma der westdeutschen Eisenbahngesellschaft, feuerfeste Steine herstellte. Von dort wurde sogar eine Ferngasleitung zur Speisung von Gaslaternen zum Brenker Werk gelegt.

Im Jahre 1910 übernahm die Firma »Rhenania Verein Chemischer Fabriken AG, Aachen«, die Vorgängerin der Kali-Chemie AG, Werk Brenk, deren Interesse dem Phonolith als Kaliträger und somit als Rohstoff für die Dünger-Herstellung gegolten haben soll. Doch auch der Verwendung des Phonoliths als Mineraldünger war nur eine kurze Lebensdauer beschieden, da die Aufschließung dieses Düngers als Nährstoff für die Pflanzen ca. 5 Jahre dauert, worauf verständlicherweise kein Landwirt warten wollte. Oft führen schwierige wirtschaftliche Situationen zu neuen Ideen. Man hatte beispielsweise erkannt, daß Phonolith aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung ein idealer Schmelzzuschlag zur Herstellung von widerstandsfähigen Gläsern ist. Die Gerresheimer Glashüttenwerke, einer der späteren Großkunden, hatten auch schon im Jahre 1898, wie aus einer Niederschrift einer Brenker Gemeinderatssitzung vom 24.2.1898 zu entnehmen ist, Interesse am Schellkopf bekundet.

Es wurde wieder ein neuer Anlauf unternommen. Man nahm die Verbindung zur Flaschenglasindustrie auf. Auch die Sinziger Glasfabrik zählte zu den Kunden. Infolge wachsender Nachfrage mußte das Mahlwerk den Anforderungen angepaßt werden. Es wurde Phonolith in Körnungen von 0-10 mm oder 0 – 5 mm gewünscht. Wieder andere Kunden verlangten nach einem feinen Korn welches maximal nur 1,5 mm oder sogar nur 0,4 mm haben durfte.

Kriegszeiten und wirtschaftliche Krisen führten zwar zu Schwankungen in der Produktion, aber eine völlige Stillegung trat bisher nie ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Nachfrage stark an. Im Jahre 1950 wurde ein etwa 501 schwerer Kollergang aufgesetzt. Mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung in den fünfziger Jahren und dem zunehmenden Konsum steigerte sich den Flaschenverbrauch. Dies gab der Glasindustrie neuen Auftrieb und bedeutete für das Werk Brenk eine größere Phonolith-Produktion.Mehrschichtbetrieb

Für das Mahlwerk wurde ein Zweischichtbetrieb zum Normalfall, und es mußte sogar im Dreischichtbetrieb gemahlen werden, um der Nachfrage gerecht zu werden. Nicht selten wurden im Monat über 100001 versandt, was z. Zt. etwa einer Jahresförderung entspricht. Welche Unruhe und Sorge damit verbunden waren, kann nur der ermessen, der weiß, was es heißt, nachts im Steinbruchbetrieb im Gefahrenbereich einer 40 m hohen Bruchwand Kipploren von Hand zu beladen. Manche unruhige Nacht hat es gegeben, wenn einmal ein voll beladener Wagen auf dem Bremsberg auf dem Weg zum 40 m tiefer liegenden Mahlwerk aus den Schienen gesprungen war und dann wieder aufgesetzt werden mußte. Dieser Höhenunterschied wurde bis etwa 1960 durch einen Bremsberg überwunden, wobei jeweils zwei beladene Loren die leeren hochziehen mußten. Durch gefährliche Sprengarbeiten wurden die Steine aus der Wand gelöst. Besondere große Felsbrokken wurden nochmals gesprengt. Dicke Steine wurden per Hand zerschlagen, bevor sie in die Loren geladen wurden. Der letzte tödliche Unfall im Steinbruch liegt immerhin schon 60 Jahre (1937) zurück. Es war Peter Henseler, der von den Antriebsriemen des Mahlwerkes in den Tod gerissen wurde. In den Jahrzehnten vorher ließen vier Gebrüder, und zwar Toni (1907), Josef (1911), Michael (1912) und Peter (1929) Oligschläger ihr Leben bei der Arbeit im Steinbruch.Technischer Fortschritt

Im Jahre 1963 wurde durch das Aufstellen eines großen Brechers und Nachschaltung eines hohen Zwischensilos für Abhilfe gesorgt, und Spezialfahrzeuge hatten die Ladearbeit übernommen. Hierdurch fiel die schwere körperliche Steinschlagarbeit fort. Durch die Zwischenbunkerung entfiel die Ladearbeit in der Nachtschicht und gleichzeitig konnte der Bremsberg als stete Gefahrenquelle stillgelegt werden. Die eigentliche Gewinnungsarbeit ist vom mühseligem handgeführtem Druckluft-Bohrhammer und unberechenbaren Lasenschießen auf feste einkalkulierbare Seriensprengung umgestellt worden. Dieser Wandel zur weitaus größeren Produktivität hat leider zur Verringerung der Arbeitsplätze geführt.

Im Jahre 1953, als der langjährige Betriebsleiter Kurt Raue von seinem Nachfolger Alwin Schneider abgelöst wurde, waren noch rund 30 Leute im Steinbruch und Mahlwerk beschäftigt. Inzwischen ist aufgrund veränderter Marktlage der Absatz des Materials von Werk Brenk erheblich zurückgegangen. Das muß auf die weitere Zukunft gesehen nicht unbedingt als negativ betrachtet werden. Denn bei der großen Menge derfrüheren Förderung würden die Pho-noiithvorräte bald erschöpft sein.Neuwieder Stein AG

Mehr als 70 Jahre zählte das Werk Brenk zur Firmengruppe der Kali-Chemie AG., die vor etwa 10 Jahren in der Fa. Solvay aufgegangen ist. Gegen Ende 1994 hat die Neuwieder AG für Steinindustrie den Steinbruch Brenk übernommen und die gesamten Werksanlagen käuflich erworben und betreibt seither den Betrieb eigenverantwortlich.

Da im Rheinhafen Brohl keine Umlademöglichkeit mehr besteht, ist z. Zt. nur ein Abtransport per Lkw möglich, was jedoch wegen der engen und sehr steilen Straßen in Brenk und Nieder-zissen einige Verkehrsprobleme auslöst. Die AG für Steinindustrie unterhält mit der Gemeinde Brenk und den übrigen beteiligten Behörden – insbesondere der Verbandsgemeinde Brohl-tal sowie dem Kreis Ahrweiler – ein außerordentlich gutes und partnerschaftliches Verhältnis. Man ist gemeinsam bestrebt, eine dauerharte Lösung für einen gefahrlosen Abtransport zu schaffen.

Als die AG für Steinindustrie den Betrieb übernommen hatte, reichte der Absatz kaum noch, um 4 Leute zu beschäftigen, und es drohte sogar eine endgültige Schließung des Steinbruchbetriebes. Dem neuen Betriebsinhaber ist es gelungen, den Auftragsrückgang zu stoppen und neue Kunden zu gewinnen.Export

Phonolith ist dank seiner mineralischen Zusammensetzung zu weitaus mehr zu gebrauchen, als nur als Rohstoff in der Glasindustrie. Er läßt sich z. B. in der Zementherstellung einsetzen, wo er als Beimischung die Frühfestigkeit des Baustoffes verstärkt. Bei der Herstellung von

Glasfasern und Isolierkörpern wird Phonolith als schmelzerleichternder Bestandteil eingesetzt. Auch im Umweltschutz gibt es Einsatzmöglichkeiten, z. B. bei der Wiederaufbereitung von ausgemergelten Böden in der Landwirtschaft oder bei der Bearbeitung von versauerten Waldböden.

Außer Deutschland beziehen schon seit vielen Jahren Firmen in Italien, Holland, Frankreich, Ungarn und Schweden den Phonolith aus Brenk. Neuerdings zählt sogar Japan zu den Exportländern. Kurz vor und nach der Jahreswende 1996/97 gingen mehrere Übersee-Container Phonolith vom Schellkopf über den Seehafen Rotterdam sogar in die Nähe des Fusijama. Für die Zukunft ist man zuversichtlich, daß sich die leichte Belebung des Umsatzes in den nächsten Jahren fortsetzt und das Werk Brenk erneut mehr an Bedeutung gewinnen wird.

Anmerkung:

Aufschlußreiche Informationen verdankt der Verfasser dem Artikel „Werk Brenk, eine unserer Rohstoffquellen“, den Alwin Schneider im Jahre 1971 als damaliger Betriebsleiter vom Werk Brenk für die Kali-Chemie-Nachrichten geschrieben hat. Weitere wichtige Daten wurden dem Archiv der Verbandsgemeinde Brohltal entnommen.