Phantasievolle »Blüten« der zwanziger Jahre
Not- und Bedarfsgeld in den Kreisen Ahrweiler und Adenau
Alfred Fell
Vor 60 Jahren ging eine Zeit zu Ende, die in der Geldgeschichte unseres Landes und darüber hinaus ihresgleichen sucht. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges verschwanden sehr bald die aus Edelmetallen geprägten Münzen aus dem Verkehr. Andererseits vervielfältigte sich der Bedarf an Kursgeld, der jedoch nicht ausgeglichen werden konnte. Daher kam es schon 1914 im Deutschen Osten, aber auch in den Provinzen Rheinland, Westfalen und Elsaß zur Ausgabe von Notgeldscheinen, meistens im Werte von 50 Pfennig bis 5 Mark. Vor allen Dingen zwang die Abgeschiedenheit dieser Landesteile vom Reich die Gemeinden zur Selbsthilfe. Alle Scheine hatten nur ein beschränktes Umlaufgebiet, nämlich den Bereich des ausgebenden Ortes. Eine weitere Verknappung des Kleingeldes, gegen Ende 1916, veranlaßte Städte und Gemeinden, später auch Einzelfirmen, eigenes Papiergeld zu emittieren.
Die anfangs in einfacher Druckart hergestellten, wirklichen Bedarfsausgaben wurden immer weiter vervollkommnet und erhielten eine schmuckvolle Gestaltung. Zahlreiche Ortschaften gaben ganze Serien heraus, die auf der Vorderseite den Geldcharakter wahrten, sich durch Darstellungen auf der Rückseite (Ortsansichten, geschichtliche Ereignisse, Sagen usw.) jedoch zu Sammelbildchen entwickelten. Es wurde schließlich ein Geschäft, das den ausgeschöpften Kassen der Gemeinden einen kleinen Zufluß brachte. Selbst Druckereibesitzer gingen hin, ohne Auftrag weiterzudrucken und die Serien in den Handel zu bringen. 1922 wurde diesem Spuk von seilen des Reiches ein Ende bereitet. Es durften keine Notgeldscheine mehr gedruckt werden. Nur Bedarfsscheine gab es weiterhin in der allbekannten Papiergeldflut der Inflation. Hierbei war den Städten und einzelnen Firmen gestattet, Scheine im Wert von 50 bis zu 1 000 Mark herauszugeben, da die Reichsdruckerei trotz Einschaltung von privaten Druckereien dem anfallenden Bedarf nicht nachkam. Ganz aus den Gleisen geriet die Notendruckerei schließlich im Jahre 1923 und da ganz besonders in den Monaten Juli bis November. Die Zahl der während dieser Zeit vom Reich, von den Städten, Gemeinden und Firmen ausgegebenen verschiedenen Scheine schätzt man auf 70 000 bis 80 000 Stück. Das Ende dieser Entwicklung brachte die Einführung der Rentenmark im November 1923. Ordnung kehrte jedoch erst im Laufe des Jahres 1924 ein.
Geldscheine der Kreise Ahrweiler und Adenau
Vom Kreis Ahrweiler sind 28 Geldscheine katalogisiert. Die Werte waren von 10 000 Mark bis 10 Mrd. Mark aufgelegt. Variantenreich und vielfältig waren die Scheine zum Teil nur einseitig bedruckt. Größtenteils stammen die eingedruckten Motive aus der Stadt Ahrweiler und Bad Neuenahr. So finden wir hier die Stadtansicht mit Toren, dem Kalvarienberg, Winzerei und Weinlaub und Reben und das Kurhaus. Diese etwas einseitige Ausrichtung der Motive lag wohl darin, daß die Kreisscheine ausschließlich von Druckereien der Stadt Ahrweiler hergestellt wurden. Es gibt zahlreiche Varianten im Unterdruck, in den Kontrollziffern und in der Angabe der Druckfirma. Allen Kreisscheinen gemeinsam ist das Ausgabedatum vom 5.7.1923, den Farben Grün und Rot zu 25 Pfg. und 50 Pfg. sowie am 15. 8. 1921 eine Serie von zehn Papiergeld-Gutscheinen zu 25 Pfg. und 50 Pfg. in den Farben Braun, Blau, Grün und Rotviolett. Die Vorderseite zeigt auf allen Scheinen rechts Konrad von Blankart, aus dem Ahrweiler Adelsgeschlecht, links zieren Weinlaub und Trauben den Untergrund. Die Rückseite trägt neben dem Stadtwappen und dem Wappen der Faßbinderzunft eine Gesamtansicht der Stadt. Die Umschriften handeln vom Wein; »Es grüne die Rebe, es wachse der Wein, Gott segne den Weinbau und laß ihn gedeih’n.« »Not ließ erfinden diesen Schein, o könnten wir Silber geben, die Schätze erblüh’n in unserm Wein, Gott schütze des Ahrtals Reben.« Neben dem Papiergeld gab es in Ahrweiler noch das Firmennotgeld des Lebensmittelgeschäftes N. Mies in der Oberhut. Es handelt sich um 6 Münzen in den Werten 5 Pfg. und 10 Pfg. aus Zink und Eisen. In der Form gab es runde und achteckige Stücke. Die Münzen tragen keine Jahreszahl und wurden bei Lauer, Nürnberg, geprägt.
Gutscheine der Kreise Adenau und Ahrweiler
Vielfältig mit heimischen Motiven versehene Rückseiten
Zehn Billionen Mark: der höchste Wert der Gemeinschaftsserie der Kreise Ahrweiler und Adenau
Der damalige Kreis Adenau stellte in der Inflationszeit ebenfalls Papiergeld her, 14 Werte sind katalogisiert, und zwar von 50 000 Mk. bis 20 Mrd. Mk. Die Druckdaten sind vom 15. 7. 1923 und 31. 7. 1923. Als Embleme und Motive fanden Verwendung die Ansichten von Adenau, der Nürburg und Virneburg, des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf der Hohen Acht, der Kapelle in Hönningen und der Bernhardskapelle bei Kempenich.
Neben den eigenen Ausgaben der Kreise Ahrweiler und Adenau erschien eine Gemeinschaftsausgabe unter dem Ausgabedatum 24. 10. 1923. Von diesen Scheinen sind die Werte 50 Mrd. Mk. bis 10 Bio. Mk. bekannt. Außer den sechs katalogisierten Scheinen ist inzwischen ein siebter aufgetaucht. Diese Scheine waren umlauffähig im ganzen Regierungsbezirk Koblenz und gültig bis zum 1. 4.1924.
Notgeld der Städte und Firmen
Von der Stadt Ahrweiler erschienen unter dem Datum 3. 8. 1918 zwei Bedarfsgeldscheine in
Von Bad Neuenahr kennen wir zwei sehr schöne Serien zu je sechs Notgeldschecks mit den Werten von 50 Pfg. bis 2 Mk. Die Kur-AG brachte diese Serien am 1. 3.1922 mit einer Umlaufgültigkeit bis zum 31.12.1922 heraus. Die Rückseiten der Reihe 1 zieren Holzstiche mit Sagenmotiven und Sprüchen wie: »Vulkanus schafft in heißen Müh’n. Die Eifelberge Feuer sprüh’n.«
»Der Herd erlosch, der Alte ruht, noch spürst im Ahrwein Du die Glut«
»Du siehst erstaunt wie dampfend zischt ein warmer Quell und drängt zum Licht.« »Und alles Kranke heilt fürwahr der Zauberquell in Neuenahr.«
»Laß munden Sprudel Dir und Wein und nie zwickt Dich ein Zipperlein.« »Der Landskron-Wächter lugt in’s Land. Das Tal der Ahr schirmt Gottes Hand.« Die Rückseiten der Reihe 2 zieren ebenfalls Holzstiche mit Abbildungen aus und um Bad Neuenahr:
Das Kurhaus Bad Neuenahr mit dem Spruch: »Wo im schönen Neuenahr heiße Quellen wunderbar sprudeln aus der Erde Schoß, täglich, stündlich Heilung spenden, mag, will’s Gott, sich freundlich wenden manches Kranken bittres Los.«
St. Willibrordus, Schutzpatron von Neuenahr, mit der Umschrift: »Befreit von Krankheit wirst Du schnell, so trinkest aus St. Willibroros Quell.«
Der Willibrordus-Sprudel mit dem Text: »Der Neuenahrer Quell bringt Kraft und Lebensmut, und frohen Sinn verschafft des Ahrtals Rebenblut.«
Das Haus Breuning — Aufenthalt Beethovens, mit dem Vers: »Beethoven ging dereinst hier ein und aus, ein ernster Gast im Kreis voll Fröhlichkeit. Von seinem Ruhme liegt auf diesem Haus ein leiser Strahl: Die Stätte ist geweiht!« Die Landskron mit dem Spruch: »Preis dem Tal, dem freundlich hellen, Preis den Neuenahrer Quellen, die schon ungezählten Scharen Bringer neuer Kräfte waren.«
Hermann, Graf zu Nuenare, 1514 – 1579, mit den Versen: »Graf Hermann von Nuenare aus stolzem edlem Stamm, der war ein großer Zecher und auch dem Spiel nicht gram. Doch als der Väter Erbe er dann antreten muß, warf fort er Trinkhorn, Würfel und tat den Schwur Non plus!«
Neben diesen Serien brachte die Firma Wilhelm Broicher, Bad Neuenahr, drei Notgeldmünzen zu 2,5 und 10 Pfg. heraus. Es handelt sich um drei runde Zinkmünzen ohne Jahreszahl, die bei Lauer, Nürnberg, geprägt wurden. Die Apollinaris-Brunnen AG, damals in englischem Besitz, brachte am 10.9. und 1.10.1923 insgesamt 17 Scheine von 1 Mio. Mk. bis 1 Bio. Mk. heraus. Der Druck erfolgte bei Waterloo and Sons, London.
Die Stadt Remagen brachte am 27. 12. 1918 zwei KriegsnotgeldScheine zu 25 Pfg. und 50 Pfg. heraus. Auf der Vorder- und Rückseite befindet sich jeweils das Stadtwappen. Gültig waren diese Gutscheine bis 31. 3.1920. Die Firma Dumont-Schauberg, Köln, führte den Druck aus. Weitere sechs Gutscheine aus der gleichen Druckerei ziert auf der Vorderseite ein Römerkopf mit den Werten 25 Pfg. und 50 Pfg. in den Farben Grün und Braun. Eine 2er-Serie hiervon trägt mit rotem Aufdruck das Siegel der Stadt. Die Rückseiten werden vom Römertor bestimmt, wobei eine Serie zusätzlich den Aufdruck einer Glocke mit der Umschrift »Glocken-Bazar« zeigt. Weiter sind vom Konsumverein Rheinahr eGmH drei Scheine zu 5,25 und 50 Pfg. katalogisiert. Die Kripper Lederfabrik GmbH gab drei Notmünzen aus Zink in den Werten 5,10 und 50 Pfg. heraus, die ebenfalls bei Lauer, Nürnberg, geprägt wurden. Die Stadt Sinzig gab als einzige im Kreis Ahrwei-ler sowohl Papiergeld wie Münzen heraus. Am 1. 8.1921 erschien eine 4er-Serie mit den Werten 25,50 und 75 Pfg. sowie 1 Mk, die auf den Vorderseiten Holzstich-Darstellungen u. a. des Zehnthofs, der kath. Pfarrkirche und des Amtsgerichts zeigen. Die Rückseiten tragen, ebenfalls als Holzstich, Ausschnitte aus der Walpurgisnacht und Vater Rhein mit seinen Rheinnixen. 1917 kam eine erste 3er-Notmünzen-Serie mit 5,10 und 50 Pfg. aus Zink heraus. 1919 folgte eine weitere 3er-Serie in den gleichen Werten.
Schließlich sind von der damaligen Stadtsparkasse Sinzig zwei Notgeldscheine mit den Werten 500 Mrd. Mk. und 2 Bio. Mk. katalogisiert. Heute, 60 Jahre danach, sind die bunten Not-und Bedarfsgeldscheine nostalgische Erinnerungsstücke an ein Kapitel Geldqeschichte. begehrte Sammelobjekte, aber sicher auch ein Stück Kulturgeschichte des heimischen Raumes.
Von 25 Pf bis 2 Mark: phantasievoll gestaltetes Notgeld der Städte
Repros: Kreisbildstelle