Muttergottes-Verehrung auf der Landskron, keltischen Ursprungs?
Von W. Knippler, Heppingen
Uralt ist die Muttergottesverehrung auf der Landskron, in jener Kapelle, die im Laufe der Jahrhunderte mehrere Namen auf wies: die Klaus — die Jungfernkapelle — die Marienkapelle. Sie ist sicher älter als die Burg, bestand also wohl vor dem Jahre 1206. Sie war stets das Ziel vieler Hilfesuchender, besonders der Frauen, die ihrer schweren Stunde entgegengingen.
Viele Stimmen wurden bereits laut, die diese ehrwürdige Gebetsstätte als einen Ort altgermanischer Gottesverehrung ansehen, ja sogar als Heiligtum des Matronenkults betrachten. Dürfen wir annehmen, daß früher einmal Druiden im Hain auf der Landskron ihre Opfer darbrachten und damals schon viele fromme Menschen zur „Gimmiger Kupp“ pilgerten. Keine Funde bestätigten bisher unsere Annahme, wissenschaftlich einwandfreie Beweisführung steht uns nicht zur Verfügung. Trotzdem lassen sich Schlüsse ziehen, die unserer Hypothese eine solide Grundlage geben. Da ist zunächst die allgemein bekannte Sage von den drei Jungfrauen von der Landskron. Vielerorts sind die Sagen von den drei Jungfrauen, mitunter „heiligen drei Jungfrauen“, oft auch von den „Juffern“, nichts anderes als alte Matronenerinnerungen, die man in ein christliches Gewand gehüllt hat. Den alten Mutterkult verwandelten die Boten des Christentums in die Verehrung der Gottesmutter, Mutter und Jungfrau zugleich, in der Oberzeugung, daß das Volk gerne dem frommen Brauche weiter folgt, einerlei, ob sich auch der Name ändert.
Wodurch mir die Gewißheit kam, daß die Landskroner Kapelle auf geweihter keltischer Erde sich erhebt, das war eine Begegnung während des letzten Krieges.
Es war 1949, im Herzen Frankreichs. Damals suchten wir schon nach dem Gemeinsamen, das zwei große Nationen haben, und das auf Schritt und Tritt jedem begegnet, der das Völkerverbindende sehen will.
Ziel meiner Sehnsucht war Chartres mit dem Hohen Lied der Gotik. Diese Kathedrale war eine Erfüllung, aber auch eine Überraschung. Ich sah viel Neues, aber nicht allein oben im Licht, nein, unten im Heiligtum der Kelten, in der Druidengrotte, in „Notre Dame sous terre“, wie der Ort heute heißt. Dort, im Mittelpunkt des Druidenkultes, erfuhr jene Lichtgestalt aus dem Schöße der Erde Verehrung als Jungfrau und Mutter zugleich.
Auch hier setzte die christliche Welt an die Stelle der keltischen Jungfraumutter die Marienverehrung.
Wer hierher pilgerte, heute wie vor zweitausend Jahren, der ging in den Berg hinein, war von Nacht umgeben, fern dem Sonnenlicht, und brachte dieser geheimnisvollen Jungfraumutter sein Anliegen vor. Und bevor er Abschied nahm, netzte er seine Finger in einem kleinen Becken, in dem das Wasser der Felswände sich sammelte. Mit den angefeuchteten Fingern berührten die Pilger ihre Augen, da sie dem Wasser dieser Grotte Augenheilkraft beimaßen.
So geschehen bei den alten Kelten und bis auf den heutigen Tag!
Am 25. März, dem Geburtstag der Landskroner Kapelle, an Maria Empfängnis, dem Tag, der dem Heppinger Brezelfest den Sinn gegeben, strömten seit den ältesten Zeiten die Wallfahrer zur Landskron, die aus dem Ahrtal, aber auch die aus der Grafschaft und die aus der Eifel. Wenn sie der Gottesmutter ihr Anliegen vorgetragen hatten, dann blieben sie noch einige Stunden froh zusammen. Abends machten sie sich auf den Heimweg, um den Hals eine Schnur mit einigen Brezeln.
Sie waren aber nicht nur in die Kapelle gegangen, sondern sie hatten alle noch einen anderen Ort aufgesucht. Sie gingen in den Berg hinein in jene Felsengrotte hinter der Kapelle. Sie waren dort von dunkler Nacht umgeben, fern dem Sonnenlicht. Und bevor sie Abschied nahmen, netzten sie ihre Finger an den feuchten Basaltsäulen jener Grotte. Mit den angefeuchteten Fingern berührten die Pilger ihre Augen, da sie dem Wasser dieser Grotte Augenheilkraft beimaßen.
So geschehen bei unseren Vorfahren und bis auf den heutigen Tag!
Chartres und die Landskron, die Grotte „Notre Dame sous terre“ und die Grotte der Landskroner Kapelle haben ein Gemeinsames.
Sollte dies zufällig sein? Ich glaube hierbei an keinen Zufall!