Mit Geschichte in die Zukunft? – Das AhrWeinForum Ahrweiler

Am 6. August 1999 wurde in Bad Neuenahr-Ahrweiler das AhrWeinForum eröffnet. Der Name mag ungewöhnlich klingen – der Besucher erwartet eben immer den Begriff des Museums, wenn irgendwo Information mit Altertümchen verbunden ist -, aber eigentlich beinhaltet der Name sämtliche für den Besucher wichtige Information: Ganz klar – es geht um den AhrWein. Dieser wird in einem Ausstellungsrundgang in Geschichte und Praxis vom Weinberg bis in den Keller dokumentiert. Und es geht um ein Forum. Dieser, dem Besucher zuerst einmal entfernt bekannt vorkommende Begriff meint nichts anderers, als Versammlungsstätte. Konzipiert wurde also eine Ausstellung zum Ahrwein, die neben der Vermittlung verschiedenster Informationen auch als Versammlungsstätte dienen soll, nämlich all denjenigen, die sich für den Ahrwein interessieren, die von ihm leben, die ihn vermarkten, die inmitten einer vom Wein geprägten Landschaft leben.

Warum ein AhrWeinForum und kein AhrWeinMuseum?

Die Antwort liegt in den großen Strukturveränderungen unserer von uns als modern eingestuften Gesellschaft, die auch vor den Musentempeln nicht Halt machen. Wenn bald nur noch erfolgreiche Besucherstatistiken und rege Sponsorentätigkeit über den Erhalt von Museen und die Ausstattung mit qualifiziertem Personal entscheiden, sind auch die Museumsleute gezwungen, neue Wege zu beschreiten. Das Erfolgsrezept kommt, wen wundert es, aus USA. Public private partnership – die Verknüpfung von öffentlichen und wirtschaftlichen Interessen soll den in ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten in der Regel sehr eingeschränkten Museen auf die Sprünge helfen. Dieses Rezept lässt sich nicht auf alle Ausstellungsthemen übertragen, aber gerade im Hinblick auf den Ahrwein er-schien diese Lösung naheliegend.

Denn nachdem die Realisierung eines Weinmuseums im Ahrtal immer wieder an den zu hohen Entstehungs- und Folgekosten gescheitert war, musste eine Lösung gefunden werden, die diese Negativpunkte im Griff zu behalten versprach. Der Zufall wollte es, dass, nachdem eigentlich niemand mehr an die Realisierung eines solchen Projektes geglaubt hatte, auf dem Gelände des Ahrweiler Winzervereins die ehemaligen Gastronomieräume einer neuen Nutzung zugeführt werden sollten. Die Chance wurde seitens Verwaltung und Winzerverein ergriffen, hier eine Dauerausstellung zum Ahrwein zu etablieren, die auf ideale Weise theoretische Information zur Kulturgeschichte und zur Arbeit in Weinberg und Keller mit dem sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Genossenschaftsbetrieb verbindet. Diese Verknüpfung gewährleistet exakt das, was Ausstellungsbesucher heute erwarten: Bildung in Verbindung mit Erlebnis und Spaß. Ausstellungen müssen prickeln, müssen Emotionen hervorrufen, sonst könnte schnell die Situation des abgewandelten geflügelten Wortes eintreten: „Stell dir vor, das Museum nimmt seinen Bildungsauftrag wahr, und keiner geht hin!1).

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Blick in das AhrWeinForm: Alte Weinbaugerätschaften

Museen/Ausstellungen müssen heute besucherbezogen und kundenorientiert sein.2) Dies ist insofern positiv, als es verhindert, dass das Produkt Museum mit seinen Schausammlungen, seinen Wechselausstellungen, Publikationen und Zusatzprogrammen sogenannte Blindleistungen erbringt, was betriebswirtschaftlich nichts anderes bedeutet, als dass es Leistungen anbietet, die heutzutage immer weniger Menschen in Anspruch nehmen. Will die Institution Museum nicht Gefahr laufen, in den nächsten Jahrzehnten bis auf wenige renommierte Häuser aus unserem Kulturleben veschwunden zu sein, muss es eine sicherlich nicht einfache Gradwanderung zwischen Identität und gesellschaftlichem Trend riskieren. In Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde mit dem AhrWeinForum ein Angebot geschaffen, das diese Gradwanderung wagt. Dieses ist in erster Linie Schau- und Informationsbühne rund um den AhrWein. Es steht zur Verfügung für öffentliche Veranstaltungen, Weinpräsentationen und -versteigerungen. Das Original tritt in den Hintergrund und wurde nur im Rahmen der konservatorischen Vertretbarkeit in der Ausstellung eingesetzt. Originale können im benachbarten städtischen Museum in entsprechenden Sonderausstellungen besichtigt werden. Mit dieser Zweiteilung der Ausstellungsqualität ist die Hoffnung verbunden, dass manchem Museumskritiker die Bedeutung fachlich korrekter Aufbewahrung und Ausstellung von Originalen deutlich wird.

Denn dies ist die wichtigste Aufgabe von Museen wie dem Adenauer und Sinziger Heimatmuseum oder dem Museum der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Das am 27. August 1993 eröffnete städtische Museum steht unter der Prämisse, den Erhalt und die Betreuung der wichtigsten kulturellen Zeugnisse von Stadt und Region zu gewährleisten, es kann nicht gleichzeitig die Bedürfnisse eines erlebnisorientierten Tourismus befriedigen. Dies macht sich in seiner Besucherstatistik bemerkbar, der Erlebnischarakter steht bei allen Bemühungen der Museumsleitung um die Attraktivität des Museums an zweiter Stelle.

Auch der Spielraum des Museums Roemervilla ist begrenzt. Zwar gehört die Roemervilla von der Statistik und vom Erlebniswert gesehen bislang zu den attraktivsten Häusern der Kreisstadt, doch auch sie darf sich nicht auf ihrem Erfolg ausruhen. Sonderausstellungen und dazugehöriges Rahmenprogramm bis hin zu angedachten Musikveranstaltungen sollen auch in Zukunft die spektakuläre Ausgrabung für Mehrfachbesucher attraktiv erhalten. Wie beim städtischen Museum steht die Sonderveranstaltung immer in Konkurrenz zum Original, hier den ausgegrabenen Resten eines römischen Landhauses aus dem 2./3. Jahrhundert nach Christus. Jede zusätzliche Ausstellung, jede zusätzliche Veranstaltung bleibt in dem nur äußerst begrenzt zur Verfügung stehenden Raum außerhalb des Grabungsareals ein Balanceakt zwischen Bewahrung und Vermarktung der historischen Dokumente.
Ob der Balanceakt erfolgreich absolviert werden kann oder ob in Zukunft eher qualitativ hochwertige Repliken in kulissengerechter und didaktisch optimaler Präsentation ausgestellt werden, um historische Zusammenhänge aufzuzeigen, hängt von der Wertschätzung der Besucher und der politischen Trägerschaft gegenüber dem Original ab. Ein Forum ist im Hinblick auf die Versorgung des Gastes mit erlebnisgerechten Aktionen sicherlich die angemessenere Ebene. Im Hinblick auf die zu erwartende Modernisierungswelle des Museums- und Ausstellungswesens im 3. Jahrtausend ist es sicherlich eine gerade für kleinere regional- und stadthistorische Häuser attraktive Form.

Anmerkungen:

  1. Harald Siebenmorgen: Der Museumsshop – So ist das Leben, S. 22. In: Compania Media (Hg.): Der Museumsshop. Positionen-Strategien-Sortimente. Ein Praxisführer. Bielefeld 1999.
  2. Siebenmorgen, ebenda.

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