Mit Freude und Dankbarkeit in die deutsche Einheit
Einheitsfeiem zum 3. Oktober im gesamten Kreis Ahrweiler
Detlev Kess
„Die Zeit derTeilung ist vorbei. Nunbeginntdie Zeit des Teilens“. Nach diesem Zitat des Trierer Bischofs Hermann-Josef Spital stand bei den Feiern zum Tag der deutschen Einheit am 2. und 3. Oktober 1990 sowohl im Kreis Ahrweiler als auch in dessen Partnerkreis Artern in Thüringen die geteilte Freude über das nach 45 Jahren wieder vereinte Vaterland als doppelte Freude im Mittelpunkt. Allerorten waren die Menschen von Freude erfüllt über die in Frieden und Freiheit wiedergewonnene deutsche Einheit, die den Deutschen in Ost und West einen neuen Feiertag, den nunmehr wirklichen „Tag der deutschen Einheit“ am 3. Oktober beschert.
Den Auftakt der Feiern in die deutsche Einheit bildete eine zentrale Veranstaltung in der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, zu der die Gemeinden und Städte des Kreises sowie der Landkreis eingeladen hatten. Gutes Wetter, prominente Gäste und natürlich der freudige Anlaß bescherten den Veranstaltern eine einmalige, lockere und fröhliche Feier, von deren letzten Minuten im „alten“ Zeitalter Landrat Joachim Weiler bemerkte: „Silvester ist nichts dagegen“.
Bereits beim ökumenischen Gottesdienst in der Laurentiuskirche Ahrweiler beeindruckte die große Zahl der Gläubigen in der überfüllten Kirche.
Nach dem von beiden Konfessionen gestalteten Gottesdienst hatten die weltlichen Vertreter das Wort. „Gedanken zur deutschen Einheit“ umschrieb dabei DDR-Kommunalminister Manfred Preiß seine Ausführungen. Darin brachte der Minister, der sich bereits zum dritten Male im Ahrkreis aufhielt, viel Nachdenkliches ein, vor allem aber auch Hoffnung und Optimismus für die Zukunft.
„Mit dem Mauerfall haben wir noch keine deutsche Gemeinschaft. Die muß zusammenwachsen, da muß der eine für den anderen da sein“. lautete sein Ausblick in eine gesamtdeutsche Zukunft. Manfred Preiß. der sich zu diesem Zeitpunkt noch genau drei Stunden als Minister fühlen durfte, beendete seine mit großem Applaus bedachte Rede mit einem aufmunternden Schlußsatz: „Mögen die Feuerwerke dieser Nacht über die Grenzen hinweg sichtbar sein. Alle sollten sich mit uns freuen“.
Mehrere tausend Menschen auf dem Marktplatz Ahrweiler feierten in den Tag der deutschen Einheit hinein. Dem historischen Ereignis angemessen, brachte ein Feuerwerk die gemeinsame Freude über das vereinte Deutschland zum Ausdruck.
Die Schlußworte des Ministers machten sich viele tausend Gäste auf dem Ahrweiler Marktplatz zu eigen. Sie feierten in freudiger, erwartungsvoller Stimmung der Mitternachtsstunde entgegen. Diskussionsrunden mit prominenten Gästen, unter ihnen die mehrfache Olympiasiegerin Komelia Ender, sowie die musikalische Unterhaltung sorgten dafür, daß die historische Stunde schnell näherrückte. Dann, Punkt null Uhr, wurden zum Glockengeläut die Fahnen der Bundesrepublik Deutschland, des Kreises Ahrweiler sowie die Europafahne gehißt und die nunmehr einheitliche deutsche Nationalhymne angestimmt. Ein begeisterndes Feuerwerk zu den Klängen von Händeis Feuerwerksmusik beendete den offiziellen Teil einer Feier, die noch viele Gäste zum weiteren Verweilen einlud. Ein gelungener Einstieg in die deutsche Einheit, so lautete allenthalben das Resümee der Veranstalter zu dieser „Einheitsfeier“.
Die Einladung des Kreises Ahrweiler sowie der Städte und Gemeinden im Kreisgebiet zur Einheitsfeier am 2. Oktober fand eine große Resonanz.
Der eigentliche Tag der deutschen Einheit, der 3. Oktober 1990, stand dann ganz im Zeichen des historischen Ereignisses. Überall im Ahr-kreis war die Bevölkerung eingeladen, um in Freude und Dankbarkeit der Wiedervereinigung zu gedenken.
Mit den neuen Freunden im bisher anderen Teil Deutschlands gemeinsam feiern – das war Ziel einer Ahrkreisdelegation, die an diesem 3. Oktober an einer Festsitzung des Kreistages Artern in Thüringen teilnahm. Zuvor war schon Landrätin Regina Porschel aus Artern beim vorabendlichen Einheitsfest anwesend, so daß der Gegenbesuch am Einheitstag fast schon obligatorisch war.
Kreistagspräsident Manfred Burghardt aus dem Landkreis Artern fand vor dem versammelten Auditorium von Kreistag Artern sowie Vertretern des Landkreises Ahrweiler passende Worte des Rückblicks und der Hoffnung zum, wie er es nannte, „glücklichsten Tag in der Geschichte des deutschen Volkes“.
„Die Deutschen haben friedlich und in freier Selbstbestimmung wieder zueinander gefunden – die deutsche Einheit ist vollendet“, konstatierte der ehrenamtliche Vorsitzende des Kreistages Ariern. Mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte verlangte er „Mut zum Eingeständnis des eigenen Versagens. Die Verdrängung der Vergangenheit käme einer Verfälschung der eigenen Geschichte gleich“. Wie man es versucht habe, mit dem System zu leben, umschrieb er mit den Worten: „…gegen die Starrheit und Enge haben wir unsere anderen Wirklichkeiten gesetzt, die Familie, die Freundschaft, das Hobby – wir verkrochen uns in unsere sogenannten Nischen“.
Nicht ohne Stolz betonte der Kreistagspräsident das nicht für möglich gehaltene Ergebnis des Aufbegehrens im Herbst des Jahres 1989:
„Im Reformprozeß der mittel- und osteuropäischen Staaten haben wir in der DDR eine friedliche Revolution siegreich und vor allen Dingen erfolgreich beendet“.
Partnerschaftliche Beziehungen verbinden in Zukunft die beiden Kreise Ahrweiler und Artern in Thüringen. Eine Kreisfahne, die Landrat Joachim Weiler überreichte, brachte die Verbundenheit bildhaft zum Ausdruck. Über das symbolische Geschenk freuten sich Kreistagspräsident Manfred Burghardt (l.) und Landrätin Regina Porschel.
Seine Wünsche für die gemeinsame Zukunft faßte er so zusammen, daß die ehemalige DDR-Bevölkerung „lernen müsse, selbst zu gehen, wo wir in der Ex-DDR nur am Gängelband laufen durften, geführt und verführt, unter perfekter Bewachung geleitet“.
Seine mahnenden Worte galten dem Zusammenleben der Völker, zu der auch Landrat Weiler vor einer „Nabelschau der Deutschen“ warnte.
Manfred Burghardt: „Der Zug in Richtung deutsche Einheit fährt weiter nach Europa“.