Markt in Adenau 1830:
»Straßen sind mit Vieh und Buden vollgestopft«
Dr. Peter Neu
Die Bedeutung der Flecken und kleinen Städte des Eifelraumes beruht im Spätmittelalter und zu Beginn der Neuzeit vor allem in der Tatsache, daß hier Märkte stattfanden. Bauern aus der Umgebung verkauften dort ihre Überschüsse, sie versorgten sich mit dem Notwendigsten. So legten Adenau oder Ahrweiler Wert darauf, die Marktrechte vom Landesherrn als Privilegien verbrieft zu erhalten. Aber schon vor der offiziellen Verbriefung der vier Markttage für Adenau haben wir aus dem 16. Jahrhundert für Adenau Nachricht von regelmäßigen Markttagen im Ort. Daß es bei der Zusammenkunft vieler Menschen in den oft kleinen Marktorten hin und wieder zu sehr unliebsamen Szenen kommen konnte, beweist ein sehr lebhafter Schriftverkehr aus Adenau noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
»Auf dem Kirchhof, der Pfarrkirche gerade gegenüber (bauen sie) die Kramläden auf, wo Händler auf den Gräbern verstorbener Verwandten und anderer Gläubigen ihre Waaren ausbieten.« So klagt der Bischof von Trier 1827 im Namen des Pfarrers Johann Josef Helden. Er dringt beim Landrat darauf, diese Unsitte möglichst umgehend abzustellen. Das hatte offenbar zur Folge, daß der Friedhof in den nächsten Jahren vom Markttreiben freigehalten wurde, dafür aber wurde es in den kleinen Gassen Adenaus immer enger.
Im Jahre 1834 befaßt sich der Stadtrat mit dem Marktgeschehen im Ort: »Seit geraumer Zeit wird von den Einwohnern des unteren Theiles von Adenau darüber Beschwerde geführt, daß an den Marckttagen ihre Wohnungen sowohl mit Vieh wie mit Buden aller Art dergestalt belagert und eingeengt sind, daß sie kaum dieselben verlassen und am anderen Tage des zurückgelassenen Koths beinahe nicht Meister werden können. Es ist allgemein bekannt, daß diese Beschwerde nicht allein allzu sehr begründet ist, sondern daß auch die Straßen an Markttagen so außerordentlich mit Vieh und Buden vollgestopft sind, daß man sie nur mit Mühe und nicht immer ohne Gefahr passieren kann.«
Nur ein Ausweg blieb: Ein neuer Marktplatz mußte her! So, wie sie bisher waren, konnten die Zustände in Adenau nicht bleiben. Im Jahre 1836 verlangte der Landrat die Verlegung des Markttreibens »auf die Bitz«. Den Einwohnern Adenaus aber sagte das nicht zu, da hier die Frauen ihre Wäsche bleichten. Adenauer Waschfrauen befürchteten eine starke Verunreinigung der Wiesen. Der Landrat ordnete trotz des Widerstandes an, daß »das Bleuhen dem Straßenverkehr untergeordnet« sei und daß folglich die Märkte am Wasch- und Bleichplatz abzuhalten seien.
Der Landrat aber hatte die Adenauer Frauen unterschätzt. So schnell gaben sie nicht auf. Offenbar ließen sie ihren Männern keine Ruhe, so daß schließlich die Diskussion um den Marktplatz auf eine höhere Ebene gehoben wurde: Der Koblenzer Regierungspräsident mußte sich einschalten.
»Zur Abhaltung der Jahrmärkte in Adenau, wobey sehr viel Vieh aufgetrieben wird, ist außer dem sehr beengten Marktplatz gar kein Raum vorhanden. Da der Ort von einem Bache mit hohen, steilen Ufern in seiner ganzen Länge durchschnitten wird, eigentlich nur eine einzige Straße längs dieses Baches hat, so drängt sich hier an Markttagen alles zusammen, an ein Durchkommen mit Wagen oder zu Pferde ist um so weniger zu denken, als selbst die Passage zu Fuß fast unmöglich, jedenfalls wegen der überall in der Straße zusammengepreßten Pferde, Ochsen, Kühe, Schweine nicht ohne Gefahr ist.« Aus diesem Sachverhalt schloß auch der Regierungspräsident 1836, daß unbedingt Platz für eine größere Marktfläche geschaffen werden müsse. Eine Feuersbrunst an einem Marktage müsse unweigerlich zu einer Katastrophe führen, folgerte die Bezirksregierung.
Aber woher Platz für einen Marktort in dem engen Adenau nehmen? Erst ein Unglück des Jahres 1840 führte zu einer gewissen Abhilfe: Am Marktplatz waren die Häuser der Familien Convents und Hauperich abgebrannt. Die Gemeinde nutzte die Gelegenheit und kaufte beide Bauplätze an, um damit den Markt zu vergrößern.
10 Markttage zählte Adenau 1850, bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges sollte die Zahl sich auf 20 verdoppeln; Adenau wurde zu einem führenden Marktort am Nordrand der Eifel.