Lantershofen – eine fränkische Siedlung

VON JAKOB DIEDERICH

Zu den ältesten Niederlassungen der fränkischen Siedlungsperiode im nördlichen Kreisgebiet links der Ahr dürfte ohne Zweifel der unweit vor Ahrweiler gelegene Ort Lantershofen zu zählen sein. Betrachten wir das topographische Bild, d. h. Lage und Gestalt des Dorfes, so gelangen wir zu der Feststellung, daß für die ersten Siedler bei der Wahl ihrer Niederlassung verschiedene Gesichtspunkte maßgebend waren, so u. a. das Vorhandensein von fließendem Wasser in unmittelbarer Nähe und vor allem das Bestreben, den Platz der Siedlung möglichst geschützt anzulegen. Eine solche geschützte Lage im Gelände bezeichnet man als „Nestlage“. Lantershofen weist eine typische „Nestlage“ auf. Ein Blick vom „Josefs-Kapellchen“ an der Landstraße Bad Neuenahr-Rheinbach bestätigt überzeugend diese Feststellung. In der Anlage der Niederlassung prägt sich deutlich der Charakter eines „Haufendorfes“ aus. Der Grundriß entbehrt der Regelmäßigkeit. Prof. Schlüter bestimmt diesen Typus genauer, wenn er sagt: „Manche Dörfer zeigen eine Form, die man unregelmäßig, strahlenförmig nennen kann, d. h. sie machen den Eindruck, als ob die Besiedlung von einem Punkte aus des nächsten oder künstlichen Weges fortgeschritten wäre.“ Die Vergrößerung des „Haufendorfes“ erfolgte durch peripherischen Anbau, eine Entwicklung, die noch in unseren Tagen anhält. Bei diesem Typus findet sich in der Mitte des Dorfes regelmäßig die Dorfkirche. Die Straßen laufen von diesem Zentralpunkt nach allen Richtungen. Diese charakteristischen Merkmale zeigt ohne Zweifel die Besiedlungsanlage von Lantershofen. In einer heimatlichen Studie „Beiträge zur Morphographie und Siedlungskunde des Ahrgebietes“ weist Mertens diesem Typ übrigens den größten Teil der Niederlassungen unseres Heimatgebietes zu.

Lantershofen, Kreis Ahrweiler

Die Frage nach dem Alter des Ortes, d. h. wann die erste Besiedlung stattgefunden hat, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Die erste urkundliche Erwähnung „Lantherishoffe“, datiert vom 1. Juli 1019, kann in diesem Punkte keine befriedigende Antwort geben. In diesem Jahre schenkte Kaiser Heinrich II. dem Kloster Michelsberg bei Bamberg „eine von dem rechtlos gestorbenen Giselinus ererbte Besitzung Lan-therishoffc mit sämtlichen Äckern, Wiesen, Waldungen, Weiden, Weingärten, Wasser, Wasserläufen und Hörigen“. Es ist sicher, daß eine Besiedlung viel früher stattgefunden hat. Da Bodenfunde auf der eigentlichen Siedlungsstätte bislang nicht zu Tage gefördert wurden, die wohl ermöglicht hätten, den Zeitpunkt der Entstehung des Ortes näher zu bestimmen, kann nur die Ortsnamensforschung imstande sein, das Dunkel zu lichten. Indem man die Ortsnamen auf ihre Wurzeln zurückführt und die Sprache feststellt, der sie angehören, vermag man mit einiger Sicherheit auf das Alter der Siedlung zu schließen. Dies gilt auch von den zusammengesetzten Ortsnamen auf „hoven“ oder „hofen“.

Wir wissen, daß die Ortsnamen mit dieser Endung der fränkischen Siedlungsperiode angehören. Die Besiedlung unseres Heimatgebietes geschah durch die Franken, einem germanischen Volksstamm, die gegen Ende des 4. Jahrhunderts der römischen Herrschaft am Rhein ein Ende bereiteten. Die Seßhaftmachung der Franken erfolgte zunächst in Einzelgehöften. Infolge der großen Anzahl von Hörigen kam es zahlenmäßig bereits zu ansehnlichen Siedlungen. Als Zeitpunkt der ersten Besiedlung Lantershofens kann man wohl die frühfränkische Zeit, die Zeit der Merowinger, vermutlich 6. bis 7. Jahrhundert, annehmen. Über die Namensdeutung „Lantershofen“ herrschte bis in die jüngste Vergangenheit hinein weitgehendst Unklarheit. Das Hochstift Lüttich hatte ehedem im Bereich des Ortes Landbesitz, der später durch Tausch an die Erzdiözese Köln kam. Es lag nahe anzunehmen, daß dieses Lütticher Besitztum nach dem Bischof St. Lambertus, der dort im Jahre 705 den Martertod erlitt und in der Folgezeit hohe Verehrung genoß, „Lambertshof“ benannt worden war und später diese Bezeichnung auf die gesamte Besiedlung überging. Erst in neuerer Zeit ist diese Version durch den im Bonner Raum weithin durch seine heimatkundlichen Studien und Ortsnamensdeutungen bekannt gewordenen Professor Dr. Mürckens widerlegt worden. Zur Deutung des Ortsnamens Lantershofen schreibt er: „Lantherishoffe“ vom Jahre 1019 kann nur bedeuten „Hof“ des „Lanthar“ oder „Lanther“, ein altdeutscher Familienname. Der zweite Teil des Namens „har“, „her“ (germanisch „hari,“ „heri“) bedeutet hier nicht „Heer“, sondern „Heerkrieger“, „Lanthar“ also „Landkrieger“. Der Ort hatte diesen Namen schon längst, als das Hochstift Lüttich hier Besitz erwarb. Die angenommene Grundform ist sprachlich unmöglich.“ Mit dieser Namensdeutung des Ortes Lantershofen von berufener Seite, die auf wissenschaftlicher Grundlage beruht, dürfte eine lang umstrittene Frage eine eindeutige Lösung gefunden haben.