Landrat Freiherr von Hövel
Ein Lebens- und Zeitbild von Dr. Hans Frick |
Die drei ersten preußischen Landräte des Kreises Ahrweiler Franz Freiherr von Gruben (2826-1820), Philipp von Hilgers (1820-1822) und Karl von Gaertner (1822-1840) waren grundsätzlich adelige Großgrundbesitzer. Dem vierten Landrat Peter Joseph Schraut (1842-1849), einem bürgerlichen Juristen, folgte 1849 wieder ein Adeliger, der Sproß einer alten westfälischen Adelsfamilie, der Landrat Wilhelm von Hövel..
Wilhelm Alexander Freiherr von Hövel – weitere Taufnamen: Karl, Johann, Hilarius, Benjamin -, katholisch, westfälischem Adel entstammend, kam am 12. Januar 1817 zu Herbeck, Regierungsbezirk Arnsberg, als dritter Sohn des im Jahre 1766 ebenfalls dort geborenen, späteren preußischen Kammerpräsidenten Friedrich Alexander Freiherr von Hövel zur Welt. Nach siebenjährigem Besuch des Gymnasiums Paderborn studierte er sieben Semester Rechtswissenschaft an den Universitäten Bonn und Berlin. 1840 legte er seine erste juristische Prüfung ab. Im Juni dieses Jahres wurde er dem Oberlandesgericht Münster als Auskultator (Referendar) überwiesen. Gleichzeitig war er Einjährig-Freiwilliger beim 11. Husarenregiment. Im Juni 1841 wurde er Auskultator in Arnsberg, im Juni 1843 Gerichts-Referendar. Die eigentliche Verwaltungslaufbahn begann er im November dieses Jahres, als Regierungsreferendar in Köln. Da er zwischendurch die erforderlichen militärischen Übungen gemacht hatte, wurde er 1844 Leutnant der Landwehr. Nach bestandener Prüfung war er seit August 1847 als Regierungsassessor in Köln beschäftigt. Kurz darauf, im September, heiratete er auf Haus Rath bei Düren die 16 Monate jüngere Clementine Freiin von Bourscheidt, die ihn aber 38 Jahre überlebt hat (+ Bonn 1897). Als Regierungsassessor wurde er auch im Febr. 1848 nach Düsseldorf und im April 1849 an die Regierung zu Koblenz versetzt. Bei seinem Tode am 27. Februar 1859 hinterließ er fünf unmündige Kinder unter zehn Jahren. Ein Neffe unseres Landrates Freiherr von Hövel war von 1899 bis 1910 Regierungspräsident in Koblenz. Eine verwandte Familie bewohnt heute noch das Schloß Junkernthal bei Kirchen im Siegerland. Am 12. November 1849 übertrug die Koblenzer Regierung die einstweilige Verwaltung des Kreises dem Regierungsassessor Freiherr von Hövel. Bis dahin befand sich das Landratsamt mit seinen beiden Diensträumen im sogenannten „Blankarts hof“ in der Ahrstraße, der heute der Familie Jarre gehört. Diese müssen sich bei seinem Antritt in einem sehr ungepflegten Zustand befunden haben, denn kurz nach der Amtsübernahme, am 4. Dezember 1849, meldete von Hövel . in seinem ersten Zeitungsbericht unter „Verwaltungsorganisation“: „Das landrätliche Bureau ist aus der bisherigen Spelunke in ein anständiges, geräumiges Lokal vor dem Niedertor hierselbst verlegt worden.“ Bei den neuen Räumen handelte es sich um: das heutige Haus Wilhelmstraße 6, das von einem Ahrweiler Bürger namens Rosenbaum als Hotel gebaut, dann aber im November 1857 durch Landrat von Hövel als Privathaus erworben und von seiner Familie später an seinen Amtsnachfolger von Groote verkauft wurde, dessen Erben es noch heute besitzen. In diesem Hause blieb das Landratsamt bis zum Juni 1894.
Die endgültige Ernennung von Hövels zum königl. Landrat in Ahrweiler erfolgte erst nahezu vier Jahre später. Im März 1852 baten die inzwischen gebildeten Kreisstände den Oberpräsidenten und im August des gleichen Jahres auch den Regierungspräsidenten, höheren Orts eine derartige Ernennung zu befürworten. Von Hövel selbst wurde im März d. Js. auch persönlich beim Ministerium des Innern in Berlin vorstellig und erhielt dort den mündlichen Bescheid, daß sein weiteres Verbleiben einstweilen genehmigt sei. In Koblenz zögerte man immer noch mit einem entsprechenden Vorschlag. Daher verlangte Berlin im April 1853 von der Regierung zu Koblenz ein baldiges bestimmtes Urteil über seine „Geschäftsführung, Wirksamkeit und Qualifikation für dieses Amt“. Ende November d. Js. tagte ein von dem Kreisdeputierten Borkmann einberufener Kreistag in Ahrweiler. Nach der Beratung, die für den inzwischen erkrankten Borkmann von dem ältesten Mitglied der Versammlung, Windhäuser, geleitet wurde, sandten „die Stände des Kreises Ahrweiler“ an den Minister des Innern eine „Petition um Belassung des Herrn Landrats von Hövel in seinem bisherigen Wirkungskreis“. Eine Abschrift der Petition und des Sitzungsprotokolls ging nach Koblenz.
Nach diesen Unterlagen setzte sich der Kreistag damals folgendermaßen zusammen :
a) Rittergutsbesitzer: von Bethmann-Holt weg auf Rheineck, Werner Krewel aus Vettelhoven, Kunstakademie-Direktor von Schadow zu Düsseldorf als Eigentümer des Lodenhauses bei Sinzig, Graf von Spee zu Düsseldorf als Eigentümer des Hauses Ahrenthal bei Sinzig, Graf Wolff-Metternich als Eigentümer des Hauses Heppingen.
b) Abgeordnete der Städte: Peter Josef Kreuzberg aus Ahrweiler, Bernh. Windheuser aus Remagen, W. J. Both aus Sinzig.
c) Abgeordnete der Landgemeinden: Kreisdeputierter Borkmann aus Rolandswerth, Johann Josef Lützig aus Wadenheim, Abel Berzen aus Dernau, Bernhard Wolff aus Ringen, Johann Adolf Fleischer aus Königsfeld, Johann Gemünd aus Niederbreisig, Peter Josef Senscheidt aus Westum.
Von den fünfzehn Mitgliedern waren neun erschienen. Der abwesende Graf Wolff-Metternich erklärte in seiner schriftlichen Entschuldigung, er halte die etwaige Abberufung des Landrats für einen „Übelstand“. In der Petition selbst heißt es: Die Ernennung von Hövels zum königl. Landrat habe im Kreise zunächst große Freude ausgelöst. Jedoch sei jetzt dem Kreistag zu Ohren gekommen, der Landrat solle in einen anderen Kreis versetzt werden. Die Stände seien darüber bestürzt, weil von Hövel nach ihrer Überzeugung „durch streng konservatives Wirken nicht allein dem Staate gegenüber durchaus seine Pflicht erfüllt hat, sondern auch seitens desselben alles geschehen ist, was zur Wahrung und Hebung der materiellen Interessen unseres früher so lange verwahrlosten Kreises nur geschehen konnte.“ Wenn die Kreisstände wieder, wie man höre, die Befugnis bekämen, „die Kandidaten für die Landratsämter zu präsentieren“, so hätten sie dafür keinen geeigneteren Bewerber vorzuschlagen. Tatsächlich hatte zwar der König die Ernennung von Hövels zum Landrat von Ahrweiler bereits am 17. Oktober vollzogen, der Oberpräsident aber sich aus nicht ersichtlichen Gründen gesträubt, die entsprechende Urkunde an die Regierung weiterzugeben. Erst unter dem 17. Januar 1854 erhielt diese eine Nachricht des Innenministeriums, daß die vom Oberpräsidenten geäußerten Bedenken jetzt beseitigt seien, so daß diese nunmehr die Ernennungsurkunde aushändigen werde.
Mit Wirkung vom 17. Oktober -1853 bezog der Landrat statt der bisherigen täglichen Diäten von je z Reichstalern ein Jahresgehalt von 1000 Talern und einen Zuschuß von 75 Talern. Die bisher jährlich gezahlte Aufwandsentschädigung für Büro-, Fuhr- und Lokalkosten von 5oo Talern blieb zunächst unverändert, wurde jedoch später auf 66o Taler erhöht.
Ende des Jahres 1858 war der Landrat noch in Verhandlungen um gewisse Staatsgüter eingeschaltet, die in seinem Kreise lagen. Denn eine unter dem 31. Januar 18.59 in den Monatsberichten mitgeteilte Meldung des Bürgermeisters von Altenahr besagt: „Die Domänen und Forsten, welche in hiesiger Bürgermeisterei liegen, ca. 11oo Morgen groß, sind durch Kauf resp. Tausch in die Hände der Privaten Prinz Peter von Arenberg und Graf von Wolff-Metternich übergegangen.“
Kurz darauf, am 28. Februar d. Js., mußte Kreissekretär Lorenz nach Koblenz berichten, der Landrat von Hövel sei am Abend zuvor an einer „Lungenlähmung“ gestorben. Er, Lorenz, habe die Verwaltung des Kreises übernommen.
Nach der Beerdigung, am 3. April, trat der Kreistag in Anwesenheit des von der Regierung entsandten Referenten, des Oberregierungsrats Halm, des späteren Landrates von Adenau, zusammen und über= reichte diesem eine Eingabe nach Koblenz, die Verwaltung des Kreises bis zur Ernennung eines neuen Landrats an Lorenz zu übertragen. Diese Vertretung führte Lorenz so zufriedenstellend aus, daß ihm Halm als Kommissar der Regierung bei der Einführung des neuen Landrats Rudolf Felix August von Groote am 4. Oktober 1859 vollen Dank und Anerkennung für ‚die interimistische Verwaltung aussprach, nach= dem er zuvor die großen Verdienste des verewigten Landrats um den Kreis Ahrweiler hervorgehoben hatte.
Nachstehend werden einige geschichtliche Ereignisse aus der Amtszeit des Landrats von Hövel geschildert. Diese Darstellungen fußen auf den zweimonatlichen Berichten, die der Landrat der Regierung in Koblenz einreichte.
Die Apollinariskirche in Remagen
29. Sept. 1856: „Am 26. vor. Mon. (Aug.) fand die Glockenweihe der vom Grafen von Fürstenberg-Stammheim erbauten Kirche statt. Der Graf mit ganzer Familie wohnten dem Feste bei, und der Pfarrer Knoepper vollzog die Einsegnung. Auch die Wohnung für die künftige Geistlichkeit ist vollendet und mit dem erforderlichen Meublement ausgestattet. Die Geistlichen sind aber noch nicht eingetroffen.“ 3o. Juli 1857: Am 24. März d. Js. fand die feierliche Einsegnung der von dem königl. Kammerherrn Grafen von Fürstenberg-Stammheim in Stammheim erbauten St. Apollinariskirche bei Remagen statt, und am 23. d. M. (Juli) wurde die seither in der dortigen Pfarrkirche asservierte Reliquie, das Haupt der Heiligen Apollinaris, in feierlicher Prozession und unter dem zahlreichen Geleite vieler Herren, Geistlichen und Beamten der Umgebung – unter Zustimmung des dortigen Kirchenrates – zur St. Apollinariskirche zurückgebracht und an den Grafen von Fürstenberg abgegeben.“
Der hundertjährigen Wiederkehr dieser Ereignisse wurde bereits im Jahrbuch 1958 gedacht. Hier sei nur kurz erwähnt, daß der der Grundstein zum Gotteshaus schon 1839 gelegt wurde, nachdem sich die Fundamente der damals über vierhundert Jahre bestehenden Wallfahrtskirche als morsch erwiesen hatten, daß der Neubau nach den Plänen des Kölner Dombaumeisters Zwirner 1843 vollendet war, seine Ausmalung durch namhafte rheinische Künstler, die „Nazarener“, noch elf Jahre erforderte und daß die Reliquienkirche seit der Einsegnung von Franziskanermönchen betreut wird. Gemäß dem Zeitungsbericht vom 28. November 1855 wurde die Kirche kurz vorher vom König Friedrich Wilhelm IV. und seiner Gemahlin gelegentlich ihres Besuches der Rheinprovinz besichtigt.
Übrigens ist derselbe Graf Egon von Fürstenberg-Stammheim bis zu seinem Tod im Dezember 1859 als Präsident des Verwaltungsrates während der Gründungszeit des Bades Neuenahr mehrfach auch in der Öffentlichkeit hervorgetreten.
Die Kapelle zu Reimerzhofen
Unter dem 29. September 1858 berichtete der Landrat von, einem schönen „Zug von Religiösität in dem kleinen Ort Reimerzhofen, in welchem Ort ein Bethaus fehlt. Zur Erbauung einer kleinen Kapelle schenkte ein Einwohner einen Garten als Bauplatz, und einige andere Bürger legten die Bausumme mit 271 Talern zusammen mit dem Versprechen, das allenfalls Fehlende später hinzuzufügen.“
Der „schlichte, 8 m lange und 4 m breite“ Bau kam 1860 zur Ausführung. Der Bericht des Landrats steht allerdings im Gegensatz zu den sonst im Schrifttum vorkommenden Angaben, daß der Neubau an der gleichen Stelle stehe wie eine alte Kapelle, die zwar für 1647 nachgewiesen ist, jedoch 1743 nicht. mehr vorhanden war. Dennoch soll 1804 “eine solche Kapelle vom Hochwasser zerstört worden sein. Tatsächlich wurde in Reimerzhofen keine Kapelle zerstört, weil keine vorhanden war, sondern nur im benachbarten Laach. Völlig unvereinbar mit jenem Bericht ist die Mitteilung von Strambergs, diese Kapelle sei „dank der Freigebigkeit des Herzogs von Arenberg und Grafen von Wolff-Metternich und Fürstenberg aus ihren Ruinen wieder erstanden“.
Die Gründung
einer evangelischen Gemeinde in Ahrweiler Zwei konfessionelle Einrichtungen in der Kreisstadt, von denen jede nach ihrer Art später ihre besondere Bedeutung erlangt hat, erwähnen die „Zeitungsberichte“ allerdings nicht. Dies gilt zunächst von der Bildung einer evangelischen Gemeinde in Ahrweiler, die die Vorläuferin der heute so großen Diasporagemeinde Bad Neuenahr (im November 1953 rund 3000 Seelen, davon im Amt Bad Neuenahr allein 1600) geworden ist. Die spätere Verlegung des Pfarrsitzes von Ahrweiler nach Bad Neuenahr (1874) war eine selbstverständliche Folge der schnellen Entwicklung des Badeortes.
Die alten Aufzeichnungen in der Bad Neuenahrer Pfarrchronik besagen inhaltlich: Am 9. Januar 1853 wurde durch den Pfarrer Remkhoff von Remagen der erste evangelische Gottesdienst in Ahrweiler gehalten, und zwar im Saal Houverath. Er wurde in der Regel alle vierzehn Tage wieder- holt und fand später in einem gemieteten Zimmer im Hause des Tischlermeisters August Jarre (Alten Bad) statt. Die kleine Gemeinde zählte zunächst 30 bis 40 Seelen. Im Februar 1855 erhielt sie einen eigenen Pfarrvikar in dem Hilfsprediger Heinrich Richter aus Koblenz, der eine zuerst nur von zwei Kindern besuchte Privat-Elementarschule einrichtete und für eine kleine Orgel sorgte. Die laufenden Ausgaben wurden durch Umlagen und Gaben des Gustav-Adolf-Vereins bestritten. 1857 wurde er zum Pfarrer von Gebhardshain (Kr. Altenkirchen) ernannt. Während der Vakanz bis zum Dezember dieses Jahres wurde die Gemeinde wieder von Remagen aus versorgt. Alsdann wurde der Kandidat H. Goerl aus Bonn zum Pfarrvikar von Ahrweiler-Adenau ernannt, der – wiederum nach zwei Jahren – im November 1859 ein neues Amt übernahm (Inspektor des Erziehungsvereins in Neukirchen, Kreis Moers). Während seiner Zeit wechselte der Gottesdienst zwischen Ahrweiler und Adenau. Sogleich wurde als sein Nachfolger der bisherige Kandidat Eduard Weller ordiniert, dem es bereits 186o mit finanzieller Unterstützung kirchlicher Stellen und Neuenahrer Kurgäste gelang, in Ahrweiler ein geräumiges Haus für 44oo Taler als Gemeindehaus zu erwerben. Adenau, das bis 1857 noch zur Gemeinde Mayen gehörte, schied erst 1894 aus der Gemeinde Bad Neuenahr aus, um zunächst eine selbständige evangelische Pfarrvikarie zu werden.
Das katholische Krankenhaus in Ahrweiler
Über die Gründung des heutigen „Kranken- und Waisenhauses Maria-Joseph“ in Ahrweiler besitzt das Staatsarchiv Koblenz ausreichende Unterlagen. Das betreffende Aktenstück, das seinerzeit bei der Regierung zu Koblenz unter der Bezeichnung „Betr. Kranken-Heil-Anstalt zu Ahrweiler 1855-1858″ geführt wurde, zeigt einen längeren Schriftwechsel auf, in den der Landrat von Hövel sehr stark eingeschaltet war, weil sich sowohl die Gründer wie die Regierung bis zur Beseitigung der von ihr und später auch vom Oberpräsidenten von Kleist-Retzow gemachten Einwendungen sehr hartnäckig verhielten.
Am 1o. Februar 1855 hatten ihm die Kaufleute Peter Josef Kreuzberg, Georg Kreuzberg, Johann Josef Kreuzberg und Peter Kreuzberg sowie die Wwe. W. J. Muttone, die Wwe. Johann Schäfer und „die das Handelshaus P. J. Brogsitter repräsentierende Witwe Brogsitter“ ein am z. Februar verfaßtes „Statut“ des hier zu errichtenden katholischen Krankenhauses“ mit der Bitte eingereicht, die baldige Genehmigung dieses Statuts zu erwirken. Wie der Landrat wisse, sei es erforderlich, „zur Linderung der augenblicklichen Not etwas Außergewöhnliches zu leisten“. Das sehr ausführliche, befürwortende Begleitschreiben von Hövels schildert die Angelegenheit folgen- dermaßen: Der Genehmigungsantrag gehe darauf hinaus, „auf Grundlage des gleichfalls hier anliegenden Statuts in einem zu Ahrweiler gemeinschaftlich zu diesem Zwecke angekauften Hause eine katholische Kranken-Heilanstalt unter Leitung barmherziger Schwestern aus dem Mutterhause zu Trier errichten zu dürfen. Gemäß Statut soll die Anstalt vorläufig ein Privatinstitut sein, welches auf den Wohltätigkeitssinn der Bewohner des Pfarrbezirks Ahrweiler gegründet und bestimmt ist, in ein öffentliches katholisches Institut der Pfarrei. Ahrweiler verwandelt zu werden, sobald dies die Verhältnisse gestatten. Für jetzt handele es sich nur darum, ob gegen die Errichtung der Anstalt als Privatinstitut etwas einzuwenden sei. Denn die in dem Statut behandelte Frage, ob und unter welchen Umständen der Anstalt Korporationsrechte verliehen werden sollten, liege noch nicht vor und könne bis zu einem entsprechenden Antrag verschoben werden. Gegen die Unternehmer sei „in keiner Beziehung etwas zu erinnern“. Aus dem Statut gehe auch hervor, daß sie „aus dem Betrieb der Anstalt kein Gewerbe machen“ wollten. Dessen Gestaltung biete alle erforderlichen „Garantien, da der katholische Pfarrer und der Bürgermeister geborene Mitglieder des Vorstandes“ seien, die Krankenpflege „von der bewährten Kongregation der Schwestern vom heiligen Karl Borromäus besorgt und die ärztliche Behandlung der Kranken selbstredend von den Ärzten der Stadt zu übernehmen“ sei. Gegenüber der „Einrichtung“, daß die Barmherzigen Schwestern die armen Kranken vorzugsweise in ihren Wohnungen versorgen sollen“, sah der Landrat keine Bedenken, ebenso nicht gegenüber der Absieht, demnächst mit der Anstalt eine „Verwahr- und Arbeitsschule für Kinder der arbeitenden Klasse und für „Waisen“ zu verbinden.
Vom Gebäude selbst sagt der Landrat: „Es ist das Haus des verstorbenen Kreisförsters Nebel, ist geräumig, hat die wünschenswerte Einrichtung, daß es in zwei Quartiere mit getrennten Eingängen zerfällt, und liegt an einer Seitengasse mit-. ten in einem rings von Mauern umschlosssenen Garten, welcher inklusive Hofraum fast einen Morgen groß ist. Stallung und Scheune liegen am Eingang des Hofraumes. Die für die Anstalt notwendigen Utensilien sind bereits beschafft.“
Bevor die Regierung diesen Bericht nach Berlin an den Minister für geistliche und Unterrichtsangelegenheiten weitergeben wollte, beauftragte sie den Landrat, vom zuständigen Kreisphysikus ein „medizinal polizeiliches Gutachten“ einzuholen. In dieser Eigenschaft besichtigte Dr. Oberstadt aus Remagen im März das Gebäude und erklärte es nach eingehender Beschreibung „für ein Krankenhaus in einer kleineren Stadt ganz geeignet“. Am 16. April gab auch Peter Josef Kreuzberg auf eine An= frage von Bürgermeister Clotten für seine Miteigentümer eine kulturgeschichtlich recht interessante Beschreibung ab. Darin heißt es u. a.: „Das fragliche Haus war früher Eigentum der Freih. von Grubenschen Familie, welche es zeitweise bewohnte, kam hernach in Privathände und wurde bis etwa vor einem Jahr an die ersten hiesigen Beamten vermietet . . . Es gibt in Ahrweiler außer wenigen Neubauten vor dem Tore keine Wohnungen, welche höher gestockt sind, nicht einmal die beiden ersten Gasthöfe; und das hiesige Bürger-Krankenhaus, vor nicht langen Jahren mit Genehmigung der Regierung durch Herrn Bauinspektor Nebel ganz neu erbaut (Alten Bau Nr.), hat im Erdgeschoß kein Zimmer von io Fuß (= 3,14 m), im ersten Stock keins über 1o Fuß Höhe . . . Sie wissen recht wohl, wie elend die Hütten der Armen hier beschaffen sind, worin man häufig nicht einmal aufrecht stehen kann, wo in einem kleinen Raume oft sechs; ja zehn Familienmitglieder leben müssen, und daß es vorgekommen – zur Zeit der hier herrschenden Ruhr-, daß in demselben Lokale fünf Personen ohne Pflege und Mittel, am Tode lagen und Kranke, Gesunde und Tote in einer Stube sich aufhalten mußten.“ „Die Provinzial-Oberin der Barmherzigen Schwestern hat bei ihrer Durchreise im vorigen Jahr das ganze Lokal als passend, erkannt, und darauf haben wir es angekauft.“ Er bittet um Befürwortung einer baldigen Genehmigung, da „die Kloster-Schwestern in künftiger Woche schon hier eintreffen werden und bis dahin sich nur mit der Pflege der armen Kranken in ihren eigenen Wohnungen befassen können.“
Tatsächlich trafen die Schwestern auch am 5. Mai ein. Im August schrieben die Eigentümer, sie seien offenbar mißverstanden worden, sie wollten die neue Anstalt sobald als möglich mit Korporationsrechten ausgestattet wissen, widerriefen diesen Antrag auf Vorstellungen des Landrats im April 1856 und erklärten dann doch im November d. Js hinsichtlich der Statutenänderung, sie seien nun . in die Lage gekommen, jene Rechte zu beantragen. Die nach langer Zeit erneut eingereichten Statuten – allzu oft mußte der Landrat Erinnerungen weitergeben, die von Koblenz kamen – fanden dort auch im Dezember 1857 noch keine Zustimmung. Im Juni 1858 schrieb der Vorstand des Krankenhauses, er sei nun entschlossen, die Anstalt der katholischen Pfarrkirche anzugliedern, und habe daher mit dem Kirchenrat Verhandlungen aufgenommen. Jedoch scheint der Antrieb dazu gering gewesen zu sein. Denn noch im Januar 1859 lautete die. Antwort auf eine entsprechende Rückfrage, der Antrag auf Übergabe des Krankenhauses an die katholische Gemeinde sei an den Kirchenrat eingegeben, müsse jedoch noch vom Bischof in Trier genehmigt werden. – Der Schlußstrich unter die Eigentumsfrage wurde erst im November 1862 gezogen, als der frühere „Nebelshof“ – so nennt ihn noch die im März 1855 von Kreuzberg eingereichte Geometerzeichnung – durch Schenkung an die katholische Pfarrgemeinde überging. Die Genehmigung, in der zugehörigen Kapelle „Andacht mit Expositur zu halten“, hatte der Bischof schon 186o erteilt.
P.S. Das Jahrbuch 1964 bringt in der Fortsetzung anschauliche Bilder von der ersten Eisenbahn im Kreise, vom Postwesen, von der Rheinschiffahrt, vom Apollinarisbrunnen, von dem Sinziger und Heppinger Brunnen, über die Gründung des Bades Neuenahr sowie über Bergbau und Industrie im Kreise, so daß insgesamt ein interessantes kulturgeschichtliches Bild der Zeit von 1850 bis 1860 entsteht.