Kunst am Bau zwischen Verstehen und Verständnis
Arnim Franke
Über ein Kultur- oder Kunstthema zu schreiben heißt, sich auf schlüpfriges Parkett zu begeben. Die Auffassung über oder Interpretation von Kunst entspringt zunächst einem individuellen Empfinden. Eine Art Kompaß stellt dabei die Vor- und Ausbildung dar.
Im Zeitalter einer gewissen Uniformität den rechten Geschmacksnerv zu treffen, gleicht einer Gratwanderung. So wäre es heutzutage gar nicht verwunderlich, daß vermeintlich Avantgardistisches durchaus uniformen Charakter aufweist und ein nach den Maßstäben der heutigen „Wilden“ als platitüd eingestuftes Kunstobjekt durchaus aus dem Rahmen fällt. Mit anderen Worten: Aus welchem Blickwinkel beispielsweise auch die Kunst am Bau betrachtet wird, himmelhochjauchzend oder mehr als argwöhnisch, die Gefahr, völlig daneben zu liegen, lauert überall.
Wandplastiken an den Schulgebäuden der Realschule Ahrweiler. Bad Neuenahr-Ahrweiler. von Bernhard Müller-Feyen.
Brunnenplastik von Gerd Lehnen an den Berufsbildenden Schulen in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Wie dem auch sei: Von Bedeutung dürfte wohl sein, mit welcher Einstellung der Betrachter an seine Aufgabe herangeht. So gibt das schmükkende Beiwerk am Verwaltungsbau den einen Rätsel auf, andere finden hier endlich ein Trittbrett zur Identifikation und jene mit sogenanntem künstlerischen und kulturellen Anspruch rümpfen herablassend die Nase. Für Letztere ist nicht selten von Bedeutung, in welchem Umfeld die „Kultur-Evolution“ stattfindet. Ganz einfach gesagt: Die „richtige Kunst-Szene“ finden die „richtigen Kunst-Kenner“ doch nur in den Metropolen: was soll schon auf dem Lande stattfinden.
Da paaren sich dann Unkenntnis und Arroganz bei denen, die sich standhaft weigern, das zur Kenntnis zu nehmen, was nicht in vorgefertigte Beurteilungsmuster paßt. Einige wenige sogenannte arrivierte Kunstkritiker definieren Kunst und ziehen damit die Grenzzäune, um unter sich zu bleiben – etwa nach dem Motto: „l’art pour l’art“. Kunst bleibt somit ein Tummelplatz für Eingeweihte. Der Großteil potientieller Kunstkonsumenten schüttelt nur noch verständnislos den dröhnenden Kopf ob solcher inhaltlicher, stilistischer und formaler Unverständlichkeit.
Bildungsbürgerliche Attitüde und elitäre Kompetenz bestimmen das Kunstbild und schließen damit jene aus, die durch die Begegnung mit der Kunst eine individuelle Höherentwicklung ihrer Lebenserfahrung erreichen könnten.
Was hat das mit der Kunst am Bau zu tun? Die Art dieser Kunstdarstellung findet in der Öffentlichkeit statt und ist für diese bestimmt. Tagtäglich werden die Betrachter – gewollt oder ungewollt – damit konfrontiert. Es handelt sich hierbei also nicht um das Privileg einer geschlossenen Gesellschaft.
Gegenseitiges Einfühlungsvermögen, Toleranz, aber auch Mut sind gefragt, wenn es darum geht, Kunst und Kultur sozusagen öffentlich sichtbar werden zu lassen.
Der bronzene Amtsschimmel vor dem Verwaltungsgebäude des Kreises Ahrweiler sorgte für reichlichen Diskussionsstoff – wohl mehr im positiven Sinne. Der Kreis zeigte hiermit Sinn für die „öffentliche“ Kultur, die Kultur des „Alltäglichen“; nahm sich selbst nicht so ernst und verschaffte sich somit ein besonderes „öffentliches Design“, eine Identität, mit der sich letztlich der Bürger identifizieren kann. Er, der Bürger, akzeptiert „seine“ Verwaltung als einen Teil seiner Lebensumwelt und nicht als „graue, bürokratische Obrigkeit“. Es ist überflüssig zu betonen, daß natürlich die Kunst am Bau nicht allein die ganze Verwaltungsseligkeit schafft.
Wenn die Verwaltung den finanziellen Rahmen zur Kunst am Bau „zimmert“, der Berufsverband Bildender Künstler an entsprechenden Ausschreibungen Interesse zeigt, eine Jury den nach ihrer Meinung besten Entwurf auswählt, den der Künstler/die Künstlerin allein realisieren kann. dann sind beste Voraussetzungen für das Verständnis und Verstehen gegeben.
Neben dem bereits erwähnten Amtsschimmel vor den Kreisverwaltungstoren in Ahrweiler sind weitere künstlerische Arbeiten an Schulen in der Trägerschaft des Kreises zu finden in und an der Berufsbildenden Schule Bad Neuenahr-Ahrweiler, im und am Rhein-Gymnasium in Sinzig sowie an der Realschule in Ahrweiler. Von den sechs der seinerzeit mit den Arbeiten beauftragten Künstlern kommen immerhin drei aus dem Kreis Ahrweiler: eine erfreuliche Tatsache.