Hochprozentige Geister kommen in die Flasche – Grafschafter profilieren sich mit der Schnapsbrennerei
Getreide, Rüben, Obst. Die Auswahl schien einigen Grafschafter Landwirten nicht ausreichend für eine Versorgung ihrer Lieben, denn die sollte krisenfest sein. So suchte der eine und der andere nach neuen Wegen und fand sie – nicht im, sondern beim Alkohl. Genauer gesagt: in der Schnapsbrennerei. Zwei Grafschafter machten sogar Furore mit ihren neuen Produkten: die Lantershofener Familie Schütz und die Familie Kießling aus Oberesch.
Im Falle Lantershofen ist längst Hauptsache des Betriebs, was Firmengründer Peter-Josef Schütz vor mehr als 75 Jahren als zweites Standbein für seinen Bauernhof begonnen hatte. Und Michael Kießling (56) gelang mit der Obstbrennerei, mit der er als 50-Jähriger anfing, aus dem Stand der Sprung in die Spitzenklasse. Höchste nationale und internationale Auszeichnungen sind der Beweis. Produkte und Produktionsmethoden sind in Lantershofen und in Esch teilweise verschieden. Die Anerkennung für ihr Können erfahren beide: Peter-Josef Schütz (38), Enkel des Firmengründers Peter-Josef, und der Senior-Chef vom Obsthof Kießling. Beide sind herausragende Repräsentanten der Region. Als solche durften sie sich und ihre Produkte sogar 2001 bei der hochkarätigen Veranstaltung „Wein im Schloß“ in Koblenz präsentieren – zusammen mit handverlesenen Kollegen ihrer Zunft aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz und umringt von den besten Winzern der Region.
Blick in die Eifel-
Destillerie der Familie Schütz in Lantershofen
Würziger Duft nach Salbei und Pomeranzen, Melisse, Fenchel und Anis entströmt dem Bottich, in dem der Eifelgeist sich entwickeln soll. 42 Kräuter gehören zu der geheimen Mixtur des 70 Jahre alten Standardprodukts aus dem Lantershofener Familienbetrieb. Einige Wochen lang liegen sie im Weizenbrand, geben ihre Aromastoffe ab. Beim Erhitzen verflüchtigen die sich mit dem Alkohol, werden mit ihm abgekühlt, vereint aufgefangen für den Weg in die Flasche. Seit Generationen dient der Eifelgeist in manchen Grafschafter Familien als Allheilmittel – nicht nur bei kalten Füßen, sondern auch bei offenen Wunden und einem rumorenden Magen. Wenn auch die Kräutergeister im Weizenbrand grundsätzlich nicht als Heil-, sondern als Genussmittel offeriert werden. Wer´s lieber süß und sanft mag, für den gibt´s die likörige Variante: Eifelgold.
In der Edelobstbrennerei Kießling in Esch
Liköre sind ohnehin besondere Leidenschaft des Gründer-Enkels Peter-Josef. Neben dem Behälter mit dem Kräutergeist sehen in einem zweiten bestens zugedeckten Bottich Himbeeren ihrem Ende im Weizenbrand entgegen. Ihre Farbe haben sie nach ein paar Wochen nahezu ganz an den Alkohol abgegeben. Darum rettet Schütz vor dem Destillieren einen Teil des kräftig roten Ansatzes und fügt ihn später wieder hinzu. So bleibt dem Endprodukt, das mit Wasser und Zucker auf erträgliche Alkoholprozente zurückgeführt wird, die bestechend rote Farbe erhalten.
Kräutergeist und Himbeerlikör sind nur zwei Produkte aus dem breiten Spektrum der Eifel-Destillerie in Lantershofen, die übrigens im vergangenen Jahr auch wieder den Wacholder ins Spirituosen-Sortiment aufgenommen hat. Angefangen hat die Tradition 1925, als Bauer Schütz sein landwirtschaftliches Kornbrennrecht entgegennahm, das bis heute gültig ist. Seit der Zeit wird in der Schmittstraße 3 in Lantershofen Weizen gebrannt, der auf den Feldern rund ums Dorf gewachsen ist. Derzeit zieht Vetter Reinhard Schütz das Getreide, die Grundsubstanz für Lantershofener Spirituosen.
Himbeeren hat auch Michael Kießling in Alkohol angesetzt und 14 Tage stehen lassen. Wenn er seine Destillieranlage auf 87 Grad heizt, verdampft der Alkohol mit den Fruchtaromen, der Dampf wird abgekühlt, und eine klare Flüssigkeit rinnt am Ende des Kreislaufs aus dem Röhrchen: 95-prozentiger Himbeergeist. So Hochprozentiges ist nicht zu genießen. Wasser bringt das Destillat auf die gewünschte Trinkstärke von 45 Prozent Alkoholgehalt. Als Himbeergeist bleibt das Ergebnis ungezuckert, klar und durchsichtig. Und so offenbart es sein eigentliches Wesen den Augen nicht, wohl aber der Nase, der Zunge und dem Gaumen.
Nicht der Himbeergeist hat Michael Kießling in wenigen Jahren berühmt gemacht, vielmehr Obstbrände, die er in seiner Edelobstbrennerei produziert. Lorbeeren haben ihm vor allem sein sortenreiner Apfelbrand aus Rubinette und der Klare aus Williams-Birnen gebracht. Dazu wird das Obst zermahlen und mit Hefe zum Gären angesetzt. Die Maische kommt in den Brennkessel und wird erhitzt. „Das Spiel der Temperaturen macht die Kunst des Brennens aus“, hat Kießling erfahren. Und er freut sich über seinen schnellen Erfolg: „Es zeigt doch, dass ich den Geschmack der Kundschaft treffe.“ Mit dem Absatz hat er keine Probleme: Er verkauft an die Gastronomie in der Region und an die Kunden auf seinem Obsthof.
Auch Schütz setzt einen großen Teil seiner Produkte über die regionale Gastronomie ab, bei ihm kommt der Fachhandel hinzu. Eine immer wichtigere Rolle spielt der Direktverkauf. „Es sind eben Produkte, die der Kunde im Supermarktregal nicht findet“, erklärt er. Es sind Produkte, auf die die Region stolz sein kann.