„Gruß von der Ahr“ – Bilderpostkarten vor 1900 künden von den Anfängen der Ansichtskarte
»Gruß von der Ahr«
Bilderpostkarten vor 1900 künden von den Anfängen der Ansichtskarte
Ignaz Görtz
Millionen von Ansichtskarten werden jährlich aus den Urlaubsorten an die »Lieben daheim« – Verwandte, Bekannte, Kollegen, Freunde – gesandt. Oft ist es ein kurzer Gruß als Nachricht, daß es dem Absender noch wohl geht. Häufiger gilt es, die Schönheit der Urlaubslandschaft oder des Urlaubsortes in prächtigen Farben zu zeigen.
Und diese Karten werden auch gesammelt, als Erinnerung an liebe Mitmenschen, aber noch mehr aufgrund der bunten Bilder aus der Ferne. Dabei war dieses Sammeln von Bildkarten bereits vor der Jahrhundertwende mit dem Aufkommen und der Verbreitung der Ansichtskarte in Mode, kam jedoch mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges zum Erliegen. Eine Blüte erlebte das Kartensammeln, für das eigens Alben angeboten wurden, nochmals in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts.
„Bilderpostkarten“ mit großem Feld für Mitteilungen als einfarbige Lithographie, datiert 13. August 1890(1.), und gedruckt als Photolithographie, datiert 1897 (r.)
Der Raum für Mitteilungen wird eingeengt: Bilderkarten als Farblithographie mit Ansichten von altenahr vor 1892 (o.) und den Motiven Neuenahr, Bunte Kuh und Altenahr, datiert 1898
Die meisten Sammler unserer Tage sind an älteren Ansichtskarten wegen ihres heimat- und kulturgeschichtlichen Wertes interessiert. Sind diese Ansichten von Landschaften, Orten und Sehenswürdigkeiten doch eine anschauliche Quelle für den Heimatforscher, der sich mit der Ortsgeschichte, der Wirtschafts- und Kulturgeschichte oder der Volkskunde des heimischen Raumes befaßt.
Die Ansichtskarte kann auf eine mehrais 100jährige Existenz zurückblicken. Die Anfänge der mit Bildern bedruckten Postkarten sind jedoch nicht eindeutig überliefert, ihre Entstehung hängt jedoch eng mit den postalischen Gegebenheiten zusammen. Bis zur Einführung der »Drucksachenkarte« im Jahre 1865 waren »offene Briefsendungen« zur Postbeförderung nicht zugelassen. Selbst Drucksachen wurden nur unter »Kreuzband« befördert, wobei dieser Verschluß – ursprünglich ein über Kreuz gebundener Bindfaden – meist nur aus einem Papierband bestand. Die ab 1865 zugelassene „Drucksachenkarte“ und nicht zuletzt die 1870 eingeführte »Korrespondenzkarte« ebneten den Weg für offene Postsendungen und damit für die Ansichtskarte. Denn es lag nun nahe, diese als offene Sendung zugelassenen Postkarten mit Illustrationen zu versehen, wie sie schon für Briefbögen und für im Umschlag versandte Karten üblich waren. Dabei fanden Bilderpostkarten besonderes Intresse in den touristischen Regionen, so auch im Ahrtal. Entdeckten doch die Wirtshausbesitzer, die Hoteliers und Geschäftsleute die Möglichkeit, ihr Haus und seine Umgebung werbend abzubilden. Gleichzeitig entstand eine rege Nachfrage seitens der Touristen, die von ihrer Reise oder aus ihrem Ferienort berichten und Grüße senden wollten.
Wer die erste Bilderpostkarte »erfunden« hat, ist bis heute strittig. Einer, der zu den Erfindern der Bilderpostkarte gehört und sich als solchen bezeichnete, weilte in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts im Ahrtal. Bestellteer doch per offener Bilderpostkarte, die sein Porträt mit der Bezeichnung „Hofbuchhändler A. Schwarz – Erfinder der Bilderpostkarte“ trägt, im Hotel »Winklers Rheinischer Hof« zu Altenahr »für Montag und folgende Tage ein Zimmer mit einem Bett und ein Zimmer mit zwei Betten, womöglich schön und nicht hoch gelegen.«
Die Entwicklung der »Bilderpostkarte« bis zur heutigen »Ansichtskarte« wurde von den Vorschriften der Reichspost entscheidend bestimmt. Nach den Vorgaben der Post war die eine Seite der Postkarte der Adressenangabe, der Frankatur sowie dem Abgangs- und Ankunftsstempel vorbehalten. Die Rückseite nahm die handschriftlichen Mitteilungen auf. Für das Aufdrukken von Bildmotiven blieb also die Rückseite, die außerdem noch Raum für Absenderangabe,
Farblithographie mit Ansichten von Adenau. Nürburg und Hohe Acht, datiert 1898Hofbuchhändler A. Schwarz. „Erfinder der Bilderpostkarten“. bestellt Zimmer in Altenahr
Nach photographischer Vorlage im Lichtdruckverfahren hergestellte Ansichtskarten von Remagen und Ahrweiler, datiert 1897 (o.), sowie von Rech und Mayschoß um 1899 (u.)
Grüße und Mitteilungen freilassen mußte. Dieses freie Feld ist auf den Karten um 1890 noch relativ groß, wird jedoch im Laufe der Jahre zugunsten der Ansichten eingeschränkt, davor allem die Touristen nur einen kurzen Gruß notierten. 1905 wurden dann die Postbestimmungen dahingehend geändert, daß das Anschriftenfeld nur noch die rechte Hälfte einer Kartenseite einnehmen mußte und die linke Hälfte für Mitteilungen genutzt werden konnte. Die Rückseite stand nun ganz als Bildfeld zur Verfügung. Die so fixierte Aufteilung der Ansichtspostkarten blieb bis heute unverändert.
Verändert haben sich im Laufe der Jahrzehnte die Bilddarstellungen und das Druckverfahren. Während heute die Farbfotokarte, im Vierfarbenbuchdruck oder häufiger im Offsetdruck hergestellt, überwiegt, bediente man sich bis zur Jahrhundertwende der damals für Bildveröffentlichungen üblichen Druckverfahren: Lithographie, Stahlstich, Holzstich, Radierung und Lichtdruck. Für die Orte im Ahrtal wurden die ersten Ansichtskarten als ein- oder mehrfarbige Lithographien gedruckt. Der Grund liegt nicht zuletzt darin, daß bei der Lithographie, anders als beim Stahlstich, kleinere Auflagen rentabel herzustellen sind. Aber noch vor 1900 treten neben die lithographischen Karten nach gemalter Vorlage Lichtdruck- oder Kupfertiefdruckkarten nach Originalphotographien.
Die Motivauswahl folgt zunächst den Ansichten, wie sie während des 19. Jahrhunderts als Lithographie, Stahlstich oder Holzstich von den touristisch interessanten Orten angeboten wurden. So dienen um 1850 entstandene Lithographien bei den ersten Ansichtskarten noch als Vorlage. Aber bald, schon vor 1900, entsteht – sicher eine Folge des damals bereits lebhaften Fremdenverkehrs im Ahrtals, besonders des florierenden Kurbetriebes in Bad Neuenahr-eine Vielfalt neuer Bildmotive und Motivkombinationen, die auf regen Absatz schließen lassen, aber heute nicht minder unser Interesse wecken und bei Sammlern sehr gefragt sind.