Frühling in Nonnenwerth
Frühling in Nonnenwerth
VON HERMANN COMES
Der Frühling hat mit seiner Blütenpracht das ganze Liebfrauen-Eiland Nonnenwerth verzaubert. Wo der Blick auch hinschweift: nur Grünen und Blühen. Die hohe Gestalt der Gottesmutter nimmt in den Anlagen des Inselklosters einen Ehrenplatz ein und ist von satt-grünen Rasenflächen und vielfarbenen Blumenbeeten umgeben. Ob es die Magnolienbäume in den Parkanlagen oder die wie riesige Blumensträuße anmutenden blühenden Obstbäume entlang der Gartenwege sind: es ist die Überfülle der Blüten, die den Frühling zu einem Zauberer ohnegleichen machen. Auf Schritt und Tritt bietet sich dem Besucher ein anderes Bild, das den Frühling auf dem vom Rheinstrom umrauschten Eiland in einer besonderen Weise zeigt. Nichts könnte charakteristischer für die Insel der Franziskanerinnen sein, als die durch die Blütenallee still dahingehende im Gebet versunkene Schwester. Nicht weit davon entfernt wird dem Besucher so recht klar, wie sehr das Wort „ora et labora“ – bete und arbeite — auf dieser Insel den Tagesablauf bestimmt. Während nämlich alles in voller Blüte steht und auf den großen Gartenflächen gesät und gepflanzt wird, haben Postulantinnen schon geerntet, und wer sie sieht, weiß, daß die Fröhlichkeit sie so ganz bei der Arbeit sein läßt.
Vor dem Portal der Klosterkirche schwingen die Wege durch gepflegte Rasenflächen in barocken Formen aus, und die blühenden Büsche und Bäume, die Farbenpracht der Blumenbeete, lassen den Blick zur Kirche wie eine Symphonie des Frühlings erscheinen. Vom Westen her tänzeln Sonnenstrahlen durch die hohen Fenster der Klosterkirche und tauchen den Barockaltar, der mit den ersten Frühlingsblumen geschmückt ist, in eine Überfülle von Licht. Das ist die heilige Stätte, um abseits von aller Geschäftigkeit und aller Arbeit Friede und Einkehr im Gebet zu finden. Wer aber den Frühling von Nonnenwerth mit einem Blick einfangen will, der muß hinaufsteigen zum Glockenturm und seinen Blick zum Drachenfels hinwenden. Das steinerne Kreuz vor dem Glockenturm hoch über dem Portal der Kirche ist zugleich ein Symbol dafür, daß auch, wie zu allen Zeiten des Jahres, über der Blütenpracht des Frühlings das Kreuz als ehernes Zeichen steht. Und wenn die Dämmerung sich in den Frühlingstagen über diese Landschaft zwischen den sieben Bergen und dem Rolandsbogen senkt, zeichnen sich die Silhouetten der Rheinberge pastellfarben ab, und über die glitzernden Wellen des Stromes gleiten die Schiffe dahin. Frühling auf Nonnenwerth – ein Erlebnis für jeden, der diese Zeit auf dem Eiland erleben darf.
Nonnenwerth
Foto: Walter Vollrath