Frühbronzezeitliche Fundstücke im Ahrgaumuseum
Carl-Heinz Albrecht
In der 1971 erschienenen „Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweiler“ weist Prof. Dr. Kleemann, Bonn, auf die Gruppe endneolithischer Funde hin. die nicht nur am Steckenberg, sondern auch im Bereich der Gemeinde Grafschaft und im bergigen Land der Eifel geborgen wurden.
In seiner neuesten Veröffentlichung in den Bonner Heften (1978) werden die Funde vom Steckenberg ausführlich behandelt.
Der Charakter dieser Fundstellen ist nicht eindeutig zu bestimmen. Wohl handelt es sich bei der Fundstelle Neuenahr (Steckenberg) um einen Wohnplatz mit anschließendem Grabfeld.
Von einer ausgesprochenen Siedlerschicht, einer bodenständigen Gruppe, kann noch nicht gesprochen werden. Vermutlich sind es nur Aufenthaltsplätze dieser Leute gewesen. Dennoch lassen sie einen neuen Gesichtspunkt zur Beurteilung dieser Gruppe erkennen. Es spricht einiges dafür, daß diese Leute nicht mehr hauptsächlich auf Ackerbau eingestellt waren, sondern daß für sie die Viehzucht eine größere Bedeutung für den Lebensunterhalt hatte.
Frühbronzezeitliche Tongefäße — links: becherförmiges Gefäß von braungelber Farbe, innen schwarz, breite Furchstrichlinie — rechts: becherförmiges Gefäß von schmutzigbrauner Farbe-Gruppen senkrecht gestellter Griffwarzen
Und nicht zuletzt: Die Metalle sind diesen Leuten bekannt gewesen. Sie bemühen sich, ihre Steinbeile der metallgemäßen, langgestreckten und dünnen Form der Bronzebeile anzugleichen. Diese Gruppe endneolithi-scher Funde stammt aus der Anfangsperiode der Bronzezeit im 17. und 16. Jh. v. Chr.
Die vorgeschichtlichen Funde, Tongefäße sowie Stein- und Feuersteinbeile, die in der Vitrine des Ahrgaumuseums mit wenig beziehungsreicher Beschriftung auf die Fundstelle hinweisen, sollten doch einmal in unserem Heimatkreis bekannt werden, zumal sie erhebliches wissenschaftliches Interesse gefunden haben.
In memoriam Johannes Lilienthal! Ja, Lilienthal hat diese wertvollen Funde im Gebiet des Steckenberges im ersten Jahrzehnt nach dem zweiten Weltkrieg entdeckt. So berichtet Prof. Dr. Kleemann: ,,ln der südöstlichen Ecke des kleinen Steinbruches, genauer auf der oberen Kante, fand der Museumsleiter von Ahrweiler, H. Lilienthal, der im Sommer 1947 für sein Ahrgaumuseum Ausstellungsstücke suchte, die beiden Tongefäße…“
Besondere Aufmerksamkeit verdienen diese Tongefäße, die aus einer Periode stammen, aus der im mittleren Rheinland bisher nur sehr wenig Funde bekannt geworden sind.
Es handelt sich einmal um ein becherförmiges Gefäß von schmutzigbrauner Farbe. Die Oberfläche ist glatt und mäßig glänzend. Auf einem kugeligen Unterteil sitzt ein gleich hoher, leicht ein- und auch stärker ausgeschweifter Oberteil. Der schulterartige Übergang ist durch vier Gruppen senkrecht gestellter Griffwarzen besonders markiert. Die Höhe dieses Bechers ist 14 cm und die größte Weite in der Mitte beträgt 12,5 cm.
Ein anderer becherförmiger Topf ist von braungelber Farbe. Er ist innen schwarz, mit glatter, aber stumpfer Oberfläche. Die Form ist fast die gleiche wie beim eben beschriebenen Gefäß. Hier ist allerdings der Hals schärfer eingezogen. Die Schulter ist etwas breiter. Auch Verzierungen sind an diesem Becher. So ist der Halsansatz durch eine umlaufende, breite Furchenstrichlinie markiert und vertieft. Darüber stehen kurze senkrechte Furchenstrichlinien. Die Höhe dieses Bechers beträgt 15.6 cm und der größte Durchmesser ist 17 cm.
Zu den Fundumständen dieser beiden Becher Prof. Dr. Kleemann: ..Erfreulicherweise sind die Möglichkeiten für eine Deutung der Entdeckungsumstände der beiden erwähnten Tongefäße gut. Die Fundzeit war der Sommer 1947. Das Auffindungsmoment war der Abbruch von Steinen unmittelbar unter einigen großen Quarzblöcken. Erst im Mai 1959. als die Vorbereitungen für das mehrjährige Forschungsunternehmen des Institutes in Ahrweiler begannen, erfuhr der Verfasser von den Entdeckungen. Genauere Untersuchungen von Experten haben dann im nachhinein die Fundumstände bestätigt, wie dies Lilienthal sehr hartnäckig behauptet hatte“.
Rillenbeile — links: aus grünlichem Granit scharfe Schneide — rechts: aus dunkelgrünem Basalt abgerundete Schneide
Die anzunehmenden Maße der Grabstelle — es handelt sich um eine Grabstelle, die von großen Steinen eingefaßt war — sind typisch für eine derartige Grablegung. Daß keine Knochen gefunden wurden, wundert bei der Art des Bodens nicht. Bei den Ausgrabungen des Instituts im sogenannten Ahrweiler Stadtwald ist auch in ausgewiesenen Gräbern nie Knochenmateria! erhalten gewesen. Die überregionale Bedeutung dieser beiden Becherfunde hat zu den fast gleichartigen Bechern im Neuwieder Raum eine Parallele. Diese äußerst differenzierten Varianten würden durch eine genaue Besprechung den Rahmen dieses Berichts vom Steckenberg sprengen. Es ist der bekannte Goldbecher von Fritzdorf: „Er entspricht unserem Neuen-ahrer Becher so außerordentlich, daß an den Beziehungen und der Zusammengehörigkeit kein Zweifel möglich sein dürfte“.
In der Vitrine im Ahrgaumuseum entdecken wir noch weitere vorgeschichtliche Funde. Es sind Rillenbeile aus Basalt sowie Feuersteinbeile, die wiederum in unmittelbarer Nähe des Steckenberges gefunden worden sind.
Unser Heimatfreund H. Liiienthal hat auch diese Funde gemacht. Fast mutet es wie ein Märchen an. Mit magischer Gewalt zog es ihn immer wieder in die Umgebung des Steckenberges. Im Herbst 1947 entdeckte er das große schwere Rillenbeil aus Basalt. Seine unbeirrbare Festigkeit in der Nachsuche nach Funden wurde im August 1956 durch die Auffindung von 2 Rillenbeilen, im April und Mai 1957 durch zwei Feuersteinbeile belohnt. Und alle Funde gelangten in das Ahrgaumuseum. in die Schatzkammer der vorgeschichtlichen Abteilung.
Feuersteinbeile — links: aus hellgrauem, streifig geflecktem Material — rechts: dichtes, weißgelbes Material
Fotos: Kreisbildstelle
Das große schwere Rillenbeil aus grauem Basalt ist verhältnismäßig unförmig. Viele Zurichtspuren sind erkennbar. Eine lange Trapezform mit abgerundeter Scheide mit rechteckigem Nacken. Die Schäftungsrinne ist mit kleinen kräftigen Schlägen bearbeitet. Ein weiteres Rillenbeil aus dunkelgrünem Basalt ist glatt und sorgfältig gearbeitet. Wir erkennen einen unsymetrischen Umriß mit einer runden ziemlich abgerundeten Schneide. Der Nackenteil ist dick. Ein anderes Rillenbeil aus grünlichem Granit ist besonders sorgfältig und glatt bearbeitet. Die Schneide ist fast scharf. Die Schäftungsrille ist breit.
Wir wissen, daß derartige Rillenbeile in dem Basaltsteinbruchgebiet bei Kottenheim im Kreise Mayen für die dortigen Arbeiten verwandt wurden. Welche Bedeutung können nun diese Beile für unseren Raum gehabt haben? Vielleicht waren am Steckenberg die Quarzblöcke mit den ihnen anhaftenden Mineralien interessant genug, um einmal mit dem Rillenbeil zuzuschlagen? Man könnte Gold, Kupfer oder entsprechende Materialien gefunden haben. Diese Rillenbeile passen sehr gut zu dem Fundgut der endneolithischen Periode und damit in den Anfang der Bronzezeit.
In die Sammlung der Rillenbeile fügen sich die Funde der Feuersteinbeile lückenlos ein. Wiederum war der Steckenberg das Fundrevier. Ein Feuersteinbeil ist aus dichtem, weißgelblichem, nicht reinem Material. Die Form ist fast gleichförmig viereckig. Die Schneide ist gerade. Die Oberfläche zeigt trotz Schliff noch starke Unebenheiten in den Schlagbahnen.
Ein weiteres Feuersteinbeil wurde im Mai 1957 von Waldarbeitern der Forstverwaltung Neuenahr beim Zeilenziehen für die Neuanplanzung entdeckt. Es ist ein hellgraues, streifig gepflecktes Material. Die Form ist leicht trapezförmig. Der Querschnitt ist oval. Der Nacken ist dünn und außerdem glatt poliert.
Die Feuersteinbeile gehören in die Gruppe der sogenannten westeuropäischen Silexbeile. Die Datierung vom Fundkomplex Steckenberg ins Endneolithikum / Frühe Bronzezeit scheint naheliegend.