„Euer Schulmeister kann nicht schreiben, deswegen geht auch das Schreiben bei euren Kindern so schlecht.“ – Zu den Schulverhältnissen in der Herrschaft Saffenburg im 18. Jahrhundert
„Das arme Dorfschulmeisterlein“, das in so vielen Liedern besungen, belächelt und bemitleidet wird, war in vergangenen Jahrhunderten in der Tat eine bedauernswerte Person. Von der Gemeinde oft nurfür die Wintermonate in Dienst gestellt, ohne rechte Ausbildung, ohne jedes pädagogische Grundwissen, dazu nur für einen Hungerlohn, so war mancher Lehrer im Dorf nicht selten eine verspottete Figur.
In der Aufklärung, im 18. Jahrhundert, bemühten sich manche Landesherren, Bildung auch dem einfachen Volk zu vermitteln. Im kleinen Herzogtum Arenberg läßt sich dies vor allem zur Regierungszeit des blinden Herzogs Ludwig Engelbert (1778 -1794) feststellen. Sein eifriger Statthalter Heinrich Bornschlegel bemühte sich sehr darum, in seinen Dörfern die Schulen zu fördern. Bei seinen Rundreisen besuchte er natürlich unangemeldet – stets auch die Schulen und fand gar manchen Lehrer, der seiner Aufgabe nicht gewachsen war. Kam er in eine Schule, in der weder Zucht noch Ordnung herrschte, so wies er den Lehrer zurecht. Über seine Schulbesuche berichtete er dem blinden Herzog, der meist in Brüssel lebte.
„Schulidylle“: K/assenraum der Schule Pomster in den 1970er Jahren vor der Auflösung der Schule.
Was er über das Schulsystem in der kleinen Herrschaft Saffenburg schrieb, die 1773 an die Arenberger gefallen war, soll hier zumindest in Auszügen wiedergegeben werden.
Als der Statthalter im September 1786 im Saf-fenburger Ländchen weilte, stellte er mit Bestürzung fest, daß „mehrere Kinder binnen der Schulzeit auf der Gassen herumlaufen“. Das veranlaßte ihn dazu, den Pfarrer anzuweisen, von der Kanzel herab folgendes zu verkündigen; „erstens, daß mit dem 1. November 1786 die Schul im Saffenburgischen eifriger wie bis hier betrieben und den Donnerstag nachmittag allgemein, die Ernt- und Herbstzeit aber für die größere Schulkinder ausgenommen, das ganze Jahr hindurch ohne Unterbrechung fortgesetzt werden muß.
zweitens, daß die Kleinen mit guten gleichen Bücheigen, gutem Papier, Feder und Tinten versehen zu erscheinen haben, drittens, daß Kinder von 6 bis 13 Jahr zur Schule gehen, viertens, wenn Kinder der Schul ohne Anzeig der Eltern fernbleiben, müssen die Eltern eine Bruchtenstraf von 1 Dreier zahlen.“ Der Schulmeister aber wurde angewiesen, „die Kinder mit Güte zu behandeln und bei allerfall-siger Mißhandlung mit den Eltern, besonders der Mutler, sich in keinen Wortstreit einzulassen.“
Aber trotz solcher Vorschriften, in Mayschoß verließ der Statthalter im folgenden Jahr die Schulstube sehr mürrisch und unzufrieden. Er war dort weder mit den Leistungen der Kinder noch mit dem Wissen des Lehrers zufrieden. Daraufhin schrieb er am 10. November 1787 den Schöffen des Ortes u.a.:„Euer Schulmeister, der so gewohnt ist nach seiner alten Leyerzu tanzen, und dem wenig zu Ende des Jahres daran liegt, ob seine Kinder was gelernt haben oder nicht, verliert Vorschriften, die ich ihm gegeben habe, dringt nicht auf Anschaffung ordentlicher Bücher und lasset halt so gehen wie es gehet. Mir liegt ob, darauf zu sehen, daß Eure Jugend unterwiesen wird und der Stand nützlicher Bürger (dabei) bedenke. Ich werd mich also keine Mühe gereuen lassen und auch nicht nachlassen, bis ich es mit der Jugend in Eurem schönen und guten Ländgen zu jener Vollkommenheit gebracht habe, wohn ich mehrere Schulen im Herzogtum täglich zu sehen das Vergnügen habe…. Euer Schulmeister kann nicht schreiben, deswegen gehtauch das Schreiben bei euren Kindern so schlecht. Eure Kinder werden ohne den Schulmeister schreiben lernen, wenn Ihr nur selbe mitmehre-rem Papier wie bis hiehin und mit besseren Federn versehen werdet. Macht ihnen Bücher von 5, 6 Bogen stark, so kann man sehen, wenn sie diese Bücher einmal voll geschrieben haben, ob sie sich gebessert haben oder nicht. Lasset ihnen nach beigehenden Vorschriften die Buchstaben, so wie ich es ihnen gezeigt habe, zwischen zwei Linien schön nachmalen, und Ihr werdet sehen, wie sie in kurzer Zeit zunehmen und durch vielfältiges Schreiben es dahin bringen werden, daß sie alle möglichen Druck- und alle möglichen Schriften zu lesen im Stand sind. Glaubt mir, Ihr guten Leute, und folget, es wird Euch nicht gereuen. Schicket Eure Kinder fleißig in die Schul und sagt ihnen, sie sollen vor meiner nicht bang sein, denn obgleich meine Stimme etwas laut und nachdrucksam ist, so meine ich es doch nicht übel, sondern von Herzen gut mit ihnen.“
Ob es tatsächlich so schlecht um die Fähigkeiten des Lehrers in Mayschoß bestellt war, wie diesem Schreiben zu entnehmen ist, sei dahingestellt. Auf jeden Fall aber bemängelte der Statthalter auch in zahlreichen anderen Orten die Kenntnisse der Lehrer. So traf er in Gees einen „besoffenen Schulmeister in einerso schön erbauten Schule“ an. Aber manchem Lehrer spendete er auch eine hohes Lob, so dem Lehrer in Aremberg oder seinem Kollegen Paulus Hamächer in Wershofen. Hier war er der Meinung: „Man muß den Lehrer und die Pastor in Wershofen ermutigen, denn das sind zwei sehr gute Teufelskerle, daß sie diese Hottentotten von Wershofen endlich in eine andre Art von Menschen umformen.“