Einst Grenzpunkt zwischen Ahrweiler und Neuenahr:
Das »Weiße Kreuz« und der »Weiße Stein«
Josef Müller
An der Grenze zwischen der Ahrweiler und der Hemmessener Flur, dort, wo jetzt die Auffahrt zur A 61 ist, stand früher das »Weiße Kreuz«. Vor gut 30 Jahren, es war 1954, nahm die Firma Both dieses Kreuz in ihre Obhut und gab ihm einen würdigen Platz im Schatten eines Baumes in ihren Parkanlagen. Zwar fließt heute der starke Straßenverkehr am Kreuze vorbei. Da jedoch wegen einer nahen Ampelanlage viele Autos gerade hier anhalten müssen, fällt oft der Blick der Fahrenden auf dieses alte Kreuz.
Das „Weiße Kreuz“
Bei dem früheren Platz des Kreuzes gegenüber auf der anderen Straßenseite stand auch der »Weiße Stein«, ein Quarzitblock, dem der Stein wahrscheinlich seinen Namen verdankt. Hier versammelten sich vor Jahrhunderten am 3. Mai die Ahrweiler und Bachemer Bürger einerseits und die Hemmessener, die Wadenheimer und Beuler andererseits, um die gemeinsame Grenze abzugehen und gegebenenfalls zu berichtigen. Der »Weiße Stein« war ein Grenzstein in dem langwierigen Streit zwischen Ahrweiler und Neuenahr, d. h. zwischen Kurköln und Julien und später zwischen Kurköln und Kurpfalz. Der Streit wurde erst nach zweihundertjährigem Prozeß so geschlichtet, daß vom »Weißen Stein« aus die Grenze zum Karlsberg bei Bachern verlief. Nach Norden reichte die Grenze über den Weiherberg bis dicht vor Lantershofen.
Wappen des Herzogs von Julien im Fuß des „Weißen Kreuzes“
Fotos: Kreisbildstelle
Im Jahre 1572 wird nun zum ersten Male erwähnt, daß neben dem »Weißen Stein« ein »Weißes Kreuz« stände. Im Jahre 1596 wird in dieses Kreuz das Wappen des Herzogs Johann Wilhelm von Jülich eingehauen, das in den beiden oberen Feldern den Jülich’schen Löwen zeigt. »Weißer Stein« und »Weißes Kreuz« waren dann auch lange Zeit Ziel und Raststätte der kirchlichen Bittprozessionen. Interessant sind die Ereignisse beim Grenzbegang vom 3. Mai 1656: Nach einem Bericht der Wadenheimer Bürger warteten sie am »Weißen Stein« vergebens auf die Ahrweiler Bürger. Sie bemerkten aber, daß eine Ecke des »Weißen Steines« abgeschlagen war. Nachdem sie allein den Grenzgang durchgeführt hatten und zum Steine zurückkehrten, stellten sie fest, daß noch ein weiteres Stück fehlte. Schlimmer noch war ihre Feststellung, daß das „Weiße Kreuz“ stark beschädigt worden war. Vier bis fünf Stücke des zerbrochenen Kreuzes lagen neben dem »Weißen Stein«. Nur der beschädigte Fuß des Kreuzes stand noch im Boden. Das Stück mit dem Wappen schickte man als Zeugnis dem Herzog nach Düsseldorf. Erst fünf Jahre später wird das Kreuz erneuert, denn das jetzige Kreuz weist auf der Vorder- und der Rückseite die Jahreszahl 1661 auf.
Bis zur Franzosenzeit 1794 war der »Weiße Stein« mit dem »Weißen Kreuz« ein Zeichen der Landesgrenze, zuletzt zwischen den Kurfürstentümern Köln und Kurpfalz. Seit der Franzosenzeit war der »Weiße Stein« nur noch ein Gemarkungsgrenzzeichen. Im Jahre 1857 wurde der »Weiße Stein« Grenzstein zwischen den Bürgermeistereien Ahrweiler – Stadt und Ahrweiler-Land. Aus letzterer wurde 1875 die Bürgermeisterei Neuenahr gebildet. Schließlich verschwand der »Weiße Stein«. Heute steht das über 320 Jahre alte »Weiße Kreuz« als Grenzkreuz auf der Weichbildgrenze der ehemaligen Rotweinstadt Ahrweiler und der ehemaligen Badestadt Bad Neuenahr.
Der Grund und Boden hier in diesem Grenzbereich gehörte im 19. Jahrhundert der Familie Kreutzberg, die auch das Kreuz in ihrem Wappen führt. Im 20. Jahrhundert ist die Familie Both Besitzerin dieses geschichtlichen Bodens. Sie hat das geschichtsträchtige Kreuz in den Schutz ihres Anwesens genommen, womit sie schon vor drei Jahrzehnten eine denkmal-schützerische Aufgabe übernahm.