Ein Sinziger Bürgermeisterals Menschenfreund
Wie Bürgermeister Vogel aus Sinzig armen Amerikaauswanderern 1817 in edler Weise hilft, das berichtet Landrat von Gruben am 13. Juni 1817 an die Königl. Regierung zu Koblenz:
„Einer Königl. Hochlöblichen Regierung beehre ich mich ganz gehorsamst anzuzeigen, daß der Herr Bürgermeister Vogel zu Sinzig, ein Mann, der sich seit seiner Amtsführung immer als ein in jeder Hinsicht rechtschaffener, tätiger, geschickter und musterhafter Verwalter auszeichnete, eben einen neuen Beweis seiner lebhaftesten Fürsorge zur Linderung des unglücklichen Schicksals notleidender Menschen — die er in den Gemeinden seiner Bürgermeisterei rühmlichst ausübte —, fremden, dort durchgezogenen Dürftigen erteilt hat.
In der verflossenen Nacht zwischen 10 und 12 trafen neunundachtzig Menschen, welche nach Amerika hatten auswandern wollen, aber in Gefolge von Transportzetteln und Pässen, ausgestellt durch das Königliche Landrätliche Officium in Köln mit der Bemerkung, daß sie keine Subsistenzmittel, auf die Etappenorte Bonn, Remagen und Koblenz angewiesen waren, auf Karren bei ihm ein.
Unter dieser Zahl waren viele Kinder aus jedem Alter, ohne Nahrungsmittel, ganz arm, einige krank, mehrere durch die Not ohnmächtig, da sie von Köln aus gemäß ihrer Aussage nicht mehr gespeist worden waren, sich auch nichts erbetteln durften, noch konnten, weil sie unter Bedeckung transportiert wurden.
Der Herr Bürgermeister, von Mitleid durchdrungen, ließ gleich um Mitternacht fünfzig dieser Notleidenden aus seinen Mitteln speisen. Die übrigen wurden von verschiedenen gutherzigen Einwohnern, welche der Herr Bürgermeister aufwecken und um Erbarmen für die Elenden bitten ließ, aufgenommen und gesättigt. Besonders kam man den kleinen Kindern mit Milch und sonstigen Nahrungsmitteln zu Hilfe. Von den zwei Kindern, welche bei ihrer Ankunft mit dem Tode rangen, eines von anderthalb Jahren, nahm er auch in sein Haus auf. Er ließ dasselbe durch seine Ehegattin, einige benachbarte Frauen und die Mutter des Kindes sorgfältig pflegen, allein dasselbe endete, weil seine hilflose Lage sich bereits zu sehr verschlimmert hatte, heute Morgen sein Leben. Die säugenden Weiber und die zum Gehen unfähigen Kinder ließ der Herr Bürgermeister heute unter der vorgeschriebenen Bedeckung auf Karren weiter bringen. Das edle Benehmen jenes würdigen Beamten Ew. Königl. Hochlöblichen Regierung bekannt zu machen, hielt ich für süße Pflicht. Ich verfehle nicht, Ihnen hiervon mit Erstattung meines eigenen Dankes Kenntnis zu geben und wage die untertänige Bitte, Ihn Hochdero gnädigster Aufmerksamkeit seiner sonstigen ausgezeichneten Verdienste hochgeneigtest würdigen zu wollen.
Ich werde es mir übrigens pflichtmäßig angelegen sein lassen, so erschöpft auch die Mittel der wenigen vermögenden Einsassen des hiesigen Kreises in den an die Ufer des Rheins sich anlehnenden Gemeinden sind, ihren eigenen notleidenden Mitbürgern Hilfe zu leisten, demnach die betreffenden Herren Bürgermeister zu ersuchen, alle Mühe anzuwenden, um solchen Unglücklichen, wie die befragten Auswanderer sind, die möglichste Unterstützung zu verschaffen.“