Ein neu entdecktes Bild: Auszug einer Prozession aus dem Ahrweiler Ahrtor
Ein neu entdecktes Bild:
Auszug einer Prozession aus dem Ahrweiler Ahrtor
Prof. Dr. Bernhard Kreutzberg
Bei dem hier abgebildeten Aquarell handelt es sich um ein Werk des aus der Düsseldorfer Malerschule stammenden Künstlers Jakob Fürchtegott Dielmann. Das Werk war ehemals Besitz der berühmten Düsseldorfer Künstlerfamilie Schroedter, kam dann über den Neußer Kunstkritiker August Gotzes in die Familie Kreutzberg nach Ahrweiler. Es ist bisher der Öffentlichkeit nicht vorgestellt worden. Es trägt zum Wissen über das Ahrweiler Leben in der Mitte des 19. Jahrhunderts bei.
Der Künstler Jakob Fürchtegott Dielmann war geboren in Sachsenhausen bei Frankfurt/M. am 9. September 1809 und starb in Frankfurt/M. am 30. Mai 1885. Von 1825 bis 1827 war er Schüler des Städelschen Instituts in Frankfurt. Danach arbeitete er in der lithographischen Anstalt von J.C. Vogel. 1835 erhielt er ein Stipendium des Städelschen Instituts und kam nach Düsseldorf, wo er bei dem bekannte Landschaftsmaler Johann Wilhelm Schirmer seine Weiterbildung fand. 1841 kehrte er nach Frankfurt zurück. In den sechziger Jahren siedelte er nach Kronberg im Taunus über und gründete dort die sogenannte Kronberger Malerakademie mit dem Maler Anton Burger. Die letzten Jahre seines Kunstschaffens waren von Krankheit überschattet, und so konnte er seine Vollendung nicht finden. Seine Arbeiten verraten wenig den Lehrmeister. Seine Motive entnahm er meist dem kleinbäuerlichen und bürgerlichen Leben, denen er besondere Reize abzugewinnen verstand. Etwa 20 Lithographien und eine Radierung sind von ihm bekannt. Dielmann lithographierte die Zeichnungen in dem rheinischen Sagenkreis von Adelheid Stolterfoth, Er war auch an den Illustrationen von Robert Reinicks „Lieder eines Malers“ beteiligt.
Als Höhepunkte im Kunstschaffen Dielmanns gelten seine Arbeiten um 1850, die sich dem kleinbürgerlichen Leben widmeten. In diese Zeit ist auch das hier vorgestellte Bild zu datieren. Neben den 20 Lithographien sind 200 Aquarelle in meist kleinerem Format von ihm bekannt, daneben fünf Ölgemälde, und einige Oelskiz-zen. Viele seiner Werke haben gerade für den heutigen Natur- und Kunstfreund noch manches Wertvolle zu sagen, um unser Wissen über Heimat- und Volkskunde zu bereichern. Das kleine Aquarell stellt eine Prozession auf dem Wege zum Kalvarienberg in Ahrweiler dar. Die Teilnehmerdurchschreiten den Ort und das Ahrtor. Im Hintergrund links sieht man in künstlerischer Freiheit versetzt den Turm der Lauren-tiuskirche vor den Bergen des Ahrtals. Rechts im Bild das Ahrtor mit Teilen der Stadtmauer und Bitzenturm. Links außen schaut man auf die Station des Leidensweges Christi. Auffallend sind die sogenannten Krabben auf der Dachseite. Dieses Detail entspricht dem bisher im Ahrtor eingemauerten Relief, welches 1992 zur Restaurierung ausgebaut wurde und später im städtischen Museum Bad Neuenahr-Ahrweiler seinen entgültigen Standort finden soll.
Neu entdecktes Bild von Jakob Fürchtegott Dielmann: Auszug der Prozession zum Calvarienberg aus dem Ahrweiler Ahrtor.
Von besonderem Interesse sind die Gestalten, die in der Prozession einherschreiten. Nach der Tracht zu urteilen, handelt es sich um Männer und Frauen aus dem Ahrtal, die den Bittgang machen. Voraus schreitet ein Bauer im blauen Kittel. Er trägt ein Kreuz auf der Schulter. Den Hut hat er auf den Rücken gehängt. Im Mund hat er eine Pfeife, ein Zeichen, daß er mit dem Beten aufgehört hat. Darauf deutet auch ein zweiter Kreuzträger hin, der ebenfall seine Pfeife raucht. Es scheint also eine Pause im Gebet eingetreten zu sein, was auch die übrigen Teilnehmer andeuten. In ihren bunten Gewändern bieten die einzelnen Gestalten ein gutes Bild der damaligen Trachten.
Der Arbeitskreis zur Förderung der Trachtenkultur des Ahrweiler Heimatvereins hat mit lebhartem Interesse die hier abgebildeten Figuren Studien. Der etwa knielange blaue Rock und der schwarze Zylinder des Prozessionsführers waren damals üblich. Interessant dürfte auch sein, daß im rechten Drittel des Bildes offenbar der Schützenhauptmann oder ein Zugführer mit Federbusch auf dem Kopf den Zug begleitet. Dies wäre die erste Darstellung eines Ahrweiler Schützenoffiziers.