Ein Jahrhundert Schloß Sinzig
VON WILHELM KNIPPLER
Das Sinziger Schloß war hundert Jahre lang von hoher Einfriedigung umgeben, von starken schmiedeeisernen Toren geschützt, Park und Schloß waren eine Welt für sich. Von dieser Welt will ich schreiben; denn sie war ein Jahrhundert lang hier lebendig, sie reicht aber weit zurück in Vergangenes, und sie ist heute noch recht spürbar, denn die heutigen Repräsentanten der Namen, die uns begegnen werden, wirken tatkräftig mit an der Bewältigung der Gegenwart. Im Jahre 1806 wurde das Ruinenfeld des im Jahre 1688 zerstörten Schlosses der Herzöge von Jülich-Berg an die Herren Broicher und Hertgen verkauft. Auf der Katasterkarte von 1827 erscheint Karl Josef Hertgen, ein Sohn des Justizrates, als Besitzer. Prof. Dr. Peter Zcpp berichtet 1941 im Kreisjahrbuch, daß die Enkel des Justizrats Heinrich Josef Hertgen in dem „bezaubernd schönen Garten und der alten Schloßruine“ zur Ferienzeit herumtollen konnten. Die Katasterkarte zeigt noch genau die Lage der Weingärten und der fünf Fischteiche rund um die Ruine.
Im Jahre 1853 wurde das Ruinenfeld des verstorbenen Karl Hertgen erworben von dem jungvermählten Ehepaar Gustav Bunge und Adele Bunge, geb. Andreae, deren Eltern auf dem Helenaberg fünf Jahre zuvor eine neue Heimstatt gefunden hatten. Von 1857 bis 1858 erbaute man das Schloß nach dem Plan von Baurat von Statz. Der Park und die Umgebung wurden nach Weisungen des Gartenbaudirektors Peter Josef Lenne gestaltet, an den der Gedenkstein neben der Schloßterrasse erinnert.
Ein eindrucksvolles Bild führt uns unmittelbar in die Familie des Schloßerbauers, der in jenen Jahren von Holland nach Köln zugezogen war. Das Gemälde gehört zu den Fresken, die Prof. Karl Christian Andreae (1823 bis 1904), der bekannte Maler der Nazarenerschule vom Helenaberg/Sinzig, etwa 1865 im Turmzimmer des Schlosses – heute Standesamt-Trauzimmer – gemalt hat. Es hält den Augenblick fest, da eine Familie, außer den Eltern noch vier Töchter und ein Knabe, ein Schiff verlassen und kölnisches Ufer betreten. Der Turm von Groß St. Martin dominiert im Hintergrund. Am Rheinufer herrscht geschäftiges Leben. Die in Köln angekommenen Personen will ich zunächst vorstellen, denn das sind ja d ie späteren Sinziger Schloßbewohner. Es handelt sich um den Kaufherrn Gustav Bunge, in Amsterdam geboren und später in Köln geschäftlich tätig, und seine Gattin Adele Bunge, geb. Andreae, aus Mülheim am Rhein, kurz vor der Jahrhundertwende in Sinzig verstorben, die Schwester des Freskenmalers. Dazu gehören die Töchter Johanna, ab 1872 verheiratet mit Ernst Koenigs, Adele, im gleichen Jahre verheiratet mit Otto Meurer, Agnes, die spätere Frau Moritz Hasenclever und Klara, die spätere Frau Richard Koenigs, schließlich der Sohn Gustav Bunge, später Fabrikant in Hönningen (Rhein) und verheiratet mit Antoinette Osterrieth.
Fügte man noch die Eltern Andreae, Karl Christian Andreae und Johanna Theresa, geb. Rhodius, seit 1848 wohnhaft auf Helenaberg, hinzu, dann wären sieben Familiennamen genannt worden. Machten wir uns die Mühe, die Schicksalslinien dieser sieben Namen zurückzuverfolgen bis etwa 1700, so fänden wir uns ohne Führung in dem Labyrinth von Namensüberschneidungen und -Wiederholungen und Heiraten innerhalb der gleichen Namen nicht zurecht. Ich benutzte deshalb als Wegweiser C. Scheibler/ Dr. Wülfrath, „Westdeutsche Ahnentafeln“, Weimar 1939.
Vereinfachen wir unsern Versuch und bleiben wir bei Familie Andreae, die in Sinzig seit 1848 beheimatet war, die auch den Anstoß brachte, daß Familie Bunge im Jahre 1853 hier in Sinzig Fuß faßte!
Familie Andreae als Beispiel für die „Mülheimer“
Ihre Vorfahren waren seit Beginn des 17. Jahrhunderts in Straßburg und seit 1653 in Frankfurt (Main) Buchdrucker von europäischer Berühmtheit. Prof. Andreae weist auf diese Herkunft hin in den Vignetten am Fuß des Turmzimmerfreskos, worin er au ßer-dem Beziehungen aufzeigt zum Großhandel, zur Wissenschaft und zum religiösen Bekenntnis. Wegen dieses Bekenntnisses waren damals viele Kaufleute und Gewerbetreibende nach Westdeutschland eingewandert. Nach 1648 zogen viele Protestanten von Antwerpen, das an die Niederlande gefallen war, in die Reichsstadt Köln. Da dort aber der Kleinhandel den Zugewanderten untersagt war, mußten diese sich dem Großhandel oder der Manufaktur zuwenden. So errichtete auch Christoph Andreae, der von Frankfurt nach Köln gekommen war, dort 1687 eine Leinen- und Seidenbandfabrik. Als die Kölner Zünfte dann durch die „Beisassenverordnung“ . den Protestanten ein Arbeiten nahezu unmöglich machten, erhoben die Benachteiligten schärfste Beschwerde. Nun wurden zehn der vornehmsten evangelischen Familien aus Köln ausgewiesen. Alle verzogen auf die andere Rheinseite ins „Ausland“ nach Mülheim. Am Schicksal dieser in sich verschwägerten Gruppe zeigte sich der Unterschied zwischen einer den Zünften sich beugenden Politik „geschlossener Stadtwirtschaft“ und merkantilistischer Territorialwirtschaft. Die in die bis dahin unbedeutende „Freiheit“ Mülheim im Herzogtum Berg abgewanderten protestantischen Großkaufleute und Manufakturisten mit ihren Handelsbeziehungen zum Niederrhein und den Niederlanden machten Mülheim für Köln zu einer mächtigen Konkurrenz. Der Enkel des obengenannten Christoph Andreae errichtete unter gleichem Namen in Mülheim 1762 die Samt- und Seidenbandfabrik, die den Namen Andreae in Europa bekannt machen sollte. „Was die von der Leyen für Krefeld bedeuten und was der Schwiegervater von Christoph Andreae, Johann Heinrich Scheibler (1705/65) als Begründer der Monschauer Feintuchindustrie leistete, das tat er selbst für Mülheim.
Foto: Kreisbildstelle
Ankunft der Familie Bunge in Köln
Er prägte, wie diese, das Gesicht einer Stadt für ein ganzes Jahrhundert.“ (Scheibler.) Mülheim heißt der Zauberkreis, der einige Familiengruppen umschloß und bis heute umschließt. Nur einige Beispiele: Chr. An-dreae heiratete M. Chr. K. Scheibler aus Monschau, Thomas Daniel Andreae heiratete M. Th. Scheibler, dagegen Heinrich Scheibler aus Krefeld Mathilde Andreae; C. Chr. Andreae heiratete Joh. Therese Rhodius und C. Chr. Rhodius Luise J. Carstanjen.
Wie schrieb der Dichter Ludwig Mathar über die Monschauer Tuchfabrikanten? „Das ist eine durch die Bande der Verwandtschaft eng abgeschlossene Gemeinschaft. Ja, die sind verbunden wie die Kletten.“ Das galt für Monschau und ebenso für Krefeld und für Mülheim.
Ein Lyoner Zweigbetrieb der Firma Andreae wurde Opfer des ersten Weltkrieges, das Hauptwerk in Mülheim behauptete sich bis zum Bombenregen des letzten Krieges. In Viersen-Süchteln aber lebt die Tradition weiter.
Ein Enkel des Fabrikgründers von 1762 war der Maler Prof. Carl Christian Andreae, dessen Eltern Helenaberg gekauft hatten. Seine Kinder heirateten wieder in die Familien Rhodius, Osterrieth und Bunge, womit wir wieder angelangt sind beim Ausgangspunkt, den Bewohnern des Sinziger Schlosses.
Die Familien Bunge-Koenigs
Die Schloßerbauer Bunge-Andreae und die folgenden Kreise der Familie Koenigs sind der Wesensart nach, gemäß ihrer religiösen Einstellung und ihren Arbeitszielen, ihrem ganzen Lebensstil nach absolut übereinstimmend und gleichgerichtet mit den Familien Rhodius, Meurer und Scheibler, wenngleich auch Familie Koenigs in Köln ursprünglich dem liberalen Katholizismus angehörte. Um die Lebensart dieser Menschen verstehen zu lernen, mußte ich im vorhergehenden Kapitel zeitlich und familiengeschichtlich so weit ausholen. Zur Silberhochzeit der Schloßerbauer im Jahre 1875 vereinigte die Feier alles, was zum großen Familienkreis gehörte. Das Barbarossastandbild, jetzt in den Anlagen am Schießberg aufgestellt, erinnert an diesen Tag, ebenso die herrliche Blutbuche im Schloßpark.
Foto: Kreisbildstelle
Gustav Bunge
Ein schönes Bilddokument zeugt von einem späteren Treffen der Familie Bunge-Koenigs am Ende der 1890er Jahre, das wieder die gleichen Namen zusammenführte: Andreae, Bunge, Koenigs, Meurer, Hasenclever, Steinkauler und Osterrieth. Um 1910 hatte sich der Bewohnerkreis ganz auf Familie Koenigs konzentriert. Man sprach allgemein von „Schloß Koenigs“.
Das Zeugnis des Grafen von Kalckreuth
Für diese, uns nahe Zeit um 1910 haben wir einen Einblick in die in Sinzig beheimateten Menschen durch Johannes von Kalckreuth, den Sohn des Malers. Er schreibt in seinem Buch „Lebensbild des Malers Graf Leopold von Kalckreuth“ (Hamburg, 1967) über „Sinzig, die Familie Koenigs“: „Der Auftrag, Frau Johanna Koenigs zu porträtieren, hatte den berühmten Bildnismaler hergeführt. Er hatte nicht geahnt, daß er damit in ein ganzes Wespennest von Bildnismöglichkeiten und -auftragen geraten würde. Denn die Koenigs waren eine zahlreiche Familie und verfügten über eine noch zahlreichere Verwandtschaft. Auch war das Bildcrsammeln bei ihnen erblich. Vom Onkel Felix, dem Bruder des verstorbenen Vaters Ernst Koenigs, könnten die Biographien Klingers und Segantinis (Maler der Jahrhundertwende) berichten. Die Koenigs kamen dem Ideal Lichtwarks (Leiter der Hamburger Kunsthalle) einer künstlerisch gebildeten Bürgerfamilie nahe.
Foto: Kreisbildstelle
Adele Bunge, geb. Andreae
Von den Mitgliedern der Familie war der jüngste Sohn, Franz Koenigs, seine einfache, charaktervolle Art, Kalckreuth fest ans Herz gewachsen. Dieser war Direktor im Schaaffhausenschen Bankverein Köln, später Teilhaber von Delbrück in Berlin, Delbrück = von der Heydt in Köln, Rhodius = Koenigs in Amsterdam.“ Die wenigen stichwortartigen Hinweise mögen ein wenig ahnen lassen von den vielfältigen und weitgespannten Verbindungen des Hauses Koenigs und seiner Verwandten. Joh. v. Kalckreuth fährt fort: „Im Nebenberuf war Franz Koenigs einer der instinktsichersten, kenntnisreichsten Kunstsammler seiner Zeit. Kalckreuth spürte, daß es sich bei Franzens Sammlertätigkeit nicht um Geschmäcklertum oder Snobismus handelte, sondern um eingewurzeltes Bedürfnis und Verständnis, um angeborenen Sinn für Niveau und erworbene Kennerschaft. Er war das Gegenteil eines Bildungsphilisters. Angesichts fremder Not und fremden Unglücks fühlte er so heftigen Kummer, wie das nur einem guten Menschen verliehen ist. Der Kummer spornte seine Güte zur Tat.“
In freundlicher Weise werden die vier weiteren Koenigs-Kinder geschildert, „der Landwirt Karl, der gütige, kluge Chemiker Ernst, dazu Schwester Eise, eine sehr liebe Person, verheiratete von Wedderkop, und die kluge Gefährtin des alten Kalckreuth Adelheid, Malschülerin von Lovis Corinth“. Ihr Porträt von der Hand Kalckreuths hängt in der Schloßgarderobe. Zwei Brüder Koenigs heirateten Töchter des Malerprofessors von Kalckreuth.
Joh. v. Kalckreuth schließt seinen Bericht so:
„Zu diesen fünf Geschwistern kamen noch die Verwandten Bunge und Rhodius. Man sieht, wie erfolgreich der Menschen-Fischzug gewesen ist, den der Maler am Rhein machte.“
Daß Schloßjahrhundert geht zu Ende
Meine eigenen Erinnerungen an Schloß Koenigs führen zurück in die Zeit vor dem letzten Krieg. Da sind mir unvergeßlich die stimmungsvollen Konzerte, die im Turmzimmer gespielt wurden, meist Streichtrios oder Quartette zu denen Familie Koenigs die Sinziger Bürger einlud. Die Rückwand
des Turmzimmers beherrschte in jenen Tagen noch Segantinis Meisterbild „Ave Maria auf dem Wasser“. Zu diesem berühmten naturalistischen Gemälde schreibt ein Kunstkenner jener Zeit: „Dieses Bild entstand zu Beginn der künstlerischen Reife. Wundervoll ist die Stimmung der Gebetsstunde. Wie das Angelusläuten, das von dem fernen Kirchturm herübertönt, mit seiner feierlichen und innigen Mahnung die zwei Menschen in dem Kahn tief ergreift, ist mit hoher Kunst zum Ausdruck gebracht.“ Das Bild befindet sich heute in der Schweiz, aber Franz Steinborn hat eine gute Kopie geschaffen, auf der man die Lichtkreise Segantinis noch bewundern kann. Am 11. Juni 1939 vereinigte ein Familientag noch einmal den großen Kreis der Sippe Koenigs im Sinziger Schloß, kurz bevor der Krieg eine gewaltige Zäsur brachte. Überblicken wir aber vorerst nochmals die Vergangenheit der verwandten Sippen! -Zweihundertfünfzig Jahre lang hatten die angeführten Familien durchweg namhafte Persönlichkeiten hervorgebracht. Man kann drei Entwicklungszeiträume bemerken. Im ersten begegnen uns evangelische Pfarrhäuser, so in den Familien Scheibler und Bunge. Andere stammen ab von Gewerbetreibenden und Kaufleuten. Danach wandten sich viele den Textilmanufakturen zu. Zweihundert Jahre lang behaupten sie sich schon in dieser Branche. Der „Velvet Andreae“ ist heute noch ein Begriff in der Samterzeugung. Um die Orte Mülheim, Monschau, Krefeld, Elberfeld, Lennep, Dülken und Süchteln schloß sich ein Familieninteressenkreis, wenn ich auch nicht für alle Orte in diesem gedrängten Bericht Vertreter der Familie benennen konnte. Im 19. Jahrhundert vollzog sich wieder ein Berufswechsel, und so begegnete man damals und bis heute den Sippenmitgliedern außerhalb des Textilbereichs als Grundbesitzer, Bankier (Rhodius, Koenigs, vom Rath, Deichmann, Meurer) als Chemiker und Industrieller (Scheibler, Rhodius, Koenigs) oder als Mediziner. Bei der Familie Bunge – Koenigs im Schloß Sinzig verfolgten wir nur die dritte der geschilderten Entwicklungsphasen.
Foto: Kreisbildstelle
Ernst Koenigs
Die „Mülheimer“, die aus Köln vertrieben waren, haben Köln zurückerobert, nicht nur als Geschäftsleute und Bankiers. Lesen wir nach im Merianheft „Köln“ von 1960: „Im Kampf mit Düsseldorf konnte man in den dreißiger Jahren die Sammlung Carstanjen mit ihren herrlichen Bildern von Kernbrandt, Hals, Murillo und Cuyp gewinnen.“ Carstanjen war „Mülheimer“ und versippt mit Rhodius und vom Rath.
„Wie man ein Museum zustande bringt, dafür gibt es hier Lehrbeispiele. Also: Man nehme einen Stifter, in diesem Falle den Geheimen Kommerzienrat Otto Andreae, und baue seinem Wunsche gemäß, so geschehen im Jahre 1895, ein Museum für Kunst und Gewerbe.“ Otto Andreae war „Mülheimer“ und der Bruder unseres Malerprofessors vom Helenaberg und von Frau Adele Bunge aus dem Schloß.
Foto: Kreisbildstelle
Johanna Koenigs, geb. Bunge
So die Lebenden! Die toten Mülheimer aber blieben auch beisammen, nämlich im Frieden von Köln-Melaten. Der Nachruf für einen Lehrer, Prof. Dr. Boss, der in den Häusern Koenigs und Meurer unterrichtet hatte, lautete: „Er war Humanist und Menschenfreund.“ Seine Schüler dürften, glaube ich, vieles von ihm übernommen haben.
Fünf Namensträger der Familie Koenigs forderte der letzte Krieg. Die wenigen Jahre von 1941 bis 1949 rafften noch fünf weitere Familienmitglieder dahin. Zehn Menschenverluste in acht Jahren! Dazu verloren zwei Familien ihre Existenzgrundlage im deutschen Osten. In der grausamsten Not wurde Sinzig, das ursprünglich besonders als Ferien- und Erholungsort gedacht war, zum Sammelpunkt und Startplatz für neues Leben. Denn die Überlebenden haben nicht resigniert, wenn auch bittere Opfer gebracht werden mußten und an seelischem Leid unendlich viel zu tragen war.
Adel der Gesinnung zeigt sich im Elend. Wären die enttäuschten Hinterbliebenen der Schloßbewohner vom Materialismus unserer Zeit angekränkelt gewesen, dann hätten sie vielfach Kapital aus ihren Grundstücken in Sinzig schlagen können. Dann hätten aber nicht so viele Wohnhäuser auf Koenigs-Besitz gebaut werden können. Dann stünde auch nicht die evangelische Kirche in der Beethovenstraße.
Für mich gibt es, rein menschlich gesehen, eine ergreifende Gegenüberstellung: das schöne Porträt einer strahlendjungen Frau, Eise von Wedderkop-Koenigs, bei Frau Hanna Meurer auf dem Helenaberg – und ihre Grabstätte in Oberbreisig, die an Einfachheit nicht zu überbieten ist, symbolhaft für die Haltung einer ganzen Familie! Sinn des Lebens und Vertrauen auf das Jenseitige meißelte Hanna Cauer aus der Kreuznacher Bildhauerdynastie in das Denkmal, welches das Grab von Frau Bertha Koenigs, geb. Gräfin von Kalckreuth, auf dem Sinziger Friedhof ziert, eine ins Relief übersetzte Mahnung Goethes: „Wir heißen euch hoffen!“
Im Jahre 1954 wurde Schloß Koenigs und der zugehörige Park von der Stadt Sinzig käuflich erworben.
Jeder Besucher kann aber auch heute noch spüren, was J. v. Kalckreuth so ausdrückte: „Das Haus gab den Blick zu weiten Horizonten frei, und dieser Blick folgte dem Lauf des breiten, meerwärts fließenden Stromes. Die einst so bewegte niederländische Geschichte vibrierte in des Hauses heimlichen Stimmen, den flüsternden Dielen, klirrenden Gläsern und knarrenden Schränken nach. Die deutsche, bürgerliche Biedermann-Fassade, so gut sie dem Hause anstand, verbarg reiche Hintergründe und öffnete Perspektiven in entlegene Räume und ferne Zeiten.“
Wo früher Feudalherren, die Markgrafen von Jülich, 1337 eine Wasserburg errichteten, wo später 1570 der Herzog von Jülich-Berg durch Pasqualinis Umbau ein Schloß erstehen ließ, das im Reunionskrieg 1688 französische Truppen zerstörten, wo zweihundert Jahre danach 1856 ein neues Schloß erbaut wurde, in dem Kaufherren und Kunstmäzene sich vom Alltag erholten und schöngeistige Gespräche führten, umgeben
von froher Jugend, die auf die höchsten Bäume kletterte, da tagen seit 1954 und heute die Sinniger Stadtväter, im Turmzimmer geben sich junge Menschen das Jawort, und in den oberen Räumen hat das Stadtmuseum schöne Heimstatt gefunden, nicht nur zu Nutz und Frommen der Bürgerschaft, sondern auch als pietätvolles Denkmal für Familie Koenigs und ihren großen Sippenkreis.