Ein Haus zum Wohlfühlen
Das Beispiel der Eifel- und Johanniterstadt Adenau
Harry Lerch
Wie ein Ensemble stehen Komturei und Kirche nebeneinander
Foto: H Esch
Es ist nun völlig in Gebrauch genommen, ist eine Heimstatt geworden für die Eifel: die Komturei der Johanniter. Hier klingt Kammermusik. Hier sind die Gemeinschaften zu Haus. Hier haben die Senioren ihren Treff. Die Pfarrgemeinden finden sich zusammen – es ist Kommunikation an jedem Tag! Wie es drinnen aussieht, wie sich das Haus mit Leben gefüllt hat, beschreibt unser Bericht.
Die Füchse und die Biber, die Motten und die Gespensterclubs beherrschen die Szene. Kein Raum ist vor ihnen sicher in der Komturei der Johanniter. Das klingt wie eine Schreckensnachricht, als sei der Zustand von vor zwei, drei Jahren wieder da, als der Wind durch Fenster und Mauern pfiff.
Die Füchse, Biber, Motten und die zwei Gespensterclubs sind die Jugendgruppen der kath. und ev. Jugend, zu denen noch die Leos, die Falken und Panther kommen. Gut undgerne können sechs „Clubs“ in der Komturei zusammenkommen — da ist noch immer Raum für die Wochenenden der Konfirmanden unterm Dach. Das ist durchaus kein „unterm Dach, juchhee“ sondern da oben sind acht fabelhafte Zimmer für je drei Personen, mit Dusche und WC. Hier ist manchmal die Zusammenkunft künftiger Konfirmanden als Vorbereitung für den Tag, an dem sie mündige Christen werden.
Überhaupt ist die Komturei stets belegt. Wir gehen durchs Haus. Im Keller klopft das Pingpong der Tischtennisbälle. Drüben ist gerade am Kicker das große Meisterschaftsspiel Bayern München gegen Mönchenglad-bach im Gange. Scharfe Schüsse, die Tormänner hechten in die Ecken!
Im kleineren Saal des Erdgeschosses tagt soeben „der ökumenische Rat“, genauer gesagt das Kuratorium für die Komturei mit dem evangelischen und dem katholischen Pfarrer von Adenau.
Ihrem Tagungszimmer gegenüber ist ein Saal für etwa 40 Personen, und hier ist in der Schranknische sogar eine Teeküche – genau richtig und passend, wenn hier Seniorennachmittag ist.
Das Treppenhaus hinauf…. Es wird flankiert von einem Eisengitter schönster, weil schlichtester Kunstschmiedearbeit. Seine Kreise sind Symbol für die Kreise, die sich hier je nach Alter für unterschiedliche wie auch verbindende Interessen, Zugehörigkeiten, Engagements und Daseinswünsche zusammenfinden. Sie können zu einem großen Kreis werden im Stockwerk darüber: im Johannitersaal. Bis 170 Gäste können sich versammeln zu eigenem Tenor, sei es ein Fest, ein Vortrag, ein Kammerkonzert, eine große Buchausstellung vor Weihnachten oder ein Basar des evangelisch-katholischen Frauenkreises, sogar mit kleinem Flohmarkt; 4000 Mark kamen damals als soziale Hilfe ein für napalmverstümmelte Kinder aus Vietnam im Friedensdorf Oberhausen.
Von Woche zu Woche mehr: ein Wochenendzyklus des Paters Pereira, Nikolausfeier des Eifelvereins, das Wochenende der Konfirmanden und eine Feier des Blasorchesters der Stadt.
Der Johannitersaal ist das Zentrum der Stadt. Wie die Kunstschmiede ganze Arbeit leisteten, war das auch Ehrensache für die Stukkateure der Decke, die kassettierten Türen der Schreiner, die Tapezierer. Nicht vergessen sind die Bilderleisten für Kunstausstellungen.
Hier redet Geschichte mit in den ein .Meter starken Wänden. Das Haus hat acht Jahr-hunderte Bausubstanz, es ist die alte Eifeler Komturei der Johanniter, seit dem Jahr 1162 geschichtlich belegt. Der Orden hielt hier eine Siechenstation, ein Zufluchthaus und Quartier für die aus dem Norden heranreitenden Ritter der Kreuzzüge.
Auf der Insel Malta wurden vor wenigen Jahren im Johanniter- und Malteserarchiv ‚von La Valetta Visitationsberichte über Adenau gefunden! Sie berichten von den Jahren 1495 und 1541. Genau am 10. Juli 1495 wurde die Komturei in Adenau von Köln aus visitiert. Pfarrer Fritz Göttert berichtet, wie daraus hervorgeht, daß Graf Udalrich von Montfort das Ordenshaus dem Johanniterpriester Nikolaus von Cochem zur Verwaltung übertragen hat: So heißt es da: „Das Ordensgebäude ist sehr geräumig, trotz seines Alters sind keine baulichen Mängel zu bemerken.“
Der Visitationsbericht von 1541 nennt vier Geistliche (früher waren es sogar einmal neun). Im Viehbestand der Wirtschaftsgebäude werden präzis vier Pferde, 19 Kühe und 300 Schweine gezählt, in den Scheuern sind 119 Malter Roggen und 187 Malter Hafer. Wobei denn interessant ist, daß für dieses Maß gilt: 1 Malter = 2 Männer = 3 Zentner..
Geblieben ist bis heute das Ordenshaus, wovon vor allem der markante Treppenturm erstes Zeugnis ist. Hinaufgesetzt hat man eine neue Wetterfahne mit dem Jahr 1976, dem glücklichen Jahr einer völlig neuen und die Probleme der Zeit erfüllenden Bestimmung: die Menschen zueinanderführen, und das für alle Probleme in einem urirühvol-leren Jahrhundert als die damaligen stillen Jahrhunderte.
Gegründet von Graf Ulrich von Are und gefördert von Johann von Nürburg, war es auch als Siechenstation das erste Krankenhaus des Ahrkreises im 12. Jahrhundert. Erweitert hat das Bauwerk in schönsten Proportionen dann im 18. Jahrhundert der Komtur Freiherr von Schönau „sammt Spind, Back- und Räucherhaus“ und „nach der Bach zu“ war „die Fahrport“ als Toreinfahrt.
Die Harmonie des Grundrisses ruht auf dem Barockbau mit sieben Achsen. Im Wiederaufbau aus Verlassenheit und Zerstörung wurde mit Mansarddach, Basaltfensterleibungen und den Wappen im Türsturz und an den Flanken ein Grad architektonischer Vollkommenheit erreicht — damals außen und jetzt innen.
Wappen künden vom Werden dieser Komturei: das Kreuz der Johanniter später Malteser; das Adenauer Wappen. Familienwappen aus der Zeit wechselnder Ordensführung Fotos: H. Esch
Johanniter-Komturei in Adenau Foto: H. Esch
Selbstredend liegt da die Frage längst auf der Zunge: Was kostet das? Nun, das Denkmaljahr brachte es zuwege, daß es die beste Zeit war für diesen Ausbau. Die Kosten waren Mark. Aus Mitteln des Bundes und des Landes kamen 450 000 Mark, 25 000 Mark vom Landesamt für Denkmalpflege, 9000 Mark vom Kreis Ahrweiler, so daß die Stadt Adenau, die kath. Kirche (in deren Besitz die Komturei ist) und die ev. Kirche 431 000 Mark aufbringen. Das zu tilgen helfen die Erlöse aus zwei Adenauer Stadtfesten, aus Kollekten der Kirchen. Im Mai 1977 blieb dann noch ein Betrag von knapp 50 000 Mark zu tilgen, für den die beiden Pfarrgemeinden und die Stadt je« ein Drittel übernahmen. Selbstredend sind auch laufende
Kosten zu leisten, von denen die Stadt die Hälfte von 15 000 Mark übernahm. Das sind Realitäten, denen sich Adenau und die Pfarrgemeinden gegenübersehen, doch das Bestehen und der Bestand dieser Komturei ist vornehmste Pflicht.
Hier ist ein ideales Zentrum entstanden. Diese Komturei — das ist inhaltvoller, geschichtsträchtig fundierter und architektonisch reizvoller als eine Stadthalle. Das ist eine Mitte, ein vorweisbares Haus. Alle Bürger haben ein Dach zu eigenem, schönsten Nutzen und Adenau ein baugeschichtliches, Kleinod zugleich.