Ein Biomasse-Masterplan für den Landkreis Ahrweiler
Die Nutzung alternativer Energien wird immer wichtigerDas Solarprojekt, das die Dächer der kreiseigenen Schulen mit Fotovoltaikanlagen zur umweltfreundlichen Stromgewinnung aus Sonne ausstattet, und die verstärkte Mobilmachung von Biomasse zeigen, dass der Kreis Ahrweiler auf die Nutzung alternativer Energien setzt. In Zeiten eines – national wie international -angespannten Energiemarktes entwickelt sich Biomasse (Holz, Grünschnitt, landwirtschaftliche Produkte und Reststoffe, wie z. B. Gülle) zusehends zu einem anerkannten Primärenergieträger. Regenerative Energien sind zudem die Grundbausteine einer nachhaltigen Energieversorgung. Sie verringern nicht nur die Abhängigkeit von fossilen Energieressourcen (Öl, Kohle, Gas) und reduzieren den für das Klima gefährlichenCO2-Ausstoß, sondern bieten auch neue Chancen für eine regionale Wertschöpfung in Land- und Forstwirtschaft sowie Unternehmen. Für die Europäische Kommission stellt die Biomasse sogar eine der wesentlichsten Alternativen dar, wenn es darum geht, dass Europa seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen überwindet. Es ist die Rede von bis zu 300.000(unmittelbaren) Arbeitsplätzen im ländlichen Raum auf europäischer Ebene. Die Nutzungsmöglichkeiten der Biomasse sind sehr vielfältig. Biomasse ist als Kraftstoff sowie zur Erzeugung von Strom und Wärme einsetzbar, außerdem zur Produktion von Biokunststoffen, Lösungsmitteln, Farben und Klebstoffen.Der Kreis Ahrweiler hat gute VoraussetzungenDer Kreis Ahrweiler mit seiner überwiegend ländlich geprägten Struktur – 52 Prozent der Kreisfläche bestehen aus Wald – hat gute Voraussetzungen für die Nutzung von Biomasse. Denn Energie in Form von stets nachwachsender Biomasse liegt buchstäblich überall herum. Man muss sie nur nutzen. Vor diesem Hintergrund schlossen die Kreisverwaltung Ahrweiler und das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) am Umwelt-Campus Birkenfeld der Fachhochschule Trier am 4. Juli 2005 einen Vertrag über die„Erstellung eines Biomasse-Masterplans zur Aktivierung der Biomassepotenziale im Landkreis Ahrweiler“ ab.Das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS)Das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) am Umwelt-Campus Birkenfeld der Fachhochschule Trier wurde im Jahr 2001 gegründet. Es stellt sich mit seinen Projekten der Aufgabe, regionalen Mehrwert durch innovatives Management der lokalen Stoffströme zuschaffen. IfaS konnte seine Kompetenz im Bereich„Stoffstrommanagement“ bereits in mehreren erfolgreichen Projekten unter Beweis stellen. Durch ein sogenanntes „Stoffstrommanagement“ werden die in einer Region vorhandenen Stoff- und Energieströme unter Berücksichtigung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Faktoren optimiert, um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben.
Während des im Oktober 2005 offiziell gestarteten und auf 14 Monate angelegten Projektes arbeiteten das IfaS und die Wirtschaftsförderung des Kreises Ahrweiler gemeinsam am „Biomasse-Masterplan Kreis Ahrweiler“. Oblag dem IfaS die fachliche und inhaltliche Projektdurchführung, so war die Projektkoordinierung und –unterstützung Aufgabe der Kreisverwaltung. Im Rahmen des Biomasse-Masterplans wurden die Biomassepotenziale im Landkreis erfasst und Strategien sowie Projektmaßnahmen zu deren Mobilisierung und Nutzung erarbeitet. Die Studie zeigt mögliche Stoffströme zwischenpotenziellen Biomasseproduzenten und –lieferanten auf der Angebotsseite und Verbrauchern bzw. Abnehmern auf der Nachfrageseite im Kreis Ahrweiler auf und mündet in sogenannte Projektskizzen.Akteure mit einbinden
Die relevanten, über Biomasse verfügenden Akteure wurden frühzeitig mit in die Studie eingebunden. Die Schwerpunkte lagen in folgenden Wirtschaftsbereichen:
- Landwirtschaft – berücksichtigt wurden nachwachsende Rohstoffe, Sonderkulturen und Reststoffe aus der Tierhaltung;
- Forstwirtschaft – insbesondere Schwachholz und Brennholz;
- Landschaftspflege – Grünabfälle aus der Biotoppflege sowie Straßen-, Ufer-, Gewässer und Schienenbegleitgrün;
- Öffentliche Hand – kommunaler und privater Grünschnitt, private Bioabfälle, private Altfette/Öle, Klärschlamm;
- Industrie/Gewerbe – Industrierestholz, Altholz aus der Abfallwirtschaft, gewerbliche Bioabfälle, gewerbliche Altfette/Öle und gewerblicher Grünschnitt.
Der Pionier: Landwirt
Bruno Leenen aus Kalenborn hat als erster im Landkreis Ahrweiler eine Biogasanlageerrichtet und produziert
damit erfolgreich den so genannten„grünen“ Strom.Der Biomasse-Masterplan besteht aus zwei zentralen Modulen: Modul 1 – Vorbereitung des Stoffmanagments und Projektentwicklung;
Modul 1 – Vorbereitung des Stoffmanagements und Projektentwicklung
Modul 2 – Entwicklung der Biomassestrategie und Projektvorplanung.Modul 1 – Vorbereitung des Stoffmanagements und Projektentwicklung
Grundlage sämtlicher Untersuchungen und Überlegungen war eine detaillierte Erfassung und Analyse regionaler Daten und Statistiken, etwa zur Struktur der Land- und Forstwirtschaft im Kreisgebiet. Am 6. Dezember 2005 fand in der DüNaLü-Halle in Dümpelfeld die offizielle Auftaktveranstaltung mit der Zielsetzung statt, insbesondere die (potenziellen) Akteure, aber auch die interessierte Bevölkerung über den Biomasse-Masterplan zu informierten. Hieran schlossen sich Expertenrunden mit lokalen Akteuren an. In Kooperation mit dem Kreisbauern- und Winzerverband wurden am 8. März 2006 sogenannte „Werkstattgespräche“ mit Vertretern der Land- und Forstwirtschaft sowie ausgewählten Unternehmen geführt. Dabei wurden nicht nur Daten auf ihre Gültigkeit geprüft, sondern ökologische und ökonomische Möglichkeiten der Biomassenutzung erörtert und abgestimmt sowie erste Projektansätze entwickelt.Modul 2 – Entwicklung der Biomassestrategie und Projektvorplanung
Im Rahmen einer Akteursanalyse wurden aus den einzelnen Gruppen – Land- und Forstwirtschaft, Landschaftspflege, öffentliche Hand sowie Industrie / Gewerbe – mögliche Partner für die Entwicklung und Umsetzung der Projektideengesucht. Die Verfügbarmachung von Biomasse und deren Nutzbarkeit wurden näher überprüft und bewertet. Gleichzeitig wurden mögliche Bedarfsschwerpunkte (insbesondere Wärmebedarf) und somit Abnehmerstrukturenermittelt. Dahingehende Gespräche fanden schwerpunktmäßig im Sommer 2006 statt. Auf der Grundlage dieser Potenzial- und Bedarfsuntersuchungen wurden dann konkrete Projektskizzen für zukünftige, besonders relevante Maßnahmen erstellt, welche logistischen und technischen Möglichkeiten der Mobilisierung und Nutzung der heimischen Biomasse (z.B. Holz oder landwirtschaftliche Stoffe) zur Energiegewinnung aufzeigen und dabei gleichzeitig ökologischen wie ökonomischen Gesichtspunkten Rechnung tragen. Um eine möglichts kurzfristige Umsetzung dieser Projekte zu ermöglichen, wurden relevante und interessierte Akteure (z. B. Landwirte und Logistikunternehmen) in die Vorbereitungsgespräche zur Entwicklung der Projektansätze eingebunden.Der Masterplan liegt vor – wie geht es weiter?
Das IfaS Birkenfeld und die Kreisverwaltung Ahrweiler haben mit dem jetzt vorliegenden Biomasse-Masterplan eine wesentliche Grundlage geschaffen. Mit der Studie sind die Potenziale und Möglichkeiten an Stoffströmen aufgezeigt und dokumentiert. Damit hat die Kreisverwaltung einen wichtigen Weg zur Steigerung der regionalen Wertschöpfung und Wirtschaftsförderung im Kreis Ahrweiler bereitet. Der Kreis Ahrweiler sieht sich als Initialzünder für nun erforderliche Privatinitiativen. So ist es jetzt an den Akteuren, auf der Basis der gemeinsam mit ihnen entwickelten Skizzen konkrete Projekte umzusetzen. Das Ifas wird bei Bedarf und auf Wunsch – der im Landkreis involvierten Akteure auch bei weiteren Schritten in der Projektumsetzung unterstützend zur Seite stehen – insbesondere wenn es darum geht, in vertiefenden Machbarkeitsstudien die Wirtschaftlichkeit und technische Umsetzung von Projekten im Detail zu betrachten. Gewinner des Prozesses können in erster Linie die Land- und Forstwirte sein, denn die von dort gelieferten Rohstoffe stellen die Basis für eine umweltverträgliche und klimafreundliche Form der Wärme- und Stromgewinnung dar. Aber auch für Unternehmen außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Sektors entwickelt sich Biomasse zu einer neuen vielversprechenden Geschäftsidee. Aus Kundensicht bietet der verstärkte Einsatz von Biomasse in der Energieversorgung Vorteile einer größeren Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, was sich mittel- und langfristig vorteilhaft darstellen wird. Gleichzeitig wird mit dem Kauf „grüner Energie“ aus der Region ein Beitrag zur Wirtschaftsförderung, dem Umweltschutz und der Nachhaltigkeit vor Ort geleistet.