Ein alter Fastnachtsbrauch in Müsch
Peter Weber
In den fünfziger Jahren stieß ich bei einer Befragung über das Brauchtum in Müsch auf einen längst vergangenen Brauch, der nur noch in der Erinnerung einiger betagter Menschen existiert.
Schließlich fand ich in dem 85jährigen Jakob Gerhartz einen der ehemals aktiv Beteiligten an diesem Fastnachtsbrauch.
In der Vergangenheit war in den kleineren Dörfern auf Grund der, von Ausnahmen abgesehen, gleichen wirtschaftlichen Lage — man kann wohl eher Armut sagen — und der funktionierenden Nachbarschaft ein solches Brauchtum überhaupt möglich.
Jakob Gerhartz berichtet: Fastnachtsmontag, also am sogenannten Rosenmontag, zogen die Schulkinder nach dem Unterricht, nachdem sie zuvor ihre Schulsachen nach Hause gebracht und gegessen hatten, von Haus zu Haus. Sie sangen dort ihr Heischelied und erhielten dann entweder kleinere Münzen, z. B. einen Groschen, oder Eier.
Nach dem Umzug durch das Dorf gingen dann zwei ältere Schulkinder nach Antweiler zum Einkaufen. Dort war eine Bäckerei. Hier kauften sie Weißbrot ein. das im Laufe des Jahres garnicht oder selten in den Familien auf den Tisch kam. Außerdem kaufte man als Aufstrich Sirup und in ganz seltenen Fällen, wenn die Einnahmen sehr hoch gewesen waren, etwas Butter.
Am folgenden Fastnachtsdienstag traf man sich in dem Hause eines Mitschülers, der schon die letzte Klasse, also das achte Schuljahr, besuchte. Hier hatte man ein Zimmer hergerichtet, noch einen Tisch angestellt, für Sitzgelegenheit gesorgt und Kaffee gekocht. Die Kinder verzehrten dann gemeinsam Weißbrot mit Sirup, das als große Delikatesse galt. Nach dem Kinderkaffee ging’s dann hinaus auf den Hof oder auf die Straße zum Spielen. Am späten Nachmittag verzehrte man die Reste und ging bei Einbruch der Dunkelheit nach Hause in dem Bewußtsein, einen schönen Nachmittag verlebt zu haben, an den man sich noch lange gerne erinnerte.
Dieser Brauch, der seine Bedeutung verloren hat, der aber auch in dieser Form nicht mehr durchführbar wäre — man denke nur an die Größe der Dörfer bzw. die Zahl der Kinder — zeigt uns auch heute noch, daß eine wesentliche Voraussetzung für das harmonische Zusammenleben in einem Dorf der von den Beteiligten aufgebrachte Gemeinsinn ist. Und das kann auch heute noch zur Nachahmung empfohlen werden.