Ehemals Burghaus, Amtshaus, Schule – ein Schmuckstück im Ortsbild und eng mit der Altenahrer Geschichte verbunden
Prächtiger als je zuvor präsentiert sich in Al-tenahr, zu Füßen der Burg Are, auf einem Fels-vorsprung, das ehemalige Burg-, Amts- und Schulhaus. Dank der Heimatliebe und dem Wagemut des neuen Eigentümers, Winfried Jeandree, erstrahlt dieser denkmalwerte und ortsbildprägende Gebäudekomplex, der rund 700 Jahre Altenahrer Geschichte begleitete, im neuen Glanz.
Dabei ist es dem engagierten Einsatz des neuen Eigentümers zuzuschreiben, daß in äußerst kurzer Zeit -1993 Erwerb des Grundstücks von der Ortsgemeinde und bereits Ende 1996 Fertigstellung der Restaurierungsarbeiten – das für unmöglich gehaltene möglich wurde und die vielfältigen und kostenträchtigen Arbeiten abgeschlossen werden konnten.
Der durch Granatbeschuß im März 1945 und die Explosion eines Munitionszuges im Bahnhof Altenahr im August 1945 zerstörte und anschließend niedergerissene westliche Anbau des 18. Jahrhunderts wurde nach den lithographischen Darstellungen des 19. Jahrhunderts wieder aufgebaut. Das Hauptgebäude – in den „Kunstdenkmäler der Rheinprovinz“ als „verputzter zweigeschossiger Bruchsteinbau von fünf zu zwei Achsen mit rechteckigen, z. T. veränderten Fenstern in Trachyteinfassungen und hohem Walmdach“ beschrieben – erhielt ein neues Schieferdach mit denkmalgerechten Dachgauben, neuen Außenputz, neue Fenster mit Schlagläden in den kurkölnischen Farben rot-weiß sowie im Innern Wiederherstellung der Kölner Decken und natürlich zeitgemäße Installation. Eine der Überraschungen bei der Restaurierung: Im Erdgeschoß wurde hinter einer Zimmerwand ein offener Kamin mit zwei Taken-platten freigelegt und selbstverständlich wieder in die Wohnung integriert. Die anschließenden Wirtschaftsgebäude beherbergen nun eine ansehnliche Atelierwohnung. Im Umfeld, dem Garten und Hof mußte viel angesammelter Schutt weggekarrt und das Erscheinungsbild des Gebäudes wurde entsprechend den historischen Vorgaben angepaßt
Burgruine und ehemaliges Amtshaus um 1840, Stahlstich von Emden nach C. Schlickum
Das ehemalige Amtshaus heute (1997)
Burghaus Uprath
Die vielfältigen denkmalgerechten und dem historischen Befund angepaßten Restaurierungsmaßnahmen lenken natürlich den Blick auf die Geschichte dieses Gebäudes, das erstmals mit dem Altenahrer Burglehen Uprath (auf Rodt, Rode) 1376 urkundlich erwähnt wird.
Nach dem Bau von Burg Are durch Graf Theoderich um 1100 entstanden in der Folge zur Sicherung des nördlichen Burgberges mehrere Burghäuser, die als Burglehen an Ministerialen der Burgherren vergeben waren. Die nordwestliche Flanke des Burgberges sicherte das Burghaus Uprath, aus dessen Entstehungszeit das heute noch vorhandene spätromanische rund-bogige Hoftor, dessen Einfassung der des unteren Burgtores entspricht, stammen dürfte. Von diesem Tor führte der Fußweg vom Tal Altenahr zur Burg hoch, der gemäß dem Altenahrer Weistum von 1622 den Altenahrer Bürgern jederzeit freien Zugang zur Burg und dem Burgherrn gewährte.
Zum Burglehen Uprath gehörten außer dem Burghaus Rode bedeutende Güter: der Hof Entelberg (nördlich von Altenahr) mit 58 Morgen Acker und Benden, 9 bis 10 Morgen Weinberg und einigen tausend Morgen Eichenwald; der Hof Weißerrath in der Unterherrschaft Vischel mit 33 Morgen Land; hörige Leute, Güter, Zinsen und Zehnten zu Freisheim und in der Sahr, aus denen später die Herrlichkeit Burgsahr mit 12 Höfen in Freisheim, dem Rittersitz Burgsahr mit 40 Morgen Land und einer Mühle hervorging; das sogenannte Heyergut in Eichen-Lan-zerath und Hambuch, zum kurkölnischen Amt Rheinbach bzw. Harth gehörig.
Das Burglehen Uprath war im 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts im Besitz der Familie von Gymnich. 1364 wird Heinrich von Gymnich, 1376 Edmund und 1383 Dietrich, verheiratet mit Catharina von Saffenberg, belehnt. Von letzteren kam es an die von Helfenstein, von denen es 1458 Peter Blankart von Ahrweiler kaufte.
In der Folge blieb das Burglehen und somit das Burghaus Uprath im Besitz der Familie Blankart von Ahrweiler (vgl. hierzu Heimatjahrbuch 1997, S. 57 ff.). 1530 wird Conrad Blankart für sich und seine Brüder belehnt. Er starb 1561. Seine Grabplatte befindet sich in der Ahrweiler Pfarrkirche St. Laurentius. Die Altenahrer Pfarrkirche bewahrt eine Grablegungsgruppe, datiert 1552, die in den Außenfeldern das kniende Stifterehepaar Conrad Blankart und Maria von Boxmeer zeigt. Diese Grablegung Christi könnte als Heiliges Grab für die Kirche gestiftet worden sein, ist aber auch in Verbindung mit dem Altenahrer Kreuzaltar denkbar, der mit der zugehörigen Vikarie eine Stiftung der Familie Blankart war. Im Jahre 1712 starb mit dem Tod von Johann Otto Friedrich Blankart die Familie im Mannesstamm aus. Das Burglehen erhielt nun der kurkölnische Generalwachtmeister und Oberst des Leibregiments, Freiherr Maximilian Emanuel von Nothhast, was jedoch von den an Schwestern des letzten Lehnsträgers angefochten wurde. Der Streit um das Burglehen und seine Zubehörungen war Ende des Jahrhunderts noch nicht entschieden.
Das Burghaus zu Füßen der Burg Are mit der zugehörigen Fischerei in der Ahr hatte inzwischen im Jahre 1669 Johann Ludwig Blankart an Werner Dietrich von Friemersdorf genannt Pützfeld gegen ein Viertel des Dorfes Lanters-hofen übertragen.Das Amtshaus
Dieser Tausch war jedoch ohne Genehmigung des Lehnsherrn erfolgt, so daß nach der endgültigen Zerstörung von Burg Are im Jahre 1714 Haus Uprath eingezogen wurde und das Burghaus zum neuen Amtshaus ausgebaut wurde. Hierbei fanden Materialien wie Bruchsteine, Fenster- und Türeinfassungen aus Hausteinen sowie noch brauchbares Balkenwerk der zerstörten Burg Verwendung. Außer dem Hauptgebäude mit Stallungen und Scheune wurden vor dem Hoftor entlang der Auffahrt mehrere Gebäude, Zehntscheune und Lagerhäuser für die Feldfrüchte errichtet. In den romanischen Torbogen setzte man das Wappen des damali-. gen Kurfürsten Joseph Clemens ein. In der alten Hausteineinfassung der Haustür erinnerte bis vor wenigen Jahren noch die eingemeißelte Jahreszahl MDCCXIIII an diese Bauarbeiten. Von 1714 bis zum Einmarsch derfranzösischen Revolutionstruppen im Oktober 1794 diente das Haus mit seinen Nebengebäuden als Amtshaus, von dem aus das kurkölnische Amt Alten-ahr mit den Dingstühlen Altenahr, Brück und Liers, den Vogteien Hönningen und Kesseling sowie den Herrschaften Burgsahr, Kirchsahr, Und, Vischel und Wensberg verwaltet wurde. Der letzte kurkölnische Amtsverwalter und Rentmeister, Philipp Anton Delhaes, blieb auch nach der Besetzung durch die Franzosen bis 1797 mit der Verwaltung betraut. Nach der Neugliederung der Verwaltung wurde Mayschoß Sitz der Mairie. Das Amtshaus blieb Verwaltungssitz des Kantons Altenahr, bis dieser 1799 nach Ahrweiler verlegt wurde. Philipp Anton Delhaes, inzwischen zum Friedensrichter des Kantons Altenahr, bzw. des Kantons Ahrweiler ernannt, bewohnte das alte Amtshaus noch bis 1806, in welchem Jahr er mit seiner Familie nach Ahrweiler verzog (hierzu Heimatjahrbuch 1986, S. 90). Ab 1814 bis 1822 bewohnte der Altenahrer Bürgermeister das noch immer im Domänenbesitz befindliche Gebäude, von wo aus während dieser Zeit die Verwaltung der nun preußischen Bürgermeisterei Altenahr erfolgte.Die Schule
Im Jahre 1822 erwarb die Gemeinde Altenahr das Anwesen „Ehemaliges Amtshaus“ vom preußischen Staat zum Taxpreis von 838 Thaiern 21 Silbergroschen 3 Pfennige, um hierin die Volksschule unterzubringen. Ein Teil der Kaufsumme wurde 1825 durch „Allerhöchste Cabinets-Ordre“ erlassen, so daß schließlich nur 454 Thaier 11 Silbergroschen 10 Pfennige zu zahlen waren. Im April 1822 hatte die Gemeinde bereits das alte Schulgebäude in der Brückengasse sowie die zum Amtshaus gehörenden Nebengebäude vor dem Hoftor zwecks Finanzierung dieses Ankaufs verkauft.
Durch den spätromanischen Torbogen betritt man noch heute das Hofgelände.
Das neu erworbene Gebäude bot Platz für zwei Schulklassen und die Lehrerwohnungen. Zunächst wurde jedoch nur ein Schulraum eingerichtet. Erst 1861 kam ein zweiter Lehrer nach Altenahr, wobei die Gemeinde im Obergeschoß einen zweiten Raum herrichtete und den bis dahin genutzten Raum im Erdgeschoß mit neuem Fußboden und neuen Bänken versehen ließ.
In den Jahren 1911/1912 baute die Gemeinde Altenahr an der Altenburger Straße ein neues Schulgebäude mitdrei Klassenräumen und den entsprechenden Lehrerwohnungen. Mit dem Bezug des neuen Schulgebäudes am 1. Mai 1912 wurde die alte Schule frei. Die Gemeinde richtete hier Mietwohnungen ein, die mit den Jahren jedoch nicht mehr heutigen Wohnansprüchen genügten. Da die über die üblichen Reparaturen hinausgehenden dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen nicht zu finanzieren waren und außerdem die Gemeinde Altenahr durch Grundstücksverkäufe ihren Schuldenstand zu reduzieren suchte, kam es zum Verkauf der „Alten Schule“.
Der neue Eigentümer hat, wie eingangs geschildert, die Chance genutzt und ein Kleinod im Altenahrer Ortsbild geschaffen.
Benutzte Quellen
Clemen. Die Kundstdenkmäler der Rheinprovinz Kreis Ahrweiler. 1938, und die darin aufgeführte Literatur.
Landeshauptarchiv Koblenz, Amtsakten des Amtes Altenahr und Lehnsakten im Bestand 2 (Kurköln).
Altenahrer Orts- und Amtschronik 1858 – 1934.