Egerländer Keramiker, daheim, im deutschen Raum und besonders in Sinzig
Egerländer Keramiker,
daheim, im deutschen Raum und besonders in Sinzig
VON WILHELM KNIPPLER
Ein erschütterndes Bild steht zu Anfang, einmal wegen der Meisterschaft seines Schöpfers, Prof. Waldemar Fritsch, zum anderen wegen der überzeugenden Aussage von der Not der Heimatverjagten unserer Tage. „Christus der Vertriebenen“ nennt Fritsch sein Modell zu einem -Bronzedenkmal, und das dürfte als Eingangsmotiv für diese Zeilen gelten. Man sagt, daß in Sinzig heute etwa 2000 Menschen aus dem Osten eine neue Heimat gefunden haben sollen, und so trägt die Siedlung „Neue Heimat“ ihren Namen zurecht.
Foto: Prof. Waldemar Fritsch
Christus der Vertriebenen Modell für ein Bronzedenkmal
Dort und im ,,Wiesengrund“ hört man viele ostpreußische Laute von Vertriebenen, die nach 1945 hier seßhaft wurden. Viel früher schon kamen Menschen von Ost nach West, nicht begleitet von Blut und Tränen. Diese erhofften damals durch die Wohnsitzverlegung eine Existenzverbesserung. Sie verließen ihre Heimat noch freiwillig. Ich spreche von den Sudetendeutschen aus Böhmen, insbesondere Egerländern aus dem Karlsbader Raum. Es waren Keramiker, die hier besseres Brot fanden als zu Hause. Überblickt man ihre Tätigkeit, so darf man überrascht feststellen, daß die hiesige Wirtschaft gerade durch das Wirken dieser kleinen Gruppe von Spezialisten eine Belebung fand, aus der später tüchtige Kaufleute und Geldmagnaten guten Nutzen zu ziehen vermochten. Woher kamen sie? Aus der Gegend, in der die Worte Ton, Kaolin, Porzellan, Glas und Keramik großgeschrieben werden, wo auf deutscher Seite Selb in Oberfranken mit Rosenthal und Hutschenreuther, Meißen bei Dresden und Weiden in der Oberpfalz, auf böhmischer Seite im Karlsbader bis Teplitzer Raum eine Menge von Keramik- und Glasfabrikationen beheimatet sind. Als Porzellanmetropole stoßen wir hier auf Altrohlau.
Dieses ursprünglich zu Elbogen gehörige Dorf hatte am Ende des 18. Jahrhunderts nur 35 Anwesen. Daß dieser Ort zur Industriestadt emporwuchs mit 7000 Einwohnern, darunter vor der Vertreibung der Sudetendeutschen, keine hundert Tschechen, verdankt er allein dem Porzellan, das dort seit 1811 Name und Klang hat. Zentrum dieser Industrie ist Karlsbad mit Altrohlau als größter Porzellanstadt Böhmens, ja der Welt überhaupt. Mittelpunkt des Keramik-Schaffens dagegen ist Teplitz. Die genannten Orte werden uns in der Folge noch öfters begegnen, die Heimat Adalbert Stifters und die Stätten, die Goethe siebzehnmal aufsuchte, wo er — wie Joh. Urzidil berichtet — 1114 Tage sich aufgehalten und Erholung suchte. Hier trieb er naturwissenschaftliche und geologische Studien. Seine Skizzenbücher sind sprechende Zeugen. Die pittoreske Egerstadt Elbogen bezeichnete er als landschaftliches Kunstwerk.
Was aber verschaffte dem Egerland keramischen Weltruf? Das war ein Naturgeschenk. Drei wichtige Rohstoffe lagern hier in unübertrefflicher Qualität und in gewaltigen. Mengen: Kaolin, Ton vieler Arten und Braunkohle.
Der Rohkaolin der verschiedenen Gruben wird gemischt, wodurch die große Gleichmäßigkeit des Zettlitzer Kaolins, der Standard-Kaolinmarke der Welt, zu erklären ist. Weiter verfügt das Egerland über gigantische Ton vorkommen, die Preschener Tone bei Dux, die größten Tongruben des Kontinents. Die ideale Rohstoffsituation wurde ergänzt durch zwei ausgezeichnete Fachschulen in Teplitz (seit 1875) und in Karlsbad seit 1925. Diese garantierten eine qualitative Aufwertung der Egerländer Keramiker. Alle Voraussetzungen für eine günstige Entwicklung waren gegeben, doch dann kamen durch die Weltkriege völkische Konflikte, die jäh die Situation änderten. Nach 1918 gab es nur noch schwieriges Vorwärtskommen für die Egerländer. Das Industriekapital ging in tschechische Hände über. Deutliche Zurücksetzung der sudetendeutschen Keramiker und Porzellaniker, Ärger und Not waren die Folge. Im Jahre 1928 hatte die dortige Keramikindustrie noch Hochkapazität, die aber schnell auf ein Drittel zusammenschrumpfte. Tragisch, zu sehen, wie viele Menschen freiwillig ihre Heimat verließen. Weit schlimmer war das Elend, das 1945 über die Sudetendeutschen hereinbrach. Dreieinhalb Millionen Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben!
Für uns Deutsche wirkte sich der Zustrom im keramischen Bereich sehr befruchtend aus. Unsere Sinziger Keramikindustrie spürte das in den Jahren von 1912 bis 1970. Bleiben wir aber nicht bei der sachlichen Allgemeindarstellung! Wenden wir uns mehr dem Menschen und seiner Leistung zu! Im Verlauf meiner Erkundungen stieß ich auf zwei Persönlichkeiten, die als Repräsentanten gelten dürfen für ihre Heimat, der eine ein namhafter Porzellankünstler, der andere ein Industrieführer der Grobkeramik. Beide sind Egerländer, von Hause aus nicht mit Reichtum gesegnet, der eine geschult in Karlsbad, der andere auf der Keramikfachschule Teplitz-Schönau. Beide aber sind geboren in der Porzellanmetropole des Egerlandes, in Altrohlau. Beiden ist gemeinsam das Arbeiten ohne leichtes Vorbild, das Suchen und Ringen nach Aufwärtsentwicklung, beide mußten zäh kämpfen, und sicher haben beide mehr sorgenvolle Stunden der Enttäuschung erlebt als sieghafte Augenblicke des Erfolgs.
Ich beginne mit dem Zeitgenossen, dessen Wirken ich nicht beschreiben muß, dessen Werke für sich selbst sprechen, einem Menschen mit dem symptomatischen Schicksal des landvertriebenen Egerländers:
Prof. Waldermar Fritsch
Hier seine Lebensdaten:
1909 in Altrohlau geboren als zehntes Kind,
1924 „von der Pike auf“ dienend, Lehre in Karlsbader Porzellanfabrik,
1926 Besuch der Porzellan-Fachschule Karlsbad bis 1929,
1929 Fortbildung in der Kunstgewerbeschule in Prag bis 1934, währenddessen Studienreisen durch deutsche Porzellan-Manufakturen, u. a. Nymphenburg, wo er das Schaffen Bustellis kennenlernt, und Berlin, wo er seinem zweiten Vorbild, Paul Scheurich begegnet.
1935 Assistent der Keramikschule Teplitz,
1939 Professor der Prozellan-Fachschule Karlsbad,
1940 im Feuerofen des zweiten Weltkrieges,
1945 schwerbeschädigt und krank in Württemberg,
1947 an die Freie Kunstschule in Ansbach berufen,
1952 bis heute freischaffender Künstler in Ansbach.
Über diesen Porzellanschöpfer von Format schreibt Justin Siegert:
,,Um jeden der wenigen großen Porzellanplastiker webt etwas Geheimnisvolles, rätselhaft Unerklärbares. Bei jedem Großen gelangt der Werkstoff Porzellan mit der Persönlichkeit des Künstlers zu einer unauflöslichen Gemeinschaft, so bei Kaendler, bei Bustelli, bei Scheurich und bei Fritsch.
Daß Fritsch in die klare, reine Höhenluft der echten Schönheit, in ein Dasein der Harmonie schöpferfreudig hinfand, das war keineswegs selbstverständlich. Heimatvertrieben und oft vor dem materiellen Nichts stehend, gratwandelnd an ungeheuren Abgründen, seelisch vielmals zermürbt, hätte er leicht resignieren können, Dennoch überwand er die Schmerzen des Künstlerdaseins und gerade diese harte Schule hat dazu beigetragen, daß wir in seinem Werk die Berührung mit dem Großen finden, fußend auf einem unerschütterlichen Glauben an das Gute. Das Erlebnis schöpferischer Gemeinschaft,geistiger Findung und echte Hingabe waren seit eh und je die großen Möglichkeiten aller Kulturgestaltung.“
Foto: Prof. Waldemar Fritsch
Karl IV. bei der Stadterhebung von Karlsbad
Foto: Prof. Waldemar Fritsch
Karl l V. als Jagdherr
Nun ist es schwer, plastische Gestaltungen nach bildnerischen Reproduktionen zu würdigen, besonders bei dem Werkstoff Porzellan, da man die nur ihm eigene milde Ausstrahlung im Bild nur ahnen kann. Dennoch lassen wir Bilder reden!
Beide Plastiken zeigen bereits die Meisterschaft des damals noch jungen Künstlers. Beide sind Teilstücke großer Kompositionen und sollten Huldigungen für Karlsbad werden. Dargestellt ist Karl IV., einmal als Jagdherr, der auf sich hochbäumendem Roß die heilende Quelle findet, dann der Stadtgründer im kaiserlichen Ornat. Gerade dieser Karl IV. ist jedem Deutschen bekannt durch das Reichsgrundgesetz der Goldenen Bulle und durch die Stiftung der ersten deutschen Universität in Prag. In unserer Heimat schuf er einschneidende Veränderungen, indem er Jülich zum Herzogtum erhob — nicht zur Freude der geistlichen Kurfürsten — und die Städte Remagen und Sinzig dem Jülicher zum Geschenk machte.
Für Rosenthal schuf Prof. Fritsch die „Europa“ vor etwa 20 Jahren.
Ein immer wieder neu abgewandeltes Motiv sind seine zahlreichen Madonnen, beginnend mit der weitbekannten Darstellung mit dem Kind bis hin zur modernen Auffassung der Schweinfurter und der Eurasischen Madonna. Die kleine Auswahl seiner Meisterwerke wäre unvollständig, würde nicht auf seine Porträtkunst verwiesen.
Foto: Prof. Waldemar Fritsch
Der Künstler hei der Arbeit
Bild 4 zeigt den Meister im stillen Zwiegespräch zwischen Künstler und Modell. In Bild 6 sehen wir einen Landsmann von Fritsch, den berühmten Tänzer Harald Kreutzberg im ,,Gesang der Nacht“, ein herrliches Denkmal für den Meister des Tanzes, zugleich aber auch für den Meister des Bildnisses. Und bei all diesen Zeugnissen wirklicher Meisterschaft ist — wie könnte es anders sein? — Prof. Waldemar Fritsch ein bescheidener, liebenswerter Mensch geblieben. Er schreibt einmal: „Die meisten Großtaten der Menschen sind durch Zufall geworden. Also Zufall: Was dem Menschen zufällt, sagen wir, in der Gnade gegeben wird. Wenn solches geschieht, so ist es eben das Wunderwerk, welches von Gott in irgendeiner Notlage geschenkt wird.“ Diesen Künstler, subtil bis in die Fingerspitzen, empfindsam, in seinen Kinderporträts der zarten Kinderseele nachspürend, berufen, die philosophischen Tiefen eines Crock zu erfassen, leidgeprüft, aber nie kapitulierend, diesen besten Porzellaniker des Egerlandes versuchte ich näherzubringen als den einen Repräsentanten seiner Heimat, einen von vielen, vielen, die heute in Westdeutschland und vor allem in Bayern ihr Leben fristen.
*
Nun folgt gleich ein völlig andersgearteter Typ, keineswegs weniger empfindsam, aber nach außen derber, lauter, schwerer, der Grobkeramiker, hier in der Person des Generaldirektors
Martin Gotthardt
Seine Lebensdaten:
1866 in Altrohlau, Kreis Eger, geboren, die Eltern zuletzt wohnhaft in Elbogen. Er genoß seine Fachausbildung an der Keramikfachschule Teplitz-Schönau, war tätig in Selb und Wunsiedel, kam
1912 nach Sinzig als technischer Betriebsleiter der „Mosaikfabrik“,
1921 wurde er Generaldirektor der Vereinigten Wandplattenfabrik Sinzig — Ehrang — Friedland.
1934 in den Ruhestand nach Marburg, dort 1955 gestorben.
Direktor Martin Gotthard
Als Martin Gotthardt 1912 von Wunsiedel nach Sinzig kam und hier die technische Leitung übernahm, hatte die Sinziger Platte keinen besonderen Ruf. Obwohl günstige Voraussetzungen in Sinzig gegeben waren, die Rohstoffe Ton, Kohle und Braunkohle in der Nähe, Wegen des Rückgangs des Weinbaus billige Arbeitskräfte, leichter Transport durch Straße, Bahn und Schiffahrt, trotzdem wurde das Streben nach Höherentwicklung der Sinziger Erzeugnisse durch drei Faktoren gehemmt:
durch Krieg, Inflation und die weltweite Wirtschaftskrise,
durch die beschränkten finanziellen Mittel der Firma und
durch den gigantischen Gegner Villorey & Boch in Mettlach, den größten Konkurrenten in Europa.
Um mit solchen Hindernissen fertig zu werden, bedurfte es einer wirklich großen Persönlichkeit, und die erschien mit Gotthardt. Er war ein Hüne von Gestalt, und er wurde zur Schlüsselfigur der Plattenfabrik. Er war der „Herrscher“, wie ihn Jannings darstellte. Er war als Generaldirektor ein General im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Intelligenz wurde nie angezweifelt, aber er war — wie einer seiner Nachfolger sagte — kein Intellektueller. Er machte die keramischen Versuche im Labor, wo er sich einen Stab von Gehilfen heranzog, viele davon aus seiner Heimat hergeholt. Und dieser Arbeitsstab, diese Assistenten, Meister und Laboranten, sie alle, die jeden Morgen Punkt 9 Uhr zum Rapport erscheinen mußten, haben gewußt, daß echte Gemeinschaftsarbeit notwendig war zu Höchstleistungen. Gotthardt hatte massenhaft Rückschläge zu verkraften und mußte dennoch stets aufs neue mutig improvisieren. Wen wundert es, daß er nach außen hin als strenger Fanatiker und schrulliger Rechthaber erscheinen mußte? Er strebte jahrelang nach Qualität, holte mit geringsten Mitteln ein Vielfaches heraus und übertrug auf seine sämtlichen Mitarbeiter seine eisernen Grundsätze: alles unbedingt richtig zu machen versuchen, keine Drückebergerei zu dulden und einen eigenen Fehler niemals einem ändern zu unterschieben, lauter erzieherische Werte, ohne die es keine wirtschaftliche Höchstleistung geben kann.
Mochte Gotthardt im Auftreten barsch oder gar grob erscheinen, die ernste Straffheit seines Wesens, seines Denkens und Schaffens war fränkisches Erbgut des Egerländers. Schon Goethe erkannte die geologischen, mineralogischen, die botanischen und klimatischen Grundbedingungen des Egerlandes, aus denen sich letztlich gewisse individuelle Psychenformen erklären ließen. Typus, Wesen und Gefühlswelt der Bewohner gestalte sich eben an solchen Urvoraussetzungen (Urzidil).
Wie konnte ein Mensch wie Gotthardt das Übermenschliche leisten? Pflichtgefühl und Pünktlichkeit waren ihm teuer, nichts haßte er so wie Bummelei und Flunkerei. Schlamperei war bei ihm eine himmelschreiende Sünde. Die Begrenztheit der Mittel zwang den Generaldirektor damals zu einem Lebensstil, über den heute die meisten Menschen; den Kopf schütteln würden! Sein. Arbeitsbeginn, morgens um? Uhr, und der Feierabend um 17 Uhr wurden so pedantisch eingehalten, daß die Eisenbahner ihre Uhren hätten richten können nach dem An- und Ausgehen der Lampen in Gotthardts Privatwohnung. Mittags 12 Uhr wurde mit dem Glockenschlag jeder Besucher hinauskomplimentiert, auch jeder Großauftraggeber! Rigoros trennte Gotthardt Arbeit und Freizeit. Mit dem Feierabend wurde er ein anderer Mensch. „In der Firma ein Löwe, daheim ein Lamm“, war das Urteil seiner Mitarbeiter. Abend für Abend durchstreifte er, stets allein, die „Wälder, kräftesammelnd in der freien Natur. Ist es nicht so, als schaute ihm Adalbert Stifter über die Schulter, wenn er den Boden nach „bunten Steinen“ durchsuchte? Scheint es nicht so, als ob Goethe mit seinem Hammer an das böhmische Urgestein klopfe? Gotthardt, dieser Waldschrat, kam nach Hause mit prallgefülltem Rucksack, aus dem Pilze und Steine hervorquollen.
Foto: Prof. Waldemar Fritsch
Porzellanplastik des Tänzers Harald Kreutzberg
Ja, dieser Marin hatte ein Hobby, das keines war, sondern nur die Weiterführung der Tages-fron: seine einmalige reichhaltigste Steinsammlung.
Nur einen Unterschied gab es zwischen Tag und Feierabend. Die geliebte Natur ließ ihn aufatmen und — ich glaube, nicht zu viel zu sagen — sich Gottes Allnatur nahe fühlen. Ich weiß nicht, ob Gotthardt nahe Beziehungen zu Goethe hatte, aber dessen Naturpautheismus scheint er in reinster Form übernommen zu haben.
Gotthardt war, wenigstens in den späten Jahren, bestimmt kein armer Mann mehr. Und doch war er gegen sich selbst streng und von einer Sparsamkeit, die an Geiz grenzte. Er gönnte sich so wenig, daß er nach einem brüllendheißen Tag gegenüber einem seiner Mitarbeiter, dem er am Vortag begegnet war, erwähnte, das wäre aber ein heißer Tag gewesen. Als er nach Kripp gekommen sei, habe er aber auch ein Bier getrunken! Das schien ihm erwähnenswert! Über seine schrullige Sparsamkeit würde heute jeder gelacht haben. Bei Gotthardt wagte das bestimmt keiner!
Seine Person nahm das Format eines Halbgottes an, sagen wir besser, eines richtigen Generaldirektors, wobei die Hauptbetonung auf „General“ liegen muß!
Oben wurde viel von Gotthardts Mitarbeitern gesprochen. Er holte sie fast alle aus dem Sudetenraum, besonders dem Egerland, namentlich aus Elbogen. Ich lasse ihre Namen folgen: Emil Lochschmidt aus Elbogen, in Sinzig von 1921 bis 1926, anfangs als Betriebsassistent, dann als erster technischer Betriebsleiter, Oskar Liebscher, in Sinzig tätig von 1922 bis 1928,
Rudolf Lippert aus Elbogen, Betriebsleiter, 1928 nach Friedland versetzt, Wolfgang Grimm aus Elbogen, Karl Honig (1898 bis 1962) aus Ladowitz bei Dux, technischer Betriebsleiter von 1928 bis 1945, Gustav Spann (1909 bis 1944) aus Elbogen, Betriebsassistent von 1928 bis 1939, Karl Heinz aus Eger, technischer Betriebsleiter von 1945 bis 1970.
Weitere Mitarbeiter rief Gotthardt aus dem Egerland. Sie kamen seit 1913, ineist mit Familie und wurden hier seßhaft. Ihre Namen: Hirsch, Kuchler, Kupka, Lenk, Michels, Pfeffer und Schmidt*).
Ich fasse die Ergebnisse Gotthardtscher Arbeit zusammen: Er entwickelte die Porphyrplattenproduktion und die geflammte Platte. Sinzig wurde führend in der Herstellung von Groß-platten und Fassadenplatten und behauptete 20 Prozent der Bodenplattenerzeugung Deutschlands. Krönung Gotthardtschen Wirkens war die Fusion Sinzig—Ehrang—Friedland. Kurz: die Sinziger Platte hatte Qualitätsruf erlangt. Mehr aber: Gotthardt hatte einen Betriebsleitertyp geschaffen. Es war eine richtige Kettenentwicklung. Diese Egerländer bestimmten immerhin durch sechs Jahrzehnte hindurch die technische Entwicklung der Sinziger Mosaik- und Wandplattenfabrik und ihrer Nachfolger. Ich las in einer Veröffentlichung: „Die , Sinziger Platte‘ hatte schon lange vor dem Krieg einen hervorragenden Ruf ‚und war zu einem festen Begriff geworden.“ Ich möchte es genauer so formulieren: Die „Sinziger Platte“, die einstmals nicht den besten Ruf hatte, war durch die Arbeit, den Fleiß, das hervorragende Können, den nie ermüdenden Willen, die Zähigkeit im Streben nach Verbesserungen des Egerländers Gotthardt, seiner sudetendeutschen Helfer und Nachfolger und der willigen Gefolgschaft rheinischer Mitarbeiter zu einem qualitativ festen Begriff geworden. Wer von Bodenniesen sprach, dachte an Sinzig!
Zwei Egerländer versuchte ich zu werten, zwei Menschen aus einem Dorf, verschieden im Lebensweg, im Charakter, im Erscheinungsbild, ebenso verschieden das Material, das ihnen Lebensinhalt wurde. Beide aber gereichten ihrer Heimat, dem Egerland, zur Ehre.
Die Schüttelroste des Weltgeschehens setzen oft dem einzelnen bitter zu, bringen Verderben und wirtschaftlichen Ruin für Tausende, rauben gar den Mutterboden. Trotzdem bewirken sie auch Gutes dank dem Selbstbehauptungswillen und dem Können der Deutschen von drüben und draußen.
*) Eine eigenartige Parallele finden wir seit der gleichen Zeit in der Apollinaris-Glasfabrik. Hier treffen wir damals sudetendeutsche Glasspezialisten und Hüttenmeister mit den Namen Böhm, Lenk, Piepenbrink, Trauner und die Hüttenmeister Schneegluth, Pilney und Proft.
Gleichzeitig war im früheren Sägewerk Weinstock als Betriebsleiter verantwortlich der Sudetendeutsche Edmund Brückner. Fotos 1, 2, 3, 4 u. 6 von Prof. Fritsch, wofür ihm herzlich gedankt sei, ebenso Frau Herta Daenert, Sinzig, für Foto 51