Die Weinbergs-Aufbaugemeinschaft „Ahrtal‘
VON CHRISTIAN ULRICH
Die im Jahre 1957 für das Weinbaugebiet der Ahr entstandene Aufbaugemeinschaft ist ein obligatorischer Zusammenschluß der Weinbergseigentümer und Rechtsinhaber an Weinbergsflächen in den Gemeinden des Kreises Ahrweiler, in denen noch Weinbau betrieben wird. Sie ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Rechtsgrundlage ist der § 12 des Landesgesetzes Rheinland-Pfalz über den Wiederaufbau reblausverseuchter Weinbaugebiete vom 12. 5. 1953 – GVB1. S. 54 -. Am 17. 9. 1957 hat das Landratsamt in Ahrweiler in einer mit dem 1. 10. 1957 in Kraft getretenen Satzung di^ Entstehung der Aufbaugemeinschaft „Ahrtal“ durch einen staatlichen Hoheitsakt verfügt. Die Organe der Gemeinschaft: Vorsitzender, geschäftsführender Vorstand, Gesamtvorstand, techn. Leiter und Kassenführer wurden in der am 14. 2. 1958 stattgefundenen l. Mitgliederversammlung für 4 Jahre gewählt und turnusmäßig durch Wahlhandlungen erneuert. Zur Zeit sind in der Aufbaugemeinschaft 1675 Winzer zusammengeschlossen, die in der Mitgliederversammlung über 2104 Stimmen verfügen und einen durchschnittlichen Besitz an Weinbergsfläche von 50 Ar aufzuweisen haben. Es handelt sich also um den größten organisatorischen Zusammenschluß im Weinbaugebiet der Ahr.
Durch das vorerwähnte Weinbergsaufbaugesetz sind in fast allen weinbautreibenden Gemeinden des Landes Rheinland-Pfalz Aufbaugemeinschaften entstanden, die unter Aufsicht der Wiederaufbaukasse in Mainz ihre Tätigkeit ausüben. Im Kreise Ahrweiler ist im Hinblick auf die verhältnismäßig kleine Fläche des Weinbauareals und die zersplitterten, sich teilweise über die Gemeindegrenzen hinaus verschiebenden Besitzverhältnisse, nur eine Aufbaugemeinschaft für die ganze Weinbaugebietsfläche geschaffen worden. Man hoffte damit regional unterschiedliche Besitzverhältnisse bei den notwendigen Zusammenlegungen von Weinbauflächen leichter überwinden zu können.
Durch die Satzung ist der Aufbaugemeinschaft die Aufgabe gestellt, im Aufbaugebiet die Umstellung des Weinbaues auf standortgerechte Reben durchzuführen. Zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Betriebe hat sie an der dabei gebotenen Zusammenlegung und der Aufschließung durch Wegebau mitzuwirken. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient sich die Aufbaugemeinschaft der Darlehn und Zuschüsse der Wiederaufbaukasse und sonstiger öffentlicher Mittel, sowie letztlich der Beiträge der Mitglieder.
Neue Weinbergswege in der Gemarkung Dernau
Foto: Oscar Lorenz
Die Aufbaugemeinschaft konnte jetzt auf ein siebenjähriges Bestehen zurückblicken. Eine Rückschau zeigt, daß als erste Maßnahme in den meisten Gemeinden der Aufschließung des Weinbaugeländes durch Wegebau besondere Beachtung geschenkt worden ist. Dabei ergibt sich aber kein vergleichbares Bild in der Arbeitsleistung, weil diese Wegebaumaßnahmen in den reinen Weinbaugemeinden, wie z. B. Mayschoß, Rech und Dernau, unter der Leitung der Gemeindeorgane, nicht aber unter engerer Mitwirkung der Aufbaugemeinschaft zustande gekommen sind. In diesen Fällen ist wohl bei einzelnen Maßnahmen, besonders der Kreditgewährung durch die Wiederaufbaukasse, die Aufbaugemeinschaft als Darlehnsvermittlerin tätig gewesen und auch bei der Rückzahlung beteiligt.
In den Weinbaugemeinden Altenahr, Mayschoß, Rech und Dernau wurden in den Jahren 1956 bis 1964 etwa 12 km Weinbergswege mit einem Kostenaufwand von rd. 1285000 DM geschaffen. Hervorragend tritt die Aufbaugemeinschaft bei dem Weinbergswegebau in der Kreisstadt Ahrweiler in Erscheinung. Sie war dabei rechtlich die Trägerin des Wegebaues, obschon die praktische Durchführung durch die Stadt unter Leitung des Stadtbauamtes erfolgte. Obwohl die Stadt Ahrweiler mit den Weinorten Bachem, Walporzheim und Marienthal die größte weinbautreibende Gemeinde des Ahrtals mit rd. 30% der Weinbergsfläche ist, konnte sie ohne Mitwirkung der Aufbaugemeinschaft nicht an den Vergünstigungen bei der Ausschüttung der Aufbaumittel teilnehmen. So hat die Aufbaugemeinschaft im Stadtgebiet Ahrweiler in 9 Bauabschnitten vom Jahre 1957 bis einschl. 1964 in der Steillage Ahrweiler-Walporzheim einen Winzerweg von rd. 2000 m Länge und 3,50 m Breite hergestellt. Die Gesamtkosten dieses Weges belaufen sich auf 700317,33 DM. Die Finanzierung setzt sich wie folgt zusammen:
1. Zuschuß des Landes . . . | 173100,—DM |
2. Zuschuß des Bundes . . . | 143800,—DM |
3. Darlehn des Bundes . . . | 167200,— DM |
4. Barleistungen der Stadt. . | 209217,33 DM |
5. Weinbauförderungsmittel | 7000,— DM |
Zusammen | 700317,33 DM |
Weinbergszusammenlegung in Ehlingen
Foto: Oscar Lorenz
Die für das Trockenmauerwerk benötigten Bruchsteine wurden durch die Stadt Ahrwciler kostenlos zur Verfügung gestellt. Es wurden insgesamt rd. 11000 cbm Boden abgetragen, rd. 8300 cbm Trocken- und 720 cbm Betonmauerwerk als Stützmauern gebaut. Für das Jahr 1965 ist der Ausbau eines Winzerweges im Stadtteil Bachem in einer Länge von 800 m, bei einer Breite von 3 m mit einem Kostenaufwand von 75000 DM vorgesehen. Weitere wichtige Aufgabe im Weinbau ist die Beschaffung des notwendigen Pflanzgutes (Setzlinge bzw. Wurzelreben).
Solange die seit Jahren betriebenen Züchtungsversuche der staatlichen Weinbaudomäne in Marienthal noch nicht abgeschlossen sind, mußten die Reben-Anbaumaßnaßnahmen der Vergangenheit beibehalten werden. Um einwandfreies Pflanzholz aus selektionierten Beständen in ausreichender Menge zu erhalten, wurde bereits im Jahre 1943 durch die Kreisverwaltung die „Rebenaufbaugenossenschaft Ahrweiler“, eingetr. Genossenschaft m.b.H., als Genossenschaft des bürgerlichen Rechts gebildet, der neben dem Kreis Ahrweiler alle weinbautreibenden Gemeinden des Kreises Ahrweiler mit einem Genossenschaftsanteil von meist 1000 RM angeschlossen waren. In. diesem Zusammenschluß waren die Zivilgemeinden und der Kreis gebunden, während die Winzer persönlich rechtlich unbeteiligt waren und nur als Vertreter der Organe einzelner Gemeinden in Erscheinung traten. Die Zielsetzung dieser Neuorganisation war im wesentlichen die gleiche, wie sie auch bei der heutigen Aufbaugemeinschaft Ahrtal obwaltet; nämlich der Wiederaufbau der durch Naturereignisse und Kriegsgeschehen zerstörten oder beschädigten Weinbergsflächen. Dabei sollte nach Möglichkeit eine Zusammenlegung herbeigeführt werden.
Seitens der Staatsregierung waren im Jahre 1942 für diese Förderungsmaßnahmen aus öffentlichen Mitteln größere Geldbeträge bereitgestellt worden. Für das Weinbaugebiet der Ahr wurden 1500000 RM zugesagt, von denen sofort 900000 RM auf Abruf zur Verfügung standen. Wegen der durch die Ausdehnung der Kriegshandlungen auf unsere engere Heimat entstandenen Lage konnte bis zum Zusammenbruch im Jahre 1945 nur ein Betrag von rd. 200000 RM verwendet werden. Als Erstaufgabe war die Rebenaufbaugenossenschaft bemüht, das benötigte Pflanzholz heranzuziehen und den Winzern zu verbilligtem Preis zu überlassen. Es waren zu diesem Zweck zwei größere Grundstücke in geeigneter Lage der Gemeinden Rech und Mayschoß angepachtet und zur Anpflanzung vorbereitet worden, als der Kriegsausgang 1945 diesem Vorhaben ein Ende setzte.
In den Nachkriegsjahren 1950 bis 1958 fand dann in langsamem Wiederaufbau die Fortsetzung der Jungrebenheranzucht statt. Dabei entschlossen sich die Fachleute, die Rebschule von Rech auf die Insel im Flußgebiet der Ahr bei Marienthal zu verlegen. Für diese Regelung stellte das Land Rheinland-Pfalz einen größeren Zuschuß bereit, und ein Darlehnsbetrag der Wiederaufbaukasse mußte aus den späteren Erträgnissen der Rebschule verzinst und getilgt werden. Nur durch Jahreszuschüsse des Kreises Ahrweiler war es dann möglich, die Pflanzreben zu einem verbilligten Preis an die Winzer des Ahrtals abzugeben.
Im Jahre 1959 hat die Aufbaugemeinschaft „Ahrtal“ diese genossenschaftliche Organisation abgelöst durch Übernahme der Aktiven und Passiven, wobei die Genossenschaft liquidierte. Die Genossenschaftsmitglieder überließen der Rechtsnachfolgern ihre abgewerteten Geschäftsanteile als Zuschuß.
Seit dieser Rechtsveränderung hat die Aufbaugemeinschaft den Winzern des Ahrtals mehr als 100000 Stück Pflanzreben zu einem günstigen Preis verkaufen können.
Die Bemühungen der Aufbaugemeinschaft, den Wiederaufbau von Weinbergsgelände in den Umlegungsgebieten nach den Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes zu fördern, hatten bisher nur bei der Umlegung Heimersheim/Ehlingerberg Erfolg. Bei dieser Maßnahme sind durch das Kulturamt Adenau rd. 12600 m Wegelänge geschaffen worden; davon rd. 2300 m als befestigter Weinbergsweg.
Zusammengelegt wurden auf einer Weinbergsfläche von rd. 13 ha, rund 1000 Einzelparzellen der Beteiligten zu 93 neuen Weinbergsparzellen, die jetzt alle an einen Wirtschaftsweg heranreichen und mit Maschinenkraft bearbeitet werden können.
Weitere Umlegungen in Heimersheim II, Landskronerberg und Lohrsdorf, ferner Lantershofen/ Carweiler sind in Vorbereitung. Aufklärungsversammlungen über die Notwendigkeit der Flurbereinigung in der Landwirtschaft und insbesondere im Weinbau haben in den letzten Jahren in zahlreichen Orten stattgefunden. Immer wieder zeigt sich Unverständnis und Mißtrauen aus dem Kreis der Beteiligten. Die 8. Jahreshauptversammlung der Aufbaugemeinschaft Ahrtal, die am 9. Dezember 1964 unter dem Vorsitz des Verfassers im Saale des Ahrweiler Winzervereins stattfand, hatte sich neben der Erledigung der Regularien gemäß Satzung zur Aufgabe gestellt, die Weinbergszusammenlegung als dringende Gegenwartsaufgabe besonders herauszustellen. Sie hatte als Referenten für dieses Thema, den Experten Oberregierungsrat a. D. Nichuis, Bad Kreuznach, gewonnen. Dieser Redner war in der Tagespresse der Versammlung als der beste Fachmann für die Weinbergsflurbereinigung, den es z.Z. in Deutschland gibt, angekündigt worden. Der Referent hat nach dem letzten Krieg 17 Weinbergs-Zusammenlegungsverfahren in den verschiedenen Weinbaugebieten unseres Landes durchgeführt. Recht anschaulich und überzeugend gab der Redner einen umfassenden Überblick über diese wichtige Aufgabe. In der anschließenden Aussprache zeigte sich, daß die Zeit für die Umlegung der Weinberge im Ahrweinbaugebiet noch nie so günstig gewesen ist wie jetzt.
Dank der intensiven Bemühungen der Kreisverwaltung, des Kreisbauern- und -winzerverbandes, der Landeslehranstalt in Ahrweiler und des Kulturamtes Adenau ist es gelungen, für das Ahrweinbaugebiet für die Umlegung 80% Landeszuschuß und weitere 5% Zuschuß aus einem besonderen Fonds zu erhalten. Das wurde im Laufe der Diskussion auch von den führenden Persönlichkeiten: Landrat Urbanus, Oberreg.-Rat und Oberlandw.-Rat Broicher, Oberreg.-Rat Dr. Eggers, Oberreg.Rat Richard vom Kulturamt Adenau, Vorsitzenden des Kreisbauern- und Winzerverbandes Eduard Schütz, Lantershofen, u. A. bestätigt. Auch Vertreter der Winzer von Heimersheim und Ehlingen bestätigten den jetzt zu überschauenden Erfolg bei der ersten Zusammenlegungsmaßnahme im Kreise Ahrweiler, der wohl bald weitere Umlegungen folgen werden.