Die Sage vom TEUFELSLOCH
Neu erzählt von Dr. Hermann Otto Penz
TEUFELSLOCH IN ALTENAHR
Foto: Kreisbildstelle Ahrweiler
Als der Teufel einmal auf seinen Streifzügen ins Schluchttal der Ahr kam, da erblickte er rein zufällig an einem Fenster der damals noch nicht zerstörten Burg Are über Altenahr ein so schönes Mädchen, daß er wie gebannt stehen blieb und sich den Hals lind die Augen verdrehte nach dieser nie geschauten Schönheit. Nun, in Altenahr gibt es bis auf den heutigen Tag schöne Mädchen, aber das Burgfräulein von damals war sicherlich ein Ausbund an Schönheit, denn der Teufel war ja ein weit gereister Mann, der sich gern nach schönen Mädchen umsah. Wenn er also sich dermaßen den Hals verdrehte, so könnt ihr euch alle denken, daß er es nicht tat wegen eines Hutzelweibchens oder eines Allerweltmädchens, das man an jeder Straßenecke zu sehen bekommt. Es wird erzählt, das gute Kind, das es ihm so angetan hatte, sei gertenschlank gewesen, habe goldenes Haar, strahlend blaue Augen und lieblich anzuschauende Lippen gehabt. Nun, darauf kann man nicht viel geben, denn jeder Verliebte nennt ja sein Mädchen gertenschlank, und wenn es noch so rundlich, um nicht zu sagen dick, sei; und der Teufel war tatsächlich verliebt bis hinter beide Hörner. Nein, so was war ihm noch nicht passiert, wie hatte das nur geschehen können? Sogleich wollte er besitzen, was er gesehen, und ging auch gleich ans Werk mit allen jenen Teufelsschlingen und Listen, das schöne Kind zu Fall zu bringen, mit denen auch heute noch verführt wird; aber das schöne Kind war nicht nur schön, sondern auch klug und fromm, wie die Sage berichtet; es erkannte sogleich den Teufel und durchschaute Lug und Trug, obwohl der Bösewicht sich in einen feinen, reichen jungen Herrn verwandelt hatte, der immerzu von ewiger Liebe sprach. Trotz allem: der verteufelte Kerl tat ihr leid, weil sie fühlte, daß er in Unrast und Gier, Unzufriedenheit und unerfüllter Leidenschaft sich verzehren werde, da er das Liebe nannte, was in Wahrheit bloße Begierde war. So kam es, daß der Teufel einen mitleidigen, wehmütigen Blick des Mädchens auffing, aus dem so viel Bedauern und so viel Güte sprachen, daß sich dieser hartgesottene Höllenbursche plötzlich daran erinnerte, der vor seinem Abfall einst als dienender Engel das Gute hatte anschauen dürfen, hier einem Gnadenstrahl Gottes zu begegnen, der ihm aus den schönen Augen des Burgfräuleins erreichte. Es geschah das Wunder, daß er sich seines besseren, vorteuflischen Engeldaseins nicht nur erinnerte, sondern sich auch nach ihm zurücksehnte. Kaum hatte er dies nur gewünscht, da war er auch schon voll Engelsinn, der so Gewalt über ihn bekam, daß er augenblicklich ein grobes, braunes Sackleinengewand anlegte, sich einen Strick umband und als büßender Klausner eine armselige Hütte in den Ahrfelsen bezog. Er kasteite sich, daß es einen jammern konnte. Er nahm kaum Nahrung zu sich und fiel arg vom Fleisch; ein schmutziger, verfilzter Bart und blutunterlaufene, traurige Augen gaben ihm ein erbarmungswürdiges Aussehen, wenn er sinnend vor seiner Hütte hockte. Und sicherlich wäre manches in deinem und meinem Leben anders gelaufen, wenn der Teufel sich damals für immer bekehrt hätte. Aber wie der Zufall wollte, klopfte eines Nachts das holde Fräulein von der Burg unter Tränen an die Tür des Klausners und bat den ehrwürdigen Vater, ihr, einer Verirrten, Obdach zu gewähren, Da packte ihn die alte, heiße Höllenlust, und da auch das schöne Fräulein, erst einmal geküßt und berührt, ihr glühend verfiel, brauch ich a-uch eigentlich nichts mehr weiter zu erzählen. Aber doch, hört zu: Als der Teufel selig und erfüllt das Fräulein noch umschlungen hielt, stießen ihm zwei Hörner in die Wangen, plötzlich hielt er borstiges Haar und einen dürren Stangenlcib in Händen und erkannte seine teiiflich kichernde Großmutter, die, um das höllische Reich zu retten, als weinendes Burgfräulein zu ihm geschlichen war, um ihn zurückzureißen aus seinem Klausnerdasein. Fluchend und Feuer spuckend sprang er hoch, wütend packte er seine Oma und schleuderte sie durch die Hüttenwand und den angrenzenden Fels, so daß ein großmutttergroßes Loch entstand, durch welches die Alte über die Ahr hinweg in den felsigen Bergen niederfiel.
Wenn ihr das so entstandene Teufelsloch über Altenahr heute seht, so betrachtet es still und bekreuzigt euch, daß ihr dem abgefallenen Engel widerstehen könnt, wenn er euch, gleich in welcher Gestalt, in dieser Welt des verlorenen Paradieses begegnet oder ihn gar in euch selbst verspürt.