Die Römermauer hinter dem Rathaus von Remagen
Ein wichtiges Denkmal der Stadtgeschichte
Im Zuge der Stadtsanierung sollte auch schon seit einiger Zeit die römische Mauer von Remagen auf dem Parkplatz hinter dem Rathaus gesichert und gestaltet werden. Als eines der wenigen archäologischen Denkmäler und Relikte aus der römischen Zeit und von dem ehemaligen Kastell Rigomagus erinnert dieser Mauerrest als ein wichtiges Zeugnis an die stolze 2000-jährige Geschichte der Stadt Remagen am Rhein. Nicht allen Bürgern der „Römerstadt Remagen“ ist bewusst, dass ihre Stadt auf eine so lange und erfolgreiche Geschichte zurückblicken kann. Daher ist es wichtig, dass einer der wenigen, noch aus den Anfängen der Stadt stammenden Nachweise, der einst so festen Römermauer wieder ein würdiges Aussehen erhält. So waren Restaurierungs- und Sicherungsmaßnahmen schon seit langer Zeit überfällig, weil das Mauerwerk durch den Bewuchs von Efeu und Dornengestrüpp sowie Witterungseinflüsse, zunehmend gefährdet war und durch gelockertes, herabfallendes Steinmaterial nicht nur zu einem Ärgernis der Nachbarn und Bewohner von Remagen, sondern auch zur Gefahr für spielende Kinder und dort parkende Kraftfahrzeuge geworden war.
Sanierung
Zunächst wurde ein Ortstermin mit dem Bauausschuss der Stadt Remagen und der Fachbehörde, der archäologischen Denkmalpflege, Amt Koblenz (Dr. Wegner) vorgenommen und der Vorschlag einer Teilrekonstruktion und der Sanierungsarbeiten erörtert, um das Mauerstück in seinem Erscheinungsbild der ursprünglichen Form wirken zu lassen und die originale Bausubstanz zu sichern. So zeigt heute nach Fertigstellung der Restaurierung das kurze Mauerstück ein typisches Beispiel einer festen, stabilen, wehrhaften Kastellmauer, wie sie in der Spätantike zur Befestigung des gesamten Kastells und darüber hinaus der befestigten Plätze an der Rheinlinie der nördlichen Grenze des römischen Reiches angewendet wurde. Das massive Grauwackemauerwerk besteht aus sorgfältig zurecht geschlagenen Handquadern. Sie hatten ein bestimmtes Maß, das überall im römischen Reich, gleichsam genormt, immer wieder angewendet wurde. Auch die Mauer in Remagen ist in der zur Römerzeit üblichen, so genannten Schalenbauweise errichtet, d. h. nach außen hin bildete eine sorgfältig gemauerte Außenblendwand den optischen Eindruck einer gefälligen Steinmauer. Dahinter, zwischen beiden Schalen, wurde auf die gesamte Mauerdicke von bis zu 3,0 m Kleinsteinschlag verbunden mit dem festen römischen Trasskalkmörtel lagenweise aufgefüllt. Beides zusammen ergab die feste, stabile Wehrmauer, wie sie in Remagen noch ein Stück hinter dem Rathaus erhalten ist.
Reste von der Macht der Römerherrschaft
Der innere Mauerkern war also aus Steinbruchstücken und Mörtel gebildet. Dieser musste ebenfalls befestigt werden, weil ausbrechendes Steinmaterial somit auch eine Gefährdung für die Umgebung darstellte. Die erkennbare Außenschale, die vor der Restaurierung nicht mehr vorhanden war, schützt und sichert nunmehr den brüchigen Mauerkern. Das jetzt vermittelte Erscheinungsbild eines stabilen römischen Bauwerkes, das nahezu 2000 Jahre überstanden hat und gleichsam eine Weltherrschaft symbolisiert, die über ein halbes Jahrtausend und länger die Geschichte des Abendlandes bestimmte und gleichsam bis heute beeinflusst hat, wird der Bedeutung und der Ausstrahlungskraft des römischen Reiches wesentlich mehr gerecht und bringt unsere Vorstellung- und Erfahrenswelt der Geschichte deutlicher näher, als die wenig aussagefähigen Trümmer und zugewachsenen Relikte des ehemaligen zusammengefallenen und zerbröselten Mauerkernes. Dennoch muss sich der Betrachter heute immer klar machen, dass das über der Erde nunmehr sichtbare Bauwerk tatsächlich nur ein kleiner Teil der einst viel umfangreicheren spätrömischen Festungsmauer von Rigomagus gewesen ist. Ihre Struktur lässt sich an dieser Stelle noch gut nachvollziehen, sieht man von der Plattenlage auf der jetzigen Mauer einmal ab, die als moderner Wasserabweiser notwendig wurde.
Wie lange diese römische Festungsmauer in der Spätantike und dem frühen Mittelalter in ihrem Gesamtbestand gehalten hatte und stehen geblieben war und wer im Schutze dieser mächtigen Mauern lebte, ist nicht bekannt. Doch nutzten in späteren Jahrhunderten die Bürger am Rhein diese massive Bauten der Römer als willkommene Steinbrüche zum Bau für die eigenen Häuser und öffentlichen Gebäude. So wurden die Steine im Laufe der Zeit mehrfach wieder verwendet und die römische Mauer blieb nur noch in einem bruchstückhaften Zustand zurück, weil sie vermutlich in bestehende Bauten des Mittelalters mit einbezogen worden war.
Teil der Nordgrenze des Römerreiches
Auch wenn dieses Teilstück der Römermauer hinter dem Rathaus nur einen kleinen Ausschnitt der ehemals großen Befestigung wiedergibt, die ein leicht verschobenes Rechteck von 120 m x 100 m bildete, dokumentiert sie doch eine lange Geschichte. Als die Römer an den Rhein kamen, haben sie am höchstgelegenen nahezu ebenen Platz der Stadt das erste Militärlager errichtet und es mit einer so genannten „Holz- Erde- Mauer“ befestigt. Dieses wehrhafte Lager wurde bereits, vermutlich durch die Aufstände der Bataver, im Jahre 69/70 zerstört. Das Kastell hatte eine Breite immerhin von 100 m und stand mit der Schmalseite zum Rhein, wo Teile des Terrains inzwischen durch den Fluss abgeschwemmt wurden, so dass die genaue Länge nicht bekannt ist. Denn die Umwehrung bestand aus einem Erdwall, der durch eine einfache Palisade verkleidet war, vor dem sich zwei Spitzgräben befanden. Nach der unangenehmen Erfahrung der Zerstörung durch den Aufstand wurde dieses Kastell stabiler und massiv in Stein wieder aufgebaut. Ein wenig größer und in der Richtung nur unwesentlich verändert, nahm es eine Breite von 110 m und eine Länge von 140 – 150 m, also einen Flächeninhalt von 1,6 ha ein. Die Umwehrung bestand aus einer 1,0 m – 1,20 m breiten Steinmauer mit rückwärtig angeschüttetem Erdwall (Vallum) und vor gelagertem Spitzgraben. Nach innen war die Mauer durch rechteckige Türme verstärkt, die in einem Abstand von etwa 16 m standen, die Ecken waren mit trapezförmigen Türmen ausgestattet. Von der Innenbebauung sind größere Baukomplexe nachgewiesen, z.B. im Bereich der Via Principalis und der Kommandantur, aber auch Wohngebäude mit Hypokausten und Kellern sowie Entwässerungssystemen wurden nachgewiesen.
Auszug aus dem Plan der Stadt Remagen mit Eintragungen der römischen Kastellmauer
Der noch erhaltene Mauerkomplex am Platz hinter dem Rathaus gehört zu der spätrömischen Befestigungsanlage wie sie beim Ausbau der nördlichen Grenzlinie des römischen Reiches unmittelbar am Rheinstrom gegen Ende des 3. Jh./Anfang des 4. Jh. ausgebaut wurde. Befestigungsanlagen wie in Andernach, Koblenz, Boppard, Bingen, Mainz und anderen gehören in diese wichtige Ausbauphase, deren starke Bauwerke den Übergang zur Spätantike repräsentieren. Reste dieses Kastells sind auch noch an der Südwestecke der Pfarrkirche St. Peter und Paul erhalten und zeigen somit die Breite des Kastells an der Südseite an. Die Stationierung einer Benefiziariereinheit, und der Bau eines „Burgus“ mit Schiffsanlegestelle am Rhein waren die letzten römischen Einrichtungen. Danach geht Mitte des 5. Jahrhunderts die römische Geschichte in Remagen zu Ende und es beginnt die Zeit der Spätantike und des frühen Christentums. So bildete Remagen mit seinem ehemaligen Kastell Rigomagus einen wichtigen Bestandteil der so genannten „nasse Grenzlinie“ des römischen Reiches am Rhein vom caput limitis in Rheinbrohl über Bonn, Köln, Neuß, Dormagen, Xanten, Nimwegen bis an die Nordsee.
Das Römerkastell Rigomagus, Rekonstruktionszeichnung (nach H.-H. Wegner und M. Meinen)
Literatur:
- D. Haupt, Remagen – Rigomagus. In J. E. Bogaers und C. B. Rüger, Der niedergermanische Limes. Kunst und Altertum am Rhein 50 (1974) 208 – 213
- H.-H. Wegner, Remagen, Kreis Ahrweiler, Kastell Rigomagus. In H. Cüppers, die Römer in Rheinland-Pfalz (1990) 529 – 531.
- K. Kleemann, Das römische Museum Remagen. Rheinische Kunststädten Heft 401 (1994)
- H.-H. Wegner, Archäologische Untersuchungen im Pfarrgarten St. Peter und Paul zu Remagen. Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 45 (1993) 9-15.
- H.-H. Wegner, Berichte zur Archäologie an Mittelrhein und Mosel 1, 1987, 247 ff.; 2 1990, 335 ff.; 3, 1992, 512 ff.