Die Rechte des Reichsstiftes St. Servatius zu Maastricht in Ahrweiler und Wadenheim

Die Stiftsherren von St. Servatius zu Maastricht gehörten zu den ältesten Grundbesitzern in Ahrweiler und Wadenheim. Schon 1051 schenkte Kaiser Heinrich III. dem Stift sein Gut in „Watenheim“ und „Willre“ in der Grafschaft des Grafen Sicgo im „Aregowe“ mit allem Zubehör an Hörigen, Hofstätten, Gebäuden, bebauten und unbebauten Ländereien, Äckern, Wiesen, Weiden, Feldern, Wäldern, Jagden, Gewässern und Wasserläufen, Mühlen und Mahlwerken, Fischereien, Einkünften und Gefällen, Wegen und Stegen.

Dieser „in villa Willre“ beschriebene Hof lag in Gisenhofen, dem ausgegangenen Weiler vor dem Obertor in Ahrweiler, dort ungefähr, wo heute der Winzerverein liegt. Das Hofgut bestand aus Haus, Hof, Kelterhaus und Garten. Zwischen 1465 und 1482 kam ein Hof innerhalb der Mauern dazu. Er lag in der Altenbau-straße auf Prümer Gerechtigkeit und war früher im Besitz des Johann Blankart. Da 1474 im erzstiftischen Krieg Ahrweiler von den Truppen des Erzbischofs Ruprecht erfolglos belagert wurde und die abziehenden Truppen die außerhalb der Mauern liegenden Weiler dem Erdboden gleich machten, ist eine Verlagerung des Hofes von Gisenhofen in die Stadt nachzuvollziehen.

Am 25. Oktober 1465 haben die Hofgeschworenen des Herrenhofes von St. Servatius das Güterregister auf der Grundlage alter Rollen erneuert. Gleichzeitig wurde das Hofweistum aufgeschrieben. Es enthält für Ahrweiler und Wadenheim einige oft zitierte aber nie ausführlich berichtete Einzelheiten. Im Nachfolgenden ist der Text in der Hochdeutschen Sprache wiedergegeben.

Das Güterverzeichnis und Hofweistum

1. Die Herren von St. Servatius haben zu Gisenhofen eine Wohnung bestehend aus Haus, Hof, Kelterhaus und Garten. Der Besitz liegt in Blocklage hinter Hermann Ruwens Haus am Bach. Er wird der Hof von St. Servatius genannt.

2. Der Hofschultheiß von St. Servatius hält mit seinen Hofleuten jedes Jahr drei Hofgedinge (= -gerichte) ab, und zwar am Mittwoch nach dem Dreikönigstag, am Mittwoch nach dem nächsten Sonntag nach Ostern und am Mittwoch nach St. Johannestag im Mitsommer. Dann mahnt der Schultheiß die Hofleute bei ihre Eiden, die sie St. Servatius und den Herren von St. Servatius getan haben, Tatsachen, die ihnen bekannt seien, die unseren Herren von Nachteil sein möchten, vor Gericht zu bringen. Er soll fragen, ob es Rechte gäbe, die verletzt oder vergessen worden wären, ob gegen sie Unrecht geschehen sei. Das alles sollten die Hof-leute bei ihren Eiden sagen und offenkundig machen, wie das an den Vogtsgerichtstagen üblicherweise getan wird.

3. Die Herren von Saffenberg oder ihre Stellvertreter sind Vögte unserer Herren von Gisenhofen. Wenn das Stift, sein Schultheiß oder seine Diener ein Geleit für ihre dort wachsenden Weine beantragen, soll der Vogt die Weine auf seine Kosten von dem Hof in Gisenhofen bis nach Wichterich über den Roten Bach geleiten und dort stehen bleiben, bis der Wein hinter der nächsten Anhöhe verschwunden ist und er die Weine nicht mehr sehen kann. Das Stift gibt dem Vogt für seine Rechte und Pflichten jedes Jahr auf jedem Vogtsgeding einen halben Malter Weizen und vier Viertel Wein.

4. Die Herren der Grafschaft Neuenahr, die die Vögte unserer Herren von St. Servatius zu Wadenheim sind, holen alle Jahre, wenn der Wein gut ist, eine Tonne Wein aus den fünf Herrenhöfen, die da [in Ahrweiler] liegen und von denen der St. Servatiushof einer ist. Aus jedem Hof sollen 13 Quart genommen werden. Sie zapfen oder haben die Wahl, falls ihnen das erste angestochene Fass nicht zusagt, bis zum dritten Fass zu proben. Beim dritten Fass müssen sie bleiben, auch wenn der Wein schlechter ist als der aus dem ersten Fass. Auf Grund dieses Rechtes führt das Stift seinen Wein zollfrei durch die Grafschaft Neuenahr und durch den Eckendorfer Zoll.

5. Schultheiß und Hofleute sprechen über alle Lehnsgüter und Splissgüter, die vor das Hofgericht gehören, Recht. Dem Vogt von Ahrweiler steht die Gewalt (Ausführung) darüber zu. Der Schultheiß ist ihm für sein Recht eine halbe Mark kölnisch schuldig auf Kosten der Partei, die um die Rechtsprechung ersucht hat.

6. Gleiches gebührt dem Richter von Wadenheim, der auch die Gewalt über die Güter hat, die zum Hof in Wadenheim gehören.

7. Den Hofleuten zu Gisen-hofen steht von jeglichem Vogtsgeding ein Viertel Wein zu. Sie sollen noch ein Viertel Wein haben, weil sie um den Laurentiustag (10. August) die Weingüter des Stifts auf gute Pflege hin prüfen. Das macht zusammen vier Viertel Wein.

8. Der Knecht oder Bote der Herren zu Wadenheim holt in der Lesezeit einen kleinen Korb Weintrauben, von denen fünf einen Legel [liell] ausmachen. Er soll dazu auch ein Paar weiße Handschuhe oder einen kölnischen Schilling haben.

9. Die Weinbergsschützen bekommen jährlich für ihre Hut und ihre Arbeit zu Gisenhofen und zu Wadenheim von jedem Viertel Weingarten einen Kopf [cop ca. 1l] Pachtwein. Davon bezahlt das Stift seinen Anteil. Bei Missernten sollen sie für jeden Kopf 3 Heller haben.

10. Die Pacht ist jedes Jahr zum Fest des hl. Martins, des heiligen Bischofs, fällig. Sie muss zwischen dem Martins- und dem Andreastag bezahlt werden. Dann nicht bezahlte Pachtzinsen wird der Schultheiß nach Hofrecht unter Heranziehung der Hofleute verfolgen. Ein alter Morgen bringt drei Pfennige Pachtzins, ein kölnischer oder Halber Morgen zwei Pfennige Pachtzins. Ein Pfennig Zehrgeld ist ein Pfennig Pacht. Pachtzinsen, die die Herren von Saffenberg, von Blankenheim und Prüm dort zu geben haben, empfängt der Schultheiß von St. Servatius auch. Zwölf Pfennige machen einen Schilling aus.

11. Alle Kurmuten fallen an das Stift St. Servatius. Als Kurmut steht dem Stift das beste Pferd zu. Hat der kurmutige Verstorbene kein Pferd, muss das beste Stück Vieh, Ochs oder Kuh, gegeben werden. Ist auch kein Vieh vorhanden, ist ein Silberner Pflug fällig. Das sind fünf Mark kölnisch. Ist der Verstorbene arm gewesen, erlässt der Schultheiß gewöhnlich im Einverständnis mit den geschworenen Hof-leuten die Zahlung.

Die Kurmut von Wilhelm Roelens Sohn besteht im besten Kleid. Wer ein doppelt kurmutiges Gut besitzt, soll einen Halfmann zum Erben einsetzen. Der ist auch zweimal die Kurmut schuldig.

12. Die Teilpächter müssen die Weingärten des Stiftes so oft als nötig misten. Diejenigen, die Splissgüter oder Battungsland haben, dürfen von der Mistung keinen Vorteil haben, es sei denn, dass eine andere Abmachung vor Schöffen und Hofleuten getroffen worden wäre.

13. Die Landmaße zu Ahrweiler sind wie folgt festgelegt: 16 Fuß lang und breit machen eine Rute. 150 Ruten machen einen Morgen; das sind 37 1/2 Ruten für ein Viertel. Und vier Pinten machen ein Viertel. Das sind für jeden Pint 9 Ruten 6 Fuß.

Die Kornmaße: 6 Fass oder 6 Sümmer oder 6 Sester sind 24 Mühlfass oder einen Malter. Vier Mühlfass machen einen Sümmer oder Sester, das sind 24 Mühlfass für einen Malter.

Das sind die Hofleute zu Gisenhofen:

Reynart Karde, Tielgen Kolven, Hermann Ruwe, Pauwels Johann Kremers son, Johan Meun, Godart Schenck, Daim Ruwen, Wilhelm Roele son, Herman Schroeder, Herman in me Loch, Johann Moyn van Elfenfelde, Tilman Scheffen, Styne Konyxfelt, Peter Bullesem, Peter Wynman [alle dingmütig]

Das sind Hofleute zu Wadenheim:

Herman Schampert, Diederich van Develich, Cristian Haper, Philips Hemps, Johan Becker, Gerat ind Johan Zergeselle, Synaetz Henne, Gobel Schuys, Johan Fymbrich, Girde Guyt Johans, Herman Berell, Steven Muyrss [alle dingmütig]

Im Jahre des Herrn 1465 auf St. Crispin- und Cryspianustag, dem Fest der Heiligen Schuhmacher.

Quelle:

Reichsarchiv Maastricht, Kapittel van Sint Servaas Nr. 301.