Die Pfarrhäuser in Burgbrohl
Pfarrhäuser sind neben der Kirche immer auch Zentren der Seelsorge und spielen als solche in ihrer Bauweise und Lage eine wichtige Rolle im Gemeindeleben.
Die Geschichte der Pfarrhäuser in Burgbrohl ist eng mit der Geschichte der Pfarrei, des Ortes und der jeweiligen herrschenden Burgherren verbunden.
Die umfangreiche Inanspruchnahme und Beeinflussung der Pfarrer durch die Familien von Braunsberg und von Bourscheid im 17. und 18.Jahrhundert brachte es mit sich, dass den Pfarrern während ganzer Zeitabschnitte sogar eine Wohnung im Schloss zur Verfügung gestellt wurde. Dies hatte zur Folge, dass zeitweise bestehende Pfarrhäuser ungenutzt blieben und dadurch vernachlässigt wurden. Darüber hinaus ist die Abhängigkeit der Pfarrer vom Burgherrn durch freie Wohnung und Logis im Schloss unübersehbar.
Pfarrei seit 1330
Die erste Nachricht von einer Pfarrei und Kirchengemeinde in Burgbrohl stammt aus dem Jahre 1330, als die Pfarrgemeinde mit der für die Diözese Trier angesetzten Steuer – der sogenannten Taxa generalis – erwähnt wird.
In einer im Jahre 1730 angefertigten Zeichnung von Renier Roidkin können wir auf der linken Talseite eine kleine Kirche erkennen. Der Standpunkt dieses kleinen Gotteshauses liegt in der Nähe des Kreuzungspunktes der jetzigen Wilhelm-Bell-Straße und dem Hohen Weg. Die Lage dieser Kirche ist durch den Fund mehrerer alter Grabsteine vom zugehörigen Kirchhof bestätigt worden.
Ansicht von Burgbrohl von Renier Roidkin, um 1730
Sie wurden beim Bau der Brohltalbahn und mehrerer Wohnhäuser um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert festgestellt. Die Grundstücke zur Errichtung der Häuser der Familien Gehrunger, Schmitt, Rübenach und Bell waren zudem von der Pfarrgemeinde aus der Flur „Im Pastorenstück“ erworben worden, eine Flurbezeichnung, die auf alte Besitzverhältnisse der Kirchesicher schließen lässt.
In der Roidkin-Zeichnung sehen wir in unmittelbarer Nähe der kleinen Kirche auch einen respektablen Hausbau mit einem damals selten ausgebauten Obergeschoss. Die Nähe zur Kirche, ein erhöhter Standort und die Lage in Richtung zum späteren Pfarrgarten lassen vermuten, dass es sich um das Pfarrhaus handelt. Ebenfalls erkennt man unterhalb der Burg die um 1418 ohne eine neues Pfarrhaus erbaute zweite Kirche der Pfarrgemeinde. Das alte Pfarrhaus erfüllte also auch nach Errichtung der größeren Kirche zeitweise seine Aufgabe als Wohnsitz des Pfarrers.
Testament der Elisabeth v. Vlatten
Ein wichtiger Hinweis auf das Pfarrhaus in Burgbrohl ist im Testament der Elisabeth v. Vlatten aus dem Jahre 1478 enthalten. Sie, die letzte aus dem Geschlecht v. Brule, stiftete einen Katharinenaltar mit der Maßgabe, dass der Beneficiat, dessen Inhaber meist der Pastor von Oberlützingen war, in einem in Burgbrohl stehenden Haus Wohnung zu nehmen habe. Diese fromme Schenkung enthielt auch Grundstücke in der Nähe der Schienbergsmühle im Gleesbachtal. Deren Flurname „Katharinenheck“ und „Katharinenwiese“ blieben bis in die Neuzeit erhalten.
Pfarrer Sieglohr
In der Folgezeit, besonders durch den Neubau der zweiten Kirche in der Nähe des Schlosses und den zunehmend schlechten baulichen Zustand des alten Pfarrhauses bedingt, gerieten die Pfarrer in eine immer größer werdende Abhängigkeit zu den Familien v. Braunsberg und v. Bourscheid. Höhepunkt dieser Entwicklung war die fast ausnahmslose Tätigkeit des Parrers Johann Michael Sieglohr als Verwaltungschef der Herrschaft Burgbrohl.
Die Vernachlässigung seiner priesterlichen Aufgaben und andere Unregelmäßigkeiten führten deshalb am 27. Februar 1750 zu seiner Abberufung als Pfarrer. Während seiner gesamten Dienstzeit von 1743 an stand ihm eine Wohnung im Schloss zur Verfügung.
Pfarrhäuser im 18. und 19. Jahrhundert
Der schlechte Zustand der älteren Kirche und des Pfarrhauses, über den der Visitationsbericht von 1785 berichtet, führte zum Abbruch dieser beiden Gebäude.
Etwa um die Jahrhundertwende vom 18. zum19. Jahrhundert nahmen die Burgbrohler Pfarrer endgültig Wohnung in dem zum Bourscheidschen Besitz gehörenden ehemaligen Amtshaus in der Hauptstraße (heute Nr. 77). Dieses bis zum Bau der „Krone“ 1775 durch Johann Peter Sieglohr größte Anwesen im Ort, hatte dadurch seine ursprüngliche Aufgabe als Amtshaus verloren. Von 1802 – 1804 wohnten Pfarrer Jakob Heinrich Roos und von 1804 bis1822 Pfarrer Kaspar Neuhaus in diesem weitläufigen, mit Scheune Stallungen und einem großen Garten versehenen Anwesen.
Im Visitationsbericht von 1828 werden dieses Pfarrhaus und die dazugehörigen Wirtschaftsgebäude als in gutem Zustand geschildert. In welchem Umfang in den Anlagen des ehemaligen Amtshauses auch noch später von der Kirchengemeinde der Wirtschaftsbetrieb von Weinbau- und -ausbau weiter geführt wurde, geht aus einer Notiz von 1891 im Pfarrarchiv Burgbrohl hervor: Es wird darin berichtet, dass 76 Thaler,27 Silbergroschen für die Anlage eines Weinberges im „Pastorenstück“ und 12 Thaler und 22 Silbergroschen zur Anschaffung einer Kelter für das Pfarrhaus aufgewendet worden waren.
1836 starb Ludwig v. Bourscheid ohne Erben und Testament als letzter seines Geschlechts. Das gesamte Erbe wurde mit Ausnahme des ehemaligen Amtshauses und des 1798 erbauten Schulhauses (heute Nr. 85) am 30. Mai 1837 zu Gunsten der Gemeinde versteigert. Die beiden genannten Gebäude sollten weiterhin als Pfarrhaus und Schulgebäude zur Verfügung stehen.
Das ehemalige Amtshaus als Pfarrhaus
Bauart und Anlage des großen Wohnhauses mit 13 Zimmern und seinen umfangreichen Wirtschaftsgebäuden sowie seiner Bauweise mit bis zu 70 cm starken Außenwänden aus Bruchstein, lassen auf eine Bauzeit im Zeitraum von 1650 bis 1700 schließen.
Im Visitationsbericht von 1840 wird der Zustand des Wohngebäudes als gut bezeichnet („in bono statu“). Die Scheune wird aber als zu klein, der Garten dagegen als ausreichend bewertet. Es wird dringend empfohlen ihn mit einer Mauer zu umgeben.
Aus der aus dieser Zeit vorliegenden Grundrisszeichnung geht hervor, dass das fast 19,00 m lange und etwa 6,30 m breite Gebäude in zweiidentische Hälften geteilt war, deren eine Hälfte der Pfarrer, die andere der Steuereinnehmer und Kirchenrechner Zimmermann bewohnte. Beide Gebäudehälften besaßen einen eigenen Eingang von der Straßenseite mit wenigen Treppenstufen und einen bis zum Hof führenden Durchgang.
Im Hof befanden sich die Toiletten und die für den Wirtschaftsbetrieb des Pfarrers notwendigen Scheunen mit einer großen Toreinfahrt ,Stallungen für Schweine, Ziegen und Hühner. Wie aus einer Notiz der Sitzung des Kirchenrates vom 21. Januar 1845 hervorgeht, befand sich östlich des Pfarrhauses der große Garten, der sich wohl zeitweise in einem schlechten Zustand befand. Der Kirchenrat stellt fest,„…dass der zum Pfarrhaus gehörende Garten einer Mauer bedürfe, weil derselbe mehr einem offenen Felde als einem Garten ähnlich sehe, von der Seite der Straße auf die ekelhafteste Weise verunreinigt und das Gewächs durch Schweine und andere Tiere beschädigt werde. “Über den baulichen Unterhalt des Pfarrhauses aus dem v. Bourscheidschen Besitz bestanden zwischen der Zivilgemeinde und der Pfarrgemeinde wohl von Anfang an Meinungsverschiedenheiten.
Nachdem beispielsweise Pastor Müller am 16.Juli 1850 bei Bürgermeister Jesse die Herstellung der Zimmerdecke in drei Räumen des Pfarrhauses angemahnt hatte, antwortete dieser am 18. Juli 1850 und wies darauf hin, dass das Haus in einem guten Zustand übergeben worden sei und die Kirchengemeinde es zu erhalten habe.
Neubau
Fast 50 Jahre später stellte sich dann im Zusammenhang mit den Planungen für den Baueiner Pfarrkirche, die 1908 fertiggestellt wurde(1909 konsekriert, auch die Frage nach dem Neubau eines Pfarrhauses. Der Kirchenvorstand beriet hierüber am 13. Dezember 1899.Dieser wurde dann 1903 begonnen und 1906mit Gesamtkosten von 14 000 Mark vollendet. Das ehemalige Pfarrhaus in der Hauptstraße wurde am 6. März 1906 je zur Hälfte an Gärtnermeister Peter Dietzler mit zusätzlichen Grundstücken für 9 500,– und an Maschinenwärter Anton Wilhelm Josef Müller für 6050,-Mark verkauft.
Das Kulturhaus für die Ortsgemeinde Burgbrohl steht an einem traditionsreichen Platz.
Der ehemalige Pfarrgarten wurde zum größten Teil von Peter Dietzler für seinen Gärtnerbetrieb genutzt. Bei diesen Kaufverträgen tauchen zum letzten Mal die Zwistigkeiten auf, die seit dem Übergang des Hauses von der Familie von Bourscheid zur Gemeinde zwischen der Pfarrgemeinde und Ortsgemeinde aufgetreten waren. So kann man sich nur wundern, dass dennoch als Verkäufer sowohl die Ortsgemeinde als auch die Pfarrgemeinde Burgbrohl auftraten. Die Rechtslage erscheint hierbei auch nach Kenntnis des Vertrages sehr verworren.
Das veräußerte Gebäude blieb teilweise unverändert, im unteren Teil wurde es erweitert. Der Abriss des oberen Teils des ehemaligen alten Pfarrhauses, das im 18. Jahrhundert auch Amtshaus gewesen war, erfolgte in den 60igerJahren des 20. Jahrhunderts. Es wurde durch einen Neubau ersetzt. Im Jahre 2005 entstand an der Stelle des unteren Teils außerdem ein Kulturhaus für die Ortsgemeinde Burgbrohl. Damit beginnt in Burgbrohl an einem traditionsreichem Platz, dessen Geschichte durch die Ausführungen zur Geschichte der Pfarrhäuser aufgezeigt wurde, ein neues Kapitel.
Quellen und Literatur:
Die Ausführungen stützen sich u. a. auf Archivalien im Landeshauptarchiv Koblenz Abt. 441 Nr. 153/13; Bistumsarchiv Trier (Visitationsberichte von Burgbrohl); Unterlagen im Pfarrhaus von Burgbrohl (Stand 1990).