Die Kraft eines einfachen Lebens
Erzbischof Cyrillus Jarre aus Ahrweiler
Dr. Herbert Schneider OFM
Im Sankt Meinrad Verlag zu Sinzig ist im Jahre 1989 ein Buch des Guardians des Franziskanerklosters zu Remagen und bisherigen Provinzials der kölnischen Franziskanerprovinz, P. Dr. Herbert Schneider erschienen. Es handelt unter dem Titel „Und dennoch wird Gott siegen“ von einem berühmten Sohn der Stadt Ahrweiler. Cyrillus Jarre. der als Märtyrerbischof am 8. März 1952 in China starb. Zum ersten Mal liegt hiermit eine umfangreiche Lebensbeschreibung dieses Glaubenszeugen vor.
Erzbischof Cyrillus Jarre lebte persönlich in beeindruckender Weise einfach und bescheiden. Auch sein chinesischer Rock – in der Kleidung der damaligen Zeit – war sehr abgenutzt. Schwestern fertigten ihm in einer Näherei einen neuen an. Einmal trug er ihn, doch dann sah man ihn nicht mehr darin.
Etwas vorwurfsvoll gefragt, wo er denn den neuen Rock gelassen habe, antwortete er: „Es war ein Priester aus einer entfernten Station hier, dem habe ich den Rock gegeben. Er war noch bedürftiger als ich.
Dieser Cyrillus Jarre, mit Taufnamen Rudolf. wurde am 2. Februar 1878 in Ahrweiler geboren. Sein Leben lang behielt er sich seine Zuneigung zu seiner Heimatstadt und er machte aus seinem rheinischen Charakter keinen Hehl.
Aber er zieht in die weite Welt, als Missionar. Im weltweiten Franziskanerorden kommt er nach seiner Priesterweihe am 14. August 1903 schon im Jahre 1904 in China zum Einsatz. Sein Wirkkreis wird die Provinz Shantung, die stolz darauf ist, die Heimat des großen chinesischen Volkslehrers Konfuzius zu sein.
Cyrillus Jarre wirkt zunächst als Missionar auf dem Land. Aber bald schon wird er als Lehrer an das Priesterseminar nach Hungkialou bei Tsinanfu berufen. Diese Stadt liegt am Gelben Fluß und heißt heute Jinan.
Er kleidet sich wie ein Chinese. So war es damals üblich. Dieser kleine, bewegliche und geistig hellwache Priester und Ordensmann meint es ernst, sich in China zu inkulturieren. Die Kleidung ist nur die äußere Konsequenz für eine innere Haltung.
Für einige Jahre von 1923 bis 1929 treffen wir Cyrillus Jarre als Professor für Missionswissenschaft und praktische Missionsarbeit in Rom an.
Erzbischof Cyrillus Jarre
Während seines Aufenthaltes in Rom wird er zum Bischof von Tsinanfu ernannt, seines Missionsgebietes. Seine Heimatstadt Ahrwei-ler ist auf den Beinen, als er am 25. Juli 1929 in Trier zum Bischof geweiht wird. Noch in demselben Jahr kehrt er nach China zurück in sein neues Bistum.
Cyrillus wird Bischof aller und er bleibt sich treu – in beeindruckender Einfachheit und menschlicher Nähe trotz seiner hervorragenden Kenntnisse des Rechts.
Berühmt wird er durch seinen sozialen Einsatz für die Menschen bei Hungerkatastrophen und Überschwemmungen. Bis heute noch mehr bekannt ist er wegen seiner einmaligen und hervorragenden Leistung der Übersetzung des chinesischen Rechtsbuches in das Lateinische und dann vor allem durch die Übersetzung des katholischen Kirchenrechts in die chinesische Sprache. Wer weiß. wie schwer die chinesische Sprache ist, kann diese Leistung eines Europäers ermessen.
Am berühmtesten wird er jedoch durch seine Entschiedenheit zum Martyrium unter den Kommunisten. In seinem Leiden und Sterben infolge harter Kerkerhaft sieht er immer noch die anderen Menschen, vor allem seine Mitgefangenen, als ärmer an. So gibt er von seinem Essen mit, vor allem von seiner Liebe.
Die Sitztorturen im Gefängnis und die Behandlung waren eine Qual, aber sein Geist blieb klar, auch in den Gehirnwäschen und Verhören.
Auch der tote Bischof blieb nicht unverschont. Er mußte buchstäblich sein letztes Hemd hergeben. Da er von Christen in roten Meßgewändern als Zeichen des Martyriums begraben wurde, nahmen die Kommunisten ihn wieder aus dem Grab heraus, setzten den toten Bischof auf einen Stuhl und zogen ihm die Gewänder aus. Sie wollten ihm Sträflingskleider anziehen und als Verbrecher in die Erde geben. Da beginnen die Christen, sich zu wehren und sie setzen eine Beerdigung in weißen Gewändern durch.
Die Umstände um Sterben und Beerdigung des Bischofs rufen eine pfingstliche Erneuerung unterden Christen hervor. Ihr Bischof, der im Jahre 1946 auch Erzbischof geworden war. wurde im Tode und für die Zeit danach bis heute für die Christen zu einem Fels des Glaubens.
Heute noch verehren Christen sein Grab und holen sich Kraft in der Erinnerung an ihren toten Bischof. Cyrillus Jarre ist lebendig geblieben und lebt.