Die Jagd im Kreis Ahrweiler
Dieter Stich
Der Kreis Ahrweiler reicht vom Rhein bis hinter den Nürburgring. Wer ihn kennt, der weiß, daß seine Landschaft verschiedenartigen Charakter„hat und entstehungsgeschichtlich sehr interessant ist. So vielfältig sich die Landschaft darstellt und — bedingt durch Höhenlage und Geländegestaltung — so unterschiedliche Klimate herrschen, so vielfältig sind auch die Pflanzen- und Tierwelt dieses herrlichen Stückes Erde.
Von den freilebenden jagdbaren Tieren und der damit verbundenen Jagd in dieser unserer engsten Heimat soll hier die Rede sein. Im Kreisgebiet gab es von Natur aus seit altersher einen sehr artenreichen Wildbestand, der sich allerdings in den letzten 50 Jahren durch zunehmende „Bebauung und Beunruhigung der freien Wildbahn sehr verändert bzw. verschoben hat. Beim Niederwild wirken sich hier auch die veränderten Anbau-, Pflege- und Ernteverfahren in der Landwirtschaft nachteilig aus.
So gibt.es in der Rheinniederung „Goldene Meile“ keine Trappen mehr, die in dem Gebiet zwischen Bad Breisig und der Ahrmündung früher ständig vorkamen. Auch Rebhühner und Feldhasen, die ursprünglich in den Feldern am Rhein und des unteren Ahrkreises sehr zahlreich waren, sind stark zurückgegangen. In manchen Jagdrevieren sind sie bereits zur Seltenheit geworden, so daß1 in ihnen seit
Jahren weder Huhn noch Hase geschossen wurde. Beim Fasan, diesem farbenprächtigen Flugwild, ist die Situation ähnlich.
Der immer schon weniger zahlreiche, aber oft stärkere Waldhase kommt noch im gesamten Kreisgebiet vor, obwohl im rauhen Eifelklima nicht so häufig. Auch in den ausgedehnten Waldungen ohne Felder ist er weniger häufig anzutreffen, da auch der Waldhase zur Nahrungsaufnahme gerne ins Feld hoppelt und ein Leben am Waldrand bevorzugt.
Eine unserer interessantesten Wildarten, die außer in reinen Waldrevieren und ausgesprochenen Hasenrevieren fast überall vorkommt, ist das Wildkanin. Mit Vorliebe hält es sich auf mit Buschwerk bestandenem Ödland, an Feldrainen, in Weinbergen und verwachsenen Baggerlöchern auf. Zwar wurde diesem grauen Flitzer in den letzen Jahren durch die aus Frankreich hereingebrochene Myxomatose, eine grausam wirkende Kaninchenseuche, übel mitgespielt, so daß er in etlichen Jagdrevieren fast ausgerottet war. Aber diese vermehrungsfreudige Wildart erholt sich immer wieder.
Das gleiche gilt für den Fuchs, der durch die Tollwut und die daraus resultierende Begasung der Fuchsbaue im gesamten Kreisgebiet stark dezimiert wurde und trotzdem überall wieder auftaucht. Das ist gut so. Denn beide Wildarten gehören einfach in unsere Landschaft.
Eine überall und noch häufig anzutreffende Wildart ist das Rehwild, wenn auch durch ständige Beunruhigung durch Spaziergänger mit Hunden, Trimm-dich-Betrieb und Reiter im Wald sehr scheu geworden.
Auch das urige Schwarzwild ist — Gott sei Dank — in unserem Kreis noch heimisch. In letzter Zeit ist allerdings eine Abwanderung der schwarzen Gesellen aus einigen seiner angestammten Eifelreviere in den unteren Ahrkreis zu beobachten. Ursache hierfür ist vermutlich der verstärkte Maisanbau in dieser Region, da Mais eine vom Schwarzwild sehr geschätzte Frucht ist.
Der Kreis Ahrweiler hat ein beachtliches Vorkommen an Rotwild aufzuweisen. Uralte, oft jahrhundertealte Fernwechsel dieses Wildes führen aus den Ardennen bis in die Eitel. Sie werden von den Hirschen unbeirrt eingehalten.
Sie zogen bis auf die Rheinhöhen und ließen sich auch durch den Bau der Autobahn A 61 nicht davon abhalten. Diese mußte schließlich zur Vermeidung von Unfällen mit einem Wildzaun versehen werden. Die Eifelhirsche sind gut veranlagt und bilden starke Geweihe, die im Vergleich mit anderen Rotwildgebieten Deutschlands einen guten Platz einnehmen.
In einigen Revieren des oberen Ahrkreises ist das Muffelwild zu Hause, eine Wildschafart, die aus den Felsengebirgen Korsikas und Sardiniens stammt und vor ca. 40 Jahren in der Eifel ausgesetzt wurde. Die männlichen Mufflons, die Widder, tragen schneckenartige Hörner (Schnecken), die einen imposanten Kopfschmuck bilden. Die Muffel brauchen steinigen Boden, um ihre Schalen (Klauen) abnutzen zu können. Sie gehen daher über gewisse felsige Regionen nicht hinaus.
Im nördlichen unteren Ahrkreis, im Gebiet der Grafschaft, hat sich in den letzten Jahren vom nordrhein-westfälischen Staatsrevier Kottenforst aus verstärkt Damwild angesiedelt. Dieses Wild, dessen Hirsche schaufelartige Geweihe bilden, weist Färbungen von schwarz über Braun- und Grautöne bis zum reinen Weiß auf. Es stellt eine Bereicherung der Wildarten unseres Gebietes dar.
Sehr selten geworden ist der Dachs, ein mürrischer, plumper Geselle, der fast nur zur Nachtzeit anzutreffen ist. Sein Bestand wird nur durch äußerste Schonung und Hege wieder zu heben sein. Wo er noch vorkommt, wird er nicht oder nur sehr schonend bejagt.
An vielen Fluß- und Bachläufen sowie stehenden Gewässern, hauptsächlich am Rhein, an der Ahr und am Laacher See gibt es Wildenten in großer Zahl.
Abgerundet wird die Palette der Wildarten durch Schnepfe, Taube, Möwe, Marder, Iltis, Wiesel, Bisam und durch einige — weil selten geworden — z. Z. geschützte, wie Wildkatze, Greifvögel, Graureiher und Bläßhühner.
Von den 78 703 ha Gesamtfläche des Kreises Ahrweiler sind 36 253 ha Wald sowie 37 222 ha Feld, Wiesen und Gewässer. Hinzu kommt noch ein gewisser Prozentsatz öd- und Unland. Alle diese Flächen werden jagdlich bewirtschaftet. Das heißt, sie sind in Jagdreviere
aufgeteilt, die als Eigenjagden, als Pachtreviere oder — soweit es sich um Staatsforsten handelt — durch die staatlichen Forstämter bejagt werden. Das Wild dieser Reviere stellt einen erheblichen volkswirtschaftlichen Wert dar, und der Erlös aus dem jährlich verkauften Wildpret, das statistisch zu den landwirtschaftlichen Erzeugnissen zählt, ist ein beachtlicher Posten des in unserem Kreis erwirtschafteten Bruttosozialproduktes.
Dem Jäger wird vom Gesetzgeber eine doppelte Aufgabe gestellt. Er soll einmal dafür sorgen, daß übermäßige Wildschäden in Land- und Forstwirtschaft durch einen zu hohen Wildbestand vermieden werden, zum anderen soll er einen artenreichen, gesunden
Wildbestand erhalten. Diese beiden Gesichtspunkte miteinander in Einklang zu bringen, ist in einer von der Zivilisation geprägten Kulturlandschaft nicht einfach. Als Grundlage für die Ausübung der Jagd, die überwiegend aus hegerischen Maßnahmen besteht, hat der Jäger eine umfangreiche Ausbildung und eine Jägerprüfung zu absolvieren, in der er sein Wissen und Können um das sehr komplexe Gebiet „Jagd“ unter Beweis stellen muß.
Im Kreis Ahrweiler gibt es z. Z. über 700 Jagdscheininhaber. We,0n diese Zahl auch nur einen geringen Anteil an der Bevölkerungszahl stellt, so ist die Jägerschaft des Kreises — zusammen mit den Fischern — doch eine charakteristische Bevölkerungsgruppe, die seit Jahrhunderten gewachsen ist und im Gefüge und kulturellen Leben dieses überwiegend ländlichen Kreises ihren festen Platz hat.
Jagd dient nicht nur der Verminderung, sondern auch der Erhaltung des Wildbestandes und ist damit praktizierter Umweltschutz. Es bleibt nur zu hoffen, daß auch die Landschaftsplaner im weitesten Sinne umweltbewußter werden, damit unnötige Eingriffe in die herrliche Landschaft des Kreises Ahrweiler unterbleiben und so der freilebenden Tierwelt ihre Lebensgrundlagen erhalten bleiben. Dann wird es hier auch in Zukunft Jagd geben, werden in unseren Eifelwäldern die Hirsche röhren, an den Gewässern die Wildenten schnattern, durch die Büsche graue Kaninchen flitzen und über die Felder buntschillernde Fasanen stolzieren.