Die Geschichte der Klosterkirche Kalvarienberg
Alois Schneider
Das Heimatbuch des Kreises Ahrweiler wurde einmal als „Schatztruhe unseres Heimatkreises“ bezeichnet. Wenn das Lexikon für Theologie und Kirche unter dem Stichwort „Kalvarienberg“ zwei deutsche Kalvarienberge besonders bemerkenswert nennt und einer davon der Kalvarienberg bei Ahrweiler ist, wird man sich nicht den Vorwurf des Lokalpatriotismus zuziehen, wenn man ihn als einen Schatz bezeichnet, der in diese „Schatztruhe“ gehört! — Anlaß, die Geschichte des Kalvarienberges darzustellen, ist ein Jubiläum: Am 1. September 1978 feierte die Klosterkirche den 300. Jahrestag ihrer Weihe.
Keine Darstellung der Geschichte des Kalvarienberges kann auf die Wiedergabe der legendären Erzählung verzichten, die über die Anfänge dieser Andachtsstätte berichtet. Sie ist enthalten im ersten Band der Chronik des Kalvarienberges, die die Franziskaner geführt haben und bis zum Jahre 1685 reicht. Die erste Eintragung stammt aus dem Jahr 1650. Ein 2. Band umfaßt den Zeitraum von 1685 bis 1747. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß noch ein 3. Band vorhanden war; er ist verschollen. Die beiden ersten Bände werden im Archiv des Ursulinenklosters aufbewahrt
und bilden die wichtigste Quelle für die Geschichte des Kalvarienberges.
Der erste Chronist verfolgt die Geschichte des Kalvarienberges zurück bis zu seinen Anfängen. Seine Quelle ist ein zwischen 1640 und 1650 erschienenes Werk seines Mitbruders Jacobus Polius, der Chronist der franziskanischen Ordensprovinz war und bei seinen Nachforschungen nachweislich sehr gewissenhaft vorgegangen ist. Am Anfang steht eine Erzählung, die vom „Rheinischen Antiquarius“ so wiedergegeben wird: „Im Jahre 1440 kam ein hochachtbarer Ritter, nachdem er zu Jerusalem aus den Händen des Guar-dians der Minderbrüder in dem Heilandskloster den Orden des Heiligen Grabes empfangen hatte, nach Deutschland zurück. Das Glück begleitete seine Schritte, daß er des Erzstiftes Cöln Stadt Ahrweiler erreichte. Hier fiel ihm, dessen Phantasie erfüllt von den im Laufe seiner Pilgerfahrt gesehenen heiligen Orten, die Ähnlichkeit von Ahrweiler mit Jerusalem auf. In der Ahr glaubte er den Bach Cedron wiederzufinden; der anmutige Hügel auf der Südseite, der Stadt gegenüber, schien ihm eine Darstellung des Kalvarienberges; in dem Dorfe Gerhardshofen an des Hügels Fuß schaute er den Garten Getsemani. Er maß die Entfernung, und es ergab sich, daß es schon dem Hügel bis zur St. Laurentius-Pfarrkirche binnen Ahrweiler genau so weit als von dem Kalvarienberg in Jerusalem zu dem Prätorium des Pilatus war.
Die Entdeckung wurde sofort veröffentlicht, und Senat und Volk von Ahrweiler verpflichteten sich durch Gelübde, den besagten Hügel dem gekreuzigten Heiland und seiner schmerzhaften Mutter zu weihen, nachdem vorher der Galgen des Hochgerichts, der bisher auf diesem „Kop“ gestanden, nach der Ellig verlegt sein würde. Auf dem „Kop“, von jetzt ab Kalvarienberg genannt, wurde nun ein demütiges hölzernes Kapellchen mit einer Abbildung des sieghaften Kreuzes samt einem konsekrierten Altar errichtet.“
Es ist müßig, über den geschichtlichen Wert dieser Erzählung zu streiten; Tatsache ist jedenfalls, daß die Errichtung von „Kalvarien-bergen; vielfach auf die Anregungen von Jerusalem-Pilgern zurückging. Urkundlich läßt sich ein erstes Gotteshaus auf unserem Kalvarienberg für das Jahr 1502 nachweisen.
Die erste Kapelle auf dem Kalvarienberg. Darstellung in der Franziskaner-Chronik
Repro: Kreisbildstelle
Mittelbar haben wir von diesem Datum Kenntnis durch die Franziskanerchronik. Dort ist ein Ablaßbrief aus dem Jahre 1502 kopiert, den zwei Bürger von Ahrweiler, Johann Armbrustmacher und Johann Bardischerer, in Rom erbeten hatten. Zweck des Ablaßbriefes war es, daß „die Kapelle zum Leiden Christi, welche gelegen auf der vormals Kop, jetzt Kalvarienberg genannten Höhe bei Ahrweiler, kölnischen Sprengeis, mit den ihr gebührenden Ehrenbezeugungen besucht, auch in ihrem Bau geziemend ausgebessert und erhalten, mit Büchern, Kelchen, Beleuchtung, kirchlichen Zieraten und anderen zum Gottesdienst erforderlichen Gerätschaften ausgestattet werde.“ Bei dieser Kapelle hat es sich um einen sehr schlichten Bau gehandelt: Die Mauer nach der Stadtseite hin war aus Lehm gebaut (offensichtlich eine Fachwerkwand), während die der Stadt abgewandte Südmauer aus Stein errichtet war. Der Chronist hat seiner Schilderung ein Aquarell beigefügt, das die Ärmlichkeit der Kapelle unterstreicht.
Der Altar dieses kleinen Gotteshauses wurde am Fest Kreuzerhöhung 1505 von Weihbischof Dietrich von Köln konsekriert; die Urkunde, die er bei der Weihe im Reliquien-grab deponierte, wurde 1671 beim Abbruch des Altares gefunden und vom damaligen Chronisten kopiert.
In dieser ersten Kapelle befand sich bereits die Kreuzigungsgruppe, die später in die zweite Kapelle und dann in die jetzige Klosterkirche übernommen wurde; ursprünglich gehörte noch eine Statue der heiligen Maria Magdalena dazu, über deren Verbleib nichts bekannt ist. Das Kreuz ist das Ziel der Wallfahrer, die seit dem 15. Jahrhundert bis zum heutigen Tag zum Kalvarienberg pilgern, um vor dem Bild des Gekreuzigten, vor dem „Patron aller Kirchenpatrone“, wie es in der Chronik heißt, ihre Andacht zu verrichten.
Über die Herkunft der Kreuzigungsgruppe ist nichts bekannt; Dehio, Rheinland-Pfalz/Saarland, 1972, gibt an, als Vorlage und Anregung habe ein Stich des Meisters E S gedient. — Bei der Restaurierung im Jahre 1958 wurde die starke Übermalung entfernt und die ursprüngliche Fassung freigelegt; sie war unter den zahlreichen Farbschichten so gut erhalten, daß sie kaum einer Ergänzung bedurfte. Der Körper des Gekreuzigten hat die graue Farbe eines Toten, die Figuren von Maria und Johannes sind in warmen, gut abgestimmten Farben gehalten. Stilgeschichtlich gehört die Gruppe ohne Zweifel der Spätgotik an. An allen Figuren ist der gemäßigte Realismus zu beobachten, der der ausgehenden Gotik eigen ist. Am stärksteh ist dieser Realismus bei der Figur des Gekreuzigten ausgeprägt; er zeigt noch die Spannung des Todeskampfes und zugleich die innere Stille des Menschen, der sich ganz in Gottes Hand gegeben hat. In der Gottesmutter sind Ruhe und Ergebenheit verkörpert; auch der tiefe Schmerz hat ihr Anmut und Schönheit nicht rauben können. Die Figur des Johannes ist von einer Unruhe erfüllt, die nur schwer gemeistert wird. Er scheint mehr zu gehen als zu stehen; die eine Hand hält in aufgeregten Fingern ein Buch, die andere ist belehrend und ermahnend erhoben. Stärker noch bei Johannes als bei Maria ist die Unruhe in der Gewandung; alle Linien sind gebrochen; es ist, als ginge eine Erschütterung durch die Gestalt. Man darf in dieser Unruhe den Ausdruck jener Jahrzehnte vor und nach 1500 sehen, die voller Aufregung waren, jener Jahrzehnte, in denen unter schwersten Erschütterungen die Neuzeit begann.
Mit der Errichtung der Kapelle war die Voraussetzung dafür gegeben, daß der Kalvarienberg sich zu einer vielbesuchten Wallfahrtsstätte entwickelte; die Zahl der Pilger wuchs derart, daß ein größeres Gotteshaus nötig wurde. Die Initiative zu einem Neubau ging von Ahrweiler aus: Johannes Gohr, Bürger der Stadt, beantragte im Jahre 1625 beim Magistrat die Errichtung einer neuen Kapelle; er wurde aber mit seiner Bitte abgewiesen. Wohl erhielt er die Erlaubnis, auf eigene Kosten eine Kapelle zu bauen. Unterstützt von wohlhabenden Bürgern, ging er sofort ans Werk. Im Sommer 1627 war der Bau schon vollendet. Der Chronist, der diese Kapelle noch gekannt hat, gibt ihre genauen Maße an: 57 Fuß lang und 25 Fuß breit. — Aus der Zeit dieser Kapelle ist die Krypta erhalten; sie befindet sich unter dem Westteil der Kirche und enthält die 14. Station des Kreuzweges, der von der Ahrbrücke zum Berg führt. Die Figuren der Grablegung stammen allerdings vom Ende des 19. Jahrhunderts.
Wenige Jahre nach der Fertigstellung dieses Gotteshauses begann für die Baugeschichte des Kalvarienberges ein neuer Abschnitt: Am 27. März 1630 führte der Pfarrer von Ahrweiler, P. Servatius Ottler, Franziskaner aus Brühl auf dem Kalvarienberg ein; sie hatten sich schon mehrere Jahre um die Erlaubnis bemüht, auf dem Berg ein Kloster zu gründen, um die Pilger zu betreuen. — Das Gotteshaus war vorhanden; deshalb konnten sie sofort mit dem Bau eines Klosters an der Südseite der Kapelle anfangen. Die Kapelle erwies sich nach wenigen Jahren als zu klein; aber der Beginn eines Neubaues mußte wegen der Notzeit des 30jährigen Krieges hinausgeschoben werden.
Finanziell waren die Franziskaner abhängig von den Almosen der Pilger, dem Ertrag ihrer Bettelgänge und den Spenden wohltätiger Familien. Unter diesen nahm das Freiherrliche Geschlecht von der Leyen, das seinen Sitz in Adendorf hatte, den ersten Platz ein. Aus Dankbarkeit räumten die Mönche den Mitgliedem der Familie das Recht ein, sich in der Klosterkirche bestatten zu lassen. Als erster fand Damian von der Leyen 1636 seine Ruhestätte auf dem Kalvarienberg. Die Gräber derer von der Leyen mußten beim Neubau der Kirche verlegt werden; heute befinden sich in einer nicht zugänglichen Gruft unter der Kirche die Särge Von fünf Erwachsenen und zwei Kindern.
Ein Sohn des Damian von der Leyen, Karl Caspar, später Erzbischof von Trier, machte 1651 eine Wallfahrt zum Kalvarienberg. Bei dieser Gelegenheit unterbreiteten ihm die Franziskaner den Plan eines Neubaues; er erklärte dazu: „Mahn muss noch ein wenig gedulden, wann es besser wird, wollen wir die Kirche größer machen.“ (Wörtliche Eintragung in der sonst lateinisch geschriebenen Chronik!) Das hinderte die Franziskaner nicht, ihm feierlich den Titel eines „Stifters“ zu verleihen.
Erst am 31. August 1664 konnte der Grundstein gelegt werden; die Weihe der neuen Kirche fand am 1. September 1678 durch den Weihbischof Paulus Ausemius von Köln statt; sie konnte also 1978 ihr 300jähriges Bestehen feiern!
Es ist nicht leicht, die Klosterkirche einer bestimmten Stilrichtung einzuordnen. Den Reichtum barocker Formen, den man bei einer Kirche aus dem 17. Jahrhunderts erwartet, sucht man vergebens. Die Einfachheit der Kirche findet ihre Erklärung einmal darin, daß der Bau wenige Jahrzehnte nach dem 30jährigen Krieg, also in einer armen . Zeit, erstellt wurde, vor allem aber in dem Umstand, daß ein Bettlerorden Bauherr war. Einfachheit war seit dem Mittelalter ein Kennzeichen der Franziskanerkirchen.
Der Außenbau ist völlig ungegliedert, ein Turm fehlt, das Dach trägt nur einen achtseitigen Dachreiter mit geschweifter Haube. Die leicht spitzbogigen Fenster sind gotisierend, ebenso das Gewölbe; allerdings nähert es sich durch den niedrigen Scheitel der spitzen Schildbögen der Form eines Tonnengewölbes. Die Schlußscheiben (sie sind wie die Rippen aus Holz!) tragen die Monogramme Jesus, Maria, Franziskus.Clara, Wappen Gymnich — Scharffenstein und über der Orgel das Symbol der Fünf Wunden. Der Südwand fehlt jede
Gliederung, auch die durch Fenster; sie konnten hier nicht angebracht werden, weil sich der Klosterbau an diese Seite anlehnte. — Eine Zusammenfassung aller Baumerkmale läßt uns die Kirche in die rheinischen Kirchen des Barockzeitalters mit gotisierenden Neigungen einreihen; gerade die Franziskaner haben diese Bauweise geliebt.
Der vorwiegend barocke Charakter der Kirche trat unzweideutig hervor, solange die vollständige barocke Einrichtung vorhanden war.
Die Gotisierungssucht des vorigen Jahrhunderts hat die Altäre entfernt, aber vor den Statuen halt gemacht; dadurch sind sieben Holzfiguren erhalten geblieben. An der fensterlosen Seite stehen die Heiligen aus dem Franziskanerorden: Franz von Assisi, der Stifter des Ordens, der Erdkugel einen Tritt versetzend und mit der rechten Hand das Kreuz zeigend; Antonius von Padua, der meistverehrte Heilige des Franziskanerordens, mit dem Buch des Kirchenlehrers und einem recht barocken Jesuskind, und Petrus Alcan-tara mit einem mannshohen Kreuz. Diese Figuren zeigen weitgehende Übereinstimmung: Die Gewandung ist einheitlich behandelt, der Schnitt der Kutten ist ohne die geringste Abweichung, die Falten sind in der gleichen Weise gelegt, die Sandalen haben die gleiche Form. Sie stammen offensichtlich aus der gleichen Zeit und aus der gleichen Werkstatt. Die jetzige Fassung haben sie, wie auch die Figuren der linken Seite, im Jahre 1958 erhalten.
Eine andere Art des Barocks zeigt die Statue der Gottesmutter auf der linken Seite. In dieser Figur sind Glaubenszuversicht und Siegesbewußtsein des Barockzeitalters verkörpert. Leicht trägt Maria das Jesuskind auf ihrer Hand, und das Kind trifft mit sicherem Lanzenstich die Schlange zu Füßen der Gottesmutter. Für eine Franziskanerkirche ist diese Darstellung typisch, weil sich die Franziskaner seit dem 13. Jahrhundert als Verteidiger der Lehre von der Unbefleckten
Klosterkirche Kalvarienberg
Foto: Kreisbildstelle
Empfängnis hervortaten. — Neben dieser Figur wirke die Statue des hl. Josef (die erste auf der Fensterseite) weich und matt. Die nächste Figur stellt die heilige Mutter Anna dar; mit großer, aber echter Geste stellt sich diese Frau in den Dienst Gottes. Von barocker Kraft ist auch die Statue des hl. Joachim, die letzte in der Reihe. Zu diesen alten Figuren ist im Jahre 1978 eine Statue der hl. Angela Merici, der Stifterin, des Ursulinenordens, gekommen; geschaffen wurde sie in den Kunstwerkstätten Bergmann, München/Oberammergau. Sie ist den vorhandenen Figuren nachempfunden und paßt sich in ihre Reihe vorzüglich ein. Das Buch in der linken Hand will als Ordensregel verstanden werden, die die Stifterin den Ursulinen gegeben hat, zugleich als Symbol des Lehrordens; die erhobene Hand der Heiligen weist auf das Kreuz hin.
Die Folgeereignisse der französischen Revolution machten dem Wirken der Franziskaner auf dem Kalvarienberge ein Ende: Durch Dekret vom 28. September 1802 wurde das Kloster aufgehoben; 1803 verließen die Franziskaner den Berg, der in das Eigentum der französischen Republik überging. Als im Jahre 1806 das ,,Kalvarienberg-Gut“ versteigert wurde, erstand es der aus Walporzheim gebürtige Vikar von Ahrweiler Jakob Giesen für die Summe von 5925 Franken, er richtete in dem Klostergebäude eine Knabenschule ein und hielt in der Kirche den Gottesdienst in der von den Franziskanern geübten Weise. Nach seinem Tod verkauften seine Erben den Kalvarienberg an die „Berggesellschaft“, eine Vereinigung von Ahrweiler Bürgern, die einen Kaufpreis von 4812 Franken aufbrachten. Die Schule wurde unter verschiedenen Leitern weitergeführt, ging aber allmählich zurück und mußte 1828 aufgelöst werden. Nun drohte dem ganzen Anwesen der Verfall; in einem Bericht von 1837 heißt es vom Innenbau des Klosters, er sei „schrecklich verwüstet und zerfallen“ gewesen. Die Rettung kam durch die Ursulinen von Montjoie, die ihr dortiges Kloster aufgeben und sich anderswo niederlassen wollten. Von einer früheren Schülerin aus Ahrweiler, Sibylla Knieps, wurden sie auf den leerstehenden Kalvarienberg aufmerksam gemacht und griffen schnell zu. Am 28. August 1838 hielten sie ihren Einzug auf dem Kalvarienberg, dessen Klosterräume notdürftig instand gesetzt worden waren.
Die Ursulinen mußten zunächst Sorge dafür tragen, ausreichende Wohnräume für die Schwestern sowie Schul- und Internatsgebäude zu scharfen. Dann aber nahmen sie eine Erweiterung der Kirche in Angriff: An die Nordseite des Chorraumes wurde in den Jahren 1898/99 ein eigenes Schwesternchor in edler Neugotik angebaut; um die Verbindung mit dem Altarraum herzustellen, wurde in die Seitenwand ein großer Spitzbogen gebrochen. Zu der gleichen Zeit wurde das Innere der Kirche einer tiefgreifenden Umwandlung unterworfen: Die barocken Altäre wurden entfert und durch neugotische ersetzt; die Ausstattung der Kirche wurde durch eine Kanzel, Kreuzwegstationen und Beichtstühle im neugotischen Stil ergänzt.
Bis zum Jahre 1958 hat sich dann das Aussehen der Klosterkirche kaum geändert. Dann aber fand eine grundlegende Renovierung des Inneren statt, die die Kirche ihrem ursprünglichen Zustand wieder angenähert hat: Die neugotische Einrichtung wurde größtenteils entfernt, die Wände wurden von der Übermalung befreit und erhielten, wie auch das Gewölbe, einen hellen Anstrich, ein neuer Blockaltar errichtet, die Kreuzigungsgruppe günstiger als bisher an der Rückwand des Chores aufgestellt. Die Fenster hatten durch Kriegseinwirkung gelitten und mußten durch neue ersetzt werden; dabei wurden die erhaltenen Wappenscheiben benutzt. Es sind im einzelnen, vorn beginnend:
Eltzsches Wappen: „Johann Jacob Herr zu Eltz“
Wappen von der Leyen: ,,Das Freyherrliche
Haus von der Leyen zu ‚Adendorf A0 1671″
Wappen der Stadt Ahrweiler: „Die Haubstatt
Arweiler des Erzstifts Cöllen AO 1672″
Wappen Blanckart: „Der Wohlgeborner Herr
Johan Ludwig Blankkart“
(Die Schrift ist durch Bombenschäden zum
Teil zerstört.)
Die liturgischen Richtlinien des 2. Vat. Konzils machten eine Neuordnung des Altarraumes notwendig; sie wurde im Jahre 1973 durchgeführt. Dabei wurde der neue Altar (das Material stammt von dem Altar der Kapelle des früheren Ursulinenklosters in Koblenz) so aufgestellt, daß er vom Kirchenschiff und vom Schwesternchor aus gesehen wird. Der Tabernakel erhielt seinen Platz hinter dem Altar auf einer schlichten Stele, auf deren Seitenflächen stark stilisierte betende Gestalten herausgearbeitet sind. Der Künstler, nach dessen Entwurf die Stele geschaffen wurde, ließ sich von dem Wort der Apokalypse inspirieren: „Die vierundzwanzig Ältesten werfen sich vor dem Throne nieder und beten den an, der in Ewigkeit lebt.“ Das alte franziskanische Chorstühl fand seinen Platz wieder im Altarraum.
Kloster Kalvarienberg
Foto: Kreisbildstelle
Der Vikar Giesen, der sich nach der Vertreibung der Franziskaner wie kein anderer für die Erhaltung der Klosterkirche eingesetzt hat, hat sich selbst ein bescheidenes Denkmal gesetzt: Er schenkte der Kirche einen originellen Opferstock aus Basalt. Auf der einen Seite ist über der Weltkugel das Auge Gottes dargestellt, auf den anderen Seiten drei Gefesselte. Die Bilder wollen keine Aufforderung zum Spenden sein, sondern eine Warnung für den, den es nach dem Inhalt des Opferstockes gelüstet: Wen der Hinweis auf das alles sehende Auge Gottes nicht abschreckt, der soll sich an das Los erinnern lassen, das dem Dieb droht!
Wer eines der Bilder vom Kalvarienberg aus dem vorigen Jahrhundert betrachtet, versteht, warum man bis vor wenigen Jahrzehnten regelmäßig vom „Kalvarienberg bei Ahrweiler“ gesprochen hat. Aber die Bürger von Ahrweiler haben ihn immer als einen Teil ihrer Stadt betrachtet, und sie sind mit Recht stolz darauf, in ihrer an geschichtlichen Baudenkmälern reichen Stadt diesen „Schatz“ vorweisen zu können!