Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft m.b.h. Ahrweile
Von Bürgermeister Chr. Ulrich
Walporzheim
Photo: Landesbildstelle Rheinland-Pfalz
Die Errichtung von Wohnungen zur Deckung des Eigenbedarfs oder zum Vermieten an Wohnungssuchende war vor dem Ersten Weltkrieg 1914/18 in den kleinen Städten und auf dem Lande fast ausschließlich der Privatinitiative überlassen. Billige Baugelder, dargeboten von Versicherungsträgern und den öffentlichen Sparkassen, ermöglichten es den Bau-Interessenten, ein rentables Eigenheim zu errichten. Bauunternehmer sorgten meistens für einen Wohnungs-Vorrat, um in Zeiten fehlender privater Baulust ihre Facharbeiter zu beschäftigen. So war es keine Seltenheit, daß ein einzelner Bauunternehmer 4—6 Wohnhäuser vermietete, bis günstige Kaufangebote einen Eigentumsübergang herbeiführten.
Nach dem Ersten Weltkrieg brachte die soziale Umschichtung große Wandlungen. Der aufgestaute Wohnungsbedarf, die gesteigerte Eheschließung heimkehrender Soldaten und die allgemeine Geldentwertung führten zu einer Wohnungsnot, der zunächst nur durch eine Wohnraum-Zwangsbewirtschaftung abgeholfen werden konnte. Damit reifte aber auch der Plan, die mißliebige Zwangswirtschaft alsbald durch Wohnungsneubauten entbehrlich zu machen. Die geldlich durch Staatsmittel geförderte private Bau-Initiative führte meist zur Errichtung von Eigenheimen — teils mit sogenannter Einlegewohnung —, während der Bau von Mietswohnungen im größeren Umfange durch die Gründung von Wohnungsbau-Genossenschaften erreicht wurde.
Im Herbst 1919 schlössen sich in Ahrweiler eine größere Zahl von Bauinteressenten, Bauhandwerkern und Kaufleuten zusammen zur Gründung einer Gemeinnützigen Wohnungsbau-Genossenschaft. Die Stadt Ahrweiler förderte die Bestrebungen durch Bereitstellung von Bauland, dessen Wert als Genossenschaftsanteil von der Stadt eingebracht wurde. In den Jahren 1920 bis 1929 wurden durch diese Genossenschaft in Ahrweiler rund 80 Wohnungen, bestehend aus drei, vier und fünf Räumen in Mehrfamilienhäusern von je zwei bis sechs „Wohnungen errichtet.
Klosterley oberhalb Walporzheim
Photo: Kreisbildstelle
Die Stadt übernahm in den notwendigen Fällen die selbstschuldnerische Bürgschaft und stellte auch eigene Baumittel zur Verfügung. Staatlicherseits wurden erhebliche Beträge als sogenannte Hauszinssteuer-Hypotheken der Genossenschaft zur Verfügung gestellt. Nachdem die Bautätigkeit nach dem Jahre 1929 nicht mehr fortgeführt wurde, meldeten sich zahlreiche Handwerker und Gewerbetreibende als Genossenschaftsmitglieder ab, so daß der Hauptanteil der Genossenschaftsmitglieder der Zahl nach auf Mieter- Interessenten entfiel, während die Stadt Ahrweiler den größeren Anteil an dem Genossenschaftskapital zur Verfügung stellte. Die letzte Jahresrechnung der Genossenschaft für das Jahr 1939 weist den Mitgliederbestand mit 171 Genossenschaftsmitgliedern aus und die Kapitaleinlage dieser Genossen mit rund RM 12 800,—. Das Vermögen der Genossenschaft wurde mit RM 350 000,— bewertet, wohingegen die Schulden mit RM 250 000,— beziffert waren. Die Mieteinnahmen betrugen jährlich RM 25 000,—. Nachdem die Reichsregierung Anfang 1940 neue Grundsätze für den sozialen Wohnungsbau herausgegeben hatte, ergab sich die Notwendigkeit, die Wohnungsbaugenossenschaft Ahrweiler umzuwandeln, mit dem Ziele, den Interessen-Bereich auf den gesamten Kreis Ahrweiler auszudehnen. Im Zuge dieser Lenkungsmaßnahmen schlössen sich am 30. 11. 1940 der Kreis Ahrweiler und die Stadt Ahrweiler auf paritätischer Grundlage unter der Firma „Gemeinnützige Wohnungsbaugesellsch. m. b. H. Ahrweiler“ zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammen. Daneben bewirkte die Stadt Ahrweiler die Liquidation der vorher bestandenen Wohnungsbau-Genossenschaft Ahrweiler. Der gesamte Hausbesitz dieser Genossenschaft war von der Stadt bei der Liquidation übernommen worden und er wurde nun als Gesellschafteranteil der Stadt in die neue Wohnungsbau-G.m.b.H. eingebracht. Das Gesamtkapital der neuen Gesellschaft betrug RM 250 000,—, das je zur Hälfte von der Stadt Ahrweiler und dem Landkreis Ahrweiler übernommen wurde. Ziel dieser Gesellschaft war, sobald wie möglich die Bautätigkeit wieder aufzunehmen. Es war aber nur möglich, im Herbst 1944 mit dem Bau von 14 „Behelfsheimen“ zu beginnen, die größtenteils erst im Laufe des Jahres 1945, also teilweise erst nach dem Einrücken der Besatzung, fertiggestellt werden konnten.
Zu Weihnachten 1944 hatte die Gesellschaft erhebliche Kriegsschäden an ihrem Hausbesitz zu verzeichnen. Es wurden fünf Häuser zu 40 %, ein Haus zu 60 % beschädigt und vier Häuser fielen der völligen Zerstörung anheim, ebenso auch eines der neu errichteten Behelfsheime. Durch diese Zerstörungen gingen 1783 qm Mieträume verloren, was einen Mietausfall von 40 % der gesamten Miete bedingte.
Nach dem Kriege stellte der Kreis Ahrweiler aus Hauszinssteuerrückflüssen der Gesellschaft weiteres Kapital zur Verfügung, ohne daß die Stadt Ahrweiler damals gleichzeitig mit aufstockte, wodurch die Interessen der Stadt zunächst nachteilig beeinflußt wurden. Diese am 20. 7. 1945 erfolgte Mehrzahlung des Kreises im Betrage von RM 180 000,— erhielt der Kreis bei der DM-Eröffnungsbilanz im Verhältnis 10:4 umgestellt, so daß er für den RM-Betrag mit relativ schwacher Kaufkraft DM 72 000,— bei der Umstellung angerechnet bekam, während der städtische Anteil für den gesamten eingebrachten Hausbesitz für mehr als 80 Wohnungen, also mit einem ganz bedeutenden Realwert, in der DM-Eröffnungsbilanz nur mit DM 50 000,— zur Anrechnung gelangen konnte. Im Eaufe oles Jahres 1950 gelang es dann der Stadt Ahrweiler, die paritätische Grundlage wieder herzustellen. Auch trat die Stadt Remagen mit einem Betrage von DM 20 000,— der Gesellschaft bei. Die gegenwärtige Verteilung des Gesellschafterkapitals ist wie folgt geregelt.
Gesamtkapital …… DM 310 500,—
davon entfallen:
auf die Stadt Ahrweiler DM155000,—
auf.den Landkreis Ahrweiler DM 135000,—
auf die Stadt Remagen DM 20 000,—
Im Jahre 1950 war es durch Sonder-Finanzierungs-Maßnahmen der Stadt Ahrweiler möglich, die kriegszerstörten Häuser in Ahrweiler wieder aufzubauen. In den Jahren 1951 und 1952 erfolgten weitere Neubauten, an erster Stelle für die der Stadt zugewiesenen Heimatvertriebenen. Insgesamt stellte die Stadt aus eigenen Steuermitteln rund DM 200 000,— für die Spitzenfinanzierung zur Verfügung, so daß in Ahrweiler durch die besonderen Förderungsmaßnahmen der Stadt 93 Wohnungen neu gewonnen werden konnten.
Außerdem errichtete die Gesellschaft
in Remagen in der Brückenstraße 20 neue Wohnungen, in Heimersheim in der Ringstraße 12 neue Wohnungen in Sinzig in dem Siedlungsblock „Neue Heimat“ 22 neue Wohnungen, in Oberzissen in der Brohltalstraße 4 neue Wohnungen, in Bad Neuenahr in der Ringenerstraße 6 neue Wohnungen, und in Remagen-Kripp in der Hauptstraße – 12 neue Wohnungen.
Insgesamt verwaltet die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft m. b. H. nach dem Stande von Oktober 1952 253 Wohnungen.
Über die Beteiligung der Stadt Ahrweiler an der Gesellschaft sind innerhalb der Kreisbevölkerung vielfach unrichtige Auffassungen vertreten. So wird beispielsweise in einem Artikel in Nr. 39/1952 der Bad Neuenahrer Chronik von dem Verfasser gesagt: „Aber die Majorität in dieser Gesellschaft hält Ahrweiler inne, und es erweckt den Anschein, als wolle Ahrweiler auch diese Vorherrschaft weiterhin halten.“ Darauf kann der Verfasser dieses Artikels nur antworten: Ja, die Stadt Ahrweiler ist gewillt, ihre paritätische Stellung innerhalb der Gesellschaft zu behalten. Dabei kann allerdings von einer „Vorherrschaft“ der Stadt Ahrweiler keine Rede sein. Die Gründung der Gesellschaft war nur möglich durch die Übernahme der früheren Wohnungsbau-Genossenschaft in Ahrweiler. Der Weg, den die Stadt Ahrweiler bei der Wandlung im Jahre 1940 gehen mußte, war durch die damaligen Zeitverhältnisse gewissermaßen vorgeschrieben. Damals kümmerte man sich zwar um die in Bad Neuenahr bestandene und auch heute noch bestehende Gemeinnützige Wohnungsbau-Genossenschaft nicht, sondern ließ sie selbständig fortbestehen.
Eine Benachteiligung der übrigen Städte und Gemeinden des Kreises Ahrweiler bedeutet das Verhalten der Stadt Ahrweiler nicht. Das weitere Bauen, auch außerhalb der Stadt Ahrweiler, ist nicht an die Bedingung geknüpft, daß die betreffende Bau-Gemeinde Mitglied der Gesellschaft ist. Die Wohnungsbaugesellschaft verfügt aber über eine gute Organisation in Technik und Verwaltung und ist in der Lage, mit dem vorhandenen Apparat auch weitere Bautätigkeiten zu übernehmen. Der bekannte Grundsatz der „zusammengefaßten Generalkosten“ führt auch hier zur Verbilligung für alle Beteiligten, und es ist ebenso eine alte Erfahrung, daß Hausbesitz in der öffentlichen Hand wirtschaftlich unrentabel ist. Voraussetzung für die weitere Bautätigkeit ist natürlich, daß die Gemeinden mithelfen, die erforderlichen Baumittel zu beschaffen und daß sie auch die notwendigen Baugrundstücke stellen oder beschaffen helfen. Schließlich müssen die Gemeinden auch an den Risiken teilnehmen, die der jetzige Wohnungsbau bei dem überhöhten Baukosten-Index und den noch bestehenden Mietpreisbeschränkungen herbeiführt.
Auch die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft ist bei der Fortführung der Neubautätigkeit im wesentlichen auf die Geldmittel angewiesen, die sie auf dem allgemeinen Kreditmarkt gewinnen kann.
Zweifel, die hinsichtlich der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft m. b. H. Ahrweiler noch bestehen sollten, werden zweckmäßigerweise durch Rücksprache bei der Geschäftsstelle der Gesellschaft geklärt. Alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft ist seit der Gründung Herr Hans Simon in Ahrweiler, Alveradisstr. 29.
Auch ist der Verfasser dieses Artikels zu weiteren Auskünften bereit.
Modellbau