Die Bodendorfer Burg im 19. und 20. Jahrhundert
VON H. HAFFKE
Über die Geschichte der Burg in Bodendorf ist aus den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wenig bekannt, da schriftliche Urkunden über diese Zeit nicht vorliegen. Aus einem am 7. Oktober 1851 ausgefertigten Kaufakt geht hervor, daß das Besitztum schon 1830 in der Hand des Ehepaares Gottfried Lade gewesen ist.
Im einzelnen heißt es in dem Dokument: „Wir Friedrich Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen, Großherzog vom Niederrhein thun kund und fügen hiermit zu wißen:
Vor Peter Mathias Münch, königlichem Notar für den Landgerichtsbezirk Coblenz, im Amts= und Wohnsitze der Stadt Sinzig, Friedensgerichtsbezirk gleichen Namens, in Gegenwart der zwei unten genannten Zeugen, erschienen:
a) Herr Gottfried Lade, Landwirt und Rentner, und dessen von ihm eigends hierzu ermächtigte Ehegattin Benigne geborne Rosenstiel, ohne besonderen Stand, wohnhaft beide zu Bodendorf, Bürgermeisterei Remagen, von einer Seite — und
Die Bodendorfer Burg
b) Herr Joseph von Groote, Kanzler des Erzstifts Cöln, wohnhaft zu Cöln, von anderer Seite, —
welche Komparenten erklärten, folgenden Vertrag unter einander verabredet und abgeschlossen zu haben.
Artikel eins.
Da nach dem vor Notar Joseph Dübyen zu Köln am dreizehnten April achtzehnhundertdreißig zwischen den ebengenannten Eheleuten Lade und dem Herrn Johann Heinrich Daniel Kamp, damals Gutsbesitzer und Kaufmann zu Elberfeld wohnhaft, abgeschlossenen Kaufvertrage letzterer zwar Eigentümer des Gutes „Die Bodendorfer Burg“ genannt, geworden ist, Erstere aber sich die Leibzucht desselben bis zum Tode des Letztlebenden von ihnen, mit Ausnahme einiger dem Ankäufer zugestandenen Nutzungen, welche in diesem Vertrage näher bezeichnet sind, ausdrücklich vorbehalten haben, und der Kanzler von Groote durch den Versteigerungsact vor Notar Cardauns zu Cöln vom fünften October achtzehnhundertachtundvierzig in alle Rechte und Pflichten des ersten Ankäufers der Bodendorfer Burg, Herrn Johann Heinrich Daniel Kamp, den Eheleuten Lade gegenüber eingetreten ist, so sind die Letzteren mit dem Kanzler von Groote übereingekommen, demselben die ihnen zustehende Leibzucht an dem Gute „Bodendorfer Burg“ gegen eine jährliche Leibrente zu übertragen.
Artikel zwei.
Diese jährliche Leibrente ist für die Lebensdauer der beiden Eheleute Lade auf vierhundert und achtzig Thaler Preußisch Courant jährlich, und nach dem Tode eines derselben, bis zum Ableben des Letztlebenden von ihnen auf vierhundert Thaler Preußisch Courant festgesetzt worden.
Artikel drei.
Der Kanzler von Groote verpflichtet sich, diese Leibrente vom ersten März nächstkünftigen Jahres achtzehnhundertzweiundfünfzig an in vierteljährigen Raten von einhundertzwanzig Thalern für die Lebensdauer beider Eheleute und von einhundert Thalern für die Lebensdauer des Letztlebenden von ihnen praenumerartdo zu entrichten und kostenfrei denselben nach Bieberich im Herzogthume Nahsau zu übersenden, wogegen diese versprechen und sich verpflichten, gleich nach Empfang der Leibrente darüber eine Quittung kostenfrei zu übermachen.
Die erste am ersten März achtzehnhundertzweiundfünfzig zu zahlende Rate wird Kanzler von Groote jedoch den Eheleuten Lade nach Bodendorf vor deren Abgang von da übersenden.
Diese Rente muß übrigens stets, wie vorbemerkt, quartaliter und praenumerando geleistet werden, und darf deren pünktliche Zusendung unter keinem Vorwande verspätet oder gar verweigert werden.
Artikel vier.
Zur Sicherheit der vorerwähnten Leibrente stellte der Kanzler von Groote den Eheleuten Lade folgende zu dem erwähnten Gute „Bodendorfer Burg“ gehörige in den Gemeindebännen von Bodendorf und Remagen gelegene Immobilien, nämlich ..“ Es folgt dann eine Liste von 42 Grundstücken, darunter unter den Nummern 13, 14, 15: Flur 2 Nr. 859, die Burg, 1 Morgen 73 Ruthen 20 Fuß Baumwiese, Flur 2 Nr. 860, die Burg, 146 Ruthen 60 Fuß Gemüsegarten, Flur 2 Nr. 681, die Burg, ein Wohnhaus nebst Hofraum, Oeconomiegebäuden und allem An= und Zubehör, enthaltend einen Flächeninhalt von 6g Ruthen 90 Fuß.
Danach fährt der Vertrag fort: „hiermit zum angreiflichen Unterpfande und bewillige, daß zu Gunsten der besagten Eheleute Lade, gegen ihn und auf seine Kosten, zur Sicherheit der erwähnten Leibrente auf die hiervor beschriebenen Immobilien bei dem Königlichen Hypothekenamte zu Ahrweiler Inscription genommen und zu den gesetzlichen Fristen erneuert werde, welche Inscription von dem Hypotheken=Bewahrer gelöscht werden soll, wenn ihm die Totenscheine der Eheleute Lade vorgelegt werden.
Artikel fünf
Die Eheleute Lade versprechen hierdurch dem Kanzler von Groote, bis zum ersten März achtzehnhundertzweiundfünfzig das Gut „Bodendorfer Burg“ völlig zu verlassen und von allen ihnen zugehörigen Mobilien und Effecten zu räumen, und verziehten von diesem Tage ab zu dessen Gunsten auf alle Rechte und Nutzungen,
welche ihnen gemäß dem obenerwähnten Kaufacte vom dreizehnten April achtzehnhundertdreißig an dem Gute zustehen. Sollte jedoch wegen Kranksein oder ungewohnlich schlechter Witterung den Eheleuten Lade es unmöglich sein, am ersten März achtzehnhundertzweiundfünfzig abzuziehen, so soll denselben das Recht zustehen, bis und einschließlich den achten März nächstkommenden Jahres noch ungestört die Burg zu bewohnen, ohne daß deshalb eine Vergütung von ihrer Seite oder ein Abzug an der Leibrente von Seiten des Kanzlers von Groote stattfindet.“ In weiteren 5 Artikeln werden die übrigen Modalitäten beim Übergang des Besitzes geregelt; dann schließt die Urkunde:
„Artikel zwölf.
Zum Vollzuge des Gegenwärtigen wählen die Eheleute Lade dahier zu Sinzig in der Amtsstube des hier instrumentierenden Notars Domicil.
Gegenwärtiger Act wurde nach einem von den Contrahenten dem Notar überreichten Entwurfe aufgenommen.
— Worüber Act. —
So geschehen zu Sinzig in der Amtsstube des Notars, den siebenten October eintausend achthundertundfünfzig, in Gegenwart von Ferdinand Breuer, Buchbinder, wohnhaft in Remagen, und Christian Franz Wilhelm, Privatmann, ohne besonderen Stand, wohnhaft in Sinzig, beide hierzu ersuchte Zeugen, welche mit den Kontrahenten und dem Notar, dem alle bei dieser Verband
lung erschienene Personen nach Namen, Stand und Wohnort bekannt sind, nach geschehener Vorlesung unterschrieben haben.“
Mit diesem Vertrag und dem in ihm erwähnten Versteigerungsakt vom 5. Oktober 1848 wurde der Kanzler des Erzstiftes Köln Joseph Edler von Groote (geb. 18. Januar 1791) Eigentümer der Burg. Wenn er auch wohl zunächst nicht ständig in Bodendorf wohnen konnte, da ihn seine Tätigkeit in Köln festhielt, so zeugt doch ein reger Briefwechsel mit seinem Verwalter Nikolaus Kraus dafür, wie groß sein Interesse an allem Geschehen in seinem neuen Besitz war und in welchem Ausmaß er die erforderlichen Maßnahmen selbst veranlagte und lenkte. Eines seiner ersten Anliegen war es, die Wasserversorgung des großen Hauses besser zu gestalten. So ließ er durch einen Wünschelrutengänger eine Quelle suchen und auf dessen Rat und die Zusicherung, daß es der Burg nicht an Wasser fehlen werde, 1853/54 eine eigene Wasserleitung legen, lange bevor die Gemeinde die gleiche Errungenschaft bekam. Seit mehr als hundert Jahren versorgt die damals erbohrte Quelle zuverlässig die Burgbewohner; in manchen Notzeiten hat sie auch der Bevölkerung des Dorfes Erleichterung und Hilfe gebracht. Am 28. Januar 1866 starb Joseph Edler von Groote. Er wurde auf dem Bodendorfer Gemeindefriedhof an einem Erbbegräbnisplatz beigesetzt, an dem auch seine Gattin Margarethe Auguste geb. Schaaffhausen, die das hohe Alter von 88 Jahren erreichte, und ihre Kinder und Kindeskinder beigesetzt werden sollten. Von den beiden Kindern des Kanzlers von Groote spielte der am 9. Juni 1828 geborene Rudolf Felix August für den Kreis Ahrweiler eine besondere Rolle. Als königlicher Landrat war er von 1859 bis 1889 für die Geschicke des Kreises verantwortlich. Seine Schwester war mit dem späteren Generalmajor Otto Freiherr von Spies verheiratet, der den Bodendorfer Besitz seiner Schwiegereltern übernahm. Als dieser 1904 starb und seine Gattin ihm 1912 folgte, ging die Burg auf ihren Sohn Franz Freiherrn von Spies über. Ihm war es nicht gegeben, den überkommenen stattlichen Besitz zu erhalten oder gar zu mehren, wie es dem Kanzler von Groote selbstverständliches Anliegen gewesen war. So gingen die zahlreichen Ländereien allmählich in andere Hände über, und Haus und Hof mit den großzügigen Parkanlagen gerieten immer mehr in Unstand. Schließlich
wurde in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts das restliche Burganwesen an den in Bad Neuenahr ansässigen Geschäftsmann Herrn Anton Knieps verkauft. Von diesem erwarb es im Jahre 1929 der Heilpraktiker Herr Matthias Leisen, der dem einstigen Gutshause eine neue Aufgabe gab. Nach seinem Tode im Januar 1940 traten seine Kinder und Erben an seine Stelle.