Die Anfänge der Gastronomie am Rolandsbogen. Gelände der ehemaligen Burg Rolandseck dient heute der Gastwirtschaft
Seit 1893 gibt es oberhalb von Rolandseck auf einem der schönsten Aussichtspunkte am „Rolandsbogen“ eine Gaststätte. Auch der 1929 eingeweihte Neubau steht auf dem Gelände der ehemaligen Burg Rolandseck, deren Anfänge in das 12. Jhdt. zurückreichten. Friedrich I., der von 1100 bis 1131 Kölner Erzbischof war und 1122 das auf der Rheininsel gelegene Kloster Rolandswerth (heute: Nonnenwerth) gründete, ließ auch die Burg Rolandseck erbauen.1) Bereits vorher hatte er rechtsrheinisch die Wolkenburg errichten lassen, auf der er am 25.10.1131 auch starb. Von diesen festen Stützpunkten aus konnte der Erzbischof Handel und Wandel auf der Rheinstrecke überwachen, für die am Rheinhandel beteiligten Städte ein verständliches Ärgernis.
In einer Auseinandersetzung mit König Albrecht I. und dessen Verbündeten musste der Kölner Erzbischof Wikbold beim Friedensschluss am 24.10.1302 geloben, die Burg „ze Rulansekke“ zu „brechen“2), d. h. schleifen zu lassen. Sein Nachfolger, Erzbischof Heinrich II., ließ jedoch den Wiederaufbau der Burg zu, um auch an dieser Stelle wieder ein festes Bollwerk gegen die Feinde der Kölner Kirche zu haben. Nach eingehender Beratung mit dem Domkapitel übertrug er die Burg („castrum Rolandzecke“) am 25.6.1326 seinem Verwandten, dem Stiftsdechanten Johann zu Bonn, auf Lebenszeit als Dank dafür, dass der Dechant die Burg auf eigene Kosten erneut aufgebaut, wieder eingerichtet und in verteidigungsfähigen Zustand gebracht hatte3).
Burg Rolandseck erzbischöfliche Residenz
Entsprechend den örtlichen Gegebenheiten war die Burg Rolandseck im Vergleich zu anderen Burgen wohl räumlich sehr begrenzt, aber trotzdem groß genug, dass die Kölner Erzbischöfe mit ihrer Begleitung zeitweilig hier wohnen und residieren konnten, hier bis ins 15. Jahrhundert sogar eine Reihe überlieferter Urkunden ausstellten.
Über den Untergang der Burg Rolandseck gibt es in der Literatur unterschiedliche Meinungen. Vieles spricht dafür, dass sie bereits 1475 im Burgundischen Krieg zerstört wurde. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts diente die Burgruine dem Kloster Rolandswerth (heute: Nonnenwerth) als Steinbruch. Die Äbtissin des Klosters ließ in den Jahren 1619-1622 auf der zerstörten Burg Steine brechen, wie es heißt etwa 300 größere Kähne voll, um damit die Südspitze der Rheininsel gegen die Strömung zu verstärken.
Besitzwechsel nach der Säkularisation
Nach der französischen Revolution und der Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch die Franzosen kam die Burgruine Rolandseck als kurkölnischer Besitz durch die Säkularisation an Frankreich und von diesem 1815 an Preußen. Im Jahre 1831 wechselte das Burggelände – gleichsam unter Ausschluss der Öffentlichkeit – den Besitzer. Die örtlichen Behörden, d.h. der Bürgermeister von Remagen und selbst der Landrat in Ahrweiler, waren nicht davon unterrichtet. Dr. Josef Ruland hat darüber in seinem 1978 veröffentlichten Beitrag4) „Rolandseck – Ein Beispiel hohenzollernscher Erwerbspolitik im Rheinland“ ausführlich berichtet und bezog sich dabei auf eine 1825 beginnende Akte der Bezirksregierung Koblenz5).
Mittelsmann erwirbt die Burgruine
Im April 1831 schrieb demnach ein Wirklicher Geheimer Kriegsrat Pomowitz aus Köln an die Regierung in Koblenz, er habe erfahren, man plane die Ruine Rolandseck zu veräußern. Er wolle die Ruine erwerben, möchte jedoch mit dem abzuschließenden Vertrag auch das Recht erhalten, den Besitz ohne neuen Vertrag abzutreten. Herr Pomowitz, der hier tatsächlich nur die Rolle des Vermittlers spielte, war nicht irgendwer. Das „Handbuch über den Königlich-Preussischen Hof und Staat…“ erwähnt ihn 1820 als Regierungsrat im Ministerium des Innern, 1831 als Wirkl. Geh. Kriegsrat im Kriegs-Ministerium zu Berlin. Erstaunlich schnell wurde wohl darum auch sein Antrag von der Regierung Koblenz bearbeitet.
Am 16.4.1831 erhielt der Königl. Bauinspektor Ferdinand Nebel in Koblenz den Auftrag, einen Situationsplan der Ruinenreste vorzulegen. Nachdem der Königl. Oberförster Reuter zu Andernach den Wert des Grundstücks ohne die Ruine auf 12 Taler taxiert hatte, setzte die Regierung Koblenz am 23.4.1831 den Kaufpreis des Grundstücks und der Trümmer auf 36 Taler fest. Schon am 28.4.1831 erhielt Herr Pomowitz die Gesamtrechnung: Taxwert = 36 Taler, plus 1 1/2 % Gebühren für Taxation, plus Gebühren für die beiden Situationspläne, insgesamt = 41 Taler, 9 Silbergroschen, 6 Pfennige. Bereits am 30.4.1831 unterschrieb Herr Pomowitz in Köln die beiden Exemplare der „Urkunde über den Verkauf der Burg-ruine Rolandseck“.
Burgruine Besitz Ihrer Königl. Hoheit
Nur durch Zufall wurde schliesslich bekannt, für wen Herr Pomowitz in Wirklichkeit das Grundstück mit der Burg-ruine Rolandseck gekauft hatte. Am 13.12.1832 beschwerte sich nämlich ein Kaufmann Wilhelm Becker aus Köln bei der Regierung in Koblenz, dass ein „gewisser Möllhausen6) von Bonn… unter dem Vorwande, Erlaubniß zu haben, auf dem Grundeigenthum Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Marianne7) Steine zu brechen“, auf sein Grundstück geraten sei.
Ein Mauerrest der ehemaligen Burg mit einem hohen Bogenfenster stürzte in der Nacht vom 28. zum 29.12.1839 ein. Der Initiative des damals in Unkel wohnhaften Dichters Ferdinand Freiligrath war es zu verdanken, dass 1840 nach Plänen des späteren Kölner Dombaumeisters Ernst Zwirner der heutige „Rolandsbogen“ entstand8), zwar weitgehend aus dem Material der eingestürzten Bauteile, aber nun – etwas gedreht – mit der Bogenöffnung Richtung Drachenfels und Umgebung. Auch Freiligrath hatte zunächst nicht gewusst, dass das Gelände der Burgruine Rolandseck Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Marianne von Preußen gehörte und musste sich schließlich über sein weiteres Vorgehen mit ihr einigen.
Fehlende Kataster-Fortschreibung
Trotz des Besitzerwechsels war die entsprechende Kataster-Fortschreibung offenbar unterblieben und die Eigentumsfrage insofern unklar. Dies geht hervor aus einer alten Akte der Bürgermeisterei Remagen9), der auch die folgenden Angaben zur Vorgeschichte und Einrichtung der ersten Gaststätte am Rolandsbogen entnommen sind.
Am 26.4.1866 bat die Regierung Koblenz den Ahrweiler Landrat von Groote um Bericht über „die früher dem
Domainenfiscus angehörige Burgruine Rolandseck“ und erwähnte seltsamerweise als deren Eigentümer den Kommerzienrat Jacob vom Rath in Köln. Der Landrat forderte daraufhin den Bürgermeister Beinhauer von Remagen auf, in Verbindung mit dem „Ca-taster-Beamten Morgenschweiß in Sinzig“ die Sache zu klären und das Nötige zu veranlassen. Jacob vom Rath10)teilte dem Bürgermeis-ter am 9.5.1866 mit, dass er „keinen Eigenthums-Anspruch auf die Ruine mache, noch jemahlen gemacht habe…“. Bürgermeister Beinhauer berichtete dem Landrat am 11.5.1866, Jacob vom Rath sei zwar Eigentümer der nächsten Umgebung, aber nicht der Burgruine selbst. Wegen der angeordneten Fortschreibung und Berichtigung des Grundsteuer-Katasters sei es also nötig, den Eigentümer des fraglichen Grundstücks zu ermitteln, bevor die Fortschreibung erfolgen könne. In Rolandseck wisse man nicht anders, als dass die Burgruine nach wie vor Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Marianne von Preußen gehöre. Auf jeden Fall möchte er „gehorsamst vorschlagen,… dass ein Abschluß niemals Statt finden dürfe, die Ruine vielmehr allezeit dem Publikum zugänglich bleiben müsse“.
Landrat von Groote gab sich mit diesem Bericht noch nicht zufrieden und bat den Remagener Bürgermeister am 13.6.1866 „um event. Erkundigung, wann und wie die Burgruine Rolandseck in den Besitz der Prinzeß Marianne übergegangen“ sei. Aus der Antwort des Bürgermeisters Beinhauer an den Landrat vom 21.6.1866 geht hervor, dass er ebenso wenig Genaues wusste wie „zuverlässige zu Rolandswerth wohnende Männer“. Die Burgruine Rolandseck mit Ihrer Umgebung, so Beinhauer, sei durch die Säkularisation Staatsdomäne geworden. Bei allen Veräußerungen sei jedoch das Grundstück mit der Burgruine (1 Morgen, 127 Ruthen, 60 Fuß) ausgeschlossen worden und Staatseigentum geblieben. Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Marianne von Preußen habe sich um 1826 eine Zeit lang in Bonn aufgehalten und wiederholt auch Rolandseck besucht. Weiter berichtete Beinhauer: „… wie der Gastwirth Carl Groyen daselbst bestimmt wissen will“, hätten zwei Hofdamen die Burgruine von der Regierung erworben „und an dem Geburtstag Ihrer Königlichen Hoheit solche Hochderselben zum Angebinde geschenkt…“. Vielleicht war die Burg ja tatsächlich ein „Geburtstagsgeschenk“ für Ihre Königliche Hoheit. Von den Aktivitäten des Herrn Pomowitz wussten Bürgermeister und Landrat jedenfalls überhaupt nichts, und selbst bei der Regierung Koblenz hatte man den Vertragsabschluss von 1831 offenbar schon vergessen.
Burgruine wird hessischer Besitz
Das Gelände der Burg Rolandseck und damit auch der 1840 errichtete „Rolandsbogen“ kamen nach dem Tode der Prinzessin Marianne von Preußen († 1846 in Berlin) durch Erbschaft an deren Tochter Elisabeth Prinzessin von Hessen und bei Rhein (1815-1885), die 1836 den Prinzen Carl von Hessen und bei Rhein (1809-1877) geheiratet hatte. Als ihre Erben erscheinen 1886 Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen sowie die Prinzen Heinrich und Wilhelm von Hessen und bei Rhein. Ihre Majestät die Königin – Mutter von Bayern verzichtete am 6.7.1886 „auf alles etwaige Besitzrecht an dem Rolandsbogen“ und erteilte der Großherzoglichen Cabinets – Direktion in Darmstadt die Vollmacht, „in der Angelegenheit ganz nach Ihrem Belieben und Ermessen zu verfahren“. So kam es, dass wenige Jahre später der Remagener Bürgermeister Clemens von Lassaulx in Sachen Rolandsbogen… mit der Großherzoglich – Hessischen Cabinets – Direktion in Darmstadt zu tun hatte.
Ein Vorschlag des Remagener Bürgermeisters
Bürgermeister von Lassaulx ist es zu verdanken, dass vor nunmehr über 100 Jahren am Rolandsbogen eine Gaststätte entstand. Mit Schreiben vom 8.8.1892 machte er der Cabinets – Direktion Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Hessen in Darmstadt „ganz ergebenst“ folgenden Vorschlag: „Der Besitz Rolandseck, welcher Seiner Königlichen Hoheit… nur Kosten verursacht und keine Rente abwirft, könnte insofern rentabel gemacht werden, als man einen Theil des oberen Plateaus zur Aufstellung einer Bude vermiethete, in welcher den Reisenden Erfrischungen geboten werden könnten. Die jährliche Pacht könnte man alsdann zur Instandhaltung benutzen. Ich habe wiederholt… die Bemerkung machen hören, dass die Möglichkeit, eine Erfrischung auf der Höhe zu erhalten, nur erwünscht sein könne. Ich gestatte mir, diesen Vorschlag ganz ergebenst zu unterbreiten mit Bitte um hochgeneigte Entscheidung „.
Bereits drei Tage später, am 11.8.1892, schrieb die Cabinets – Direktion aus Darmstadt zurück, mit dem Vorschlag „einen Theil des oberen Plateaus der Ruine Rolandseck zur Aufstellung einer Res-taurations – Bude zu vermie-then“, sei „Seine Königliche Hoheit der Großherzog vollkommen einverstanden gewesen“. Bürgermeister von Lassaulx wurde gebeten, „in dieser Richtung geeignet scheinende Schritte zu thun“ und die Cabinets – Direktion in Darmstadt von deren Erfolg seinerzeit gefälligst in Kenntnis zu setzen. Der Bürgermeis-ter setzte sofort alle Hebel in Bewegung, um seine Idee möglichst bald zu verwirklichen. In dem „Kosten-Anschlag zu einer Trink- und Verkaufshalle am Rolandsbogen“, den Peter Lemm aus Rolandseck am 1.12.1892 vorlegte, waren die Gesamtkosten auf 1.352,22 Mark veranschlagt.
Peter Joseph Lenz wird Gastronom
Schon bald fand sich für die vorgesehene Halle auch ein Pächter, mit dem Bürgermeister von Lassaulx am 5.1.1893 folgenden Vertrag abschloss:
„Im Auftrage der Großherzoglich Hessischen Cabinets – Direction zu Darmstadt wurde zwischen dem Bürgermeister Clemens von Lassaulx zu Rolandseck wohnhaft einerseits, und dem zu Rolandswerth wohnhaften Gärtner Peter Joseph Lenz andererseits vorbehaltlich höherer Genehmigung nachstehender Vertrag verabredet und abgeschlossen:
1) Dem Peter Joseph Lenz wird die Erlaubnis ertheilt, auf dem Plateau der Ruine Rolandseck eine Verkaufshalle zu errichten, wie eine solche in dem diesem Vertrage beiliegenden Plane eingezeichnet ist, und in derselben Photographien, Galanteriewaren, Obst und sons-tige Erfrischungen wie Mineralwasser und Limonade zu verkaufen. Geistige Getränke darf derselbe nicht verabfolgen; nur in Ausnahmefällen, wenn Fremde sehr erhitzt sind und dies ausdrücklich verlangen, darf Lenz einen guten Cog-nac in kleinen Gläschen und nach einer von dem Bürgermeister zu genehmigenden Taxe ausschenken. Für sämtliche Genussmittel wird ein Preisverzeichnis aufgestellt, welches von dem Bürgermeister genehmigt und visirt sein muss und an der Bude aufzuhängen ist.
2) Herr Lenz verpflichtet sich nicht nur, die Besitzung zu beaufsichtigen und die Anlagen in gutem Stande zu erhalten, sondern auch für die Instandhaltung der Zufuhrwege, Treppen, Geländer und Sitzbänke Sorge zu tragen, so dass der Verwaltung hieraus keine Kosten erwachsen.
3) Herr Lenz verpflichtet sich, vom 1. April dieses Jahres ab jährlich praenumerando den Betrag von einhundert Mark an die Großherzogliche Kabinettskasse zu Darmstadt an Pacht zu entrichten und darf seinen Betrieb erst eröffnen, wenn er dem Bürgermsiter die Quittung dieser Kasse vorgezeigt haben wird.
4) Der Pachtvertrag läuft auf neun feste Jahre, beginnend mit dem 1. April dieses Jahres und endigend am 1. April 1900 und zwei. Tritt drei Monate vor Ablauf der Pachtperiode eine Kündigung beiderseits nicht ein, so läuft der Vertrag stillschweigend auf drei Jahre weiter.
5) Sollte der Pächter seinen Verpflichtungen nicht nachkommen oder gerichtliche Strafen erleiden, so steht es dem Bürgermeister frei, ohne Einmischung der Gerichte den Vertrag mit Ablauf des Jahres zu kündigen und hat der Pächter die Bude und sonstigen Einrichtungen alsdann zu beseitigen und den Platz in den alten Zustand wieder zu versetzen.
Vorstehender Vertrag wurde nach Vorlesung von den beiden Partheien genehmigt und unterschrieben. Also geschehen zu Rolandseck, den fünften Januar 1800 und dreiundneunzig. – P. J. Lenz –
Clemens von Lassaulx, Premier Lieutnant a.D. und Bürgermeister.“
„Restauration z. Rolandsbogen“: Ausschitt-Vergrößerung aus einer am 13. 8. 1897 von Mehlem nach Belgien verschickten Ansichtskarte.
Kaum zwei Wochen später wurde dieser Vertrag „mit Allerhöchster Ermächtigung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs“ am 17.1.1893 von der Großherzoglichen Cabinets – Direktion in Darmstadt schriftlich genehmigt und mit Plan und Kostenanschlag zurückgeschickt. Cabinetsrat Römheld übermittelte dem Bürgermeister von Lassaulx gleichzeitig den Dank und die Anerkennung seines Allergnädigsten Herrn „für die geschickte und umsichtige Erledigung dieser Angelegenheit“. Weiter hieß es: „Nur den einen Wunsch haben Seine Königliche Hoheit der Großherzog geäußert, es möchten, wenn nicht überwiegende Gründe entgegenstehen, keine auf dem Grund und Boden befestigte Tische und Bänke, sondern bewegliche Gartentische und Stühle genommen werden, welche viel bequemer und schöner sind und dem Pächter den Vortheil bieten, dass sie aus der Halle heraus und in den Burghof gerückt werden können“.
Unerwartete Proteste
Mit Schreiben vom 9.2.1893, auf dem oben als Briefkopf „Rheinischer Actien-Verein für Zuckerfabrikation“ gedruckt stand, wandte sich der Grundstücks-Nachbar Eugen vom Rath (Sohn des 1868 verstorbenen Jacob vom Rath) aus Köln an Bürgermeister von Lassaulx und schrieb: „Werther Herr Bürgermeister. Es wird mir eben mitgetheilt, daß Sie Herrn Lenz die Erlaubniß ertheilten, auf dem Rolandsbogen eine Bude zu errichten… Es ist mir dieses nicht glaubhaft. Ich würde in diesem Falle meine ganze Besitzung abschließen und den ganzen Fremden – Verkehr inhibiren11), wie schon früher mitgetheilt. Einer gefälligen Rückäußerung entgegensehend verbleibe ich mit Hochachtung Eugen vom Rath.“ Der Bürgermeister vermerkte am Rande dieses Schreibens nur: „ad acta nach Mittheilung des Sachverhalts.“
Unerwarteter Gegenwind kam etwa zwei Wochen später aus Darmstadt, wo offenbar eine Beschwerde des Hoteliers Groyen aus Rolandseck eingegangen war. Die Cabinets – Direktion in Darmstadt schickte die Unterlagen am 22.2.1893 zur Rückäußerung an Bürgermeister von Lassaulx und bemerkte dazu, die Prinzen Heinrich und Wilhelm, beide Miteigentümer an der Ruine, seien gegen die Errichtung der geplanten Halle. Es werde darum „großer Vorsicht bedürfen“, so Cabinetsrat Römheld, „um Schwierigkeiten zu vermeiden.“
In seiner Stellungnahme bemerkte Bürgermeister von Lassaulx einen Tag später, die kleine Bude solle die Höhe von 2,50 m erhalten, während der Rolandsbogen eine Höhe von 10 m habe, die Bude somit kaum in Erscheinung treten werde. Weiter schrieb er, gegen die Persönlichkeit des Herrn Lenz liege nicht das Mindeste vor. Seinem übel beleumundeten, nach Amerika ausgewanderten Bruder sei allerdings die Erlaubnis untersagt worden, „weil derselbe unzuverlässig war.“ Der Beschwerdeführer, Müller Groyen, sei Hotelbesitzer und befürchte in der geplanten Anlage eine schädliche Konkurrenz, was jedoch durchaus nicht der Fall sei. Er habe bei der Anlage nur den Zweck verfolgt, die Besitzung einer Aufsicht zu unterstellen und mit der Miete die Kosten der Unterhaltung zu decken, da bisher der Großherzoglichen Cabinets – Direction immer nur Kosten entstanden seien. Lenz habe die Bude bereits in Auftrag gegeben, aber er habe Lenz benachrichtigt, von einer Aufstellung der Bude Abstand zu nehmen, bis eine höhere Entscheidung getroffen sei.
Am 6.3.1893 schrieb Cabinetsrat Römheld aus Darmstadt dem Bürgermeister zurück: „Euer Hochwohlgeboren beehre ich mich ergebenst mitzutheilen, daß die bezüglich des Vertrages mit Gärtner Peter Joseph Lenz so unerwartet eingetretenen Schwierigkeiten glücklich beseitigt sind, indem Ihre Großherzoglichen Hoheiten, die Prinzen Heinrich und Wilhelm von Hessen, sich auch ihrerseits mit dem fraglichen Vertrag einverstanden erklärt haben.“ Noch im gleichen Monat wurde die vertraglich festgelegte Pacht von 100 Mark laut „Post-Einlieferungsschein“ vom 22.3.1893 beim Postamt Rolandseck für die „Großherzogliche Cabinets – Direction Darmstadt“ eingezahlt.
Ostern 1893 Gaststätte eröffnet
Rechtzeitig zu Ostern hat Peter Joseph Lenz12) Anfang April 1893 seine Halle am Rolandsbogen eröffnet. Wider Erwarten stieß diese Neuerung abermals auf Kritik. Bereits am 4.4.1893 (Osterdienstag) erschien in der Bonner Presse13) folgende Notiz: „Rolandseck, 4. April. Osternbesucher des schönen Rheinstromes haben zu ihrer Ueberraschung wahrgenommen, daß man neben dem Rolandsbogen eine Bretterbude zur Verabreichung geistiger Getränke errichtet hat. Es muß jeden Naturfreund verletzen, neben einem so bedeutsamen Monument rheinischer Poesie ein derartiges Stück Prosa zu erblicken. Es dürfte daher den Wünschen des reisenden Publikums entsprechen, wenn dieser Bretterhaufe baldigst entfernt würde.“
Die Reaktion auf diese massive Forderung ließ nicht lange auf sich warten. Bereits drei Tage später war in der Bonner Presse14) zu lesen: „Rolandseck, 7. April. In Entgegnung auf den Artikel unter Rolandseck vom 4. d. M., in welchem bedauert wird, daß unter dem Rolandsbogen eine Bretterbude errichtet worden ist, muß zur Richtigstellung Folgendes bemerkt werden. Schon lange wurde es als Uebelstand empfunden, daß auf diesem herrlichen Aussichtspunkte keine Erfrischungen zu erhalten waren, wie es doch auf dem Drachenfels, dem Oelberg, Petersberg etc. der Fall ist. Aus diesem Grunde ist mit Genehmigung der Großherzogl. Cabinets – Direktion Darmstadt sowie des Bürgermeisteramts von Rolandseck15) eine allen Anforderungen entsprechende baulich sehr schöne Halle dort errichtet worden. Auf keinen Fall dürfte hierdurch die Poesie der schönen Aussichtsstelle zerstört werden; man müßte denn diese Störung darin suchen, daß bis jetzt vorläufig nur Kaffee verabreicht werden darf, ein Uebelstand, der hoffentlich in der Zukunft gebessert werden wird…“.
Die Gaststätten-Konzession
Über den Zeitpunkt der Konzessions-Erteilung für die Gas-tronomie am Rolandsbogen gibt es sowohl in der Literatur wie in der Presse die verschiedensten Varianten, wobei teilweise die Autoren wohl Lesefehlern zum Opfer fielen und die alten Handschriften falsch entzifferten. – In dem 1976 erschienenen Werk „Ferdinand Freiligrath 1876/1976″ (Seite 131, Anm. 7) erwähnt Peter Schoenwaldt für die Halle am Rolandsbogen die völlig falschen Konzessions-Daten vom 20.3.1844 und 15.4.1846 und bezieht sich dabei auf die Auswertung des Familienarchivs von Gastwirt Heinz Heinrich Böhm. Peter Joseph Lenz, der spätere Begründer dieser Gaststätte, ist jedoch erst 1858 (!) geboren. – Selbst in der kleinen Jubiläums-Schrift der Familie Böhm von 1994 (Restaurant „Zum Rolandsbogen“ 1894-1994) steht das falsche Konzessions-Datum 20.5.1894. Sogar die Hundertjahrfeier der Gaststätte im Jahre 1994 wurde unerklärlicherweise um ein Jahr zu spät gefeiert.
Der in diesem Fall für die Gaststätten-Konzessionen zuständige Kreisausschuss des Kreises Ahrweiler gab 1893 zunächst nur eine eingeschränkte Konzession zur Gas-tronomie am Rolandsbogen. Im Protokollbuch des Kreisausschusses Ahrweiler16) heißt es in der Niederschrift über die Sitzung vom 27.5.1893 unter Punkt 4: „Gesuch des Pet. Jos. Lenz zu Rolandseck um Erlaubniß zum Ausschank von Mineralwasser, Kaffee, Cog-nac in der Halle am Rolandsbogen. Dem Lenz wird die Erlaubniß zum Ausschank von Kaffee, Milch, Mineralwasser, unter Ausschluß des Ausschanks von geistigen Getränken jeglicher Art ertheilt.“
Terrasse am Rolandsbogen im Jahre 2000
Knapp ein Jahr später ist im Protokoll über die Sitzung des Kreisausschusses vom 20.3.189417) ist unter Punkt 6 der Niederschrift vermerkt: „Dem P. J. Lenz zu Rolandseck wird die Erlaubniß zum Ausschank von Cognac und Flaschenbier in der Halle am Rolandsbogen ertheilt.“
Erst gut zwei Jahre später erhielt Peter Joseph Lenz schließlich auch die beantragte Erlaubnis zum Wein-Ausschank. Hierzu heißt es im Protokollbuch des Kreisausschusses in der Niederschrift über die Sitzung am 8.4.189618) unter Punkt 11: „Gesuch des P. J. Lenz zu Rolandseck um Erweiterung der Wirtschaftsconcession durch Ertheilung der Erlaubniß zum Ausschank von Wein. Dem Antrag wird entsprochen.“
Anfang 1900 wurde der bis dahin nur überdachte Gast-raum durch Wände mit großen Glasfenstern umschlossen. Wegen der wachsenden Besucherzahl entschloss man sich 1928/29, die alten Baulichkeiten der Gaststätte am Rolandsbogen durch einen vollständigen und nun auch massiven Neubau zu ersetzen, der am 6.5.1929 zunächst von einem kleinen Kreis geladener Gäste eingeweiht und am 8.5.1929 offiziell eröffnet wurde.19)
Anmerkungen:
- Vgl. Heinr. Joseph Floß, Das Kloster Rolandswerth, in: Annalen des histor. Vereins f. d. Niederrhein, Heft 19 (1868), S. 76-219, insbes. S. 81 u. 218.
- Vgl. Theod. Jos. Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, III. Bd., (Düsseldorf) 1853, S. 14 f.
- Vgl. Theod. Jos. Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, III. Bd., (Düsseldorf) 1853, S. 182 f.
- Heimat-Jahrbuch 1978 für den Landkreis Ahrweiler, S. 25-29.
- Landeshauptarchiv Koblenz, Abt. 441, Nr. 9174.
- Wohl Heinrich Möllhausen, einer der ersten Bonner Bauspekulanten, Vater des 1825 in Bonn geborenen Schriftstellers Balduin M., laut dessen Geburtsurkunde „Bau-Conductor“.
- Marianne, Prinzessin von Preußen, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg (1785-1846).
- Vgl. Josef Ruland, Der Rolandsbogen in Remagen-Rolandseck. Zur Wiedererrichtung vor 150 Jahren (= Rheinische Kunststätten, Heft 359, 1. Aufl. 1990).
- Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 635, Nr. 597.
- Geh. Kommerzienrat Jacob vom Rath, geb. 1792 Duisburg, gest. 1868 in Köln, hatte einen Landsitz in Rolandseck.
- Verhindern, unterbinden, untersagen.
- Geboren 1.8.1858 Rolandswerth, gest. 10.9.1922, beerdigt 13.9.1922 in Mehlem.
- Deutsche Reichs-Zeitung (Bonn) vom 4.4.1893, 22. Jg., Nr. 92, S. 2.
- Deutsche Reichs-Zeitung (Bonn) vom 9.4.1893, 22. Jg., Nr. 97, S. 2.
- Richtig: Remagen.
- Kreisarchiv Ahrweiler, Abt. 01, Nr. 343.
- Nicht 20. Mai 1894, wie gelegentlich falsch berichtet wird.
- Nicht 15. April 1896, wie ebenfalls gelegentlich falsch berichtet wird.
- Vgl. u. a. Deutsche Reichs- Zeitung (Bonn) vom 8.5.1929; ferner: Godesberger Heimatblätter, Heft 27 (1989), S. 48 f.
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