Die alte und die neue Mühle – Mühlenwüstungen im Bodendorfer Bann
Bad Bodendorf hatte im Laufe seiner Geschichte drei Mühlen. Sie sind alle vergangen, dem Erdboden gleich und nicht mehr existent; ihre „Stätte ist wüst und leer“, sie sind Wüstungen. Nachfolgend soll von der alten und neuen Mühle gehandelt werden. Die dritte Mühle im Bodendorfer Bann war die Pyrmonter Mühle. Über ihre Geschichte wurde im Heimatjahrbuch 1999, berichtet.
Die alte Mühle
Die älteste der Mühlen war die Bodendorfer Schleipenmühle, auch Landskroner und Spießermühle genannt. Spießermühle nach der Familie Spieß von Büllesheim, die von 1433 bis zum 30-jährigen Krieg im Besitz der Bodendorfer Burg und Mühle war.
Ausschnitt aus der Karte Herrschaft Landkron, auf der auch die Mühlen eingezeichnet sind. (LHA Ko 53c 25 Nr. 2661)
Der Standort
Die Mühle lag links der Ahr in der Flur „Auf der Klause“ in der heutigen Sinziger Gemarkung. Der Bodendorfer Bann reichte früher weiter flussab in die Goldene Meile hinein und über die neuzeitliche Grenze zwischen Bad Bodendorf und Sinzig bis zur „Sleypergassen“. Diesen Namen führte das Wegestück der Aachen-Frankfurter Heerstraße (AFH) zwischen Sinzig und Bodendorf beidseits der Ahr. Die Straße führte vom Mühlenbacher Tor zur Ahr. Vorbei an der rechts der Ahr gelegenen Pyrmonter Mühle querte sie dort den Fluß über die alte Brücke. Diese befand sich oberhalb des heutigen Sinziger Sprudels. Sie wurde beim Katastrophenhochwasser 1804 weggerissen. Ihre Pfeiler sollen auf römischen Fundament gefußt haben. Von dort verlief die Straße nach Norden, Richtung Reisberg, bis zum Sinzig Gericht (Auf der Steinkaul, Galgenkaul). Hier schwenkte sie dann nach Westen auf Bodendorf und zur St. MatthiasKapelle ab, um über Bodendorf die Ahrhöhen zu gewinnen.
Der Standort der Schleipenmühle wie auch der Pyrmonter Mühle, beide an der Ahr und der Sleypergasse gelegen, kam bei einer Grenzrevision vor 1616 zu Sinzig. In einer Übertragungsurkunde aus jenem Jahr zwischen Johann Friedrich Quadt zu Landskron und den Grafen von Manderscheid um deren Hoch- und Gerechtigkeit zu Bodendorf wird die Pyrmonter Mühle „bis dahero in Bodendorffer Marken“ genannt. Ähnliches wird auch von der Bodendorfer Schleipenmühle berichtet. So heißt es 1454 „an der Sleippermühle“ im Gericht Bodendorf und 1456 „in der Sleippergassen im Bodendorfer Banne“. 1464 wird die Mühle „bij der Sleippen“ durch Johann Spieß von Büllesheim an Johann Cruse und seine Frau Guetgin verpachtet. Auch hier heißt es wiederum „im Bodendorfer Bann“. Der neue Pächter ist der Sohn des Jacob Cruse. Dieser ist Müller auf der Schleipenmühle im Jahre 145 1. Wir hören von ihm in diesem Jahr als er dem Meister Wilhelm aus Müden an der Mosel Kost und Logis beim Bau der Pyrmonter Mühle gewährt.
In einer Verkaufsurkunde aus dem Jahr 1408 veräußern die Landskroner dabei einen Anteil ihrer Mühle an Johann von Schönberg. Mit Datum vom 1. Mai heißt es: „1. Ihr Drittel an der Sleypergassen bei Sinzig an der Ahr gelegenen Mühle mit allen Rechten und Zubehör; 2. … Wiesen und Weiden von dem die nederste Irle genannten Feld, die bei der Mühle liegen…“ Die „nederste Irle“ – so auch 1456 „unter den eyrlen im Bodendorfer banne“ – ist die heutige Flur (Fl. 23) „Unter den Erlen“.
Die Mühle stand links der Ahr an der Heerstraße (AFH) zwischen der Flur „Auf der Klause“ und dem Bodendorfer Ehrenfriedhof, unterhalb des Schwanenteiches (Im oberen Guckepesch). Die Lage der Mühle ist so durch die urkundlichen Belege gesichert.
Bodendorfer Mühle um 1930, zerstört am 8. November 1941.
Hinweise durch Flurnamen
Flurnamen in älteren Urkunden weisen jedoch bereits auf die Existenz einer Mühle dort schon vor 1408 hin. Bereits 1284 wird Ackerland „versus Slepin“ aufgezeichnet. Zehntabgaben werden aufgeführt 1310/40 für Land „uf der Clusen“, 1334 für „eyme wingarde up der clusen over der Ayre“ sowie 1336/57 „altera porte fluminis Ar supra clusam“. 1433 wiederum heißt es von „eyne Wyngarde up der Clusen“. 1578 schließlich hat der Gerichtsbote von Bodendorf Land „auf der Chluisen“ für seine Dienste in Nutzung.
Die Klausen, namengebend für die Flurlage, sind Tore oder Einrichtungen zur Regulierung des Wasserdurchflusses in einem Graben. Sie belegen somit einen Mühlengraben, dieser eine Mühle und dies lange vor der ersten Namensnennung. Die Fluren „Auf der Klause“ wie auch „unter den Erlen“ liegen heute in der Sinziger Gemarkung. Die Flurnamenbelege weisen nicht nur auf eine frühe Existenz der Mühle hin, sondern sie belegen auch für diese Zeit Weinbau in der Ahraue.
Abfischen am Bodendorfer Mühlteich, um 1920.
Die Landskroner Mühle
Bereits 1310/40 wie auch 1325 wird namentlich eine Landskroner Mühle erwähnt. Vor allem der Vertrag vom 2 1. März 1325 zwischen den Landskronern und Tillmann von Schönberg läßt schließen, dass die dort verhandelte Landskroner Mühle die Schleipenmühle ist. Vertraglich wird zwischen den Parteien festgelegt, dass sie und ihre Erben
•nur eine Mühle im Kirchspiel Sinzig unterhalten
•Mühlennutzen und Mahllohn gemeinsam innehaben
• Unterhalt und Folgekosten anteilig tragen
• oberhalb an der Ahr gelegene Mühlen stilllegen
• Mühlenteich und Klausen gemeinsam unterhalten
Dies heißt, vor allem durch das Verbot anderer Mühlen ahraufwärts, dass die Landskroner Mühle identisch ist mit der Schleipenmühle. Sie lag im Gericht und Bann von Bodendorf, gehörte aber zugleich zum Kirchspiel Sinzig. Mit dem Vertrag werden darüber hinaus Mühlenteich und Klausen bezeugt wie sich dies auch aus den Flurnamen und deren frühen Nennungen ergibt.
Die Spießer Mühle
Im Jahre 1433 geht die Burg Bodendorf mit allem Zubehör – so auch die Mühle – bei einem Gütertausch in den Besitz der Spieß von Büllesheim über. Der alte Mühlenname geht durch den Besitzwechsel verloren, die Mühle wird infolge zur Spießermühle. So in einem Lehnbrief von 1541. In diesem Jahr wird die Mühle, jetzt Spießermühle, neu verpachtet. Dabei heißt es, dass „Johann Spieß zu Büllesheim, ambtman zu Lessenich und Margarete Quadt mein elige Hausfrauen… uns mollen zu Bodendorf an der Ahr gelegen, mit den weiden und büschen … peter molner und Eyffen sein elig gemahl …“ übergeben. Zuletzt wird sie 1613 vom damaligen Burgherren Calenius verpachtet. 1642 und 1652 beklagt der neue Burgherr Fabri, dass infolge des 30-jährigen Krieges – Bodendorf wurde mehrfach gebrandschatzt – die Burg in einem schlechten, ruinösen Zustand und die Mühle gänzlich verschwunden sei.
Die Zerstörung
Die Mühle wird während des 30-jährigen Krieges zerstört. 1652 wird zu dieser Sache in einem Rechtsstreit Oberst Constantin von Nievenheim vernommen. Er bezeugt, dass er mit seinen Soldaten von Linz aus die Mühle verbrannt und die Mühlsteine zerschlagen habe. Der Befehl dazu sei ihm von der kurkölnischen Hofkanzlei zu Bonn erteilt worden. Der Grund für die Zerstörung waren Streitigkeiten und finanzielle Forderungen des Fabri gegenüber seiner schwiegerväterlichen Familie Calenius. Dr. Fabri, kurkölnischer Hofrat, wird dabei vom Erzbischof von Köln, Lehnsherrn der Bodendorfer Burg, unterstützt. Sein Schwiegervater Gerwin Calenius hatte seinerseits 1608 Burg und Mühle von dem hochverschuldeten Hermann Spieß von Büllesheim übernommen.
Die Erwähnung der Mühle in den Jahren 1642 und 1652 im Zuge der Erbauseinandersetzungen Calenius-Fabri beziehen sich auf die bereits wüste Schleipenmühle bzw. Spießermühle. Oberst von Nievenheim kann bei seiner Anhörung 1652 kein genaues Jahr für die Zerstörung der Mühle angeben. Da Gerwin Calenius jedoch vor 1620 verstorben ist, ist die Zerstörung und das Wüstfallen der Mühle sowie der Beginn der Erbstreitigkeiten ab diesen Zeitpunkt anzusetzen.
Die Müller
Einige Müller, Pächter der Bodendorfer Burgherren, werden in den Urkunden erwähnt:
1408 Reinhard, der Müller;
1451 Jakob Cruse;
1464 Johann Cruse von Bodendorf;
1490 Johann, Molener uf der Sleppen;
1541 Peter Molner;
1613 Peter Vruell.
Die neue Mühle
Mit der Zerstörung der Spießer Mühle ist Bodendorf ohne Mühle. Am 20. September 1632 wird der Bau einer neuen Mühle an Meister Heinrich, Zimmermann aus Deutz, vergeben. Durch diesen Auftrag engt sich die Zerstörung der Vorgängermühle somit auf den Zeitraum zwischen 1620 und 1632 ein. Auftraggeber sind Reinhard von der Brohl und seine Ehefrau Margarete von Oevelacker. Margarete ist die Witwe des Johann Friedrich Quad, der ihr Bodendorf als Witwensitz und zur Nutznießung bis zu ihrem Tod vermacht hat.
Beim Auftrag wird verfügt, dass der Zimmermann das Holz eines Altbaus zu Bodendorf und neues Gehölz für das „muhlenhuß“ verwenden soll. 1634 berichtet ein „Georgen von Bondorff“ dem Bauherrn „Reinartt von Broill“ über den Stand des „nehwen müllen baw“. Nach 1657 ist Freiherr von Brempt, Schwiegersohn der Margarete von Oevelacker, Herr der Reichsherrlichkeit Landskron, auch Besitzer der Mühle. R. v. Brohl und Margarete von Oevelacker sind offensichtlich in den Wirren des 30-jährigen Krieges umgekommen. Ihr herrschaftliches Haus (Vorgängerbau des Landskroner Zehnthofs) im Dorf, zwischen 1626 und 1637 erbaut, ist eine Ruine. Wie Dorf und Burg ist es 1642 durch die kaiserlichen Truppen unter General de Weerth geplündert und in Brand gesteckt worden.
Die neue Mühle wird jedoch nicht am Standort der alten errichtet, sondern flussauf am alten Mühlenteich zwischen Bodendorf und Lohrsdorf. Grund für den Standortwechsel ist, neben den Besitzrechten der Fabri/ Calenius, sicherlich dort die geringere Hochwassergefährdung. Ab 1662 bis in unsere Zeit sind Mühlenpächter belegt. Die Mühle ist eine Getreidemühle, die später (nach 1696) um eine Ölmühle erweitert wird.
Die neue Mühle ist eine landskronische Bannmühle, d.h. die Bodendorfer sind verpflichtet, dort ihr Getreide mahlen zu lassen. Freiherr vom Brempt genehmigt 1683 den Wiederaufbau der durch Hochwasser zerstörten Greener Mühle mit dem ausdrücklichen Vermerk, dass „meine Bodendorfer Bannmühle dadurch kein Abzug oder Hinderniß jetzt noch jemals widerfahren“ darf. Als Mahllohn erhält der Müller von jedem Malter Frucht ein Mühlfass von jedem Bodendorfer Untertan, von Fremden behält er zwei Mühlfass ein. Für diese darf er jedoch nur mahlen, wenn sie nicht anderen herrschaftlich-landskronischen Mühlen verpflichtet sind.
Bei der Aufnahme des preußischen Urkatasters 1828 werden Mahlmühle und Ölmühle von zwei Müllern betrieben. Die Gebäude sind jedoch in einem Mühlengehöft vereint. Die Gemeinde Bodendorf kauft 1903 die Mühle aus einer Konkursmasse. Renoviert und mit einem neuen eisernen Mühlrad ausgestattet, wird sie sodann verpachtet. Bei einem Bombenangriff am 8. November 1941 wird die Mühle zerstört. Das eiserne Mühlrad stand noch bis in die 70er Jahre und ist heute gleichfalls verschwunden. Die Überlieferung und die Flurnamen „Oben der Mühle“, „Im Mühlengarten“ und „Am alten Teich“ erinnern an diese junge Mühlenwüstung aus unseren Tagen.
Der Mühlengraben
Der Mühlenteich der alten und neuen Bodendorfer Mühle wurde wie der heute noch vorhandene, aber trockenliegende Mühlgraben, durch ein Wehr von der Ahr unterhalb von Green und Lohrsdorf abgeleitet und geflutet. Er verlief und verläuft – heute trocken und funktionslos – am nördlichen Rand des Hochwasserbereiches durch die Bodendorfer Gemarkung. Da hier alte, verbriefte Besitzstände vorlagen, ist der Mühlenteich nach der Zerstörung der alten Mühle, aber auch nach Beschädigung durch Hochwässer, immer im alten Bett wieder hergerichtet worden. Zu diesen Arbeiten waren die Bodendorfer Untertanen verpflichtet. Bei der Karte der Herrschaft Landsitzen um 1680 – die neue Bodendorfer Mühle ist eingezeichnet – mündet der Müh-lenteich bei der alten Sinziger Brücke in die Ahr. In der Sterzenbach-Karte um 1750 endet die Darstellung jenseits der Bodendorfer Zehntgrenze und vor der Brücke und der AachenFrankfurter Heerstraße. Die Darstellung in der Karte von 1680 ist topographisch ungenau. Der landskronisch-Bodendorfer Mühlenteich verlief weiter in Richtung Rhein und versorgte auch Sinziger Mühlen. In einem Schreiben der Stadt Sinzig vom 8. April 1629 bittet diese „durch ihre Oberherrn Herrn zu Landskron grund und bodden und ihre mark (Gemarkung) selbiges Wasser auf unsere Müllen und in unseren Deich zu bringen“. In gleicher Sache, jedoch ohne Datum, bittet „Niclaß Deutz Müller auf Newer Mühll zu Sinzig“ – „den Wassergank zu erlauben“.
Ähnliches wird in einem Brief vom 28. November 1720 erbeten, da „die ahr durch Überfluß und übermäßig Waßlauf unser Stadt Sinzig never Mühlen deich abgetrieben“. Auch hier erfolgt die Bitte an den „oberherrn Herrn zu Landscron“ mit derselben Formulierung wie 1629. Die Reparatur wurde offensichtlich so auch ausgeführt. Mit Schreiben vom 26. Juli 1722 jedoch weist Freiherr von Clodt an „unsern zeitlichen Kellnern Meyer, Schultheiß Herschbach und Schöffen mit Zuziehung nöthiger unserer Bodendorfer Underdahn, alß bald die Sintziger mühlen Klus zu vernichten…“. Später hat er jedoch offensichtlich seine Einwilligung erteilt. Auch 1784 und 1804 wird der Sinziger Mühlenteich durch Hochwasser erneut beschädigt und der Anschluss an den Bodendorfer Mühlgraben wiederhergestellt.
Die neue Mühle ist die gleichfalls wüst gefallene Sinziger Stadtmühle. Durch den Sinziger Mühlenteich, abzweigend vom Bodendorfer, wird auch die spätere Schmitzmühle angetrieben. Über das Goden-haus, auch dort war früher eine Mühle, verlief der Mühlengraben weiter zur Ahr. Hier am Godenhaus ist der trockenliegende Graben noch gut im Wiesengelände zu erkennen.
Quellen/Literatur:
s. Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 1999, S. 66