Der Kreis Ahrweiler: Mit Dynamik ins neue Jahrtausend

Der Jahreswechsel 2000 stellt für den Kreis Ahrweiler nicht nur einen markanten Jahreswechsel, sondern in der Tat auch einen realen Wendepunkt dar. Begründet ist dies im jetzt erfolgten Umzug des Bundestages und wesentlichen Teilen der Bundesregierung von Bonn nach Berlin. Da der Kreis Ahrweiler in seiner Wirtschaftsstruktur eng mit der Bundesstadt Bonn verwoben ist, stellt der Bonn/Berlin-Umzug auch den Kreis Ahrweiler vor einen nachhaltigen und tiefgreifenden Strukturwandel. Mit Hilfe der Ausgleichsleistungen des Bundes ist es jedoch gelungen, hier vorzubeugen und der Region Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler durch konkrete Ausgleichprojekte frühzeitig neue Impulse zu geben, so dass wir der Zukunft mit Optimismus entgegensehen können.
Mit Erfolg bewältigt haben wir auch weitere Herausforderungen, denen sich der Kreis Ahrweiler in den vergangenen Jahren stellen musste. Kreis, Kommunalpolitik und Wirtschaft haben hier Lösungen erarbeitet, die eine tragfähige Basis für die Zukunft bilden.

„Stärke deine Stärken“

Unmittelbar nach dem Umzugsbeschluss des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991 haben die Stadt Bonn, der Rhein-Sieg-Kreis und der Kreis Ahrweiler bereits mit dem Bund über mögliche Ausgleichsleistungen diskutiert. Hierbei stand für den Kreis Ahrweiler immer der Gedanke im Vordergrund, mit den Ausgleichsleistungen in Projekte zu investieren, die in die strukturellen Rahmenbedingungen des Kreises hineinpassen und diese unterstützen. Ziel war es, die eigenen Stärken zu stärken. Auf diese Weise entstand zum Beispiel die Idee einer Fachhochschule als zentrales Ausgleichsprojekt. Deren Studiengänge sollten auf die im Kreis gegebenen Rahmenbedingungen ausgerichtet sein. Das Ergebnis ist die mit 185 Millionen DM durch den Bund finanzierte Fahhochschule RheinAhrCampus Remagen. Als weitere Projekte stehen an das Technologiezentrum Sinzig sowie der Technologiepark Grafschaft. Ergänzend zu diesen Maßnahmen hat das Land Rheinland-Pfalz die „Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen GmbH“ in der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler angesiedelt. Zum Teil aus Ausgleichsgeldern finanziert wird ebenfalls das Pilotprojekt „Gesundheits- und Fitneßregion Kreis Ahrweiler“, das im Sinne der beschriebenen Philosophie die im Kreis Ahrweiler vorhandenen Potentiale aufgreifen und vernetzen soll. Ein erheblicher Finanzbeitrag kommen dabei durch die privaten Sponsoren des Projektes, die Kreissparkasse Ahrweiler, Apollinaris, die Energieversorgung Mittelrhein, die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr und die Spielbank Bad Neuenahr. Die Stelle des Projektkoordinators ist jedoch nur befristet bis Ende 2000 eingerichtet. Im kulturellen Bereich wird das oberhalb des Künstlerbahnhofes Rolandseck geplante Arp-Museum neue Akzente setzen und die Bonner Museumsmeile bis in den Kreis Ahrweiler hinein verlängern.

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Die Bibliothek der Fachhochschule RheinAhrCampus

Ein weiterer Ausgleichsaspekt ist der Zuzug von Bundesbehörden- und -einrichtungen, die ihren Sitz aufgrund des Berlin/Bonn-Gesetzes von Berlin, Frankfurt und Wiesbaden nach Bonn verlegen. Dieser Zuzug soll eine faire Arbeitsteilung zwischen der Bundesstadt Bonn und der Bundeshauptstadt Berlin sicherstellen. Gerade diese faire Arbeitsteilung ist eine wichtige Grundlage, um den Erfolg der Ausgleichsleistungen langfristig zu sichern.

Gesunde Wirtschaft

Der Kreis Ahrweiler ist ein günstiger Gewerbestandort und weist einen gesunden Branchenmix auf. Um den durch den Umzug entstehenden Verlust an Arbeitsplätzen zu kompensieren, wurde deshalb auch der Gewerbestandort Kreis Ahrweiler gefördert und weiterentwickelt. Soforthilfemittel aus dem Bonn/Berlin-Ausgleich versetzten die Städte und Gemeinden des Kreises in die Lage, Gewerbegebiete von überörtlicher Bedeutung zu erschließen. Bei der Akquisition von Betrieben kommt der Strukturförderungsgesellschaft Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler (SFG) eine zentrale Funktion zu. Die SFG betreut zudem das Investitionsförderprogramm Bonn/ Berlin für die mittelständische Wirtschaft, das Betriebe im Ostteil des Kreises in Anspruch nehmen können. Als Pendant für den Westteil des Kreises hat der Kreistag das „Zinszuschußprogramm Kreis Ahrweiler West“ aufgelegt.

Wie die vergleichsweise geringe Arbeitslosenquote des Kreises Ahrweiler beweist, hat dieses Bündel an Maßnahmen großen Erfolg. Auch die seit Jahren stetig steigende Einwohnerzahl – allein in den letzten 10 Jahren um 16.000 – zeigt: der Kreis fällt nicht in Resignation, sondern sieht in eine mit günstigen Perspektiven ausgestattete Zukunft. Die Wirtschaft selbst zeigt im Kreis Ahrweiler eine hohe Investitionsbereitschaft. Zusammen mit Baumaßnahmen der öffentlichen Hand wurden in den letzten Jahren größere Investitionsvorhaben mit einer Summe von insgesamt über 1 Milliarde DM getätigt.

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Investitionen in den Gewerbestandort Kreis Ahrweiler sichern und schaffen neue Arbeitsplätze. Das Werk „Deutsche Steinzeug“ in Sinzig, 1999

In der strukturschwachen Eifel ist der Nürburgring der Kristallisationspunkt und Motor der Wirtschaft. Um diese Funktion weiter zu stärken, wurde der Gewerbepark am Nürburgring initiiert. Die Erlebniswelt und das gerade eröffnete Fahrsicherheitszentrum II sind flankierende Maßnahmen, um den Nür-burgring als Ganzjahres-Ausflugsziel zu etablieren. Der geplante Neubau der Boxengasse ist schließlich ein wichtiger Beitrag, um Großveranstaltungen wie die Formel 1 auf Dauer am Nürburgring zu etablieren.
In der wirtschaftlichen Entwicklung messen wir insbesondere der Innovationsförderung eine hohe Bedeutung bei. Die Fachhochschule RheinAhrCampus Remagen kann hier zum Beispiel im Rahmen von Diplomarbeiten Wirtschaft und Wissenschaft verzahnen und so wichtige Impulse geben. Neue Potentiale ergeben sich auch, gerade für den ländlichen Raum, durch die neuen Informationstechnologien und die neuen Medien. Denn das Internet macht es möglich, weitgehend standortunabhängig zu sein, so dass auch ein nicht direkt an einen Hauptverkehrsweg angeschlossener Standort nicht mehr von Nachteil ist. Entscheidend ist vielmehr lediglich der Anschluß an eine „Datenautobahn“.

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Das neue Peter-Joerres-Gymnasium – eines der modernsten Gymnasien in Rheinland-Pfalz

Infrastruktur muß stimmen

„Bildung muss das Megathema unserer Gesellschaft werden“ – dieses Zitat des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog hat im Kreis Ahrweiler einen besonderen Stellenwert. Denn Unterhaltung und Ausbau der Schulen haben trotz knapper Kassen eine hohe Priorität. Vorläufiger Höhepunkt ist der Neubau des Peter-Joerres-Gymnasiums, das mit Kosten von 25 Millionen DM jetzt eines der modernsten Gymnasien in Rheinland-Pfalz ist. Insgesamt hat der Kreis in den Jahren von 1995 bis 1999 64 Millionen DM für die Schulen und die Schülerbeförderung ausgegeben. Bis zum Jahr 2004 wird sich dieser Betrag auf annähernd 100 Millionen DM erhöhen. Darüber hinaus schafft die neue Fachhochschule RheinAhrCampus Remagen für die junge Generation Bildungsperspektiven, die im Kreis selbst bislang nicht vorhanden waren.

Eine besondere Herausforderung stellte auch der Anfang der 90er Jahre eingeführte Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz dar, der, zunächst von einem jährlichen Stichtag ausgehend, bis zu einem sofort ab dem 3. Geburtstag des Kindes geltenden Anspruch ausgeweitet wurde. In einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Kreis und Kommunen ist es gelungen, diesen Anspruch zu über 100 Prozent zu erfüllen, so dass für jedes Kind im Kreis Ahrweiler ein Kindergartenplatz vorhanden ist.

Seit den 80er Jahren ist der Kreis in der Dorferneuerung sehr aktiv. Erklärtes Ziel ist es hier, die Infrastruktur in den Dörfern zu fördern und für ein attraktives Lebens- und Wohnumfeld zu sorgen. In diesem Zusammenhang nimmt der Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden – unser Dorf hat Zukunft“ einen hohen Stellenwert ein. Zwei Orte – Waldorf und Löhndorf – konnten hier in den vergangenen Jahren auf Landesebene Goldmedaillen erringen. Um das ehrenamtliche Engagement zu fördern, hat der Kreis den jährlichen Wettbewerb um eine Prämierung von Vereinen ergänzt.

Meilenstein in der Tourismuswirtschaft

Das veränderte Anspruchsverhalten der Gäste und ein dazu notwendiges regionales Denken der Anbieter sorgen in der Tourismuswirtschaft für völlig neue Entwicklungen. Mit der engen Zusammenarbeit des kreisweit tätigen Touristik-Service Ahr, Rhein, Eifel und des Kur- und Verkehrsvereins Bad Neuenahr-Ahrweiler unter dem gemeinsamen Dach des „Dienstleistungszentrums für Gesundheit und Fitness“ hat die Tourismuswirtschaft im Kreis Ahrweiler jetzt einen wirklichen Meilenstein erreicht. Diese Einrichtung, die alle wichtigen touristischen Dienstleistungen unter einem Dach zusammenfaßt, ist in Rheinland-Pfalz ein echter Vorreiter. Angesiedelt im Herzen des Kurgebietes des Heilbades Bad Neuenahr, kann das Dienstleistungszentrum außerdem einen Beitrag dazu leisten, Alternativen für die durch die Gesundheitsreform stark eingeschränkte traditionelle Kur zu entwickeln. In das Dienstleistungszentrum integriert ist zudem das „Institut für Wein und Gesundheit“, das von der deutschen Weinakademie getragen wird. Weitere Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich schließlich durch eine enge Kooperation mit der Tourismus- und Congress GmbH Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler. Hier finden bereits gemeinsame Messeauftritte statt. Darüber hinaus wäre zum Beispiel ein einheitliches Reservierungssystem eine sinnvolle Maßnahme, um den Kreis Ahrweiler noch stärker in eine regionale Zusammenarbeit einzubinden. Im Tagungstourismus ergeben sich durch die umfangreiche Erweiterung des Dorint-Hotels um ein Kongreßzentrum vor einigen Jahren ebenfalls völlig neue Möglichkeiten. Der Ausbau des Wander- und Radwanderwegenetzes erschließt Potentiale, die für einen „sanften Tourismus“ wichtig sind. Auf einen kontinuierlichen Ausbau des Radwegenetzes hat der Kreis seit Jahren einen besonderen Schwerpunkt gelegt. Insbesondere das – bis auf eine Lücke bei Altenahr – vollständig durch einen Radweg erschlossene Ahrtal ist ein Beleg für einen fahrradfreundlichen Kreis Ahrweiler.

Im Süden des Kreises etabliert sich der Vulkanpark Brohltal/Laacher See, der die vulkanische Vergangenheit des Brohltales in eindrucksvoller Weise präsentiert. Jüngstes Highlight ist die Ruine der Burg Olbrück, die saniert wird und als Informationszentrum des Vulkanparks dienen soll.

Raum für die Natur

Mit vielfältigen Programmen sind wir dabei, die natürlichen Lebensgrundlagen des Kreises Ahrweiler zu erhalten. So werden beispielsweise die alten Stauwehre an der Ahr schrittweise umgestaltet. Ziel ist es, dadurch wieder eine Wanderung der Fische von der Mündung bis in den Oberlauf der Ahr zu ermöglichen. Ein weiteres langfristig angelegtes Projekt ist die Renaturierung des Rodder Maares. Die baulichen Maßnahmen wurden abgeschlossen und die Natur hat diese natürliche Wasserfläche wieder für sich erobert.

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In 63 Kindergärten im Kreis Ahrweiler stehen rund 4.300 Kindergartenplätze zur Verfügung, so dass bisher allen Kindern ein Kindergrtenplatz geboten werden konnte. 

Zukunft aktiv gestalten

Vor allem durch den Bonn/Berlin-Umzug haben sich die Rahmenbedingungen für den Kreis Ahrweiler erheblich gewandelt. Um hier die zukünftige Entwicklung zu planen und die besten Optionen für die nächsten Jahrzehnte auszuloten, hat der Kreistag Ahrweiler beschlossen, ein „Zukunftsprogramm AW 21“ aufzustellen. In einem konstruktiven Dialog mit den Kommunen, dem Gewerbe, dem Handwerk, der Landwirtschaft, den Fremdenverkehrseinrichtungen und den Umweltverbänden werden Daten gesammelt und schließlich neue Zukunftsperspektiven für den Kreis entwickelt.Das ist ein klarer Handlungsauftrag für die Zukunft, der sich wiederum mit einem Appell des ehemaligen Bundes-präsidenten Roman Herzog umreißen läßt: „Wir müssen jetzt an die Arbeit gehen. Ich rufe auf zu mehr Selbstverantwortung. Ich setze auf erneuerten Mut. Und ich vertraue auf unsere Gestaltungskraft. Glauben wir wieder an uns selber. Die besten Jahren liegen noch vor uns.“

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