Denkmalpflege im Kreis Ahrweiler
Denkmalpflege im Kreis Ahrweiler
Dr. Paul-Georg Custodis
„Alle Kunstwerke gehören als solche der gesamten Menschheit an, und der Besitz derselben ist mit der Pflicht verbunden, Sorge für ihre Erhaltung zu tragen“. Mit diesem 1799 von Johann Wolfgang von Goethe geschriebenen Satz hatte der Unterzeichner seinen Beitrag in der von der Kreisverwaltung Ahrweiler 1988 herausgegebenen kleinen Schrift „Denkmalschutz und Denkmalpflege“ überschrieben. Er hat auch heute noch Gültigkeit in der Definition der Aufgaben der „Öffentlichkeit“ bei der Erhaltung von Kulturdenkmälern. Das rheinland-pfälzische Denkmalschutzgesetz von 1978 definiert die Zielsetzung in heutiger Sprache wie folgt: „Eigentümer, sonstige Verfügungsberechtigte und Besitzer sind verpflichtet, die Kulturdenkmäler im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und zu pflegen“; und „Das Land, der Bund und alle Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts haben bei ihren Maßnahmen und Planungen insbesondere bei der Bauleitplanung, die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege zu berücksichtigen.“
Annähernd 200 Jahre liegen zwischen diesen beiden Aussagen, die die Bewahrung von Kulturgütern zum Gegenstand und zur Zielsetzung haben. Diese Zielsetzung bestimmt immer wieder aufs neue die Tätigkeit des Landesamtes für Denkmalpflege im Kreis Ahrweiler. Sie kommt ihr im Kontakt und in tätiger Mithilfe durch die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises Ahrweiler nach. Die Dichte und die Bedeutung der Kulturdenkmäler im Kreisgebiet spiegeln sich wider in einer Vielzahl von Beratungstätigkeiten des Landesamtes für Denkmalpflege. Denn hierbei soll Bewußtsein für Erhaltung und Bewahrung geschichtlich, künstlerisch und handwerklich bedeutender Bausubstanz geweckt werden. Diese Beratung fand teilweise im Hause der Kreisverwaltung, auch in reger Korrespondenz mit anderen Abteilungen wie der Bauaufsicht und der Unteren Landschaftsschutzbehörde, statt, größenteils jedoch vor Ort. Hilfreich kommt hierbei zum Tragen, daß das Landesamt für Denkmalpflege trotz erheblicher Kürzungen noch über Mittel zur Restaurierung privater und kommunaler Kulturdenkmäler verfügt, die teilweise als Komplementärfinanzierung zu Mitteln der Dorferneuerung eingebracht werden können. Erschwerend kommt bei der Durchführung von Restaurierungen hinzu, daß die Kreisverwaltung nicht mehr wie in früheren Jahren eigene Denkmalpflegemittel hat, nachdem aufgrund des Urteils im Kreis Rhein-Hunsrück den Kreisverwaltungen diese Möglichkeit verwehrt wurde.
In vielen Fällen stand am Anfang der Beratung die Frage, ob das von Interessenten zum Kauf beabsichtigte Objekt ein Kulturdenkmal im Sinne von § 3 DSchPflG sei und sich bei der geplanten Restaurierung Möglichkeiten einer finanziellen Hilfe des Landesamtes für Denkmalpflege oder die Steuerabschreibung nach § 71 EStG eröffnen würde. Denn obwohl für das Kreisgebiet das Kunstdenkmälerinventar von 1938 vorliegt, sind erhebliche Defizite in der Erkennung und Festschreibung von Denkmälern zu verzeichnen. Dies trifft sowohl bei einer Vielzahl dörflicher Fachwerkbauten, ländlicher Hofanlagen wie auch Technischer Denkmäler zu. Am Anfang der Beratungstätigkeiten des Gebietsreferenten stand somit zumeist die Frage der Erkennung und Definition des Kulturdenkmals, bis detaillierte Bauberatung betrieben werden konnte.
Um die spezielle Baugeschichte eines Objektes erkennen, Schadensanalysen erstellen und daraus Restaurierungskonzepte ableiten zu können, mußten in vielen Fällen baugeschichtliche Forschungen vorangestellt werden.
Mit besonderer Intensität betrieb das Landesamt für Denkmalpflege die Erforschung des Burghauses am Buttermarkt in Adenau. Dieses, wesentlicher Mittelpunkt eines kleinen Kulturzentrums, hatte in ziemlich verwahrlostem Zustand, aber in der Substanz weitgehend unbeschädigt, die Zeiten überdauert. Zur Vorbereitung der Restaurierung wurden ein verformungsgerechtes Bauaufmaß sowie eine dendrochronologische Untersuchung der Fachwerkeinbauten durchgeführt. Hierbei konnte unter Beweis gestellt werden, daß der romanische Wohnturm um 1480 eine neue Stockwerkseinteilung in Holz erhalten hatte. Restauratorische Befunduntersuchungen der historischen Farbigkeit ergänzten die Forschungen. Das Ergebnis der Umbau- und Restaurierungsmaßnahmen kann als eine geglückte Verbindung alter Substanz mit neuer Nutzung, von der Stadtverwaltung initiiert, gelten.
Das Burghaus am Buttermarkt in Adenau (1996).
Figur des Hl. Hermann-Josef im Weißen Turm.
Die große baugeschichtliche Entdeckung der letzten Jahre ist die 1775 konsekrierte ehemalige Kapelle im Annexbau des Museums „Weißer Turm“ in Ahrweiler. Nachdem zuvor bei Außenerneuerungen der gotische Baubestand unter Putz entdeckt und dokumentiert werden konnte, wurden im Inneren wesentliche Teile dieser kleinen, auf das Kloster Steinfeld in der Eitel zurückgehenden Kapelle freigelegt. Nische und Figur des Hl. Hermann-Josef und die Marmor imitierende Sockelmalerei gehören zu den bedeutenden und ästhetisch anmutigsten Zeugnissen der Rokokokunst im Kreisgebiet. Wesentliche Hilfe bei der Entdeckung kam dem Landesamt für Denkmalpflege hierbei durch Herrn Martin Luley aus Königsfeld zu, was an dieser Stelle dankbar vermerkt werden soll. In das Museum integriert wurde kürzlich auch das Relief mit Darstellung der Kreuzigung Christi aus dem Ahrtor nach erheblicher Konservierung.
Einen wesentlichen Teil der Beratungstätigkeit des Landesamtes für Denkmalpflege nahm die Mitarbeit an Sakralbauten in Anspruch, soweit sie nicht kraft des rheinland-pfälzischen Gesetzes durch das kirchliche Konservatoramt in Trier betreut wurden. Die Mitarbeit in Maria Laach und die umfangreichen Arbeiten zur Restaurierung der Apollinariskirche in Remagen waren hier Schwerpunkte.
An der Klosterkirche von Maria Laach wurde ein bereits seit längerer Zeit andauerndes Instandsetzungsprogramm mit Auswechseln schadhafter Werksteine am westlichen Vierungsturm sowie an den beiden flankierenden Rundtürmen und der Südseite des Hauptschiffes fortgesetzt. In diesem Zusammenhang wurde ein photogrammetrisches Aufmaß der westlichen Bauteile der Kirche durchgeführt. Das Grabmal des Pfalzgrafen wurde nach Restaurierung im Oktober 1992 wieder in der Kirche aufgestellt. Die kleine Nikolauskapelle wurde konservatorisch bearbeitet. Für die kommenden Jahre steht die Mitarbeit an der Restaurierung der Stahlhutorgel, der wohl bedeutendsten romantischen Orgel in unserem Land, an.
Von besonderer Bedeutung hinsichtlich der Dimension und der Größenordnung der finanziellen Landeshilfe waren die Arbeiten zur Instandsetzung des Äußeren der Apollinariskirche in Remagen. Sie ist wohl der bedeutendste Sakralbau der Neugotik im rheinischen Raum und gilt „als ein Hauptwerk der deutsch-romantischen Baukunst“, auch auf Grund ihrer Verbindung zum Ausbau des Kölner Domes und durch die Ausmalung der „Nazarener“. Nachdem bereits im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert immer wieder Schäden am Außenbau repariert worden waren, hatten sich seit den 80er Jahren erneut erhebliche Schadensbildungen gezeigt. Auf Betreiben des Landesamtes für Denkmalpflege wurde der Kölner Dombaumeister, Prof. Dr. Arnold Wolff, um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten. Wolff riet zu umfangreichen Steinauswechselungen bei gleichzeitiger Ergänzung der fehlenden Fialen und Krabben. Hinsichtlich der Zielsetzung zur Oberflächenbehandlung der Werksteine wurden Gutachten von Dr. Rolf Snethlage vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und von Dr. P.W. Mirwald vom Zollern-lnstitut in Dortmund eingeholt. Ab 1985 wurde auf der Grundlage eines von Architekt Karl Josef Ernst, Zülpich, erstellten Maßnahmenkataloges ein umfangreiches Programm am Außenbau durchgeführt mit Sicherung der Dächer und Steinreparaturen bzw. -ergänzungen. Die Arbeiten wurden in umfangreicher Weise in Fotos, Text und Zeichnung dokumentiert. Die Einrichtung eines Lapidariums im Sockelgeschoß der Kirche zur Dokumentierung bedeutender Fragmente des Bauzierrats steht vor dem Abschluß. Immer wieder waren seit dem frühen 20. Jahrhundert, auch wesentlich seit dem Zweiten Weltkrieg, Konser-vierungs- und Ergänzungsarbeiten an den Fresken der Nazarener durchgeführt worden. Trotzdem hatten sich seit den 90er Jahren wieder neue Schäden gezeigt.
1994 wurde die Apollinariskirche in das Projekt „Erhaltung historischer Wandmalereien“ des Bundesministeriums für Forschung und Technologie aufgenommen, das in Kooperation mit der Fachhochschule Köln unter Leitung von Prof. Dr. Dasser in Absprache mit der Restaurierungswerkstatt des Landesamtes für Denkmalpflege durchgeführt wurde. Eine abschließende und zusammenfassende Wertung der Forschungsarbeit steht noch aus. Sie soll im Frühjahr 1997 vorgestellt werden.
Im Rahmen der Rettung bedeutender sakraler Bausubstanz ist auch der Beginn von Sicherungsarbeiten an den Resten der ehem. Klosterkirche St. Anna in Remagen zu verzeichnen. Sie kam durch Vermittlung des Landesamtes für Denkmalpflege an eine neue Eigentümergruppe, die in dem Bauwerk ein Kunstzentrum, verbunden mit Gastronomie, einrichten will.
Von den Arbeiten an bedeutenden Profandenkmälern seien an dieser Stelle die Tätigkeiten an Burg Are erwähnt. Noch in der zweiten Hälfte des Jahres 1996 soll mit der statischen Sicherung der Reste von Palas und Türmen begonnen werden. Sicherungen an der Burgkapelle sollen 1998 folgen.
Apollinariskirche in Remagen
1994 kamen die umfangreichen Instandsetzungsarbeiten im Inneren und Äußeren von Schloß Marienfels durch einen neuen Eigentümer zum Abschluß. Während der Bauarbeiten konnte aufgrund von Archivalien der letzten Besitzer das Schloß als Werk des preußischen Baumeisters Karl Schnitzler identifiziert werden. Schnitzler war beim Ausbau der Burgen Sooneck und Stolzenfels durch das Haus Preußen maßgebend beteiligt.
Sehr umfangreich war die beratende Tätigkeit des Landesamtes für Denkmalpflege bei der Restaurierung kleiner profaner Denkmäler. Ihre Zahl ist hier kaum darzulegen. Einige sollen hier stellvertretend erwähnt werden. Bad Neuenahr-Ahrweiler, Ortsteil Heimersheim, Bahnhof. Der im späten 19. Jahrhundert erbaute Bahnhof wurde durch einen neuen Eigentümer umfassend instandgesetzt. Besondere Sorgfalt wurde auf die Rekonstruktion des Schwebegiebels verwandt. Ahrbrück, Bahnhof. Der im frühen 20. Jahrhundert erbaute Bahnhof ging in das Eigentum der Gemeinde über und wurde für kommunale Zwekke instandgesetzt.
Altenahr, Ortsteil Kreuzberg, Burgstraße 31. Im Zuge einer langjährigen Instandsetzung wurden Putz- und Farbfassung neu aufgetragen. Dendrochronologisch konnte das Anwesen auf das Jahr 1629 datiert werden. Aremberg, Kirchstraße 1. Dasbarocke ehem. Pfarrhaus wurde mit Neueindeckung des Daches sowie Verkleidung der Straßenfront instandgesetzt.
Ehemaliger Bahnhof Heimersheim
Bad Neuenahr-Ahrweiler, Ortsteil Ahrweiler, Oberhutstraße 48 (Rodderhof). Die barocke, im 19. Jahrhundert erweiterte Hofanlage wurde zu einem Hotel umgebaut. Dabei wurde die große stukkierte Decke im Wohnraum nach Befund restauriert.
lnsul, Kreis Ahrweiler. Entlang der Hauptstraße wurden zwei barocke, in wesentlichen Teilen in Fachwerk errichtete Anwesen umfassend instandgesetzt.
Niederzissen, Mittelstraße 38. Infolge eines Zimmerbrandes waren weitreichende Instandsetzungsarbeiten an dem ehemaligen Zehnthofgebäude einschließlich Neuanstrich der Fassaden und Ergänzung der Fenster notwendig. Remagen, Postgasse 12. Wohngebäude und Scheune wurden vom neuen Eigentümer umfassend instandgesetzt.
Remagen, Ortsteil Oberwinter, Am Hahnsberg 37. Die 1901 vollendete Villa wurde innen und außen aufwendig restauriert und zum Restaurant umgebaut.
Remagen, Ankergasse 8. Das barocke Anwesen wurde instandgesetzt.