Dem 47. Abt von Maria Laach Dr. Adalbert Kurzeja zum 60. Geburtstag am 24. 11. 1980
In der Jahreschronik geblättert. . .
P. Emmanuel v. Severus
„Benediktiner? Die tun ja nichts und beten nur“ — das sagten die Kollegen einem jungen Krankenpfleger, als er ihnen auf die Frage, wo er Ferien mache, antwortete: „in Maria Laach, die Patres haben mich auf meine Anfrage für acht Tage eingeladen“. Als er seine Absicht verwirklichte, war er erstaunt, welches Arbeitspensum im Kloster bewältigt werden müsse und daß nicht selten auch der Vorwurf der Geschäftemacherei gegen das Kloster erhoben werde. Diese gegensätzlichen Meinungen veranlaßten den Archivar der Abtei, sich auch einmal der Öffentlichkeitsarbeit zu widmen und nicht nur die für ein Heimatjahrbuch gewiß sehr wichtige Lokalgeschichte zu pflegen. Beginnen wir mit der vom Kloster heute erwarteten und für sein Leben sehr wichtigen Seelsorgsarbeit, die weit in die nähere und weitere Nachbarschaft hineinwirkt, so weist die Jahreschronik 1979 in den Nachbardekanaten Andernach, Brohital, Mayen, Mendig in 24 Pfarreien 280 Sonntags- und Werktagsgottesdienste aus, die von den Benediktinern übernommen wurden. Dazu kamen vor den Hochfesten des Kichenjahres insgesamt 23 Bußgottesdienste in den gleichen Dekanaten, zu denen noch 3 in der Abteikirche selbst zu zählen sind. Das scheint gemessen an der Zahl von 36 Priestermönchen, die der Personalschematismus der Abtei ausweist, keine übergroße Belastung. Doch ist zu bedenken, daß von den 36 Priestermönchen nur 12 für pastorale Aufgaben dieser Art in Frage kommen, da die anderen durch andere Dienste im Hause oder außerhalb desselben in Anspruch genommen sind. Zu diesen Aufgaben außerhalb von Maria Laach gehört die Lehrtätigkeit, die drei Patres an staatlichen bzw. kirchlichen Universitäten wahrnehmen, die Dienste des Hausgeistlichen und Spirituals in drei Frauenabteien, die der Sorge des Abtes von Maria Laach anvertraut sind, die Hilfe, die für andere Klöster geleistet werden muß, ganz abgesehen von den Alten und Kranken, die für solche Dienste nicht herangezogen werden können. Wer jedoch die großen Mengen von Besuchern des Laacher Münsters in den Sommertagen beobachtet, weiß, daß auch sie ein großes Maß an Arbeit und Mühen von den Mönchen fordern. So zählte man an den dafür vom Bistum Trier bestimmten Sonntagen 1979 im Frühjahr 1192. im Herbst 1009 Kirchenbesucher, 540 Priester feierten teils als Kursteilnehmer, teils als Einzelgäste oder als Begleiter von Gruppen in der Abteikirche oder Kapellen im Klosterbereich Gottesdienste.
Buddhistische Mönche weilten 1976 drei Wochen in Maria Laach
Die Seelsorgsarbeit der Patres erstreckt sich jedoch nicht allein auf die genannten Aufgaben. Seit der Wiederbesiedlung der Abtei im Jahre 1892 stellten sich Patres und Brüder auch mit großer Einsatzfreude in den Dienst der sogenannten Zielgruppenseelsorge. Das heißt nicht nur, daß sie für die Seelsorger der drei Nachbardekanate monatlich einen Vortrag zur geistlichen Weiterbildung übernahmen, sondern daß die Abtei aus dem gleichen Grunde meist vierteljährlich von Dekanaten der weiteren Nachbarschaft und auch der benachbarten Diözesen aufgesucht wird. Zu traditionellen Aufgaben dieser Art gehören vor allem Exerzitienkurse, von denen 1979 15 abgehalten wurden, die aber entsprechend der Entwicklung kirchlichen Lebens in immer größerer Auffächerung angeboten werden, sei es als „Tage im Kloster“, sei es als ökumenische oder anders ausgerichtete Arbeitstagungen. So weist der Bericht des Gastpaters für 1979 die hohe Zahl von 7275 Übernachtungen von Kursteilnehmern auf, zu denen noch 829 Einzelgäste gezählt werden müssen. Von der Arbeit der Mönche wird weitgehend auch die besonders der Jugend gewidmete Tätigkeit im wenige Minuten von der Abtei entfernt gelegenen Haus St. Winfrid getragen, das im Jahre 1979 insgesamt 109 Gruppen mit 3110 Gästen beherbergte. Diese verteilten sich auf insgesamt 48 Exerzitienkurse und Einkehrtage, 43 Seminare, Werkwochen und berufsethische Schulungskurse und 18 Freizeiten und wissenschaftliche Exkursionen. Mit diesen Diensten reicht die Arbeit der Abtei weit über die Grenzen der engeren Heimat hinaus, kommt aber anderseits auch wieder dieser zugute.
Im Jahre 1979 sind es vor allem 2 Veranstaltungen gewesen, die seitens der Patres und Brüder große Hilfsbereitschaft und Dienstfreudigkeit verlangten und auch ein sehr positives Echo in den Medien fanden: Die eine war das von vielen kirchlichen und staatlichen Stellen unterstützte Projekt „geistlicher Austausch“, das eine Gruppe von vier, zeitweise sechs buddhistischen Mönchen aus Japan vom 3. bis 28. September nach Maria Laach führte. Der Beitrag des Klosters war vielleicht im Vergleich mit den gleichzeitig von der Erzdiözese und der Stadt Köln, den Instituten der Universitäten Köln und Bonn gebotenen Veranstaltungen gering, verlangte aber Tag für Tag Zeit und gewissenhafte Vorbereitung der gemeinsamen Konferenzen und des Gedankenaustausches und die Begleitung der buddhistischen Mönche bei der von ihnen voll und ganz gewünschten Integration in das klösterliche Leben von Maria Laach. Für die Leser des Heimatjahrbuches ist dabei von großer Bedeutung, daß sie bei dieser Gelegenheit auch weite Teile des Kreises kennenlernten und für sie völlig neue und unerwartete Einblicke in das Zusammenleben von Mönchen und Bevölkerung in einer modernen, europäischen Gesellschaft erhielten. Das zweite Ereignis noch größerer Bedeutung war das Treffen von je zehn Mitgliedern der indischen und deutschen Bischofskonferenz unter der Leitung ihrer Vorsitzenden, des Kardinals von Kalkutta und des Kardinals von Köln, zu einer einwöchigen Konferenz, ein Treffen, dem ebenfalls die Medien große Beachtung schenkten.
In der Klostergärtnerei
in der Klempnerwerkstatt
in der Elektrowerkstatt
Fotos: Kettenberger
Aber dies sind außerordentliche Ereignisse, neben denen die regelmäßige, fast unbemerkt sich vollziehende, weit in die Weltkirche hineinreichende Forschungsarbeit der Patres geleistet wird. In ihr nehmen drei Publikationsserien den Hauptrang ein, von denen die „Beiträge zur Geschichte des alten Mönchtums und des Benediktinerordens“ bis in das Jahr 1912 zurückreicht und neben vielen auf das Rheinland bezogenen Untersuchungen doch das gesamte deutsche Sprachgebiet umfaßt, was die Herkunft der Autoren und die von ihnen behandelten Themen betrifft. Einem weit größeren Kreis dienen die auf 1918 bzw. 1921 zurückgehenden Reihen „Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen“ und „Archiv für Liturgiewissenschaft“. Wenn die letztgenannte Reihe nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil mehr als die Hälfte seiner Bezieher im Ausland und Übersee hat, so zeigt dies, wie umfassend der Dienst ist, der hier der Gesamtkirche und der Wissenschaft geleistet wird und den Namen des Eifelklosters in die Welt trägt. Hier ist auch anzumerken, daß die gesamte Redaktionsarbeit der meist umfangreichen Bände von den Mitarbeitern des Klosters ohne die heute fast überall zur Verfügung stehenden Schreib- und Hilfskräfte geleistet werden muß. Lediglich für das Archiv für Liturgiewissenschaft steht ein vom Kloster angestellter Lektor zur Verfügung.
Das ist freilich in den übrigen Arbeitsbereichen anders, die ohne eine große Zahl von Mitarbeitern aus der Umgebung nicht zu leisten wäre. Es ist nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsplatzbeschaffung zu sehen, wenn das Kloster eine große Zahl von weltlichen Mitarbeitern beschäftigt. Der Zusammenarbeit kommt vielmehr ein gewisser Modellcharakter zu, der von der Tatsache betont wird, daß manche dieser Mitarbeiter schon in der dritten Generation in den Werkstätten und Ateliers des Klosters tätig sind.
Dem Schreiber dieser Zeilen ist freilich auch das erstaunte Gesicht eines Fernsehreporters unvergeßlich, als er einen unserer Bildhauer fragt: „Wie verstehen Sie Ihre Arbeit hier?“ und die Antwort erhielt: „Als Verkündigung“. Die Leser des Heimatjahrbuches wird interessieren, aus welchen Orten diese Mitarbeiter stammen und wo sie, soweit sie verheiratet sind, mit ihren Familien wohnen, wobei wir uns auf Gemeinden beschränken, aus denen mehr als fünf Personen in den Betrieben des Klosters tätig sind:
Andernach: | 14 | Mendig: | 38 |
Bell: | 19 | Nickenich: | 10 |
Ettringen: | 17 | Wassenach: | 6 |
Maria Laach: | 9 | Wehr: | 5 |
Mayen: | 8 |
Die Städte und Gemeinden, aus denen weniger Mitarbeiter kommen, erstrecken sich von Koblenz bis ins Ruhrgebiet nach Norden, bis nach Daun und Schalkenmehren in den Westen.
Wenn wir hier von Betrieben sprechen, so darf dies insofern keinen Anstoß erregen, als zu bedenken ist, daß die Abtei über keinerlei Kirchensteuermittel verfügt, ihre Gastfreundschaft in den Klostergebäuden nicht gewerbemäßig betreibt, um auch Studenten und Unbemittelten Aufnahme gewähren zu können. für viele ihrer Werkstätten aber Steuern bezahlen muß. Diese führt sie nicht nur deshalb. weil sie für den eigenen Unterhalt sorgen muß, sondern z. B. mit dem Verlag Ars Liturgica und dessen Buchhandlung ebenso wie mit der Klostergärtnerei wichtige kulturelle Aufgaben im Dienste der Kirche und Gesellschaft erfüllt und sie ohne das Seehotel viele Erwartungen und Wünsche nicht erfüllen könnte, die aus dem Bereich ökumenischer. gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Arbeit in unserem Lande an sie herangetragen werden.
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Tätigkeitsbericht eines Klosters in unserer Zeit — er legt jedoch die Frage nahe, ob die Behauptung am Anfang unseres kleinen Beitrags nicht gegensätzlich aufgestellt werden müßte. „Benediktiner? — die beten ja nicht mehr, sondern arbeiten zu viel“! Dem wäre entgegenzuhalten: „Sinnvoll kann man nur arbeiten, wenn man betet“. Auch darüber lohnt es sich heute nachzudenken.