Das Osterfest in Geschichte und Brauchtum
Das Osterfest in Geschichte und Brauchtum
VON PETER WEBER
Alljährlich begehen wir am Sonntag, der dem ersten Vollmond nach der Tag- und Nachtgleiche des Frühlings folgt, das Osterfest. Dieser Termin wurde durch das Konzil von Nicäa bestimmt, da er vorher nicht fixiert war. Gar manches Brauchtum rankte sich im Laufe der Zeit um dieses alte und hohe christliche Fest. — Nach der Fastenzeit und dem Winter beginnt mit Ostern ein neuer Zeitabschnitt. — In der Eifel deutet man die Windrichtung am Ostermorgen und schließt daraus auf die Frühjahrswitterung. Vielerorts spielt das Osterwasser eine Rolle, das man schweigend in der Osternacht aus fließendem Wasser schupfen muß. Es soll heilkräftig sein und wie das kirchlich geweihte Wasser nicht verderben und Mensch und Tier helfen.
Weitverbreitet war und ist der Osterspaziergang. Mancherorts steckt man an diesem Tage die gesegneten Palmzweige ins Feld. Aber auch einer sogenannten Lebensrute in Form eines Birkenreises, das vielfach verziert ist, wird Zauberkraft zugesprochen. Dies gilt besonders für Ostdeutschland, wo man das Vieh mit diesen „gesundheitsbringenden“ Reisern gestrichen hat. In den Dörfern machten sich die Klapperjungen am Ostermorgen zeitig auf den Weg, um die Christen zum sogenannten Judasjagen, das war ein dreimaliger Umzug um das Gotteshaus mit anschließender Auferstehungsmesse, einzuladen, bei der dann wieder die seit den Kartagen verstummte Orgel erklang.
So sangen die Klapperjungen in Wershofen am Ostermorgen: „Morjeglock, de Lock stoht opp un helft os de Judas jage!“
Heute trifft man sich vor der Kirche, um teilzunehmen, an der Osterliturgie. — Sehr schön ist der in der Ostkirche geübte Brauch. Dort begrüßen sich die Teilnehmer an der Auferstehungsfeier mit den Worten: „Christ ist erstanden“ und antworten; „Er ist wahrhaft auferstanden!“
Fürwahr eine Formel, die den Christen zur letzten Konsequenz, zum christlichen Handeln auffordert.
Für den Landwirt beginnt nun die Feldarbeit, wenn sie nicht, wie in günstigen Jahren und bei entsprechendem Ostertermin, bereits begonnen hat. Was für die Menschen der heutigen Zeit :m Sinn verloren hat, wenigstens im Hinblick auf das Essen, hatte früher viel größere Bedeutung. Nach der langen Fastenzeit war der Genuß von Speise und Trank willkommen. Mancherorts wurden Fleisch und Eier, aber auch Brot und Käse von der Kirche gesegnet. Natürlich gab es auch, je nach Landschaft verschieden, Gebäcke und Gebildbrote. Diese zeigten oft Darstellungen von Fruchtbarkeitssymbolen. Der Osterwolf, ein Gebäck, das vier Läufe zeigt und den aufgerissenen Wolfsrachen, wurde bereits für das Jahr 1451 nachgewiesen. Noch um 1900 war er in Stralsund das beherrschende Ostergebäck. — Bei uns dagegen sind die Ostereier, das Lamm, der Hase und schließlich das Küken als Ostersymbole bzw. Gebildersatz bekannt und verbreitet. Vielerorts gab und gibt es auch sogenannte Osterkuchen. Die wichtigste Osterspeise im Rahmen des Brauchtums ist wohl das Osterei. In der Vergangenheit fielen auch Eierspeisen unter das Fastengebot. Die Kirche weihte und regelte daher im 12. Jahrhundert den österlichen Eiergenuß. Weiterhin gilt das Ei als Symbol der Fruchtbarkeit und bei vielen Völkern als Inbegriff der Vegetations- und Lebenskraft. So heißt es in einer Handschrift aus dem 17. Jahrhundert: Auf Ostern iß hart gebotene Eyer, dann bist du das gantze Jahr gesundt.“ — Das Färben der Ostereier ist für das Jahr 1553 belegt und das Verstecken der Ostereier für das Jahr 1682. Buntgefärbte Ostereier schenkt man den Patenkindern, den Klapperjungen und dem Gesinde. Früher und auch heute noch erhalten hier und dort Pfarrer, Küster (und seltener Lehrer) zu Ostern von den Familien die Beicht- oder Kommunioneier. In Wershofen war 1847 im Verzeichnis über das Einkommen des damaligen Pfarrers Schauppmeyer u. a. aufgeführt: „Am Tage vor Ostern sammeln Pfarrer und Küster entweder in eigener Person (so Pfarrer Henrichs 1821) oder durch Stellvertreter die Ostereier.
Der Pfarrer erhält von jedem Kommunikanten 2 Eier, so dann auch 2 Eier von einer jeden Haushaltung. Die ersteren werden Beichteier, die letzteren Weihwassereier genannt. Der Küster bekommt von jeder einzelnen Haushaltung 1 Ei.“
Im gleichen Ort und anderswo sicher auch, werden am Ostermontag die Mailchen versteigert (so sehr man auch über diesen Brauch heute streiten mag). Die Jungen, welche ein Mädchen ersteigern, erhalten von diesem die Ostereier. Damit verbindet man einen ersten Besuch im Hause. Nach Legrand konnte man den Grad der Zuneigung an der Zahl der Eier ermessen, und so entstand der Spruch: „Zwei als Schand, drei als Erkenntlichkeit, vier als ein Staat, fünf als eine Freiat, sechs gibt eine Heirat!“
In Pomster zogen die Klapperjungen am Ostermittag durch das Dorf mit dem Lied:
„Eier, Geld und Speck heraus, Sonst kommt der Wolf ins Haus und frißt euch alles heraus, heraus, heraus.“ Sie erhielten dann die Belohnung für das Klappern in der Karwoche. Interessant ist nun eine Übersicht über die Eierbringer. Am weitesten verbreitet ist der Osterhase, es folgen „der grüne Hase“, der rote Hase, Fuchs, Hahn, Herme, Kranich, Kuckuck, Storch und die „von Rom heimkehrenden Glocken“. — Bekannt in unserem Räume ist das Eieranschlagen. Dabei sind Eier zu verlieren oder zu gewinnen. — Wenn sich auch die Verzierung der Ostereier gewandelt hat, dieser Brauch ist schon sehr alt. So enthält ein Steinsarg des röm.-germanischen Gräberfeldes bei Worms (aus der 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr.) als Grabbeigabe für ein Mädchen zwei mit Streifen und Tupfen bemalte Gänseeier. Zum Osterbrauchtum gehören weiterhin die Osterfeuer, das Osterreiten, Feuerräder und verschiedene Eierspiele.
Gerne erinnere ich mich der vorösterlichen Zeit im Bauerndorf. Damals, als man noch nichts von Intensiv- und Batteriehaltung wußte, konnte man noch heimlich Eier vom Nest nehmen oder man wußte eine Legestelle in der Aschengrube unterm Backofen oder auf dem Schuppen. Die Mutter wunderte sich dann über die geringe Legetätigkeit, trotzdem die Hühner so lauthals ihre Leistung priesen. Schließlich konnte man dann noch rechtzeitig vor dem Färben durch Ergänzung der Eiersammlung für eine Überraschung sorgen und die Ursache der geringen Legetätigkeit aufklären. — Ja, und das Färben ging vielfach noch ein bißchen umständlicher vor sich als heute. Man benutzte alte Gardinen, Zwiebelsaft, gefiederte Pflanzenblätter u. a., um vor allem den Kindern viele bunte und schön verzierte Ostereier ins Nest zu legen oder in Haus und Garten zu verstecken. So hat jede Zeit ihre eigenen Reize, auch wenn die Kinder damals noch an den Osterhasenglaubten. Heule zieren vielfach grünende Zweige mit besonders schön bemalten ausgeblasenen Eiern Dielen und Zimmer. Was sich erhalten hat, wollen wir weiter in zeitgemäßen Formen pflegen. Um das Vergangene sollten besonders wir vom Lande ein wenig wissen und zur Erhaltung und Bewahrung überkommener Volksbräuche in unserer nüchternen, technisierten und kommerzialisierten Zeit beitragen .