DAS HOCHKREUZ 

AUF DEM WEGE ZUM STEINERBERG

Von P. Graf + (Mayschoß)

Foto: Görtz

Ein alter, besonders von Fremden viel begangener Weg führt von Mayschoß am Bahnhof vorbei durch die „Wolfskaul“ zwischen Koppen und Schrockmassiv ziemlich jäh bergan an der „Flucht nach Ägypten“ vorbei nach dem 531 m hohen Steinerberg. In halber Bergeshöhe mündet ein von Rech kommender Weg ein. Bevor der Weg das Bergplateau erreicht, steht hart am Wegesrand im Distrikt „An den zwei Buchen“ das sogenannte Hochkreuz unter einer mächtigen Buche. Im Querbalken steht die Jahreszahl 1761. Auf dem Schaft sehen wir das Bild des hl. Matthias und die Inschrift: I.G.F.M, ANTONIUS Schriner CATARINA SCHULDIS VON RECH. Vorne auf dem Sockel steht der Name des Steinmetzes: ANTONIUS HAFFNER VON HANBACH und seitlich auf dem Sockel der Name seines Gehilfen: WILHELMUS KOCH. Steinmetzmeister Antonius Haffner aus Hannebach bei Kempenich ist auch der Schöpfer des aus Tuffstein geformten Hochreliefs der „Flucht nach Ägypten“. Dies steht unterhalb des Hochkreuzes, das auch Antoniuskreuz genannt wird, da Stifter und Schöpfer des Kreuzes Antonius hießen. Mit dem Kreuz, das im Jahre 1761 errichtet wurde, hat es folgende Bewandtnis: Ein Mann aus Rech hatte eine Kuh und Trauben nach Adenau verkauft. An einem stillen Herbsttag ging er nach Adenau, um den Erlös einzunehmen. Auf dem Heimweg kehrte er bei Verwandten in Kesseling ein. Als der Tag zur Neige ging, nahm er Abschied, um sich auf die letzte Wegstrecke nach Rech zu machen. Doch wollte er Kesseling nicht ver= lassen, ohne sich einen wohlverdienten Tropfen zu gönnen. Gedacht, getan! Bald stand er in der Gaststube des bekannten Wirtes und erhielt den gewünschten Schnaps. Der Wirt fragte nach dem Woher und Wohin. Ein Wort gab das andere, und bald wußte der Wirt, von welchem Geschäft der Mann hier vorbei kam. Auch zwei andere Männer, die etwas abseits in einer dunklen Ecke der Stube saßen, waren ungewollt Mithörer des Gespräches geworden. Nach kurzem Gruß verließen diese die Gaststube, die Hüte tief ins Gesicht gezogen.

Nach kurzer Zeit machte sich auch der Mann aus Rech auf den beschwerlichen Heimweg. Nach mühevollem Aufstieg kam er auf der Höhe des Steinerberges an, von wo aus der Weg durch den dunklen Wald allmählich abfiel. Kaum hatte ihn der Waldweg aufgenommen, als er Schritte hinter sich hörte. Sehen konnte er wegen der Dunkelheit nichts. Er blieb stehen, da er auf Gesellschaft hoffte. Doch keine Schritte waren mehr zu hören. Erst als er weiterging, lebten auch die Schritte hinter ihm auf. Jetzt lief es ihm kalt über den Rücken, denn nun wußte er, daß man ihn verfolgte. Er lief, und hinter ihm lief es auch. Immer schneller wurde sein Hasten, doch die Verfolger blieben ihm auf den Fersen. In seiner Angst und Not sprang er vom Wege ab und verbarg sich hinter einem Schanzenhaufen. In seinem Herzen gelobte er, hier ein Kreuz errichten zu lassen, wenn er seinen Verfolgern entkäme. Als er sich hinter den Schanzen verbarg, stieß sein Fuß an einen Stein, der dadurch ins Rollen kam und den Abhang hinunter durch die Büsche sprang. Die Räuber meinten, das Geräusch rühre von dem Verfolgten her, und eilten dem rollenden Stein den Abhang hinunter nach.

Als der Recher sich seiner Verfolger entledigt sah, bedachte er sich nicht lange, sondern zog in Eile seine Schuhe aus und lief auf den Strümpfen den Waldweg hinunter auf Rech zu. In Schweiß gebadet, kam er glücklich in seiner Wohnung an.

Der den Räubern glücklich Entkommene hielt sein Versprechen und ließ an der Stelle, wo der Stein die Räuber irreführte, das jetzt noch stehende Hochkreuz errichten.

Nur unter vielen Mühen und Beschwerden konnte das Kreuz auf einem mit sechs Paar Ochsenbespannten Wagen von Rech aus mehrmals durch die Ahr bis Brück und dann durchs Kesselinger Tal den Steinerberg hinauf zu seinem heutigen Standort gebracht.

Am Steinerberg Zeichnung: Stud.-Rat Theo Deisel