Das Heimatmuseum im Sinziger Schloss

Das Sinziger Schloss

Wie eine Insel liegt das Sinziger Schloss in einem breiten Graben, der einst als Wassergraben ein Schloss der Herzöge von Jülich-Berg umgab, zu deren Territorium Sinzig bis 1794 gehörte. Die erste Erwähnung einer Burg datiert aus dem Jahre 1337. Wie das Schloss des Baumeisters Pasqualini Mitte des 17. Jahrhunderts ausgesehen hat, verrät der sogenannte „Sinziger Meisterbrief“, der in der stadtgeschichtlichen Abteilung des Museums ausgestellt ist. Der mit vier Ecktürmen bewehrte Bau wurde 1689 während des pfälzischen Erbfolgekrieges von französischen Truppen zerstört. Seine Grundmauern sind beim Bau der neuen Schlossanlage teilweise genutzt worden.

Im Gegensatz zum alten Schloss besitzt der heutige Bau nur noch einen Turm. Die elegante schmiedeeiserne Wet­terfahne auf der Turmspitze enthält die Initialen des Bauherrn: G. B. Es war der Kölner Kaufmann Gustav Bunge, der hier eine Sommervilla für seine Familie erbauen ließ. Geld spielte bei ihm offenbar keine Rolle, und so beauftragte er 1854 den renommierten Kölner Architekten Vincenz Statz, ein kleines Schloss im neugotischen Stil als Sommersitz für seine Familie zu bauen. Das 1858 vollendete Bauwerk kostete 27.000 Taler.

Bis die Stadt Sinzig Anfang der 50er Jahre das Anwesen erwarb, war es Wohnsitz der Familie Bunge-Koenigs. Seit 1956 ist die Sammlung des Heimatmuseums in den oberen Stockwerken ausgestellt. Dass das Schloss selbst als ein kleines Museum erscheint, ist dem Maler Carl Andreae zu verdanken, dessen Arbeiten den Anfang eines Rundganges durch das Museum bilden.

Carl Andrea (1823 – 1904)

Carl Andreae, dessen Eltern eine Villa auf dem Helenenberg in Sinzig bewohnten, war ein Schwager des Schlossherrn Gustav Bunge. Er malte das Turmzimmer und den Salon, der heute für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird, kunstvoll aus. Die Wandbilder des Turmzimmers vermitteln einen Eindruck von der Historienmalerei des 19. Jahrhunderts.

Andreae, der sich auf Kirchenmalerei spezialisiert hatte, hinterließ eine Reihe von Glasfensterentwürfen, von denen einige im Treppenhaus ausgestellt sind und sehr schön zu dem neugotischen Ambiente passen. Durch Schenkungen erhielt das Museum etwa 150 Zeichnungen aus dem Nachlass des Künstlers.

Das Sinziger Schloss beherbergt seit 1956 das Heimatmuseum der Stadt Sinzig.

Rund 40 dieser Zeichnungen können inzwischen bewundert werden.

Sammlungen

Die Arbeiten Carl Andreaes fügen sich harmonisch in eine Gemäldesammlung ein, die Philipp Niederée, ein Bewohner der Nachbarstadt Linz, zusammengetragen und der Stadt Sinzig in den 50er Jahren vererbt hat. Seine Sammlung besteht überwiegend aus Werken von Künstlern der Düsseldorfer Akademie, die im 19. Jahrhundert internationales Ansehen genoss. Das Heimatmuseum zeigt in der ständigen Ausstellung vor allem Arbeiten von Johann Martin Niederée, Franz Ittenbach und Joseph Keller.

Die Sammlung Philipp Niederée

Johann Martin Niederée (1830 – 1853)

Ein kleines Kabinett ist dem Andenken des früh verstorbenen Maltalentes Johann Martin Niederée gewidmet. Der junge Künstler, Sohn eines Metzgers aus Linz am Rhein, reifte innerhalb weniger Jahre vom einfachen Studenten der Düsseldorfer Kunstakademie zum meisterlichen Porträtisten heran. An den ausgestellten Arbeiten lässt sich seine künstlerische Entwicklung gut verfolgen.

Kostbarkeiten der Sammlung Niederée

Durch Erbschaft war der Sammler Philipp Niederée an Gemälde und Möbel aus dem Besitz der Kölner Ratsherrenfamilie de Bèche gelangt, die im Turmzimmer des ersten Obergeschosses ein reizvolles Ensemble bilden. Die wertvollen Möbel bestechen durch hervorragende Intarsienarbeiten.

Zu den Kostbarkeiten der Sammlung gehören sicher auch die Apothekergerätschaften, Medizin- und Gesetzbücher des 17. und 18. Jahrhunderts, darunter ein Medizin- und Kräuterbuch aus dem späten 15. Jahrhundert und das Medizinbuch das Paracelsus von 1530. Eine Taschensonnenuhr sowie ein Kompass zählen zu den musealen Raritäten. Im Mittelpunkt des Turmzimmers steht eine Holzplastik des heiligen Sebastian. Sie gehört zu einer Sammlung von Skulpturen aus dem 15. bis 19. Jahrhundert, ebenfalls aus dem Nachlass Philipp Niederées, die innerhalb der stadtgeschichtlichen Abteilung ausgestellt sind.

Franz Ittenbach (1813-1879)

Franz Ittenbach gehörte zu den Düsseldorfer Nazarenern, einer Gruppe von Künstlern, deren Bilder religiöse Inhalte haben. Bekannt ist Ittenbach vor allem als „Madonnenmaler“. Eines seiner Hauptwerke war die Ausgestaltung der Apollinariskirche in Remagen. Dass er auch ein ausgezeichneter Porträtist war, zeigt ein Doppelporträt aus dem Jahr 1848.

Joseph Keller (1811-1873)

Joseph Keller, ein gebürtiger Linzer, leitete über Jahrzehnte die Kupferstechschule an der Düsseldorfer Kunstakademie. Er trug dazu bei, dass die Düsseldorfer Akademie internationales Ansehen erlangte und Künstler aus vielen Ländern nach Düsseldorf zog. Seine Stiche machen mit weiteren Düsseldorfer Künstlern bekannt, so mit Peter Cornelius, dem Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie, und seinem Nachfolger, Friedrich Wilhelm von Schadow. Von Schadow war von 1842 bis 1868 Eigentümer des Adelssitzes Gudenhaus in Sinzig. Kellers Stich nach Raffaels „Disputa“, ebenfalls zum Bestand des Museums gehörend, gilt als größter und bedeutendster Kupferstich, der je geschaffen wurde. Sein zweites Hauptwerk, ein Stich der Sixtinischen Madonna von Raffael, hängt im Treppenhaus. Dass Keller auch internationales Ansehen genoss, beweisen zwei Medaillen, die ihm 1859 und 1863 in Paris verliehen wurden.

Blick in die Sammlung des Heimatmuseums der Stadt Sinzig, 1999

Die stadtgeschichtliche Sammlung

Die Brücke von der Malerei des 19. Jahrhunderts zur stadtgeschichtlichen Sammlung bildet eine Zusammenstellung von Grafiken aus der Zeit der Rheinromantik. Weil die neuen Techniken des Stahlstichs und der Lithographie hohe Auflagen erlaubten, erschienen im 19. Jahrhundert zahlreiche mit Drucken illustrierte Architekturwerke und Reisebeschreibungen.

So wurde die Sinziger Pfarrkirche als bedeutendes Architekturdenkmal immer wieder beschrieben und abgebildet. Die einstige Schönheit der Rheinlandschaft wird in Stahlstichen, etwa von R. Batty, oder in Zeichnungen Johann A. Lasinskys deutlich. Neben dem künstlerischen Wert kommt den Grafiken auch eine historische Bedeutung zu. So ist auf einer Zeichnung Lasinskys aus dem Jahre 1828 der Zustand der Burg Rheineck vor dem Neubau festgehalten. Ein undatierter Holzstich zeigt die Stadt Sinzig um 1860. Das Schloss ist bereits errichtet, während der 1875 nach den Plänen von Vincenz Statz erbaute Teil des Zehnthofes noch fehlt.

Die stadtgeschichtlichen Objekte

Im Mittelpunkt der stadtgeschichtlichen Sammlung steht ein von dem Sinziger Künstler Franz Steinborn angefertigtes Stadtmodell, das die Stadt Sinzig im 17. Jahrhundert darstellt. Es wird ergänzt durch Aquarelle Steinborns mit historischen Stadtan- sichten.

Die Ausstellung zeigt Objekte zu Schwerpunkten der Stadtgeschichte, zum Zunftwesen, zur Brandbekämpfung und zur Gerichtsbarkeit.

Im 2. Obergeschoss erinnern ein imposanter Webstuhl sowie Spinnräder an das Tuchergewerbe, das sich in Sinzig bis in das 20. Jahrhundert halten konnte.

Frühgeschichtliches

Dass in Sinzig schon vor fast 2.000 Jahren Handwerksbetriebe ansässig waren, zeigen die Fundstücke aus römischer Zeit im 2. Obergeschoss. Noch heute ist am Rhein die Stelle auffindbar, an der um 40 n. Chr. eine römische Ziegelei existierte. Auch Ausgrabungsfunde einer Terra-Sigillata-Manufaktur (um 140 n. Chr.) belegen die Präsenz der Römer in Sinzig.

Erst in der Spätzeit des römischen Reiches entstand eine Siedlung auf dem Sinzigberg, die durch Funde aus fränkischer Zeit bestätigt wird.

Eine große Brandurne aus der Hallstattzeit und vorgeschichtliche Funde, darunter ein beachtlicher Mammutzahn aus einer Sinziger Kiesgrube, gehören zu den lokalen Fundstücken, die interessierte Bürger vor 50 Jahren zusammentrugen, um ein Heimatmuseum zu gründen.