Das Germanuspatrozinium in Niederzissen
Versuch einer Deutung.
Beitrag zur Pfarrgeschichte Niederzissens
VON FRIEDHELM SCHNITKER
Patrozinien der Kirche gehören zu den wenigen Geschichtsquellen, die zum Teil von sehr früher Zeit bis heute lebendig geblieben sind. Eine Kirche steht unter dem Patrozinium, der Schutzherrschaft, des Heiligen, dem sie geweiht ist.
Heutiger Kirchenpatron Niederzissens ist der hl. Germanus, Bischof von Auxerre (geb. 378 in Auxerre, gest. 31. 7. 448 [450] in Ravenna). Der Heilige ist eine der großen Gestalten der gallo-fränkischen Frühzeit und gilt neben Martin von Tours als Förderer jener Daseinsform des Mönchhims, die eine Anzahl von Mönchen zu einem Leben in räumlicher und asketischer Gemeinschaft unter einheitlicher Leitung vereint. Dieses Mönch-tum kam als Ideal vom Osten in den lateinischen Westen, wo ihm Benedikt von Nur-sia durch seine Regel eine lange gültige Prägung gab.
Nun wird St. Germanus jedoch erst 1687 in der Bestätigungsurkunde für die Bruderschaft Unserer Lieben Frau von der Hilfe für die Verstorbenen und in einem Visitationsprotokoll von 1697 als Kirchenpatron erwähnt. Für ein hohes Alter der Pfarrkirche von Niederzissen — sie gilt als Mutterkirche des Brohltals — spricht das im Bistum Trier äußerst seltene Germanuspatrozinium. Ferdinand Pauly urteilt über Niederzissen: „Im Dunkel bleibt das Germanuspatrozinium in Niederzissen, das aber wegen seiner Seltenheit im Bereich unserer Landkapitel und auf Grund der frühen Verehrung des Heiligen sehr alt sein könnte.“
Patrozinien aber lassen oft politische oder kirchliche Abhängigkeiten und Beziehungen erkennen; sie erweisen sich als Quellen vor allem dann als aussagekräftig, wenn die Verbindung mit anderen Indizien zeitliche Fixierungen nahelegt. Wichtig bei der Auswertung des Patroziniums für die Ortsgeschichte ist im allgemeinen die Tatsache, ob die Patroziniumsgründung in die Zeit einer verstärkten kirchlichen Organisation fällt, d. h. zahlreicher Kirchengründungen, da außerhalb solcher Epochen die Heiligenverehrung in geringerem Maße in Kirchenpatrozinien ihren Niederschlag finden kann.
Eine solche Epoche verstärkter Kirchengründungen ist die Zeit der Merowinger- und Karolingerherrschaft in unserer Heimat.
Nachdem das Frankenreich unter Chlotar I. vereinigt worden war, erfolgte nach dem Tode des Herrschers eine neue Teilung in drei Reichsteile: Austrasien (Ostreich mit Metz), Neustrien (Westreich mit Paris) und Burgund (Mittelreich mit Orleans). Doch 613 wird das Frankenreich erneut vereinigt unter Chlotar II. Er war im Reich auf den Adel als Stütze des Königtums angewiesen. So mußte Chlotar als Konzession an die Großen eine gewisse Anerkennung der Teilreiche, für die besondere Hausmeier bestellt wurden, leisten. Dagobert, der Sohn Chlotars II., wird noch zu dessen Lebzeiten zum Unterkönig von Austrasien unter der Regentschaft von Arnulf von Metz und Pippin dem Älteren erhoben. (Die austrasischen Unterkönige residierten in Metz.)
Der fränkische Adel erschloß sich nun stärker als bisher dem religiösen Gedankengut, besonders unter dem Einfluß des Klosters Luxeuil, das 590 von einem Iren, dem hl. Co-lumban, gegründet worden war. Arnulf von Metz, Romarich von Habendum und Kunibert von Köln sind die ersten Männer aus dem fränkischen Adel des Moselgebietes, die ein lebendiges Interesse für die Kirche und ihre Botschaft zeigen.
Foto: Kreisbildstelle
Kaiserlinde an der Pfarrkirche
Arnulf, der einer moselfränkischen Familie entstammte, wurde 614 Bischof von Metz, er trat jedoch schon im Jahre 627 aus seinem doppelten Wirkungskreis (Berater und Regent Dagoberts und Bischof von Metz) heraus. Arnulf zieht sich um 627/28 in die Einsamkeit der Westvogesen zurück, wo sein Freund Romarich, ursprünglich Mönch im Kloster Luxeuil, um 620 das Kloster Remiremont im Schloß Habendum gegründet hatte. (Remiremont = Mons Sancti Romarici; Romarich = frz. Romary oder Remire.)
Nach Arnulfs Rücktritt aus seinem weltlichen Wirkungsbereich galt es, den Platz eines Ratgebers des Königs umgehend neu auszufüllen. Damit aber das weltliche Amt des Ratgebers nicht der Stütze des geistlichen Ansehens entbehrte — diese Ämterdoppelung hatte einen großen Teil der Erfolge Arnulfs bewirkt —, wurde zum Nachfolger Arnulfs Bischof Kunibert von Köln bestellt. Kunibert, dessen Elternhaus an der oberen Mosel stand, wurde am königlichen Hof von Metz erzogen, wandte sich dann nach Trier, wurde dort zum Priester geweiht, war einige Zeit Erzdiakon der Trierer Kirche und wurde am 25. September 623 zum Bischof von Köln gewählt. In Köln erbaute der Bischof u. a. die später nach ihm benannte Kirche des heiligen Clemens.
Die Ausstrahlungen von Luxeuil, dem neuen Kulturzentrum Burgunds, erreichten Trier in den zwanziger Jahren des 7. Jahrhunderts. Damals wandte sich der aus einer gallo-römischen Senatorenfamilie Triers stammende Germanus an den Trierer Bischof Modoald (614/15—643/46) mit der Bitte um geistlichen Rat; Modoald jedoch wies Germanus ab, als dieser Mönch werden wollte. (Namenspatron unseres trierischen Germanus war sicherlich der oben erwähnte Germanus, Bischof von Auxerre.)
Allem Anschein nach stand Modoald anfangs dem neuen burgundischen Mönchtum reserviert gegenüber. Seine Zurückhaltung brachte nun freilich die Gefahr eines Abströmens der Elite mit sich, wie das Beispiel des Germanus zeigt, der als Sohn einer Trierer Senatorenfamilie sich an Arnulf von Metz wandte, ehe er um 629/30 Mönch in Luxeuil und dann in Remiremont wurde. Von dem zweiten Nachfolger Waldobert, des Gründerabtes Columban, wird Germanus zum ersten Abt des um 640 gegründeten Tochterklosters von Luxeuil, Münster-Graufelden (Grandlsvallis; Moutier-Grandval/Kanton Bern) bestellt, das er 35 Jahre leitete. Die Wirren des Merowin-gerreiches, die in jener Gegend um 676 zu einem Wechsel auf dem Herzogthron führten, und die Hinfalle heidnischer Alemannen zerstörten die segensreiche Tätigkeit des Germanus. Er wird auf der Rückreise von einem Besuch bei seinem neuen Landesherren, dem Herzog Etticho von Elsaß, mit seinem Mönch Randoald von heidnischen Truppen erschlagen. Germanus gilt als Märtyrer der Gerechtigkeit.
Die ersten Wellen des Luxeuiler Mönchtums hatten Trier schon unter Bischof Modoald erreicht. Mit Numerian (645 bis 669/75) bestieg ein Sproß eines Trierer Senatorenhauses den Bischofsstuhl. Numerius ist niemand anderes als der gleichnamige Bruder des Germanus, den dieser mit sich nahm, als er zu Arnulf von Metz und von dort nach Luxeuil und Remiremont zog. Numerian dürfte nach einer Ausbildungszeit in diesen Klöstern nach Trier zurückgekehrt, dann Mönch und Abt in St. Maximin geworden sein. In der Umgebung Numerians finden wir neben anderen erfahrenen und gelehrten Männern Dragebodo von Speyer, den späteren Bischof von Speyer. Wenden wir uns nun dem damaligen auswärtigen Besitz im Bistum Trier zu. Eine Epoche vorwiegender Naturalwirtschaft begünstigte die Entwicklung von Fernbesitz, aber wirtschaftliche Gründe waren keineswegs die einzig entscheidenden. Der Fernbesitz diente auch der politischen und kulturellen Verklammerung oder dem Aufbau von Etappenstationen an Verkehrsstraßen. Es ist nicht immer möglich, die Gründe festzustellen, die im Einzelfall für den Erwerb ausschlaggebend waren.
Im Bistum Trier begegnen wir neben anderen dein Bistum Metz und seinen Abteien. Die Besitztümer der Metzer Abtei St. Arnulf bildeten keine größeren, geschlossenen Bezirke, sondern die Güter reihten sich an der Mosel entlang über das Maifeld hinweg. Sie hatten ihre Bedeutung sowohl als Weingüter wie als Etappenstationen zum Niederrhein, wo St. Arnulf gleichfalls reich begütert war.
Die Pfarrei Niederzissen in früher Zeit
Funde fränkischer Gräber in der Umgebung Niederzissens beweisen fränkische Siedlungsspuren, und die Vermutung liegt nahe, daß die fränkische Landnahme an die hiesige römische Kolonisation anknüpfte, so daß es fortbestehende römische „Villen“ im Nordosten und Südwesten Zissens, die durch Funde bezeugt sind, mit fränkischem Zuzug gegeben haben könnte. Wenn man auch der Annahme, diesem gallofränkischen „vicus“ sei für das Gebiet „Brohltal“ eine Landkirche zugeordnet gewesen, schwerlich wird zustimmen können, so hat Göbel nachgewiesen, daß schon vor dem Kirchenbau von 1250 ein Gotteshaus in Niederzissen bestanden haben muß. Er setzt als Zeitspanne die Daten 950 bis i. Hälfte des 11. Jahrhundert an. Beweise nach Göbel: alter Chor in rein romanischem Stil; zwei kleine Rundfenster, die in der Nähe des Triumphbogens auf den Speicher der Seitenschiffe hinausgehen und darum später zugemauert worden sind; alte Untergeschosse des Turms. Der verstorbene Seelsorger von Niederzissen, Pfarrer Mettler, hat dargetan, daß schon spätestens im 11. Jahrhundert Niederzissen bzw. Zissen eine geordnete Seelsorge besaß und daß die Pfarrkirche als Mutterkirche des Brohltals angesehen werden müsse.
Nun hatte die Metzer Abtei St. Arnulf in unserer Gegend außer in Hönningen a. d. Ahr auch bis 1084 alten Besitz in Zissen. Man wird annehmen dürfen, daß diese Abtei eine geregelte Seelsorge gewährleisten konnte und daß einer kirchlichen Anlage als Patrozinium der Trierer Heilige St. Germanus, der während seines Lebens in enger Beziehung zu Arnulf von Metz gestanden hatte, gegeben wurde.
Man vergleiche in diesem Zusammenhang eine von Dagobert vollzogene merowingische Gründung, das Speyerer Königsstift, das durch Bischof Dragobodo von Speyer, der sich ehemals in der Umgebung des Trierer Bischofs Numerian, Bruder des Germanus, aufhielt, erweitert und dem hl. Germanus geweiht wurde. Hinzuweisen ist auch auf ein im Hochmittelaltar bestehendes Trierer Kloster „St. German ad undas“, das an der Stelle der im letzten Krieg zerstörten Gervasius-kirche stand und das nach Ansicht neuerer Forschung dem Trierer Heiligen Germanus geweiht war.
Ruine Olbrück
Foto: Walter Vollrath
Die Vermutung liegt nun nahe, daß das Patronat des trierischen Heiligen Germanus, dessen Wirken und Märtyrertod sich fern der Heimat vollzogen, über die Zissener Pfarrkirche in den Wirren der Zeitläufe überlagert wurde von dem Patronat des bekannteren gleichnamigen Heiligen, Bischof von Auxerre, dessen Patronat später dominant wurde.
Im Jahre 1084 tritt die Metzer Abtei St. Arnulf ihren alten Besitz in Zissen im Tausch an das Kölner Stift St. Kunibert ab, eine Gründung des von der oberen Mosel stammenden Kunibert von Köln. Die vorliegende Güterübertragung beweist, wie sehr man sich besitzgeschichtlich der alten, aus fränkischer Frühzeit stammenden kölnisch-trierischen Beziehungen bewußt war.
In Hönningen a. d. Ahr läßt St. Kunibert, nachdem auch hier 1084 die Ablösung des Metzer Besitztums erfolgte, in der l. Hälfte des 13. Jahrhunderts eine Kirche erbauen, wie das Patrozinium St. Kunibert es beweist. Diese Patroziniumsgebung nach dem Kölner Mutterstift legt den Schluß nahe, daß in Zissen zur Zeit des Wechsels in den Besitzverhältnissen schon eine Kirchengründung bestanden haben muß, da nie ein dem Kölner Stift zugeordneter Heiliger als Patron erscheint.
Interessant ist, daß eine Hönninger Glocke von 1485 in gotischen Minuskeln „Maria heisen ich, in godes ir luden ich, alle böse weder verdriefen ich, in andernach gois man mich. O Maria gedenck du daran, dat du unser aller moder bis“ mit zwei Rundreliefs, das eine ist ein Bischofskopf, vermutlich der des Kirchenpatrons St. Kunibert, eine Entsprechung in einer Niederzissener Glocke von 1462 hat: „Maria heisen ich, in godes ere luden ich“. Das auf dem Mantel dieser Glocke sich befindende Relief könnte der hl. Germanus sein; die Darstellung des Heiligen als Bischof bereitet in der Deutung keine Schwierigkeit, da Klöster und Abteien innerhalb des Klosterbereichs die bischöflichen Funktionen mit eigenen Abt- und Klosterbischöfen wahrnahmen. Die sich hier stellende Frage, ob die Kölner Rechte und Möglichkeiten einer bestimmenden Einflußnahme in den Jahren der Glockenstiftung noch derart fundiert waren in beiden Orten, ist für Zissen sicherlich zu verneinen.
Einen weiteren Besitz in Zissen schenkte ein Graf Adalbert II. von Metz der Abtei Busendorf (Bouzonville) an der Niers; diese Schenkung wird neben anderen am 18. Oktober 1179 von Papst Alexander III. bestätigt. Adalbert II. von Metz ist ein Nachkomme des Grafen Adalbert von Metz aus dem Hause der Hattonen, die in spätkarolingischer Zeit den Worms-, Nahe- und Wiesbadengau beherrschten, der die Abtei kurz vor 1033 gegründet hatte.
Wenn in der weistumsartigen Aufzeichnung über diesen Besitz in Zissen aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts die Nennung einer kirchlichen Anlage fehlt, so wohl deshalb, weil diese Schenkung sich nur auf einen Teilbezirk Zissens erstreckt haben dürfte, der heute das sog. Niederdorf umfaßt. In der Beschreibung der geschenkten Güter heißt es nämlich u. a.:
„. . . possessores mansorum et feodorum secundae feriae domum abbatis, horreum et molendinam ediflcant . . .“ (Übersetzt: „ . . . die Besitzer der Zins-guter und der Dienste des zweiten Tages erbauen den Hof des Abtes, die Scheune und die Mühle . . .“). „feodum secundae feriae“ bedeutet, daß die Inhaber dieser Dienste an jedem Montag sich zur völligen Verfügung des Fronherrn bereithalten mußten.
Mit diesem „domum abbatis“ dürfte ein von der Abtei gewünschter Fronhof gemeint sein. Man beachte die Bezeichnung „em Frunn-hoff“ im Munde einheimischer Sprecher für einen Teilbereich des Niederdorfes.
Die Pfarrkirche von 1250 und ihre Weihe
Nach einer im 17. Jahrhundert überlieferten Nachricht konsekrierte der Trierer Erzbischof Arnold von Isenburg (1242—1259), der Neffe und Nachfolger des Erzbischofs Theoderich von Wied, im Jahre 1250 die Kirche in Nie-derzissen. Diese Nachricht kann sich nur auf einen Neubau, nicht aber auf eine Kirchengründung beziehen.
Der ältere Kirchbau scheint im Verlaufe der Auseinandersetzung zwischen Weifen und Staufen in unserer Heimat zerstört worden zu sein.
Nachdem Herzog Philipp von Schwaben 1198 im Kampfe gegen den Gegenkönig viele Kirchen, wie Sinzig, Remagen, Linz, vermutlich auch Oberbreisig und Niederzissen, in Schutt und Asche liegen sah, entwickelte sich in der Spätstauferzeit (ca. 1215) eine rege Bautätigkeit.
Initiatoren des Neubaues der Zissener Kirche dürften die Herren des Zissener Ländchens, Mitglieder der zu damaliger Zeit auf Burg Olbrück residierenden verwandten Geschlechter derer von Wied, von Isenburg-Wied, von Braunsberg und von Eppstein gewesen sein. Oben erwähnter Arnold von Isenburg war der Sohn von Bruno I. von Isenburg (Reinboldischer Stamm) und Theodora, einer Tochter des Grafen Theoderich I. von Wied. Ein Bruder Theodoras, Theoderich II., wird 1212 Erzbischof von Trier.
Theoderich I. übergab seine auf väterlichem Erbe erbaute Burg Olbrück samt ihrem Besitz der St. Peterskirche zu Köln. In einer Urkunde aus dem Jahre 1190 bekundet dann auch Erzbischof Philipp von Heinsberg, daß „Graf Theoderich von Widhe“ die auf seinem Erbbesitz erbaute „Burg Holebriche“ der kölnischen Kirche zu Lehen aufgetragen habe mit der Bedingung, daß das Lehen immer bei seinem Geschlecht verbleibe. Ausgenommen von dieser Erbfolge ist seine Tochter Theodora, Gemahlin des Bruno von Isenburg, die in Gegenwart des Erzbischofs durch eine Geldsumme von allem Erbrecht auf bewegliches und unbewegliches Gut ausgeschlossen wurde. Diese Geldsumme wird als Mitgift wohl für den Bau von Burg Braunsberg, die Bruno als Stammburg der Isenburger errichten ließ, Verwendung gefunden haben. Interessant ist, daß Graf Theoderich sein Erbe als Lehen den Kölner Erzbischöfen und nicht den Trierern anträgt. Sollten hier die Besitzverhältnisse des Kölner Stiftes St. Kunibert in Zissen nachwirken oder wurde diese Entscheidung getroffen nach sorgfältiger Abwägung der machtpolitischen und finanziellen Einflußmöglichkeiten?
Arnold von Isenburg wurde 1228 Propst des Trierer Domkapitels, und im Jahree 1242 erhielt er die erzbischöfliche Würde als Sohn der Schwester seines Vorgängers Theoderich von Wied. Erzbischof Arnold gilt als bedeutender Förderer und Initiator neuer Kirchengründungen. Der um 1245 geweihten und 1673 zerstörten Trierer Maximinkirche gehörte seine Förderung. Auch die Liebfrauen-Basilika — unter Theodorich wurde 1255 mit dem Neubau begonnen — wird unter Arnold zum größten Teil vollendet. Freilich waren die Kosten für diesen Bau so gewaltig, daß Arnold von Trier sich an den Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden (einen ebenfalls kirchenbaufreudigen Mann; er beginnt 1248 mit dem Bau des Kölner Doms) wendet mit der Bitte um finanzielle Unterstützung. In einer Urkunde vom 3. Juni 1243 befiehlt Konrad seinem Klerus die festliche Aufnahme und Unterstützung der für den Neubau der vor Alter verfallenen Marienkirche zu Trier sammelnden und mit den Reliquien der Kirche herumziehenden Boten Arnolds.
Vor diesem zeitgeschichtlichen Hintergrund erscheint die im 17. Jahrhundert überlieferte Nachricht von der Konsekration des 1250 vollendeten Neubaues der Zissener Pfarrkirche durch Bischof Arnold als durchaus glaubwürdig. Arnold, ein eifriger Förderer neuer Kirchenbauten, weiht die auf Initiative seiner Olbrücker Verwandten und möglicherweise mit finanzieller Unterstützung des Olbrücker Lehnsherrn, des Kölner Erzbischofs Konrad von Hochstaden, erbaute Kirche in Zissen. 1244 wurde Gottfried von Eppstein (er heiratete eine Schwester Theodoras und Theoderich II.) von Erzbischof Konrad von Hochstaden mit Olbrück belehnt.
So könnte in Zissen in sehr viel kleinerem Rahmen nachvollzogen worden sein, was sich in Trier angebahnt hatte, nämlich ein Zusammenwirken zweier bedeutender rheinischer Kirchenfürsten: Arnold von Trier und Konrad von Hochstaden.
Obige Ausführungen stellen den ersten Versuch einer Deutung der Niederzissener Pfarrverhältnisse in sehr früher Zeit dar, ein Versuch, dem von berufenerer Seite Ergänzung folgen möge.